Animismus Booklet

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 Animismus  Ausstellung Konferenz Deutsch 16.3. – 6.5.2012

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 Animismus Ausstellung Konferenz

Deutsch

16.3. –

6.5.2012

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Inhalt

 Vorwort Bernd M. Scherer 4

  Ausstellung 6

Einführung Anselm Franke 7

Kapitel 1: Hintergründe 11 Archivmaterialien

Kapitel 2: Objektivierung 16Chris Marker / Alain Resnais, Jimmie Durham, Candida Höer, Victor Grippo,

 Agentur, Vincent Monnikendam, Arteakte // anti-humboldt, Archivmaterialien

Kapitel 3: Die Große Trennung 27León Ferrari, Walt Disney, Len Lye, David Maljkovic, Hans Richter, Anna undBernhard Blume, Archivmaterialien

Kapitel 4: Symptome & Medien 37Heinz Schott / Erhard Schüttpelz / Ehler Voss, Anja Dreschke / MartinZillinger, Camillo Negro, Lars Laumann, Rosemarie Trockel, Yayoi Kusama,

 Archivmaterialien

Kapitel 5: Kapitalismus & Phantasmagorie 47Ken Jacobs, Marcel Broodthaers, Pier Paolo Pasolini, Fernand Léger,Thomas Alva Edison, Dierk Schmidt, Tom Holert, Archivmaterialien

Kapitel 6: Soul Design 59 Al Clah, Erik Steinbrecher, Daria Martin, Roee Rosen, Adam Curtis, Antje Majewski, Archivmaterialien

Kapitel 7: Politik des Animismus / Ökologie / Natur 71Walon Green, Jean Painlevé, Didier Demorcy, Angela Melitopoulos / MaurizioLazzarato, Paulo Tavares, Archivmaterialien

Führungen 81

kids&teens@hkw 82

Konferenz: Roundtables, Lectures 85

Publikation 92

Im Kontext: Zeitgenössischer Realismus und Materialismus 93

Impressum 94

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Im 19. Jahrhundert setzen sichdie Naturwissenschaten im Zu-sammenspiel mit technologischenErndungen und beeuert voneiner kapitalistischen Wirtschats-orm endgültig mit ihrem Weltbilddurch. Die Physik wird zum Pa-radigma, die Welt zu verstehen.Und das heißt, dass die WeltsichtEuropas wesentlich durch ob-

 jektivierende Verahren geprägtist, die au einer klaren Subjekt-Objekt-Trennung beruhen, wie sieschon bei Descartes’ Unterschei-dung von „res cogitans“ und „resextensa“ angelegt war. Das heißtaber auch, dass Weltdeutungen,die nicht diese Trennlinien vollzie-hen, zunehmend verdrängt bezie-hungsweise an die Peripherie ver-wiesen werden. Das gilt sowohlür europäische Traditionen, dieihre Krat bis ins 19. Jahrhundertbehaupten konnten, wie ür nicht-europäische Traditionen.

Bezogen au die nichteuropäischenTraditionen stellte sich die Ethno-logie in den Dienst der durch dieNaturwissenschaten deniertenModerne und beschrieb diePraktiken der nichteuropäischenGesellschaten als animistisch.Sie versuchte dabei nämlich – imSinne eines Entwicklungsmodellsmenschlichen Denkens – deutlichzu machen, dass diesen „prämo-dernen“ Gesellschaten die klareUnterscheidung zwischen Subjektund Objekt „noch“ nicht zur Ver-ügung stehe, wenn sie Tieren undObjekten eine Seele zusprechen.

Beide Verahren, die oenkundigeng miteinander verknüpt sind,die Objektivierung aller unsererBeziehungen zur Natur, wie dieEntwertung der Lebensmodelleso genannter „primitiver“ Völker,brachten die Grundlage sowohlür die Ausbeutung der natürlichen

„Ressourcen“ wie die Verdrängungbis hin zur Vernichtung prämoder-ner Gesellschaten.

Das Haus der Kulturen der Weltsieht es als seine Augabe an –angesichts der existenziellenKrise, in der wir uns benden –,die Beziehung sowohl zur natürli-chen wie sozialen Umwelt neu zudenken. Dabei wird es zugleichdarum gehen, verschüttete Tradi-tionen der eigenen Geschichte ürunsere gegenwärtigen Problemewiederzubeleben wie Denk- undWahrnehmungsormen andererGesellschaten ür unser eigenesDenken ruchtbar zu machen.Dazu müssen wir unseren Deni-tionsanspruch, wer andere sind,augeben und mit ihnen in einoenes Austauschverhältnis ein-treten.

Das Projekt „Animismus“ ist einwesentlicher Baustein in diesemProzess. Ich danke Anselm Frankeund Irene Albers, dass sie diesesProjekt ür das Haus konzipiert undkuratiert haben. Danken möchteich auch den vielen Künstlern undWissenschatlern, die an diesemProjekt mitgearbeitet haben. Nurso konnte das Projekt die ge-wünschte Komplexität und Multi-perspektivität gewinnen.

Bernd M. SchererIntendant Haus der Kulturen der Welt

 Vorwort

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 Animismus – Ausstellung Einführung Anselm Franke

Die Ausstellung „Animismus“beginnt bei dem, was uns allenaus Kunst und massenkulturellenProdukten – dem Tricklm etwa– als Animation bekannt ist. Inner-halb der Kunst ist die Animationein bekannter Eekt, anhanddessen Leben und Lebendigkeitsuggeriert werden, insbesonderedurch Bewegung, den aber auchSkulpturen oder bestimmte Bilderauszulösen imstande sind, insbe-sondere wenn diese den Blick desBetrachters gleichsam zu erwidernscheinen.

 Aber was wir in der Kunst alsEekt akzeptieren, ist außerhalbdieser ein historisches Problem-eld. Was nehmen wir als leben-dig wahr? Wenn wir diese Frage

 jenseits des Feldes der Kunststellen, zieht sie unweigerlichFragen nach sich, die uns auor-dern, weitere Unterscheidungen

zur Klärung anzuühren. Der bloßeEekt von Lebendigkeit ist nichtmit Eigenleben gleichzusetzen,das scheint außer Frage zu stehen.

 Aber wo verläut die Trennungs-linie? Was besitzt Seele, Leben,und Handlungsmacht? Dass dieGrenze etwa zwischen beseelterund unbelebter Materie oderzwischen reinen Subjekten undbloßen Objekten keineswegs natur-gegeben ist, daür spricht schondie Tatsache, dass diese Grenzein verschiedenen Kulturen höchstunterschiedlich wahrgenommenund konzipiert wird. Eine letztgül-tige „objektive“ Bestimmung der„richtigen“ Trennung wird es daherkaum geben – um sich das auchinnerhalb der eigenen Kultur zuvergegenwärtigen, denke man nuran die Unwägbarkeiten etwa beider Debatte um den Zeitpunkt desmenschlichen Todes und die De-nition des „Hirntods“. Die Trennlinie

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ist aber auch keineswegs eine„rein“ subjektive Angelegenheit –immerhin ist sie ür die Organisa-tion der materiellen Beziehungenzur Natur ebenso entscheidendwie ür die Frage, welchen sozialenund politischen Status Lebewesenin einer bestimmten Gesellschateinnehmen. Können wir dieseTrennlinie selbst und die sie orga-nisierenden Wissensordnungenund Praktiken in den Blick neh-men? Das Projekt „Animismus“geht davon aus, dass sich dieGrenzziehungen im Imaginäreneiner Kultur symptomatischspiegeln, dass Repräsentatio-nen, ästhetische Prozesse undmediale Bilder diese Trennlinienkonsolidieren, refektieren undüberschreiten. Die Ausstellunguntersucht daher, wie sich dieseGrenze in ästhetischen Prozes-sen der Subjektivierung undObjektivierung widerspiegeln,

und sie versucht, diese ästheti-schen Prozesse in die konkretengeschichtlich-politischen Hinter-gründe der kolonialen Moderneeinzuschreiben.

Das radikalste Gegenbild zur west-lich-modernen Weltsicht, derendualistische Konzeption von einerkategorischen Subjekt-Objekt-Trennung ausging, ndet sich im

 Animismus. Als animistisch wer-den solche Weltsichten bezeich-net, in denen es keine kategorialeTrennung von Natur und Kulturgibt, in der Objekte, die Naturoder der gesamte Kosmos als be-lebt wahrgenommen, und daherquasi subjektiviert werden. Endedes 19. Jahrhunderts, au demHöhepunkt von Kolonialismus undwissenschatlichem Fortschritts-glauben, suchte das moderneWeltbild sich im Bild des vormo-dernen Anderen selbst zu bestä-

tigen. Und der Animismus wurdezum exemplarischen Ausdruckdieser Vorstellung vom Anderen.

 Animismus ist ein Gegenbild zur„entzauberten“, objektivierten,verdinglichten Welt der Moderne.

 Aus dieser Perspektive steht erür eine Welt der magischen Ver-wandlungen, in der die aus derSicht der Moderne richtigen Gren-zen vermeintlich verkannt oder– in einer romantisch-utopischenWendung – überwunden wordensind.

So real die Existenz animistischerKulturen ist – sie machen nacheinem christlichen Handbuch ürMissionare heute in all ihrer He-terogenität rund 40 Prozent derWeltbevölkerung aus –, so pro-blematisch war deren Erklärungür die westlich-moderne Tradi-tion. Gehen wir von den eigenenGrundannahmen darüber aus,

was „Natur“ und „Kultur“, „Objek-te“ und „Subjekte“ konstituiert, sobleibt uns scheinbar nichts ande-res übrig, als den Animismus alseinen „Glauben“ zu charakterisie-ren, der die objektive Realität derDinge verehlt, und ihn anschlie-ßend als einen psychologischenMechanismus zu erklären. Dabeiwerden aber die eigenen Grund-annahmen und Grenzziehungenunhinterragt au andere Kulturenprojiziert.

Der Animismus wird hier deswegenthematisiert, weil er eine realeGrenze der westlich-modernenVorstellung darstellt, weil er eineProvokation des modernen Re-alitätsprinzips darstellt, das sichtie in die Alltagswahrnehmungeingeschrieben hat. Bestenallsnoch werden animistische Prakti-ken unter der Rubrik der „Kultur“anerkannt, aber nur, solange sie

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keinen Anspruch einklagen, Aus-sagen über die wirkliche Bescha-enheit etwa der Natur zu treen.„Animismus“ ist daher keine Aus-stellung über den Animismus, dieethnograsche Objekte in Vitrinenzeigt, von denen andere Kulturenbehaupten, sie seien belebt. Denndie westliche Vorstellung vom

 Animismus des vormodernen Anderen, der älschlich an die Be-seelung von in Wirklichkeit unbe-lebten Objekten glaubt, ist selbstein symptomatischer Ausdruckder modernen Grundannahmen.Der Begri und die darin angeleg-te Vorstellung werden hier dage-gen wie ein Rückspiegel betrach-tet, anhand dessen die eigenenGrundannahmen zur Dispositiongestellt werden können und damitals Produkte von Grenzziehungenerkennbar werden. Lässt sich

 Animismus jenseits der westlichenVorstellung davon, was „Leben“,

„Seele“, „Selbst“, „Natur“, „über-natürliche Kräte“ oder „Glaube“sind, als Praxis begreien, beider es um andere Erahrungengeht, um Prozesse und Wechsel-wirkungen von Subjektivierungund Objektivierung etwa, undnicht um starre Kategorien? DasProjekt „Animismus“ legt dieNotwendigkeit einer Revision undDekolonisierung nicht nur desüberkommenen Verständnissesvon Animismus, sondern auch dessich darin ausdrückenden moder-nen Imaginären nahe.

 Anselm Franke ist Ausstellungsmacher,Kritiker und Dozent. Er ist Kurator der

 Ausstellung „Animismus“, präsentiertvon 2010–2012 in verschiedenen Kapitelnin Antwerpen, Bern, Wien, Berlin undNew York.

„Tupinamba-Indianer werden von Dämonen angegrien.“Stich von Theodor de Bry (Detail) © Corbis

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Eingeührt wurde der Begri Animismus von dem britischen Anthropologen Edward B. Tylor(1832–1917), der ihn von dem im17. Jahrhundert in Berlin wirken-den Proto-Vitalisten Georg ErnstStahl übernahm. Für Tylor war der

 Animismus die Minimaldenitionder Religion als „Glaube an geis-tige Wesen“. Er behauptete, dass

 jegliche Religion einer ursprüng-lichen, alschen Zuschreibungvon Leben, Seele oder Geist anunbelebte Objekte entspringe.Tylors Theorie zuolge haben sichEuropäer vom Animismus überden Polytheismus zum Monothe-ismus und von dort zum höchstenStand der Wissenschat ortent-wickelt und damit vom Zustandder Natur zu dem der Zivilisationaugeschwungen, wogegen dieindigenen Völker Nord- und Süd-amerikas, Arikas, Asiens undPolynesiens von dieser Evolution

hinter sich gelassen wurden undals „wilde Überreste“ des Natur-zustands übrig geblieben sind.

Mehrere lange Vorgeschichtenließen sich zu Tylors Konzeptiondes Animismus anühren. Dieeine ist religiöser Natur. Aus-gehend von der griechischenklassischen Philosophie und der

 jüdisch-biblischen Tradition ührtdiese zu den jahrhundertealtentheologischen Debatten über dieVerasstheit und Natur der Seele.Vor dem Hintergrund der Expan-sion des Christentums – und seit1492 der kolonialen Expansionder Europäer – tritt die Tylor’sche

 Animismuskonzeption auch dasErbe des christlichen Kampesgegen „Götzenverehrung“, „Idola-trie“ und Hexerei an. Eine andereVorgeschichte ndet sich beiden maßgeblichen Denkern derModerne, bei René Descartes’

Trennung von Innen- und Außen-welt, Geist und Körper, aber auchbei den Denkern der Auklärungund des wissenschatlichen Posi-tivismus, sowie der romantischenReaktion au die „entzauberteWelt“. In der Ethnologie wurde derTylor’sche Animismus im Verlaudes 20. Jahrhunderts augrundseines allzu deutlichen Evoluti-onismus lange gemieden, erst

 jüngst kommt es wieder zu einer Auseinandersetzung mit diesemür die Disziplin grundlegendenKonzept. In der Psychologie aberspielte das Konzept im direktenRückgri au Tylor eine ungebro-chen zentrale Rolle im Zusam-menhang mit Theorien der „Pro-

 jektion“. Ist der Begri Animismusür Tylor ein Mittel zur Herstellungdes „richtigen“ Abstands zwi-schen Materie (Objekten, Dingen,Natur) und Menschen (Seelen,Subjekten, Personen), zwischen

Kapitel 1: Animismus – Hintergründe

moderner Gegenwart und archa-ischer Vergangenheit, so war eretwa ür Sigmund Freud ein Mittelzur Bestimmung der „richtigen“Grenze zwischen innerem Selbstund äußerer Realität. Freud er-klärt den Animismus als „narziss-tische Überschätzung der eigenenseelischen Vorgänge“, als Glaubean die „Allmacht der Gedanken“,einen „uneingeschränkten Narziss-mus“, der sich gegen die „uner-bittlichen Gesetze“ der Realitätzur Wehr setzt.

