Antibiotikaresistente Keime aus der Tierhaltung Risiko des Systems Massentierhaltung? Ist...
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Antibiotikaresistente Keime aus der Tierhaltung
Risiko des Systems Massentierhaltung?
Ist tiergerechte (Bio-)Haltung besser?
Reinhild BenningLeiterin Agrarpolitik BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland25. Mai 2012
Definition für industrielle Tierhaltung (Umgangssprachlich: Massentierhaltung)
FAO 2007: Industrial Livestock Production and Global Health Risks-Keine Flächenbindung-Industriell hergestelltes Futter statt Zugang zu Weidefutter-Hochleistungszucht mit sehr geringer genetischer Vielfalt -Große Bestände
Krankenhauskeim oder Keim aus Tierhaltung?MRSA (Livestock associated (la)MRSA)
laMRSA: Mit > 30% zweithäufigster MRSA-
Keim in münsterländischen Krankenhäusern
Ähnliche Verhältnisse im Oldenburger Raum
ESBL
Krankenhausverhältnisse ESBL-Typen:
Große Überlappungen in der Human- und in
der Tiermedizin
Behandlung bei ESBL-Keim doppelt so teuer
(17.760 EUR) wie bei ESBL-negativem Keim
(8.393 EUR)
Anfang 2012: Erste ESBL-Keime, die auch
gegen Carbapeneme resistent sind, in der
Tierhaltung aufgetaucht
Gülle-Untersuchungen FU Berlin auf
ESBL-produzierende Keime:
Bei Geflügel alle, bei Schweinen die
meisten Proben positiv
Keime gelangen weitgehend
unkontrolliert in die Umgebung
(Quelle: BfR-Tagung 22.-23.05.2012, Berlin)
Antibiotika-relevante Regeln nach EU-Ökoverordnung
Besondere Auflagen der EU-Öko-Verordnung für den Einsatz von konventionellen
Tierarzneimitteln:
· Maximal 1 Behandlung bei Masttieren, deren Lebenszeit kürzer als ein Jahr ist
· Doppelte Wartezeit, bei null Tagen Wartezeit sind mindestens 48 Stunden
· Die Behandlungen sind ausführlich zu dokumentieren und die behandelten Tiere
eindeutig zu kennzeichnen.
Richtlinien dt. Anbauverbände teils strenger
Beispiel: Bestimmte Antibiotika (Gyrasehemmer) bei Bioland verboten,
da sie als Reserveantibiotika in der Humanmedizin gelten.
Kennzeichen des Ökolandbaus:
Geringere Leistungserwartung, teils robustere Rassen, mehr Platz je Tier
Beispiel: 40 Tage Säugezeit statt 21; 20 Ferkel/Sau/Jahr statt >30
Beispiel: max. 10 Masthühner/qm statt 23 Tiere/qm; max. 4 800 Tiere/Stall
statt 39 999 und mehr
Quelle: Bioland, eigene Recherche
Quelle: www.duesse.de
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MRSA – Vergleichende Untersuchungen Öko - Konventionell
Quelle: Meemken (2012) „Ökos“ sogar in Regionen mit hoher Viehdichte meist MRSA-frei
- Blaha, Thomas and Sundrum, Albert (2011): “Im Vergleich (…) zur MRSA-
Problematik in konventionell wirtschaftenden Schweinebeständen ist das Vorkommen von MRSA in ökologisch bewirtschafteten Schweinebeständen erheblich geringer“
Ökobetriebe: Wesentlich geringere Kontamination
Es gibt „ deutliche Hinweise darauf, dass die Anzahl resistenter Keime in der ökologischen Tierhaltung zumindest deutlich reduziert ist. Es gibt diese Erreger auch dort, weil die Übertragungswege sehr vielfältig sein können, über die Umwelt, über die Tiere selbst, aber (…) das Vermehren innerhalb des Bestandes wird (…) dadurch sehr erschwert für diese Erreger, dass der Antibiotika-Einsatz in diesen Beständen stark limitiert ist nach EU-Öko-Verordnung“.
Prof. Dr. Uwe Rösler, Institut für Tier- und Umwelthygiene, FU Berlin 2012
Bilder: www.duesse.deLinks: Ökohaltung, rechts: konventionell
MRSA bei Landwirt_innen
Bei konventionellen Landwirten Anzahl exponierter Landwirte: 113Anzahl mit MRSA: 97 (86%)
Bei alternativen Landwirten (NEULAND)Anzahl exponierter Landwirte: 58Nachweis von MRSA: 1 Person(2%, Ausbildung in konventionellem Betrieb)
Quelle: Cuny et al. 2009: Auftreten von MRSA CC398
Beispiel für legale irreführende Werbung:
Der Discounter Aldi nennt seine Fleischmarkt „Bauernglück“ unabhängig davon, ob
Landwirte einen kostendeckenden Preis für das Fleisch erhalten haben. Hinzu kommt ein
hohes Risiko für MRSA. Darf eine Fleischmarke dennoch Bauernglück heißen?
Der BUND meint: NEIN!