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 Archivmaterialien

Georg Ernst Stahl, „Fragmen-torum Aetiologiae Physiologico-Chymicae“ Bielkius Literis Nisianis,Ienae 1683. ReproduktionCourtesy Sächsische Landesbib-liothek – Staats- und Universitäts-

bibliothek Dresden, Chem.1197

Edward B. Tylor, „PrimitiveCulture: Researches into theDevelopment o Mythology,Philosophy, Religion, Ar t andCustom“, Band 1 und 2, JohnMurray, London 1871

Gailyn Van Rheenen, „Com-municating Christ in AnimisticContexts“, Baker Book House,Grand Rapids 1991

François Fénelon, „The Adven-

tures o Telemachus, the Son oUlysses“, 1699

David Hume, „A Treatise oHuman Nature“, 1739

Friedrich Karl Lang, „Abriß derSitten und Gebräuche aller Nazi-onen. Oder kurze Darstellungender merkwürdigsten mensch-lichen Wohnplätze, Beschäti-gungen und Gewohnheiten in

den ün Theilen der Welt. VierterBand. Mit 19 Kupertaeln“, Bock,Nürnberg 1811

Sigmund Freud, „Das Unheim-liche“, in: Imago – Zeitschrit ür

 Anwendung der Psychoanalyseau die Geisteswissenschaten,Bd. 5 (1919)

Sigmund Freud, „Totem undTabu. Einige Übereinstimmungenim Seelenleben der Wilden undder Neurotiker“, InternationalerPsychoanalytischer Verlag, Leipzig/ 

Wien/Zürich 1922[urspr. 1913]

Stewart Elliot Guthrie, „Faces inthe Clouds: A New Theory oReligion“, Oxord UniversityPress, New York 1993

Hans Christian Andersen,

„Choix de Contes“, B. G. Teubner,Leipzig 1940

Karl Friedrich Vollrath Hoffmann,„Die Völker der Erde, ihr Leben,ihre Sitten und Gebräuche, zurBelehrung und Unterhaltung.Erster Theil“, Homann, Stuttgart1840

Joseph Josenhans, „Bilder ausder Missionswelt. Für die deutscheJugend nach englischen Origi-nalien bearbeitet u. mit kurzenErklärungen versehen“, Scholz,

Mainz ca. 1860

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 Aus der griechischen Traditionhaben wir den Schmetterling alsSymbol der Psyche und der Me-tamorphose geerbt. Ins Museumoder in eine Ausstellungsvitrinekommt der Schmetterling abernur, wenn wir ihn mit einer Nadelan einer determinierten Stellein der Taxonomie des Wissensxieren.

Eine Ausstellung über den Ani-mismus ist daher eigentlich eineUnmöglichkeit. Denn sobald ein„Objekt“ aus dem ursprünglichenKontext herausgenommen und inein Museum überührt wird, verliertes die spezische Form seiner

 Animation und tritt in ein anderesFeld ein, ür das es zuerst einmalobjektiviert, konserviert und de-animiert werden muss. Es wird ausdem Fluss der Zeit ebenso her-ausgenommen wie aus der Praxis,

 jegliche Form des Wandels muss

ausgeschlossen werden. DasMedium der Ausstellung ist damitTeil jener institutionellen Appara-turen der Objektivierung, die dieModerne hervorgebracht hat.

Die Ausstellung „Animismus“zeigt eine Reihe von Kunstwerken,die über das paradoxe Verhältnisdes Mediums Ausstellung zum

 Animismus refektieren. Paradoxist dieses Verhältnis nicht zuletztdeswegen, weil die Dinge in denMuseen in einem anderen Sinnweiterhin animistisch wirksam sind– sie animieren eine bestimmteGeschichtsschreibung, eine Wis-sensordnung oder die Fantasie derBesucher, die sich im Angesichtvon Mumien oder Dinosaurierske-letten vorstellen können, wie diesewieder zum Leben erwachen.Ließe sich solches auch ür diegesamte im Kolonialismus verding-lichte Welt denken?

Kapitel 2:Objektivierung

„Étienne-Jules Mareys otograsches Gewehr“; Stich vonLouis Poyet © Conservatoire numérique – Cnum,„La Nature“, 1881, S. 329http://cnum.cnam.r

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Chris Marker (*1921), Alain Resnais (*1922)„Les statues meurent aussi“, 1953. Film, 16 mm, transeriert au DVD

In „Les statues meurent aussi“(1953) verolgen die ranzösischenFilmemacher Chris Marker und

 Alain Resnais die koloniale Aneig-nung arikanischer Kunst in ihrenzwei dominanten Formen: eth-nograscher Musealisierung undtouristischer Kommerzialisierung.

Der Film untersucht das komplexeSpiegelverhältnis, das der kolonia-le Blick produziert – die Aneignungdes „Anderen“ als (negative) Bestä-tigung des Selbst – und insistiertau einer ontologischen Dierenzarikanischer Arteakte: Sie sindweder „Kunst“ noch per se „spi-rituell“ in einer Welt, in der ebendiese Kategorien keine Bedeutunghaben. Diese Dierenz wird über

das grundsätzlich verschiedeneVerhältnis deniert, das westlicheMuseen und das mimetischePrinzip in der Kunst einerseits undarikanische Kulturen und ihre

 Arteakte andererseits zu „Tod“und „Leben“ in Bezug au Objekteund ihre Subjektivität unterhalten.

Der Film problematisiert auch das Ähnlichkeitsverhältnis zwischenMusealisierung und den morti-zierenden Prozessen des Medi-ums Films vor dem Hintergrundder Grenzen der hier versuchtenkinematograschen „Re-Anima-tion“.

Courtesy Présence Aricaine Editions; Filmstill

Jimmie Durham (*1940)„The Museum of Stones“, 2011/2012. Installation, diverse Steine undMaterialien, Maße variabel

Mit seinem „Museum o Stones“stellt Jimmie Durham das westlicheDenken über Mimesis, Architekturund das Museum au den Kop.Neben geundenen, unktionslosgewordenen Gegenständen spieltder Stein in Durhams Arbeit einebedeutende metaphorische Rolle.

Er steht ür die Konstruktion vonStaats-Mythen und Identitäten,und darüber hinaus ür alles, waseinen inneren Aubau hat: Archi-tektur, Monumentalität, Stabilität– und „Glaube“. Durham sieht imStein die höchste Verwirklichungskulpturaler Form, weil jeder Steinschon ür sich eine veränderliche,entropische, über lange Zeit vonden Elementen geormte Plastik

ist. Ihn asziniert, wie Steine alsscheinbar statische Objekteunglaublich aktiv, ja sogar Han-delnde einer Geschichte werdenkönnen – ganz unabhängig davon,wie der Anthropomorphismus auTotems oder andere rituelle Ge-genstände Bezug nimmt.

Courtesy der Künstler und kurimanzutto Gallery, MexikoStadt; Abbildung: „The Dangers o Petrication“, 2007(Detail) © Mairie de Paris, Musée d’art moderne de la villeParis, Foto: Philippe LadetRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

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Candida Höfer (*1944)„Ethnologisches Museum Berlin III 2003“, Fotograe, C-Print, 85 x 85 cm

Candida Höer setzt in großormar-tigen Bildern Museen und Biblio-theken in Szene. EthnograscheMuseen werden so zu „Exempla-ren“ wie die Sammlungen nicht-westlicher Arteakte, die dieseMuseen bewahren, klassizierenund im Rahmen ethnischer und

kultureller Erzählungen ausstellen.Ethnograsche Museen versam-meln Objekte aus geograsch dis-tanzierten Kulturen. Lange setztensie diese Distanz auch als zeitlicheReise in Szene. Was als Trophä-ensammlungen aus den Kolonienbegann, wurde im Lau des 19.Jahrhunderts zur primitivistischenKonstruktion einer evolutionärenVergangenheit. Heute wiederum

setzen Institutionen wie das Museédu quai Branly in Paris au eineenthierarchisierte ästhetischeKontemplation kultureller Diversi-tät bei weitgehender Ausblendungdes politischen Erbes und derdamit einhergehenden Subjekt-konstruktionen. Candida Höers

 Arbeiten bringen diese Transor-mation und Neubewertungen derExponate jenseits des Kontextesund der Praktiken, innerhalb derersie ihre Bedeutung erahren haben,zum Vorschein.

„American Museum of Natural HistoryNew York I 1990“ Fotograe, C-Print,24 x 36 cm

„Musée du quai Branly Paris I 2003“ Fotograe, C-Print, 152 x 152 cm

„Pitt Rivers Museum Oxford IV 2004“ Fotograe, C-Print, 85 x 88 cm

„Pitt Rivers Museum Oxford VI 2004“ 

Fotograe, C-Print, 31 x 24 cm

© Candida Höer, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 Victor Grippo (1936–2002)„Tiempo, 2da. versión“, 1991. Kartoeln, Zink- und Kuperelektroden,elektrischer Draht, Digitaluhr, angestrichener hölzerner Sockel, Glas-vitrine, Text. Maße (ohne Sockel): 5 x 50 x 50 cm

Der Maler, Bildhauer und Ins-tallationskünstler Victor Grippogilt als einer der Begründer derKonzeptkunst in Argentinien. Erwar ausgebildeter Chemiker undinteressierte sich schon rüh ürProzesse des Energieaustauschsund -wandels, au denen das

Leben beruht. Ein Schlüssel zuGrippos Arbeit ist die Alchemie als Aktivierung und Transormationvon Materie. In seinen rühen Ar-beiten zeigt sich sein besonderesInteresse an Elektrizität. In „Tiem-po, 2da. versión“ ungieren vierKartoeln mithile von Zink- undKuperelektroden als Batteriean-trieb ür eine digitale Uhr. Grippoentschied sich ür die Kartoel

wegen ihrer Assoziation zur Ge-schichte Lateinamerikas, wo die

 Andenvölker Kartoeln kultivier-ten, lange bevor sie europäischeKolonisten nach Europa brachten.Die Kartoel ist nicht nur mit Ko-lonialgeschichte „augeladen“, siespielt auch eine bedeutende und

heute ast globale Rolle als Nah-rung der Armen. Grippo zieht Pa-rallelen zwischen Kartoeln undBewusstseinszuständen, indem erau die unterschiedlichen Energienwährend ihrer Wachstumsphasenhinweist und sie „mobilisiert“.

Courtesy the Estate o Victor Grippo und Alexander andBonin, New York © Foto: Jason Mandela

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 Agentur„Versammlung (Animismus)“, 1992 (ortlauend). Installation, diverseMaterialien, Maße variabel

 Agentur, 1992 von Kobe Matthysin Brüssel gegründet, erstellt eineortlauende Liste von Dingen, diesich gängigen Klassikationenentziehen und Gegensatzpaarenwie Natur/Kultur, Fakt/Fiktion,menschlich/unmenschlich, Origi-nalität/Banalität oder Individuum/ 

Kollektiv nicht zuzuordnen sind. Anhand dieser Dinge unter-sucht Agentur Vorstellungen vongeistigem Eigentum (Copyright,Patent, Schutzmarke), die auder Unterscheidung Natur/Kulturbeziehungsweise Subjekt/Objektberuhen. Quellen sind Gerichts-prozesse, Klageschriten, Rechts-streitigkeiten etc. Mit der spezi-schen Anordnung dieser Dinge in

der Ausstellung untersucht Agen-tur das Repertoire von Gesten,die geistige Urheberschat impli-zieren. Die spezielle Auswahl vonGerichtsällen, die ür „Animis-mus“ aus dem Archiv bearbeitetwurden, stellt die Frage: Könnennichtmenschliche Akteure – Tiere,

Dinge – kreativ sein und olglich Autoren im Sinne des Urheber-rechts? Die Archivinstallation von

 Agentur zeigt au, wie die instabileGrenze zwischen „Natur“ und„Kultur“ nie einach gegeben ist,sondern (in diesem Fall durch dieInstitution der Rechtsprechung)„gemacht“ und verhandelt wird.

Foto: © Agentur

 Vincent Monnikendam (*1936)„Mother Dao, the Turtlelike (Moeder Dao, de schildpadgelijkende)“,1995. Film, 35 mm, Farbe, Ton, 88 min, transeriert au DVD

Der niederländische FilmemacherVincent Monnikendam montiertediesen Film aus über 200 Stun-den Filmmaterial, das zwischen1912 und 1933 im Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien,gedreht wurde. Durch das Fehlendes sonst üblichen Kommentars

ist die Montage eine Umkehrungder dem Kamerablick eingeschrie-benen Machtverhältnisse. „MotherDao“ ist eine Geschichte darüber,wie die Geburt der kolonialen Weltdie kolonisierte zum Verstummenbrachte. Dieser Gegen-Epos isteingebettet in den Schöpungs-mythos einer der West-SumatraInseln, der das Entstehen der Weltdurch Mutter Dao erzählt, die man

„die Schildkrötenhate“ nennt, dader Panzer einer Schildkröte demgekrümmten Horizont gleicht. Ani-mistische Praktiken, die „soziale“Beziehungen zur Natur pfegen,waren traditionell ein zentralesMerkmal der indonesischen Kul-turen. Vor diesem Hintergrund

erzählt der Film eine andere Versi-on der kolonialistisch verwaltetenModernisierung.

Courtesy The Netherlands Institute or Sound and Vision / NTR; Filmstill

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 Artefakte // anti-humboldt„‘Rise, for you will not perish’ (on mummymania)“, 2011/2012Installation, diverse Materialien, Maße variabel

 Arteakte // anti-humboldt (www.humboldtorum.ino) gründetesich 2008 in Berlin als Reaktionau den geplanten Wiederaubaudes Stadtschlosses und das dortunterzubringende Humboldt-Forum. In der von Brigitta Kuster,Regina Sarreiter, Dierk Schmidt

und Elsa de Seynes geschaenenInstallation treen archäologischeMuseumstraditionen und moder-ne Medienpraxis aueinander undordern die Besucher au, zweiBetrachtungshaltungen gleichzei-tig einzunehmen. „‘Rise, or youwill not perish’ (on mummymania)“greit den Gedanken der Mumi-zierung au und unterstreicht, wieMuseen und Film den eigentlich

toten und konservierten Gegen-ständen neues Leben geben. DieInstallation macht die ambivalenteBeziehung zwischen Betrachternund Objekt im künstlerischen undwissenschatlichen Feld exem-plarisch erlebbar und hinterragtdamit gleichzeitig die Bedeutung

dieser Beziehung.

Filmstill aus „The Haunted Curiosity Shop“, R: Walther R.Booth, UK 1901Courtesy Arteakte // anti-humboldtRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

René Descartes, „Les Passionsde l`Âme“, Paris 1651Courtesy Staatsbibliothek zuBerlin – Preußischer Kulturbesitz;

 Abteilung Historische Drucke

René Descartes, „Le Homme DeRené Descartes, Et La FormationDu Foetus / Avec les Remarquesde Louis De La Forge“, Paris 1677Courtesy Staatsbibliothek zuBerlin – Preußischer Kulturbesitz;

 Abteilung Historische Drucke

René Descartes, „Discours dela méthode pour bien conduire saraison, & chercher la vérité dansles sciences“, Le Gras, Paris 1658Courtesy Staatsbibliothek zuBerlin – Preußischer Kulturbesitz;

 Abteilung Historische Drucke

René Descartes, „Renati Descar-tes Tractatus De Homine, Et DeFormatione Foetus Quorum priorNotis perpetius...“ Amstelodami,

 Apud Danielem Elsevirium, 1677Courtesy Staatsbibliothek zuBerlin – Preußischer Kulturbesitz;

 Abteilung Historische Drucke

 Archivmaterialien

Félix-Louis Regnault, „HommesNégres“, 1895, Duplikat au fexib-lem, transparentem FilmCourtesy La Cinémathèque Fran-caise, Paris

Étienne-Jules Marey, „La machi-ne animale. Locomotion terrestreet aérienne“, Librairie GermerBailliere, Paris 1873

„Étienne-Jules Mareys otogra-sches Gewehr“. Stich von LouisPoyet© Conservatoire numériqueCnum, „La Nature“ 1881, S. 329

Étienne-Jules Marey, ausge-wählte FilmeCourtesy La Cinémathèque Fran-çaise, Paris

Wilhelm H. I. Bleek und Lucy C.Lloyd, „Specimens o BushmanFolklore“, London 1911

Eliot Weinberger, „The CameraPeople“, in: Transition, Nr. 55(1992), S. 24–54. Reproduktion

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 Anonym, „Assembly o the animals“, 1965–1975, Öl auLeinwand. Courtesy Tropenmuseum, Amsterdam, Coll.nr. 5965-5

Nell Irvin Painter, „Soul Murderand Slavery“, Baylor UniversityPress, Waco 1995

„Code Noir“, Dekret des ranzösi-schen Königs Ludwig XIV, 1685

Reproduktion

Max Horkheimer und TheodorW. Adorno, „Dialektik der Auklä-rung“, Querido, Amsterdam 1947

 Anonym (Wetalhok aus denBelcher Inseln zugeschrieben),Robert J. Flahertys Belegschatwährend der Arbeiten am Film„Nanook o the North – A Story oLie and Love in the Actual Arctic“,Originalzeichnung au Papier. Re-produktion

Sammlung Schweinurth, Inventar-Nr. 231, Gewinde aus Blätternvon Mimusops Schimperi Hochst.(einzelne Blätter ausgebreitet) auseinem Grabe der xx-xxvi Dynastiebei Schech Abd-el Qurna (The-ben), Maspero 1884Courtesy Botanisches MuseumBerlin-Dahlem, Freie UniversitätBerlin

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Was macht das Denken derModerne aus? Die Sozialwissen-schatler ühren hier unter ande-rem die kategorische Trennungvon „Natur“ und „Kultur“ an. DerWissenschatshistoriker BrunoLatour beschreibt die Modernisie-rung seit dem 16. Jahrhundert alsortschreitende „Reinigungspro-zesse“ dieser beiden Kategorien.Wissenschatliche Objektivie-rung misst sich demnach daran,die Objekte im Labor von allenmenschlichen „Projektionen“

zu reinigen und – symmetrischdazu – die Subjekte aus ihrerVerfechtung mit der Natur undder Dingwelt herauszulösen, wo-durch das „autonome Subjekt“des Humanismus und der sozialeVertrag, der uns vom „Naturzu-stand“ abgrenzt, erst denkbarwurden. Latour beschreibt auch,wie die cartesianische kategori-sche Trennung dazu ührte, dass

die Moderne von einer „großenTrennung“ (Great Divide) sprach,die sie von den nichtmodernenGesellschaten abgrenzte. Diesestanden ortan au der Seite ei-ner archaischen, traditionalisti-schen Vergangenheit, mit der dieModerne angeblich vollständiggebrochen hat. Denn die Mo-derne trennt die Dinge von denZeichen, den Symbolisierungenund projizierten Bedeutungen,während der prämoderne Andere(der Animist) diese honungslos

vermischt. Die Vorstellung vondieser Vermischung, die auch alsEinheit von Innen- und Außenweltgedacht werden kann, ist auchder Ursprung dessen, was man inder Kunstgeschichte als Primiti-vismus bezeichnet. Die Pointe vonLatours Darstellung der Moderneaber liegt darin, dass gerade diekategorische Trennung dazu ühr-te, dass es zu einer Vermischung

Kapitel 3:Die Große Trennung

von Natur und Kultur in bisherundenkbarem Maßstab in Formder Technologie kam. Die konzep-tionelle Trennung hat laut Latour

 jeglicher Praxis immer schonwidersprochen, und in diesemWiderspruch lag die Produktivitätder Moderne – bis dieser Wider-spruch an seine Grenzen stieß,woür in globalem Maßstab heuteetwa die Umweltkrise steht.

In der Ausstellung wird eine Reihevon Arbeiten und Materialien prä-

sentiert, die auzeigen, inwieweitdie animierte Imagination immereine Grenzrage ist. Animation be-ginnt, wo die starre Ordnung desWissens und der Objektivierunggelockert, die Grenze überschrit-ten wird. Jenseits der Grenzebeginnt eine Welt der wunder-samen Wandlungen, der Mons-trösitäten und des Horrors. DieGrenze selbst ist dabei nie einach

gegeben, sondern Produkt einerbestimmten Ordnungsvorstellung– im Falle der Moderne jene Ord-nung, die durch die Vorstellungder „Großen Trennung“ aurecht-erhalten wird. Die Animationen indiesen Werken sind wie Karten,die das Imaginäre dieser Trennungsymptomatisch auzeigen, vermes-sen und durchqueren.

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León Ferrari (*1920)„L’Osservatore Romano“, 2001–2007. Eine Auswahl aus 43 Collagenau Papier, je 42 x 29,5 cm

León Ferrari zählt seit den 1960er-Jahren zu den maßgeblichenKünstlern der Avantgarde inBuenos Aires. In seinen Arbeitensetzt er sich konsequent mit jenenVorstellungen und Mechanismenauseinander, mit denen – so Fer-rari – die moderne Kultur christ-

lich-westlicher Prägung ihre eige-ne Barbarei legitimiert. Grundlageder Collagen-Serie „L’OsservatoreRomano“ sind Artikel der gleich-namigen Vatikan-Zeitung, die Fra-gen christlicher Moral im heutigenKontext erörtern. Au diese Artikelcollagiert Ferrari Szenen der Qua-len der Verdammten aus dem Ka-non der christlichen Ikonograe.Diese Szenen aus dem Arsenal

der westlichen Vorstellung vomBösen, von Verdammnis und Ge-walt werden zur Darstellung einerÖkonomie des Terrors und einerWelt, die aus der Zerstörung vonKulturen hervorgeht – von der In-quisition über das koloniale Süd-amerika bis hin zu den jüngsten

Militärdiktaturen und Abu Ghraib.Im Aueinandertreen von jour-nalistischem Bericht, Geschichteund Kunstgeschichte verschichtetsich der Terror der Gegenwart mitdem der Vergangenheit.

Courtesy Museum van Hedendaagse Kunst Antwerpen(M HKA)Bild: © Fundación Augusto y León Ferrari Arte y Acervo

Walt Disney (1901–1966)„The Skeleton Dance“, 1929. Aus der Serie der „Silly Symphonies“Film, 35 mm, s/w, Ton, 5:30 min, transeriert au DVD

„The Skeleton Dance“, die ersteEpisode der „Silly Symphonies“,die 1929 vom Walt Disney Studioproduziert wurde, kann als exem-plarisch ür die Gesetze des Ani-mationslms erachtet werden. Mitdem Motiv des Totentanzes zele-briert der Film den Sieg des Le-

bens – ähnlich den Feierlichkeitenzum Tag der Toten in Mexiko. Nurdass hier der Sieg der animiertenZeichnung über das statische, Le-ben und Bewegung xierende Bildgeeiert wird. Das Motiv der Geis-terstunde erinnert an die Ästhetikdes Unheimlichen und legt nahe,dass Disney au das animistischeWesen der Animation als Wieder-kehr des Verdrängten verweist.

Choreograert zur Musik von CarlStalling, die au Edward Griegs„Marsch der Trolle“ und CamilleSaint-Saëns’ „Danse Macabre“beruht, entspricht jeder Knochengleichsam einer Note – ein Prin-zip, das am besten in der Szenezum Ausdruck kommt, in der ein

Skelett das andere zum Xyloonumunktioniert. „The SkeletonDance“ ormuliert ein Grundge-setz der Animation: nämlich, dassviele Stimmen entlang eines musi-kalischen „Gerippes“ zu einer Me-lodie verbunden werden. Dies istdie Quelle ihrer „verzaubernden“Wirkung.

© Disney Enterprises, Inc.

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Len Lye (1901–1980)„Tusalava“, 1929. Ursprünglich 35 mm, übertragen au 16 mm, s/w,stumm, 10 min, archiviert und zugänglich gemacht vom New ZealandFilm Archive Nga Kaitiaki O Nga Taonga Whitiahua

Der aus Neuseeland stammendeMaler, Bildhauer und Filmema-cher Len Lye war ab 1926 in derLondoner Avantgarde-Szeneaktiv. Zwischen 1927 und 1929realisierte er seinen ersten Anima-tionslm, „Tusalava“, in dem er einneues lmisches Idiom entwickel-

te, das eine primitivistische miteiner modernistisch-abstraktenBildsprache im Medium des Ani-mationslms synthetisierte. DerFilm spiegelt seine Auseinander-setzung mit der indigenen Kunst

 Australiens, Neuseelands undSamoas wider. Primitivistisch-surrealistischen Vorstellungenentsprechend ersetzte er die

 Apparatur der Filmkamera durch

eine physische, au Automatismusabzielende Aktivität, nämlichdas Zeichnen. Lye hatte Freuds„Totem und Tabu“ gelesen undwar ein begeisterter Beürworterder Psychoanalyse, vor allemdes Konzepts des Unbewussten,das eine zentrale Rolle in seiner

Methode des „doodling“ (desabsichtslosen Zeichnens) spielte:„Ich kritzelte, um meinen Hungernach einem hypnotischen Bild,wie ich es nie zuvor gesehen hat-te, zu beriedigen.“

Courtesy Len Lye FoundationFilmstill © Courtesy New Zealand Film Archive Nga Kaiti-aki O Nga Taonga Whitiahua Len Lye Foundat ion/Govett-Brewster Art Gallery, Wellington

David Maljkovic (*1973)„Missing Colours“, 2010. Diashow mit 80 Dias, Unikat

Courtesy Annet Gelink Gallery, Amsterdam

Die Installationen von DavidMaljkovic beschätigen sich mitkollektiver Erinnerung bezie-hungsweise kollektiver Amnesieim Hinblick au den Übergangvom Kommunismus zum Kapita-lismus in der jüngsten kroatischenGeschichte. Mit einem Mix aus

Videos, Zeichnungen und Ob- jekten lenkt er unseren Blick auverlassene Gebäude und zerstörte

 Architektur. Ausgangspunkt von„Missing Colours“ ist Novi Zagreb,geplant und gebaut zu Zeiten desKommunismus. Inspiriert von der

 jugoslawischen Komödie „BalkanSpy“ (1984), in der ein Künstlerverhatet wird, weil er bunte Farbeau graue Miethausblocks wirt,

stellt Maljkovic ür die Diashow„Missing Colours“ eine Skulpturmit vier Farbfächen au und oto-graert diese ab. Das melancho-lisch anmutende Werk strahlt imwörtlichen wie übertragenen Sin-ne die Lehre gescheiterter Utopi-en aus – nicht nur in Novi Zagreb,

sondern an vielen Orten der Welt.

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Hans Richter (1888–1976)„Vormittagsspuk“, 1927. Film, 35 mm, transeriert au DVD

Hans Richter, Maler, Filmemacherund Kunsttheoretiker, betrachteteDada als Kritik an der Vorherr-schat der gängigen Rationalitätund als einen Versuch, die verlo-rene Balance zwischen Vernuntund Unvernunt wieder herzustel-len. Auch das Medium Film und im

Besonderen das Avantgardekinohatten ür ihn dieses Potenzial. Erwar der Meinung, dass das Magi-sche, Poetische und Unerklärlicheessenziell kinematograscheQualitäten sind. Durch die Bewe-gung des Mediums werden dieBetrachter in „Vormittagsspuk“ ineinen magischen Bann gezogen,und sie verolgen das Spiel derschwebenden Gegenstände, ohne

au die Logik von Ursache undWirkung zurückgreien zu können.Der Film ist eine buchstäblicheUmsetzung von Richters Verständ-nis von Kunst als Balance zwi-schen Ordnung und Unordnung.Er kann auch als Allegorie au dassymmetrische Abhängigkeitsver-

hältnis der Ordnung der Dinge undsozialen Hierarchien verstandenwerden – bricht im Reich der Dinge

 Anarchie aus, so zerbricht auch diesoziale Ordnung.