Echtes ‚Bauernglück‘ bei Neuland
Ursachen für geringere Kontamination in Öko- und Neuland-Betriebenkleinere Betriebsstrukturen
geringe Belegdichte/ mehr Platz je Tier, Auslauf
eingeschränkter Tierverkehr bei meist festen
Lieferbeziehungen
oftmals geschlossenes System (Aufzucht+Mast)
Geringerer Selektionsdruck bei Verzicht auf
Antibiotika
Geringere Leistungserwartung – extensive Rassen
Geringere Verletzungsrate (Beschäftigungsmaterial/
Stroh, Auslauf, u.a.)
Bestandsgröße als Einflussfaktor
“Observational study of 202 pig herds” Broens (NL, 2011)
“The prevalence of MRSA increased with herd size”
- Kleinere Gruppen (<250 Tiere) ca 40% MRSA-positiv- Von den größeren Gruppen (>500 Tiere) waren mehr als 80% MRSA-positiv
BUND: In Deutschland wird weiterhin weggesehen: - Gezielte Studien zu Antibiotika-Einsatz im Verhältnis zu Bestandsgrößen, Zuchtlinien und Haltungsformen fehlen- Fehlende Datengrundlage für politische Behauptung, Haltung oder Bestandsgrößen hätten keinen Einfluss auf Besiedelung
Exkurs: Brauchen wir so viel Fleisch?BUND meint: Nein, denn …
100 % = Selbstversorgungsgrad der EU
•Schweinefleisch 110 % •Geflügel 107 % (rasch steigend)•Milch ca. 110 %
Quelle: Agra-Europe/ eigene Berechnung
Rechnerisch ist jeder neue Stallplatz für den WeltmarktexportWeltmarktpreise i.d.R. sehr gering, Export braucht SubventionenGlobaler Markt kennt keine Standards für Antibiotika-EinsatzÜberproduktion bzw. Überangebot am EU-Markt erlaubt Fleisch-Industrie und Handel den Preis gegenüber Bauern unter Produktions-kosten zu drücken30 % der Lebensmittel landen im MüllFazit: Einsparpotential, Preiselastizität für Qualitätsfleisch bei vielen Verbrauchern gegeben
Wie gelangen antibiotikaresistente Keime auf Biofleisch?
Bild
: RK
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Mögliche Eintragspfade für multiresistente Keime im Biobereich – noch wissen wir wenig
• Zukauf von Tieren= „größter Risikofaktor für die Ausbreitung von MRSA in der ökologischen Schweinehaltung“ (Quelle: Blaha/Sundrum 2011, TiHo Hannover)
• Schlachthof• Bioaerosole – Keimstaub aus konventionellen Betrieben
Quelle: Rösler 2011; FU Berlin
Pläne/ Reaktion des BÖLW
• Eine Status-quo-Erhebung zum tatsächlichen
Antibiotika-Einsatz in Bio-Tierbeständen
• Zusammenarbeit mit Robert-Koch-Institut (RKI) zu Vorkommen
und Verbreitungswegen der ESBL-Keime
• Aus diesen Ergebnissen können Maßnahmen für
das Management und das weitere Trennen von Warenströmen
abgeleitet werden.
(BÖLW 2012)
Fazit: Ja, System Intensivtierhaltung schafftSelektionsvorteile zugunsten Antibiotika-Resistenzen
Ökobetriebe sind überwiegend Opfer der Agrarindustrie
Empfehlungen:
-Bestandsgrößen im Blick behalten!
-Geschlossene Betriebskreisläufe sind bester Schutz
-Auswahl robuster Rassen
-Separate, regionale Vermarktungswege und Schlachtstätten
-Die Landwirtschaft mit dem geringsten Antibiotika-Einsatz gilt es zu fördern
-Benchmarking/ Ampelsystem, Transparenz unter Landwirten (vgl. Dk)
-Die Ausweitung von Risiken durch industrielle Tierhaltungen muss gestoppt werden
-Beweislast muss beim Anlagenbetreiber liegen
-Moratorium für Neubauten, wirksame Filter für Altanlagen
Verbindliches Senkungsziel bundesweit: Reduktion des Antibiotikaeinsatzes
in der Intensivtierhaltung um die Hälfte bis 2015 im Vergleich zu 2010
Verbot von wichtigen Humanantibiotika
Massive Verbesserung des Tierschutzes (TS-Gesetz)
Subventionen nur noch für besonders artgerechte Tierhaltung
Transparente Offenlegung (jährliche Berichtspflicht von Bund und Ländern)
des Einsatzes aller Antibiotika in der Tierhaltung, der verkaufenden
Tierarztpraxen inklusive der Rabatte bis zu 50 Prozent, die diese von
Pharmakonzernen erhalten
Politische Neuausrichtung:
Stopp der Überproduktion und Exportfixierung
Umweltregeln verbessern (VDI RL Bioaerosole, Baurecht, Dünge-Recht,
Immissionsschutzgesetz)
Kennzeichnung für Fleisch vgl. Eier-Code
Diversifikation der Vermarktung
Umkehr in der Agrarpolitik
BUND-Forderungen an Bund und Länder – Erfassen ist noch nicht senken!
Agrarindustrie produziert gewaltige Risiken.Daher:
Bauernhöfe statt Agrarfabriken!
www.bund.net/themen_und_projekte/landwirtschaft/