Courtesy Cinédoc – Paris Films Coop distribution; Filmstill

 Anna und Bernhard Blume(*1937 / 1937–2011)„Unfall“, 1991 aus der Serie „Im Wald“. Silbergelatine, lichtschutzlackiert.3-teilig, je 250 x 126 cm

Courtesy die Künstler und Galerie Buchmann

Das Künstlerpaar Anna und Bern-hard Blume ist vor allem bekanntür seine inszenierten Fotograen,in denen sie selbst autreten undden kleinbürgerlichen Alltag paro-dieren. In der Großotograe-Serie„Im Wald“, entstanden ca. 1982bis 1991, bewegen sich Anna und

Bernhard Blume inmitten der See-lenlandschat Wald. Die auwändi-gen Fotos entstanden mit vollemKörpereinsatz, es wurde balan-ciert und geklettert. Der Wald alsOrt der romantischen Bildtraditionund deutscher Bendlichkeit wirdzum Schauplatz komischer Ge-schichten. Die Naturkräte trotzen,die Bäume scheinen ein unheim-liches Eigenleben zu entwickeln

und provozieren den „Unall“. Sokommt es zu einer ironischenBrechung tradierter Wald-Bilder,das idealisierte Naturverständnisdieses verzauberten Ortes weichtder Schwerkrat und dem Kont-rollverlust.

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M.C. Escher, „Hand mit spie-gelnder Kugel“, Lithograe, 1935.Reproduktion

Joseph Wright of Derby, „DasExperiment mit dem Vogel in der

Lutpumpe“, 1768, Öl au Lein-wand, 183 × 244 cm. ReproduktionCourtesy National Gallery London

Thomas Hariot, Jacobus LeMoyne, Hans Staden, „America[Ps.1] Admiranda Narratio Fida Ta-nem, De Commodis Et..., SecundaPars Americae [Ps.2] Brevis Nar-ratio Eorum Quae In Florida Ame-ricae Provi[n]cia..., Americae TertiaPars [Ps.3] Americae Tertia ParsMemorabile[m] provinciae BrasiliaeHistoriam...“, Bry, Feirabendius,Wechelus, Francoorti Ad Moenum

1590 [Ps.1], 1591 [Ps.2], 1592 [Ps.3]Courtesy Staatsbibliothek zu Berlin– Preußischer Kulturbesitz; Abtei-lung Historische Drucke

Pablo Picasso, „Les Demoisellesd’Avignon“, 1907, Öl au Leinwand,244 x 234 cm. ReproduktionCourtesy Museum o Modern Art,New York

Bruno Latour, „On the ModernCult o the Factish Gods“, DukeUniversity Press, Durham 2010

 Alfred Gell, „Art and Agency: An Anthropological Theory“, Claren-

don, Oxord 1998

 Anonymous Addis (Ursprung: Addis Abeba), „Assembly o theanimals“, 1965–1975, Öl au Lein-wandCourtesy Tropenmuseum, Amster-dam, Coll.nr. 5956-5

Istvan Orosz, „L’Origine du mon-de“ 1. (Durer paraphrase) und„L’Origine du monde“ 2. (Durer pa-raphrase), 2008, Drucke au Papier,

 je 30 x 40 cmCourtesy der Künstler

Gustav Weill (Hg.), „Tausend undeine Nacht. Arabische Erzählun-gen“, Rieger, Stuttgart 1866

 Archivmaterialien

Illustration: Tierischer bzw. animalischer Magnetismusnach Franz Anton Mesmer, Ende 18. Jh.

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Innerhalb der Moderne, die den Animismus kategorisch auszu-schließen versuchte, ndet sichdieser wieder in Form der insistie-renden Symptome. All jenes, wassich der ortschreitenden „Reini-gung“ und Objektivierung wider-setzt, scheint sich als Symptomzurückzumelden, und diese ührenein merkwürdig deliriöses Eigen-leben. Diese Symptome wurdenmeist als das Fortleben einerarchaischen Vergangenheit in dermenschlichen Psyche charakte-

risiert, als primitive Atavare. Aberhandelt es sich bei Phänomenenwie dem Mediumismus oderbei einschlägigen zeittypischenpsychopathologischen Symp-tomen wie der „Hysterie“ nichtauch gerade um eine Rebelliondes „Psychischen“ gegen seineObjektivierung, gegen die Ver-dinglichung und privatisierendeEinschließung? Und dort, wo die-

se Verdinglichung, beispielsweiseim Sinne einer objektivierendenRückührung au physiologischeGesetze, ehlschlug, gegen ihreVerbannung in das Reich der „blo-ßen“ Fiktion? Und sind nicht auchdie rühen modernen technischen„Medien“ schon seit dem „Thea-ter der Phantasmagorie“ häugals „heimgesucht“ beschriebenworden, als eine Bühne ür Ge-spenster, Frankensteine, Zombiesund dergleichen, au der sich all

 jenes Ausgeschlossene sympto-

matisch zurückmeldet, das in derMassenkultur à la Disney späterkompensatorisch eingesetzt wird?Sind nicht die romantischen undprimitivistischen Fantasien einerzurückerlangten Einheit oderRückkehr zur Natur ebensolcheSymptome?

Was aber ist es genau, was dieModerne hier ausschließt und

Kapitel 4:Symptome & Medien

unterdrückt? Für Theodor W. Ad-orno handelt es sich um „mimeti-sches Verhalten“. Nicht im Sinneeines Produkts wie etwa einesBildes, einer mimetischen Kopieoder mehr oder wenigen origi-nalgetreuen Imitation, sondernim Sinne eines transormativen

 Austausches des Organismusmit seiner Umwelt, der sich erstin diesem Austausch dialogischkonstituiert. Das rational-männ-lich-weiße Subjekt des bürgerli-chen Humanismus denierte sich

durch die erolgreiche Abschir-mung und Unterdrückung aller mi-metischen Verhaltensormen undRelationalität (die wesentlich das

 Aziert-Werden mit umassen),ür die exemplarisch so genannteprämoderne Rituale stehen.Mimetisches Verhalten wird derModerne so zum Charakteristi-kum von Primitiven, von Frauen,Kindern und Verrückten. Nur in

Kunst und Ästhetik hat sich dieModerne ein Getto geschaen ürdas legitime „Fortleben“ mime-tischer Impulse unter speziellenVorzeichen. Insbesondere dieeministische Kritik an den Oppo-sitionspaaren der Moderne undihren identitären Essentialismenhat augezeigt, dass es bei derUnterdrückung des Mimetischenum den konstitutiv-patriarchalen

 Ausschluss von Relationalität,um situierte, dialogisch-reziprokeBeziehungen, und damit wesent-

lich auch um die Artikulation vonKollektivität geht. Auch dieseletzte Dimension artikuliert sichsymptomatisch-disloziert, etwaindem sie die „kollektive Seele“ indie phantasmatische Dimensionnationaler Identitäten projiziert.

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Heinz Schott (*1946), Erhard Schüttpelz (*1961), Ehler Voss (*1974)„Baquet (nach Anweisungen Franz Anton Mesmers) und Stellwnde“,2012. Baquet: Leihgabe Heinz Schott, Texte: Schott/Schüttpelz/Voss;Baum vor dem Haus der Kulturen der Welt (rei nach Puységur)

Heute verbinden wir mit demBegri Medium technische Ver-mittlungen zwischen Sendernund Empängern. Viele Jahrhun-derte war die Natur das Medium,nämlich die „Mittlerin“ Gottes. Inder Romantik und im Spiritismuserschienen auch Menschen als

Medien außermenschlicher Kräte:als Trance-Medien. Zwischen den1780er- und 1890er-Jahren wurdeder Mediumismus hetig debat-tiert: vom Mesmerismus über denSpiritismus und die Hypnoseor-schung bis zur Verestigung dermodernen Psychotherapie, Esote-rik und Kunst.Die Installation erinnert an diesegroße Debatte, in deren Rah-

men auch Edward Tylors Begri„Animismus“ geprägt wurde:durch Stellwände, au denendie wichtigsten Stationen einer„Ikonograe des Medienbegris“dargestellt sind, und durch einennach den Anweisungen von Franz

 Anton Mesmer gebauten hölzer-

nen „Baquet“, der in den 1780erndas Fluidum des „animalischenMagnetismus“ kondensierte. EinBaum vor dem Haus der Kulturender Welt erinnert an Mesmers An-hänger, den Marquis de Puységur,dessen 1784 praktizierter „Som-nambulismus“ als Ausgangspunktder modernen Psychotherapie gilt.

 Anja Dreschke und Martin Zillinger„TRANCE/MEDIA. The ‘Isawa in Morocco“, 1992 – 2011Videoinstallation

Die marokkanischen Su-Bru-derschaten der ‘Isawa agierenin ihren Ritualen die Kräte vonLöwen, Schakalen und Kamelen inkunstvollen Trance-Choreograenaus. Ihre ekstatischen Tänze sindür sie selbst wie ür ihre Zuschau-er spektakulär. Von kolonialen

und religiösen Modernisierern bisheute missverstanden, erahrenihre Traditionen zurzeit einen Au-schwung. Jenseits der vorgeblichnaiven Vorstellung eines belebtenKosmos geht es in ihrem sakralenSpiel um allgemein menschlicheFähigkeiten zur Verwandlungund den kreativen Umgang mitErahrungen der Entremdung.Zunehmend gestalten die Trance-

 Adepten ihre Praktiken in einertransnationalen Öentlichkeit alsKunstorm. Der Ethnologe MartinZillinger arbeitet seit neun Jahrenmit den ‘Isawa von Meknes unduntersucht, wie Trance mithiletechnischer Medien gestaltet undverändert wird. Die Installation in

dieser Ausstellung ist Teil einesgrößeren Film- und Forschungs-projekts, das er zusammen mitder Ethnologin und Filmemacherin

 Anja Dreschke an der UniversitätSiegen zum Thema „Trance Medi-en und Neue Medien“ verolgt.

Videostill/VHS aus den Archiven der Adepten, Marokko.Ein Experte in der rituellen Trance der Kamele agitiertRitualteilnehmer von einem Kaktuseld aus.

 Abbildung: Der Baum des Marquis de Puységur. Franzö-sische Postkarte (c. 1900)

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Camillo Negro (1861–1927)„La Neuropatologia“, Italien 1908. Film, 47:57 min, transeriert au DVD

„La Neuropatologia“ ist ein medizi-nischer Lehrlm aus Italien. Untermedizinhistorischen Gesichts-punkten kann er als Demonstra-tion eines Analls von Hysteriegesehen werden. Filmästhetischbetrachtet hingegen kann manihn als „expressionistisches

Drama“ bezeichnen. „Der medi-zinische Sachverhalt ist“, wie dieMedienwissenschatlerin Ute Hollschreibt, „ohne die medizinischeBühne, das Theater, die Inszenie-rung nicht sichtbar zu machen.Mit der Einührung otograscherTechniken in einigen Kliniken – wiein der Pariser Salpêtrière – Endedes 19. Jahrhunderts bahnt sicheine Wende zum Primat des

Visuellen in der medizinischenMethodik und auch in der neuro-logischen Diagnostik an.“

Courtesy © Museo Nazionale del Cinema, Turin; Filmstill

Lars Laumann (*1975)„Berlinmuren“, 2008. Video, 23:56 min

Der norwegische Künstler LarsLaumann untersucht Objekt-bezüge und das Verhältnis desMenschen zur materiellen Welt.Mit seiner Arbeit erzeugt erbeim Publikum eine komplizierteMischung aus Staunen und Mit-geühl. Au die Anregung zu „Ber-

linmuren“, einem der Höhepunkteder Fünten Berlin Biennale, stießer Ende der 1990er-Jahre beimSuren im Netz. Sein Film erzähltim dokumentarischen Format diewahre Geschichte der Eija-RiittaBerliner-Mauer – ihrer Liebe zumgleichnamigen Bauwerk und Hei-rat mit ihm 1979. Eija-Riitta be-zeichnet sich als „objektsexuell“,das heißt von Gegenständen ge-

schlechtlich angezogen. In ihremFall geht diese Anziehung beson-ders von „parallelen, meist hori-zontalen Linien (...) wie Brücken,Zäunen und Eisenbahntrassen“aus, ebenso wie von „Dingen, dietrennen“. Sie ist keine Fetischistin,sondern eher eine Animistin, die

glaubt, dass die Dinge eine Seelehaben. Die unvermittelt ambiva-lente Bedeutung, die die BerlinerMauer – ein paradigmatisches,einst scheinbar durch nichts inFrage zu stellendes Objekt – indiesem Film annimmt, hat etwasdrastisch Ernüchterndes, wennnicht Subversives an sich.

Courtesy der Künstler und Maureen Paley, London

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Rosemarie Trockel (*1952)„Replace me“, 2009. s/w Digitaldruck, 32,8 x 40 cm / 53 x 59 cm (ge-rahmt)

Rosemarie Trockels Zeichnungen,Videos, und Strickskulpturenverremden vertraute Kunstwerkeund Symbole ür politische, oteministische Aussagen. Die Fo-tomontage „Replace me“ ersetztdie Schambehaarung des Modellsin Courbets berühmtem Gemälde

„L’Origine du Monde“ (1866) durcheine Spinne. Die Graustuenrepro-duktion des arbigen Ölgemäldessuggeriert eine Transormationder weiblichen Genitalien, die imOriginal erstaunlich lebensnahabgebildet sind, in totes Gewebe.Trockel schat einen Kontrapunktzur Betonung der menschlichenReproduktion im Original. Gleich-zeitig wird das Bild durch die

Spinne reanimiert, und das Bildgewinnt eine weitere Bedeutungs-ebene. Diese ührt ein Elementdes Unheimlichen in die sexuali-sierte Fantasie vom Ursprung derWelt ein und betont die Rolle desKünstlers als Animator von Pig-menten und Pixeln.

Courtesy Sprüth Magers Berlin London Abbildung © Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 Yayoi Kusama (*1929)„Kusama’s Self-Obliteration“, 1967. Film, 16 mm, 23:32 min, transe-riert au DVD

Die Arbeiten der Installations-künstlerin, Perormerin undRomanautorin Yayoi Kusama ent-ziehen sich konventionellen Klas-sikationen, weisen aber durch-weg surrealistische, eministischeund psychedelische Charakteris-tika au. Ihre Werke zeichnen sich

durch etwas Ekstatisches aus:eine systematische Überschrei-tung der Grenze zwischen Körperund Umwelt, Geist und physi-schem Raum. In den Szenograenihrer Installationen und Peror-mances reagiert das Subjekt auseine Vereinnahmung mit der

 Augabe der eigenen Grenze, demNach-Außen-Kehren des Inneren,der Kollektivierung und Verräumli-

chung von Individualität. Der 1967von dem Experimentallmer JudYalkut gedrehte Film „Kusama’sSel-Obliteration“ dokumentiertdie einfussreichen „Nackt-Hap-penings“, die Kusama währendder sechzehn Jahre, die sie inNew York verbrachte, durchührte.

„Kusama’s Sel-Obliteration“ istein exemplarisches Dokumentvon Kusamas Kunstschaen unddessen sozialem und politischemKontext – ein Dokument, in demwir ihr Werk als einen Ausdruckvon Kollektivität erleben.

Courtesy Victoria Miro Gallery, London, Ota Fine Arts,Tokyo, und Yayoi Kusama Studio Inc. © Yayoi Kusama

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Jay Leyda (Hg.), „Eisenstein onDisney“, Seagull Books, Kalkutta1986

Lewis Carroll, „Through theLooking-Glass, and What Alice

Found There“, Macmillan and Co.,London 1872

J. J. Grandville, „Das gesamteWerk. 2 Bände“, Rogner undBernhard, München 1969

J. J. Grandville, „Règne animal –La Caricature No.131“, 1832,Lithograe koloriert, 36 x 55 cmCourtesy Privatsammlung, Parma

Frontispiz von Max Ernst in: PaulÉluard; „Répétitions“, Paris, éd.

 Au Sans Pareil; Kaldor Ex. 186 von350, 1922Courtesy Staatliche Museen zuBerlin, Kunstbibliothek

 Archivmaterialien

Linley Sambourne, „Im Gri der Gummibänder. Szene:The Congo Free State“; veröentlicht in „Punch Magazi-ne“, 28. November 1906 © Punch Limited

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Kapitel 5:Kapitalismus & Phantasmagorie

Die Moderne zieht die Grenzennur, damit sie vom Kapitalismus– vom Geld und dem Begehren –überschritten werden können. DerKapitalismus war am „Ausschlussdes Animismus“ nie interessiert.Vielmehr ging es ihm um dieNutzbarmachung von „Leben“,„Lebendigkeit“ und „Psyche“ alsunerschöpfiche Ressourcen,also um die Erschließung undMobilisierung des Körpers undseines Begehrens. Die Kontrolleund Kanalisierung der vitalen

Energien sind daür die Voraus-setzung – so wie die Erassungund Einschreibung von Bewegungdurch die Notationsmethodendes Physiologen Étienne-JulesMarey einerseits zur Entwicklungdes Bewegtbildes im Kino ührenund andererseits zur Vorlage ürdie Arbeitsezienzstudien desTaylorismus und damit des mo-dernen Fabrikregimes werden.

Und was ür die Ethnologen desrühen 20. Jahrhunderts das du-biose, alles durchziehende undanimierend-verbindende „Mana“der „Anderen“ ist, war ür die mo-derne kapitalistische Gesellschatdie Elektrizität.

Was der Marxist Georg Lukácsvor diesem Hintergrund in seinerberühmten Kritik der „Verdingli-chung“ die „Phantomobjektivität“kapitalistischer Kultur nannte,ist die Art und Weise, wie die

kapitalistische Welt sich als „na-turgegeben“ präsentiert, und ihreeigentliche Realität, die sozialenBeziehungen sowie die Klassen-und Produktionsverhältnisse sys-tematisch verdeckt. Lukács’ Ana-lyse greit ein berühmtes Motivvon Karl Marx au, in dem dieserden Fetischcharakter der Waren-orm beschreibt. Der Kapitalismussteht Marx zuolge ür eine ver-

drehte Welt, in der die Menschenzu Dingen werden und die Dingein Warenorm zu einer neuen Formder Animation gelangen. Die Kritikan der Entremdung und Verdingli-chung etwa durch die Fabrikarbeitund der Konditionierung durch diePhantasmagorie der kapitalisti-schen Warenwelt war ein Leitmo-tiv der Kritik am Kapitalismus undder konormistischen Konsumge-sellschat im 20. Jahrhundert. DerKamp gegen die instrumentelleRationalität, sowie gegen die

Objektivierung von Subjekten inden disziplinarischen Instituti-onen and einen Höhepunkt inder Gegenkultur der 60er-Jahre.

 Aber seither hat sich auch derKapitalismus gewandelt. Bestandder Kamp um Emanzipation vor-her wesentlich im Einklagen dervollen Anerkennung als Subjekteiner bestimmten marginalisiertenkollektiven Identität oder einer un-

limitierten Individualität, so mussnun im deregulierten Netzwerk-kapitalismus jeder seine eigeneSubjektivität als Kapital zu Marktetragen und, wenn man den Bibelnder populären Psychologie glaubt,zum Animisten werden, der seineeigene Umwelt und sich perma-nent subjektiviert und animiert.

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Ken Jacobs (*1933)„Capitalism: Slavery“, 2006. Videoprojektion, Farbe, kein Ton, 3 min,transeriert au DVD

Der aus New York stammendeFilmemacher Ken Jacobs gehörtzur Generation des „New Ame-rican Cinema“ der 1960er und1970er, die mit ihren ästhetischenExperimenten die damals gängigeFilmpraxis hinterragten. Jacobsarbeitet mit vorgeundenem

Bildmaterial und entwickelt in Anlehnung an längst vergangeneBetrachtungs- und Darstellungs-gewohnheiten einen verremdetenBlick au die Vergangenheit.„Capitalism: Slavery“ beruht aueinem in den USA augenom-menen Stereobild von Arbeiternau einer Baumwollplantage. DieStereograe wird durch das Hin-und Herwechseln zwischen zwei

identischen Einzelbildern digitalanimiert, während uns das stro-boskopartige Flackern allmählichin den Bildraum hineinzieht. KenJacobs spielt mit den historischdeterminierten Interaktionenzwischen Geist und Materie,Physiologie und Technologie

und unterstreicht gleichzeitig diesozialen Verhältnisse, die solcheBlickökonomien überhaupt erstermöglichten. Nicht zuletzt wird indieser Arbeit auch eine Urszenedes kolonialen Kapitalismus „re-animiert“ – die Sklavenarbeit auden Plantagen.

Foto: Anonym / Courtesy der Künstler

Marcel Broodthaers (1924–1976)„Caricatures – Grandville“, 1968. Diaprojektion, 80 Diapositive

Für „Caricatures – Grandville“ ver-wendete der belgische KünstlerMarcel Broodthaers in erster LinieBilder aus J. J. Grandvilles Buch„Un Autre Monde“ (1844) undstellte sie neben Zeitungsotos derStudentenrevolten im Mai 1968.„Un Autre Monde“ zählt zu den

eindringlichsten und bizarrstenWerken Grandvilles: Hier wird diekollektive Phantasmagorie zurobjektiven Eigenschat der Dinge,die Grenzen zwischen Menschen,Tieren und Gegenständen ver-schwimmen, womit die Ordnungs-hierarchien gleichzeitig ausgestelltund unterlauen werden. Brood-thaers nimmt Grandvilles Bilderquasi beim Wort, indem er seine

„Typen“, „Charaktere“, „Figuren“wie „Text“ behandelt und so diegrundsätzliche Ambivalenz phan-tasmagorischer Objektivierungdurch Karikaturen oenlegt. Denndiese „präsentieren“ das kollekti-ve Traumbild einer Epoche, indemsie (zum Beispiel) Menschen

als Tiere verkleiden und so diemenschliche Gesellschat als „na-türlich“ demaskieren. Gleichzeitigsind sie auch eine symptomati-sche, „unheimliche“ Darstellungder Objektivierung der Natur wieder menschlichen Gesellschat ineiner Welt der modernen Wissen-schat und des Kapitalismus.

Courtesy Estate Marcel Broodthaers, Brüssel

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Pier Paolo Pasolini (1922–1975)„Große Vögel kleine Vögel“ (Uccellacci e uccellini), Italien 1966. Film,s/w, 88 min

Scheinbar ziellos ziehen sie durchdie römische Vorstadt – VaterInnocenti und sein Sohn. Einsprechender Rabe, zunächst ver-lacht, gesellt sich zu den beidenWanderern. Er stellt sich als Vogelaus dem Land der Ideologie, Sohndes Vaters Zweiel und der Mutter

Bewusstsein vor und versucht siemit philosophischen Fragen überden Sinn des Lebens auzuklären.Der Rabe bringt ihnen die Ge-schichte des Heiligen Franziskusnahe, der im 12. Jahrhundert denVögeln die christliche Nächstenlie-be predigte (und als ausgewiese-ner Animist in die Hagiograe ein-gehen muss). Unter Entbehrungenlernen Vater und Sohn schließlich

selbst, mit den Vögeln zu reden. Aber als schlussendlich der Hun-ger kommt, grillen und verspeisensie den Raben doch. Nach seinemeigenen Drehbuch inszenierte PierPaolo Pasolini diese Filmabel,zwischen Surrealismus und Slap-stick, als eine Meditation über die

Klassengesellschat, die katholi-sche Kirche und den Untergangbeziehungsweise die Zersplitte-rung der Kommunismen.

Courtesy © Filmgalerie 4 51; Filmstill

Fernand Léger (1881–1955)„Ballet Mécanique“, 1923/1924. Film, 35 mm, s/w, transeriert au DVD

Pumpende Maschinen, sich dre-hende Objekte, ein Kaleidoskopvon mechanischen Teilen, dazwi-schen Menschen, sich verändern-de Gesichter und geometrischeFiguren: „Ballet Mécanique“ – einIndustrie-Ballett der Kinemato-grae – ist eine Co-Produktion

des Regisseurs Dudley Murpheymit dem ranzösischen KünstlerFernand Léger. Zusätzlich lieertenMan Ray und Ezra Pound kreativenInput. Der Film wurde 1924 bei der„Internationalen Ausstellung neuerTheatertechnik“ in Wien urauge-ührt, er gilt als einer der erstensurrealistisch-dadaistischen Filmeund Meisterwerk des rühen ex-perimentellen Kinos. Über seine

Entstehungsgeschichte gibt esallerdings widersprüchliche Aus-sagen. Ursprünglich war das „Bal-let Mécanique“ eine Kompositiondes amerikanischen KomponistenGeorge Antheil, der sein Werk alsBegleitmusik ür einen abstraktenFilm nutzen wollte. Augrund von

unüberwindbaren Problemen beider Synchronisierung von Filmund Musik entstanden zwei eigen-ständige Kunstwerke: Die erhalte-ne Fassung hat eine Spieldauervon circa 18 Minuten, die Musikhingegen von etwa 28 Minuten.Courtesy “Unseen Cinema: Early American Avant-GardeFilm 1894-1941,” a collaborative preservation projectsponsored by Anthology Film Arch ives, New York, andDeutsches Filmmuseum, Frankurt am Main, and under-written by Cineric, In c., New Yorkwww.unseen-cinema.com

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Thomas Alva Edison (1847–1931)„Execution of Czolgosz, with panorama of Auburn Prison“, 1901Film, 35 mm, transeriert au DVD

Leon F. Czolgosz erschoss imSeptember 1901 Präsident Wil-liam McKinley, den Initiator desSpanisch-Amerikanischen Kriegs.Edwin S. Porters Inszenierung vonCzolgosz Hinrichtung im Autragder Thomas A. Edison Inc. mar-kiert den Höhepunkt von Edisons

opportunistischer Beteiligung ander Entwicklung des elektrischenStuhls. „Execution o Czolgosz“war ein Beispiel ür Elektrizität imDienste der Wiederherstellungeiner Gesellschatsordnung, dieein selbst ernannter Anarchist mitder Ermordung des Präsidentendes Fortschritts, der Industrie unddes Weltreichs gestört hatte.„Sioux Ghost Dance“ zeigt India-

ner, die im Rahmen von „Bualo“Bill Codys Wild West Show den„Geistertanz“ auühren. DieserTanz war in den 1860er-Jahrenals Revitalisierungsbewegung desWiderstands der amerikanischenUreinwohner entstanden. Mit demMassaker von Wounded Knee

(1890), das die Indianerkriegebeendete, wurde auch die Visioneiner indianischen Wiedergeburtbegraben. Was au dem Zelluloiddieses Films einen „Geistertanz“auührt, ist daher das Gespenstdes Völkermordes an der kolonia-len „rontier“ in Amerika.

Filmstill aus „Execution o Czolgosz, with panorama o Auburn Prison“, Courtesy Motion Picture, Broadcastingund Recorded Sound Division o the Library o Congress,Washington, DC

„Sioux Ghost Dance“, 1894Film, 35 mm, transeriert au DVD

Dierk Schmidt (*1965)„Image Leaks“, 2011. Installation, Öl, Acryl, Papier und Bitumen au Acrylplatten, 413 x 275 cm

Dierk Schmidt beschätigt sich inseinen Projekten mit einer Kritikdes Historienbildes und der Ma-lerei als Repräsentationsmediumgeschichtlicher Wahrheitspro-duktionen. „Image Leaks“ ist dieNachbildung des durchschei-nenden Raster der Lichtdecke

aus bemalten Bildplatten, wie siein seiner letzten Ausstellung imFrankurter Kunstverein zu sehenwaren; „Color Change“ dagegenist ein in größeren Feldern orga-nisiertes Tableau. Die inhaltlicheVerbindung liegt in einer Beragungder Materialität von Öl als Rohstound als Produkt, das seine kultu-relle Vereinerung unter anderem inder Ölmalerei geunden hat.

„Image Leaks“ war mit demdirekten Bezug au das vom mul-tinationalen Konzern BP zu ver-antwortende Ölleck im Gol vonMexiko 2010 die Frage au, ob undwie überhaupt künstlerische Bild-strategien gegen die BP-Bildpo-litik möglich oder sinnvoll wären.

Die Firma hatte ohne großen Res-pekt vor ihrer Wahrheitspficht mitallen Mitteln darum gekämpt, dasÖl „unsichtbar“ zu machen, etwamittels eines Weichmachers, derdas Öl in kleinste Partikel zerlegte,aber auch die digitalen Bilder derLivestream-Kameras am Bohr-loch erwiesen sich als kontrolliertoder sogar manipuliert. In diesemVerdrängungskamp der digitalen

„Color Change“, 2012*Installation, Öl, Bitumen und Acrylau Acrylplatten, 393 x 262 cm

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 Abbildung vorige Seite: Ausschnitt aus „Image Leaks“Courtesy der Künstler und G alerie Ursula WalbrölRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

Bilder materialisieren SchmidtsBildplatten Beiträge zu einemvon Greenpeace veranstaltetenGegenimage-Wettbewerb, beidem zur „digitalen Verschmutzung“des Firmenlogos augeruenworden war.„Color Change“ setzt au andereWeise an der Frage nach Rohstound Materialität an. Hier geht esnun um die Geschichtsträchtigkeitder Farben, das entmystizieren-

de Auzeigen der Lasten der His-torie und der Querverbindungenzu den Verbrechen der industri-alisierten Moderne, die in schein-barem Widerspruch zu derenPurismusorderungen stehen. DieFelder von „Color Change“ schär-

en den Blick au den geschichtli-chen Punkt, an dem sich der Um-schlag von der ausbeuterischen,kolonialen Farbproduktion zurIndustrie der Chemielabors ereig-nete: Mit den ersten synthetisch-organischen „Anilinarben“ grün-dete sich die chemische Industrieund die Chemiker der IG-Farbenwurden zu „Zauberkünstlern“, diedie technokratische Allmachtsan-tasie uneingeschränkter Synthe-

tisierbarkeit sämtlicher Naturpro-dukte propagierten. Bildquellenund Materialien werden in einenkritischen Dialog mit den maleri-schen Verahren gestellt, die siein diesen beiden Arbeiten auchpräsentieren.

Tom Holert (*1962)„The Labours of Shine“, 2012. 2-Kanal-Video, s/w, Sound, 18:27 min,Schuhputzmöbel der 1940er-Jahre/USA, Holz, verchromter Stahl (auSockel unter Plexiglas)

Tom Holert, Künstler, Kunsthis-toriker und Publizist, montiert inseinem Videoessay „The Labourso Shine“ Materialien und Reeren-zen, die sich au Diskurse zu glän-zenden, schimmernden, strahlen-den Oberfächen beziehen, die inder ersten Hälte des 20. Jahrhun-

derts unterschiedliche und teilwei-se widersprüchliche Bedeutungenund Funktionen von „Glanz“ pro-duziert haben. Dabei tritt der Filmin einen spekulativen Dialog miteinem objet trouvé: einem etwa80 Jahre alten amerikanischenSchuhputzschrank, der ein höl-zernes Sockelelement mit einemhoch auragenden verchromtenStahlausatz verbindet und Asso-

ziationen zu Constantin Brancusispolierten Bronzeskulpturen weckt.Glanz ist in diesem Projekt einkomplexes ästhetisch-politischesPhänomen, das weit über die Phy-sik des Lichts und die optischePsychologie hinausreicht. In ihremVerhältnis zu glänzenden Oberfä-

chen inszeniert die Moderne eine Auseinandersetzung über Subjek-tivierung und Objektivierung, über

 Anziehung und Abstoßung, überLebendigkeit und Unbelebtheit, inder es sowohl um die Sexualitätder Dinge wie um die Dinghatig-keit der Sexualität gehen mag.

Courtesy der Künstler

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 Archivmaterialien

Linley Sambourne, „In TheRubber Coils. Scene – The Con-go Free State“ veröentlicht in:Punch Magazine, 28. November1906Courtesy Punch Limited

H. R. Robinson, „A GalvanizedCorpse“, 1836. Reproduktion

Poster von „Andy Warhols Fran-kenstein“, 1973. Reproduktion

Stereoskop aus dem 19. Jahrhun-dert

Innenansicht des Elektrizitätsge-bäudes von der nördlichen Gale-rie, World’s Columbian Exposition,Chicago, 1893

John Maynard Keynes, „Thegeneral theory o employmentinterest and money“, Macmillan,London 1936Courtesy Staatsbibliothek zuBerlin – Preußischer Kulturbesitz;

 Abteilung Historische Drucke

Elektrosuggestivtheorie – A.K.Fiala, „Elektrophysiologische Zu-kuntsprobleme“, in: Der DeutscheRundunk 3 (1925). Reproduktion

Rorschachtest, Zweite Karte, 1921

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Kapitel 6:Soul Design

In der Anthropologie wurde derBegri des Animismus jüngstwieder augegrien und in denZusammenhang von unterschied-lichen Konzeptionen dessengestellt, was eine „Person“, was„Personizierung“ und was ein„Selbst“ ist. Die Anthropologielehrt auch, dass soziale Struktu-ren, die Wissensordnung und ma-terielle Praxis einer Gesellschatuntrennbar sind. Unzählige Filme,vor allem Slapstick- und Katas-trophenlme – darunter der in der

 Ausstellung gezeigte „Vormittags-spuk“ von Hans Richter –, setzenin Szene, wie die soziale Ordnungvon der relativen Stabilität ihrermateriellen Grundlagen abhängt,und wie sie, wenn Letztere ihrenDienst verweigert, unweigerlichaus den Fugen gerät. Sollte mandaher nicht von einem Kontinuumsprechen, au dem sich Gesell-schat, Subjektivität und Objekte

symmetrisch bedingen? Sollteman nicht annehmen, dass jederKonzeption und Verasstheit eines„Dings“ eine bestimmte Form des„Subjekts“ entspricht? Dass ein

 jeder Organismus so etwas wieeine Artikulation eines bestimmtenMilieus oder Kräteelds ist? Dasaber würde bedeuten, dass dieFrage nach der „Seele“ andersgestellt werden muss.

Der moderne „Ärger mit der Seele“hat seinen Ursprung ganz wesent-

lich darin, dass diese im Laue derletzten 2000 Jahre zu einer nachinnen verlagerten transzendenta-len Substanz wurde und zu etwas,das man „besitzt“ oder auchnicht. Solange man diese Konzep-tion der Seele beibehält, wird dieFrage nach der Beseelung aberimmer im Bannkreis einer be-stimmten theologischen Debattebleiben, die letztendlich vor allem

dazu da ist, einen Legitimations-rahmen daür zu schaen, Dingen(den „Wilden“, den „Tieren“ etc.)die Seele abzusprechen. Da diese

 Ausstellung den Trennlinien undGrenzziehungen gewidmet ist,wird versucht, eben jene Abtren-nungen und Abgrenzungen in denBlick zu rücken, den Verahrenalso, mit denen das Territoriumder Seele vermessen, produziertund verwaltet wird. Um aber dieseDemarkationen zu beleuchten,bedar es eines Ausgangspunkts,

der die Seele nicht von vornhereineinschränkt. Was, wenn wir unsdie Seele als „Ereignis“ vorstellen,als etwas, das nicht besessenwerden kann, sondern nur im Da-zwischen existiert? Wäre es dannnicht möglich, die Frage des Ani-mismus anders zu stellen – nichtals Frage dessen, was eine Seelebesitzt, sondern als Frage nachunterschiedlichen Formen des

 Animiertseins und der Animation,verstanden als ein Ereignis derKommunikation? Was wäre, wenn„die Seele“ das Medium solcherEreignisse wäre? Immerhin ver-mag jeder von uns eine animierteUnterhaltung von einer nichtani-mierten zu unterscheiden – denUnterschied aber zu artikulierenoder gar zu objektivieren, ist un-gleich schwerer. Und „ausstellen“lässt sich dieser Unterschied astnur in Form des Witzes oder derKarikatur.

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 Al Clah„Furchtlose Schatten“ („Intrepid Shadows“), USA 1966/69. Film ausder Serie „Navajo Film Themselves“, 16 mm, s/w, stumm, 18 min

Im Jahre 1966 baten die Anth-ropologen Sol Worth und John

 Adair Mitglieder der Navajo Nati-on in Pine Springs, Arizona, Filmezu drehen, die ihre Kultur und sieselbst so darstellen, „wie sie esür richtig halten“. Einer der kom-plexesten – und am wenigsten

verstandenen – Filme war „In-trepid Shadows“, den MargaretMead als „eines der schönstenBeispiele von Animismus im Film“bezeichnete. Im Gegensatz zuden anderen Filmen beschätigtsich diese Arbeit mehr mit sub-

 jektiven als mit objektiven Aspek-ten des Lebens der Navajos. AlClah versucht hier, den westlichenBegri von Gott mit der traditio-

nellen Göttervorstellung derNavajos in Beziehung zu bringen.

„Intr epid Shadows“ im Verleih von Arsenal – Institut ürFilm und Videokunst; Filmstill Courtesy Arsenal – Institut ürFilm und Videokunst

Erik Steinbrecher (*1963)„TROUBLE MIT DER ANIMA“, 2012. Hrsg.: Anselm Franke. Gestal-tung: Stephan Müller, Winried Heininger und Erik Steinbrecher. Verlegtbei Kodoji Press; Erstausgabe, 300 Exemplare

Der Schweizer Künstler ErikSteinbrecher arbeitet mit unter-schiedlichen Materialien undObjekten. Indem er sie in neueErscheinungsormen überührt,produziert er eigene Szenarien,schat neue Zusammenhänge.„TROUBLE MIT DER ANIMA“ ist

ein Künstlerhet, das eine Auswahlgesammelter Fotograen von ErikSteinbrecher, in eine Art Buetverwandelt. Die Fotograen hatder Künstler zuhause, in Restau-rants, Caés und Imbissbudenhergestellt. Er hat mit den Essens-resten verzehrter Speisen gespieltund – in Pannen, Schalen, auTellern und Pappunterlagen –Gesichter und Fratzen daraus

geormt. „(FRISÜRCHEN)“ isteine Künstleredition, die aus12 bedruckten und altbarenKartontaeln besteht. Die Motivebasieren au einer Werkgruppemit Haar-Objekten, Skulpturenund Collagen. Diese Drucksachenund andere Werke – wie die Fell-

arbeit „Les Cheveux de MonsieurRousseau“ (2009) – werden in der

 Ausstellung in einzelnen Vitrinenpräsentiert.

Fotograe aus der Serie „TROUBLE MIT DER ANIMA"Realisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

„(FRISÜRCHEN)“, 2012Gestaltung: Stephan Müller und Erik SteinbrecherVerlegt bei Kodoji Press; Erstausgabe, 300Exemplare

O.T.Diverse ObjektePelze, Prints und Gussarbeiten, 2000–2012

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Daria Martin (*1973)„Soft Materials“, 2004. Film, 16 mm, 10:30 min

Die durchgehend au 16 mm ge-drehten Filme von Daria Martinerkunden die expressiven Mög-lichkeiten der Leiblichkeit, desKörpers im Raum, und untersu-chen so die Stilistik der Aekte.Gedreht in einem Zürcher Laborür „körperbasierte künstliche

Intelligenz“, das sich vor allem mitder Entwicklung sensorischer Fä-higkeiten ür Roboter-Apparaturenbeschätigt, zeigt „Sot Materials“zwei nackte Körper – eine spezielldaür ausgebildete Tänzerin undeinen Tänzer – bei der körperlichenInteraktion mit (beachtenswer-terweise nichtanthropomorphen)Roboter-Elementen. Basierendau den Experimenten des La-

bors, in denen die Roboter durchInteraktion „lernen“ – und derenErgebnisse in der Prothetik undGestengenerierung Anwendungnden –, interagieren die Tänzermit diesen Elementen in einerdialogischen Choreograe, in ei-nem Austausch von künstlichem

Objekt und Körper. Der Film wirdso zu einer Szene des Austauschsvon Maschine und menschlichemSensorium jenseits jener tech-nophobischen und technophilenFantasien, die die Populärkulturseit der Geburt der technisch re-produzierbaren Medien so maß-geblich prägten.

Courtesy die Künstlerin und Maureen Paley, London;Filmstill

Roee Rosen (*1963)„Vladimir’s Night“ by Maxim Komar-Myshkin, 2011/2012. Auswahl auseinem Album mit 40 Gouachen und Text au Papier, je 55 x 36,5 cm

„Vladimir’s Night“ ist ein Hybridaus Kinderbuch, einer äußerstblutigen Märtyrergeschichte undeinem verschachtelten politischenTraktat. Vladimir (Putin – auchwenn der Name nie genannt wird)ist gleichzeitig ein kleines Kindund ein politischer Führer, der

in seinem Sommerhaus Ferienmacht. Vor dem Einschlaen siehter in der Maserung seines Schla-zimmerschranks Gesichter.Die Gesichter beginnen sich zubewegen, ein Mund önet sich,belebte Objekte fiegen heraus,um mit Vladimir zu kuscheln, aus-gelassene Freunde tauchen auseiner Schublade und aus VladimirsTasche au. Das röhliche Treiben

schlägt aber rasch in Gewalt um.Vladimir wird vergewaltigt, geol-tert und am Ende von den Ob-

 jekten ermordet... Der israelischeKünstler Roee Rosen steckt hinterdem russischen Schritstellerund Künstler Em Poplawski(1978–2011) aka Maxim Komar-

Myshkin. Dieser war stark vonDaniil Charms’ zugleich komischerund schauriger Form des Absur-den beeinfusst, die ür ihn zweischeinbar unvereinbare Zuständeverkörperte: eine durch die Kunstgewonnene heitere, ausässige,irrationale Autonomie und dasallumassende Geühl eines realenrachsüchtigen Animismus.Courtesy der Künstler; Abbildung: Detail

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 Adam Curtis (*1955) Ausschnitte aus „The Century of the Self“, 2002. Dokumentarserie,Film, transeriert au DVD

 Adam Curtis ist Dokumentar-lmer und arbeitet ür die BBC.Im Mittelpunkt seiner Serie „TheCentury o the Sel“ stehen dieNachkommen von SigmundFreud, besonders seine Tochter

 Anna Freud und sein Nee Ed-ward Bernays. Beide hatten maß-

geblichen Einfuss darau, wie diePsychoanalyse von Unternehmenund staatlichen Behörden genutztwurde. Anna Freud glaubte, diePsychoanalyse könne Menschenhelen, ihre barbarischen und ani-malistischen Triebe unter Kontrollezu bringen. Edward Bernays nutz-te die Vorstellung unbewussterBegierden, um im Dienst ameri-kanischer Unternehmen die Kunst

der Öentlichkeitsarbeit zu ent-wickeln. Curtis’ Serie beschreibtauch die Gegenkultur der 1960er-Jahre, die dem Unbewussten zurnötigen Bereiung verhal und da-mit dem schrankenlosen Individu-alismus den Weg bereitete. DieseBereiung bedeutete einen Bruch

mit dem Erbe von Anna Freud –nicht aber mit dem von Bernays,denn PR-Spezialisten andenMittel und Wege, die neuen selbstverwirklichten Individuen mit An-geboten des konsumorientiertenLebensstils anzusprechen.

Courtesy der Künstler und BBC; Videostill

 Antje Majewski„La coquille. Conversation entre Issa Samb et Antje Majewski.Dakar 2010“, HD-Video, Farbe, Ton, 58 min

„Madonna...“ ist ein Gespräch mitThomas Bayrle in seinem Atelierin Frankurt: über Gebete in Ma-schinen, das Weben des Stoesder Gesellschat, die Wiese alseine „großartig grauenhate Sym-biose“ und ein neues Konzept vonFreiheit, das von unseren Körpern

ausgeht. Für Bayrle gibt es keinenundamentalen Unterschied zwi-schen der technischen und dernatürlichen Welt, zwischen unse-ren Körpern und Motoren. Zumersten Mal eruhr er das, als er alsWeber arbeitete. „Jedenalls trau-te ich meinen Sinnen nicht – alsich plötzlich bei einer bestimmtenFrequenz von den Dynamos plötz-lich menschliche Stimmen gehört

„Madonna Maschine Rosen-kranz / Die Steine, die Muscheln.Gesprch zwischen Thomas undHelke Bayrle und Antje Majew-ski, Frankfurt 2011“, HD-Video,Farbe, Ton, 36 min.

habe. Ich habe mein Ohr au denMotorblock gelegt und tatsächlichtie im Getriebe – zarte Frauen-Stimmchen singen gehör t...“Helke Bayrle spricht über Steineals Götter und erzählt uns, wie sieMuscheln hilt, von einem Ozeanzum anderen zu wandern: „Ich

habe chinesische Muscheln inEngland ins Meer geworen, oderin Italien, und umgekehrt: italie-nische Muscheln ins chinesischeMeer.“

„La coquille“ ist ein Gespräch mitdem Künstler und PhilosophenIssa Samb in seinem Ho in Dakar.Issa Samb spricht über unsereVerantwortung den Dingen gegen-

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 Archivmaterialien

Henri Michaux, „Misérable mi-racle (la mescaline)“, New YorkReview Books Classics, New York2002

Henri Michaux, „Misérable mi-

racle (la mescaline)“, Editions duRocher, Monaco 1956

Richard Brautigan, „All watchedover by machines o loving grace“,Flugblatt, ca. DIN A4, The Com-munication Company, San Fran-cisco 1967Courtesy Craig V. Showalter, USA

William Rubin (Hg.), „‘Primitivism’in 20th Century Art: Anity o theTribal and the Moderny“, 2 Bde.,Museum o Modern Art, New York1984

Eduard Renner, „Eherne Schalen:über die animistischen Denk- undErlebnisormen“, Haupt, Bern[u.a.] 1967

Carl Einstein, ausgewählte Ma-nuskriptseiten aus „Handbuch derKunst 1930–1940“Courtesy Akademie der Künste,Berlin, Carl Einstein Archiv

Carl Einstein, „Die Kunst des 20.Jahrhunderts“, Propyläen, Berlin1926

Carl Einstein, „Negerplastik“,Wol, München 1920 (2. Auf.)

Ernst Lehmann, „BiologischerWille. Wege und Ziele biologischer

 Arbeit im neuen Reich“, J. F. Leh-mann, München 1934

Corinna Treitel, „A Science orthe Soul. Occultism and the Ge-nesis o the German Modern“, TheJohns Hopkins University Press,Baltimore/London 2004

 A. Irving Hallowell, „OjibwaOntology, Behavior, and WorldView“, in: Culture in History, hrsg.v. Stanley Diamond, OctagonBooks, New York 1960. Repro-duktion

„La coquille“ produziert vom Kunsthaus Graz, „Madon-na Maschine Rosenkranz / Die S teine, die Muscheln“produziert vom Kunsthaus Graz / Weltkulturen Museum,Frankurt. Beide Videos sin d Teil einer Serie von philoso-phischen Gesprächen über „sprechende“ Objekte, die

 Antje Majewski ür „Die Gimel-Welt“ ührte (KunsthausGraz 2011). Foto aus „La coquille“ © Antje MajewskiCourtesy neugerriemschneider, Berlin

über, denen wir helen müssen,sich in der Welt zu bewegen.Dabei sollen ihre Geschichte undihre Herkunt respektiert werden,selbst in dem kleinsten Objekt„made in China“. Die Aufadung,die Objekte mit sich tragen, ent-springt letztlich derselben Krat,die auch uns erüllt.„Jedes Blatt, das in diesen Gartenhier ällt, das aus der Situationeines Objekts, das ein natürliches

Blatt ist, zu einem Objekt wird,das sich von hier nach da bewegt,nimmt in diesem Garten eine Po-sition ein, die an der Denition desGesamten hier teilnehmen wird.Und über dies hier hinaus an derHalbinsel von Dakar, und darüber

hinaus am Kontinent, und über denKontinent hinaus an der ganzenWelt. Es ist nicht eine Frage derInteraktivität, es ist nicht einmaleine Frage der Intererenz, es isteine Frage nach der Beziehungdes Lebendigen zueinander.“In der zweiten Hälte des Films bit-tet Issa Samb Antje Majewski, aneiner großen Muschel zu lauschen,die sie mitgebracht hatte, und ührtsie in eine Trance, in der sie das

Meeresinnere beschreibt und eineStimme in der Muschel singen hört.

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„Two Maps“. Ein Interview mit Chihiro Minato; Fotos: Angela Melitopoulos; Scans aus dem Notizbuch: ChihiroMinato; aus: „The Lie o Particles“, Angela Melitopoulosund Maurizio Lazzarato

Pierre Duour, 1a7, Rue Person,Paris 13, Elektronischer Zwei-handprüer, nicht genau datierbar.Vermutlich 1970er/1980er-Jahre;vernickeltes Messing, Kunststo,295 x 260 x 100 sowie 165 x 165

x 105 mmCourtesy Adol-Würth-Zentrum ürGeschichte der Psychologie derUniversität Würzburg

Elektrodenhaube eines Elektro-Encephalographen, ca. 1940,250 x 210 x 185 mmCourtesy Deutsches MuseumMünchen

„Rorschachtest, 1921“, VerlagHans Huber, Bern 2009© Verlag Hans Huber AG, Bern,Schweiz, 1921, 1948, 1994

Elektrische Seelenorschung mitder Diagnoskopie – ZacharBissky, „Die Diagnoskopie. Eineneue Methode zur medizinischenPsychologischen und orensi-schen Diagnostik“, Berlin: Bios –Institut ür praktische Menschen-kunde, 1925. Reproduktion

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Kapitel 7:Politik des Animismus / Ökologie /Natur

Die politischen Dimensionen des Animismus, jenseits der schonerwähnten marxistischen Verding-lichungs- und Entremdungskritik,nden sich vor allen Dingen imBereich der Psychopathologien,der Kolonialismuskritik sowie derUmweltpolitik und jüngst vermehrtim Rahmen indigener politischerBewegungen. Der politische Ho-rizont des Animismus, der diesengemeinsam ist, besteht darin, dieGrenze des Sozialen zu de-natu-ralisieren und zu politisieren. Denn

was überhaupt den Status einesvollzähligen „Subjektes“ erhält,ist eine genuin politische Frage(wenn nicht die Frage der Politikschlechthin), mit unmittelbarenKonsequenzen ür den Rechtssta-tus und dessen Handlungsmög-lichkeiten.

In der Kritik an der Institution derPsychiatrie und ihrer normativen,

au Anpassung angelegten Patho-logisierung stellt der Animismusals Paradigma einer „Entgrenzungdes Sozialen“ so etwas wie einepolitisierende Folie dar, vor derenHintergrund Dierenz überhauptdenkbar wird und der daher in der

 Anti-Psychiatrie-Bewegung einewesentliche, wenn auch ot impli-zite Rolle spielte. Hier geht es imWesentlichen darum, das westli-che Paradigma der „Subjektivität“hinter sich zu lassen und zu eineranderen Form der Artikulation

relationer und partieller Subjektivi-täten zu kommen.

Für die mit dem Begri ursprüng-lich und auch heute noch be-schriebenen Kulturen dagegenist der Animismus immer eineFremdbeschreibung gewesen, mitder der Westen sein konstitutivesnichtmodernes Anderes einasste.Die meisten der so bezeichneten

Gesellschaten lehnen die Be-zeichnung als eine kolonialistischeZuschreibung ab. In den letztenbeiden Jahrzehnten aber beginntsich die Situation zu ändern. Inden politischen Bewegungen in-digener Bevölkerungen wird derBegri nun häuger als Eigenbe-zeichnung verwandt. Der Begriwird nun in Kämpen um Land-rechte und gegen die Ausbeutungnatürlicher Ressourcen angeührt,wobei vermittels des Konzepteseines nicht au „menschliche Sub-

 jekte“ beschränkten „Sozialen“Rechte ür die Natur selbst einge-klagt werden.

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Walon Green (*1936)„The Secret Life of Plants“, 1979. Film, 35 mm, Farbe, Ton, 96 min,transeriert au DVD

Walon Green machte sich Anangder 70er-Jahre mit „The HellstromChronicle“, einer Mischung ausDokumentation und Science Fic-tion, einen Namen. „The SecretLie o Plants“ basiert au demgleichnamigen, 1973 veröentlich-ten Kultbuch, einem Bericht über

die physikalischen, emotionalenund spirituellen Beziehungenzwischen Pfanze und Mensch.Das Spektrum der vorgestellten,damals aktuellen Forschungenreicht von den Experimenteneines Parapsychologen, der dieemotionale Bindung von Pfanzenan Menschen nachzuweisen ver-sucht, über die Utopie russischerProvenienz einer sich – im Zu-

sammenspiel mit vom Menschenentwickelter Technik – selbst ver-sorgenden Pfanzenzucht bis zumEhepaar Hashimoto, das einemKaktus die Laute der japanischenSprache beizubringen versucht.Zahlreiche Sequenzen animierenPfanzen mittels Zeitraer zu einer

Lebendigkeit, die mit menschli-chen Augen schwer erahrbar ist –an anderer Stelle wendet der Filmdie Perspektive radikal und ührt,wiederum mittels Zeitraer, denmenschlichen Alltag gleichsamaus dem Blickwinkel der langsa-meren Spezies in seiner „unsinni-gen mechanischen Eile“ vor.

Courtesy Paramount Pictures; Filmstill

Jean Painlevé (1902–1989)„Les amours de la pieuvre/The Love Life of the Octopus“, 1967Film, 16 mm, Farbe, Ton, 13 min, transeriert au DVD

Painlevés Filme widerlegen ein-deutig den modernen Mythos,dass „die Wissenschat die Weltentzaubert“. Er wollte stets, dassseine Werke als wissenschatlicheDokumentationen ernst genom-men werden, schließlich warensie achlich akribisch recherchiert.

Nur ihre künstlerische Umsetzungverriet Painlevés Nähe zum Surre-alismus. In diesem Sinne ging esihm nicht um wissenschatlicheDistanz, sondern um die aktive,leidenschatliche Beziehung undden Austausch mit seinen „Sub-

 jekten“. In der Kommunikationmit den Tieren erkannte er in „Lesamours de la pieuvre“ deren Intel-ligenz, Erinnerungsvermögen und

die Fähigkeit, Geühle auszudrü-cken. Der Film ührt uns – Formund Bewegung anhand porösermetamorpher Grenzen zwischenOrganismus und Welt erorschend– in das aektive Beziehungs-gefecht des Tintensches einund bezieht uns so in eine Art

„Tier-Werdung“ mit ein. Painlevébringt uns nicht nur mit der Weltdes Tieres in Berührung, sondernauch mit dem Prozess seiner Re-präsentation – mit den aektivenEekten von Kino und Narration:in refektierter wie passionierterForm.

Courtesy Les Documents Cinématographiques, Paris;Filmstill

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Didier Demorcy (*1965)„Vital Phantasy – Berlin version“, 2010–2012. Videoprojektion einerdigitalen Diashow, Farbe, ohne Ton, interaktiver Loop

Demorcy, Filmemacher und Akti-vist, ührt uns in „Vital Phantasy“zur Entdeckung der Evolutions-theorie. Demorcy verweist aueine Reihe von Wissenschatlern,deren Arbeit Richtlinien ür eineneu belebte Auseinandersetzungmit der „mehr-als-menschlichen“

Welt und ihren Morphologiengeschaen hat. Zentral ür diesenichtreduktionistische Denkweiseist die Erkenntnis, dass die Wis-senschat keine „Entdeckung“ derWelt „da draußen“ ist, sondernder Eintritt in ein Beziehungsge-fecht mit den Dingen der Welt.Dies geschieht über verschiedene„Übersetzungen“, die sich an derNatur ausrichten, sie transormie-

ren und konstruieren, sodass esuns möglich wird, etwas über siezu wissen, und ihr, neue Augabenzu übernehmen und die Fragender Wissenschat zu beantwor-ten. „Animation“ – darau spieltDemorcy an – bedeutet letztlich,durch Neugier und Spiel eine Be-

ziehung mit der Welt einzugehen.

Courtesy der KünstlerRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

 Angela Melitopoulos  (*1961) und Maurizio Lazzarato (*1955)„Assemblages“, 2010. Dreikanalvideoinstallation, Farbe, Ton, 62 min,transeriert au DVD

Félix Guattari, Philosoph, Psychia-ter und Aktivist, suchte Zeit seinesLebens, ein Fundament ür einegrundsätzliche Kritik modernis-tischer Konzepte zu legen. Kurzvor seinem Tod 1992 war er davonüberzeugt, dass eine „vorläuge,aber notwendige Rückkehr“ zum

 Animismus die ontologische Tra-dition der Moderne aubrechenkann, die Subjekt und Objekt, Na-tur und Kultur, Mensch und Tier,belebt und unbelebt, Materie undSeele, Zeichen und Ding, Indivi-duum und Kollektiv voneinandertrennt. Diese Dualismen sind, soGuattari, die Ursache der meistenpolitischen, ökologischen, wis-senschatlichen oder ästhetischen

Probleme unserer Zeit.Die Videoinstallation „Assemb-lages“, die in ihrer erweitertenForm die Archivinstallationen„Déconnage“ und „Two Maps“ miteinbezieht, olgt dem Weg unddem Denken Félix Guattaris in sei-nen vier existenziellen Territorien,

die ür seine therapeutische undpolitische Praxis prägend waren:dem Asyl von Saint-Albain, derKlinik La Borde und seinen Reisennach Brasilien und Japan. Guat-tari veränderte die institutionellePsychiatrie mit einer „Politik derExperimentation“ und machte siezum Labor ür die politische undtheoretische Diskussion über dieProduktion von Subjektivität.

„Déconnage“, 2011Videoinstallation, Farbe, Ton, 100min, transeriert au DVD;integrierter Archivtisch

„Two Maps“, 2012

Videoinstallation, Farbe, Ton, 45min, transeriert au DVD;integrierter Archivtisch

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Die Installation „Assemblages“zeigt Archivaunahmen mit FélixGuattari, Ausschnitte aus Doku-mentar- und Essay-Filmen, Radio-Interviews, Interviews mit Freun-den und Kollegen, Aunahmen ausder Klinik La Borde in Frankreich,

 Ausschnitte von Filmen von Fern-and Deligny, Renaud Victor, Fran-çois Pain sowie Material, das imRahmen der Forschungsarbeitenin Brasilien gedreht worden ist.

Die Archivinstallation „Déconna-ge“ ist dazu eine verkettete Ar-chivsichtung eines Interviews mitdem Psychiater und Widerstands-kämper Francois Tosquelles, derdie erste oene, institutionellePsychiatrie während des zweiten

Courtesy Angela Melitopoulos und Sammlung GeneraliFoundation, WienFilmstill aus „Assemblages“ © die KünstlerinRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

Weltkrieg im Asyl Saint Albanbegründete. Der Archivtisch „TwoMaps“ aktualisiert mit einemInterview, Fotos und einem Notiz-buch des japanischen FotograenChihiro Minato von der Atomka-tastrophe in Fukushima GuattarisThesen über Schizoanalyse undÖkosophie.

Paulo Tavares (*1980)„Non-Human Rights“, 2011/2012. Filminstallation

2008 wurde in Ecuador nacheinem Jahrzehnt der politischenVerwerungen eine neue Veras-sung verabschiedet. Als erstesGrundgesetz überhaupt kennt sieneben dem Menschen auch dieNatur als Rechtsgegenstand. Die„animistische“ Gesinnung dieses

Rechtstextes, der Grundrechteauch ür die Elemente und damitbeispielsweise ür Felsen, Berge,Flussmündungen und Meerevorsieht, hat einen radikalen,

 juristisch-epistemischen Wandelherbeigeührt. Er stellt die starre

 Abgrenzung zwischen der Weltder Dinge und der Welt der Sub-

 jekte, zwischen Natur und Gesell-schat in Frage.

Damit nimmt Ecuadors Verassungeine kritische Haltung zum Kernder modernen Verassungslehreein. Der Film „Non-Human Rights“des brasilianischen ArchitektenPaulo Tavares dokumentiert denhistorischen Prozess, der zurFormulierung von „Rechten der

Natur“ geührt hat, anhand vonInterviews und anderem Archiv-material. Er stellt die Frage nachden juristischen, politischen undethischen Konsequenzen dieses

 Anspruchs au Gemeinsamkeitzwischen Menschen und nicht-menschlichen Wesen.

 Abbildung: Constitution Assembly, Ecuador, 2008,Courtesy ECTVRealisiert mit Unterstützung durch das Haus derKulturen der Welt Berlin

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„The Lie o Particles“. Ein visuel-les Forschungsprojekt von Angela Melitopoulos und MaurizioLazzarato

„Two Maps“. Ein Interview mit

Chihiro Minato; Fotograen: Angela Melitopoulos; Scans ausdem Notizbuch: Chihiro Minato

Michel Serres, „The NaturalContract (Studies in Literature &Science)“, University o MichiganPress, Ann Arbor 1995

Eugenio Raúl Zaffaroni, „LaPachamama y el Humano“, Edi-ciones Colihue, Buenos Aires2011

Christopher D. Stone, „ShouldTrees Have Standing? And OtherEssays on Law, Morals and theEnvironment“, Oceana Publica-tions, New York 1996

Rights o Nature Articles inEcuador’s Constitution. Repro-duktion

 Archivmaterialien

„Universal Declaration o theRights o Mother Earth, submittedto the United Nations or consi-deration by the Bolivian govern-ment“, 2010. Reproduktion

Kuratorenführungen

Expertenführungen

Die Sonderührungen erlaubeneinen vertieenden Einblick in die

 Ausstellung unter Berücksichti-gung spezieller Gesichtspunkte.

So 1.4. 15 hDiedrich Diederichsen: Kulturjour-nalist, Poptheoretiker, Proessor

ür Theorie, Praxis und Vermitt-lung von Gegenwartskunst an der Akademie der bildenden KünsteWien

So 15.4. 15 hGertrud Koch: Film- und Kunst-theoretikerin mit Schwerpunkt zuFragen der Repräsentation und

 Ästhetik. Proessorin ür Filmwis-senschat an der Freien Universi-tät Berlin

So 18.3. So 6.5. 15 h Anselm Franke: Kurator der Aus-stellung

So 25.3. 15 hIrene Albers (Freie UniversitätBerlin): Projektleiterin „Animismus“

STUDENT’S DAYMi 25.4. 15 h

 Ausstellungsührung mit Studie-renden der FU Berlin (SakineWeikert und Linn Taubert) undanschließendem Gespräch mitIrene Albers und Gästen

GALLERY WEEKENDSa 28.4. ab 15.30 h Assembly und Artist Talk mit Agentur, Angela Melitopoulos, Anselm Franke u. a.

 Agentur rut Dinge hervor undspekuliert über die Frage: Könnennichtmenschliche Existenzen inKunstpraktiken eingebunden wer-den? Ab 17 h Artist Talk mit AngelaMelitopoulos

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kids&teens@hkwFamilienprogramm

Filme und Workshops

So 18.3. 15 h

Tier – Mensch – TierComic-Workshop mit Nadia Budde für Kinder ab 6Der listige Fuchs, der störrische Esel, der ängstliche Hase – in Fabelnhat ein jedes Tier ganz eigene Wesenszüge. Ausgehend von diesenVermenschlichungen der Tiere im Märchen werden im Workshop unsere

eigenen Charaktereigenschaten au Tiere übertragen. Nadia Budde istKinderbuchillustratorin und bekannt ür ihre Bücher „Eins, zwei, drei,Tier“ und „Trauriger Tiger toastet Tomaten“.

So 25.3. 15 h

 Animalix3D-Comic-Workshop mit Imke Trostbach für Kinder ab 6Bei diesem Workshop entweren wir Comic-Charaktere, denen be-stimmte Wesenszüge von Tieren zugeordnet werden. Anschließendwerden die Tier-Charaktere aus Filz geormt und treten in Aktion. ImkeTrostbach ist Illustratorin und Grakerin und hat 2006 die Illustratoren-gruppe „Berlinerstrich“ gegründet.

So 1.4. 15 h

Wenn Dinge zu uns sprechenMedien-Workshop mit Frauke Menzinger und Gabriele Nagel fürKinder ab 10

 Au einer multimedialen Entdeckungsreise durch die Ausstellung gehtder Workshop den Wechselwirkungen zwischen Exponaten und Besu-chern nach. Mit Kamera, Stit und Papier posten und kommentieren wireigene Eindrücke zur Ausstellung. Frauke Menzinger ist Bühnen- undKostümbildnerin und leitet seit 2010 die Junior und Teens-Workshopsbei C/O Berlin; Gabriele Nagel ist Videokünstlerin und gründete 2009das HOR-Künstlerkollektiv.

So 15.4. 15 h

Daumenkino & Co. Animations-Workshop mit Stefanie Bokeloh und FraukeMenzinger für Kinder ab 6Was ist Animation? Wie geraten Bilder in Bewegung? Der Workshoplädt ein zu einer Reise in die Geschichte des animier ten Bildes von derLaterna Magica über das Daumenkino bis hin zum modernen Tricklm.

 Anschließend werden die entstandenen Kurzlme au der Internetseitedes HKW zu sehen sein. Steanie Bokeloh ist Illustratorin, Designerinund Daumenkinoexpertin.

So 22.4. ab 12 h

Hayao Miyazaki – Filmsonntag für die ganzeFamilieMythische Waldgötter, sprechende Linienbusse, antastische Fabeltiereund fiegende Schlösser – Hayao Miyazakis Animationslme zeichnenZauberwelten, die von beseelten Dingen, Tieren und Menschen glei-chermaßen bewohnt werden. Ot sind diese Welten von antasielosenErwachsenen und anderen zerstörerischen Energien bedroht undmüssen gerettet werden. Hier kommen die Kinder ins Spiel ... Die Spe-zialistin ür den japanischen Zeichentricklm „Anime“, Eriko Ogihara-

Schuck, präsentiert drei der schönsten Filme Miyazakis.

12 h Mein Nachbar Totoro (1988)Die Schwestern Satsuki und Mei ziehen mit ihrem Vater in ein Geister-haus ein. Im benachbarten Wald stoßen sie au das riesige Tier Totoro,das nur die zwei Kinder sehen können. Totoro kann fiegen und lädtsie zu einem Abenteuer ein. Mit von der Partie ist ein Katzenbus auzehn Beinen, der so schnell ahren kann wie der Wind. Die Geschichtebasiert au dem traditionellen japanischen Glauben an acht MillionenGötter und Geister.

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14 h Chihiros Reise ins Zauberland (2001)Die zehnjährige Chihiro betritt die Welt der japanischen Götter undGeister, um ihre Eltern zu retten. Diese wurden von der Hexe Yubaba,die ein Badehaus ür Götter leitet, in Schweine verwandelt. Um die Elternzu bereien, nimmt Chihiro in dem Badehaus eine Arbeit an. Dort tritsie Haku, der ihr die Regeln der Götterwelt erklärt und ihr hilt, sich inder remden Welt zurechtzunden.

17 h Ponyo – Das große Abenteuer am Meer (2008)Ponyo ist ein Goldsch-Mädchen. Eines Tages schwimmt sie in dieWelt der Menschen. Sie gerät in Geahr und wird von dem 5-jährigenSosuke gerettet, der au einem Kli am Meer wohnt. Ponyo verliebt

sich in ihn und möchte ein Mensch werden, um bei ihm leben zu kön-nen. Sie stiehlt den Zauber ihres Vaters und bekommt Arme und Beine.Ponyos Mutter, die Göttin des Meeres, hilt ihr, warnt sie aber auch vorder Geahr: Ponyo könne zu Schaum werden.

So 6.5. 15 h

Lebendiges MrchenLiteratur-Workshop mit Isabella Gresser für Kinder ab 8In den Märchen von Hans Christian Andersen verschwimmen die Gren-zen zwischen Menschen, Tieren und Dingen. Mit selbst entworenenMasken und Scherenschnitten werden die Geschichten nacherzähltund die Figuren zum Leben erweckt. Isabella Gresser ist Künstlerinund Kunstvermittlerin und arbeitet an der Schnittstelle von Literatur,Kunst und Film.

 Animismus – Konferenz

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 Animismus – KonferenzFr 16.3. + Sa 17.3.Roundtables (in englischer Sprache)Lectures (mit Simultanübersetzung englisch/ranzösisch – deutsch)

Kategorische Trennungen zwischen subjektiver und objektiver Welt imimaginären und gesellschatlichen Verügungsraum der Moderne sindin den letzten Jahren in vielen Disziplinen in Bewegung geraten und ha-ben nicht zuletzt zu einem neuen Interesse am Animismus geührt. DieKonerenz zur Ausstellung ührt eine Vielzahl von aktuellen Perspekti-ven aus Ethnologie, Literaturwissenschat, Kunst, Naturwissenscha-

ten, Wissenschatsgeschichte und Politik zusammen. Mögliche undüberraschende Korrespondenzen und Verbindungen auzuspüren, dasKonzept sowie die Geschichte des Animismus ür eine Selbstbera-gung und neue kritische Refexion der Moderne ruchtbar zu machen,ist Fokus und Ausgangspunkt der Debatte. Die Diskussionen stellenetablierte Trennungs- und Grenzziehungspraktiken der Moderne zwi-schen Natur und Kultur, Dingen und Akteuren, Welt und Vorstellung auden Prüstand.

Drei Roundtables setzen Animismus in Bezug zu aktuellen Fragen derNeuordnung ökonomischer, politischer und ökologischer Welt-Verhält-nisse. Die Abendvorträge kommentieren die transdisziplinär neu ent-deckte Aumerksamkeit ür den Animismus vor einem philosophischen,politischen und wissenschatstheoretischen Hintergrund.

Konzeption:Irene Albers, Proessorin ür Allgemeine und Vergleichende Literatur-wissenschat und Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin Anselm Franke, Kurator der Ausstellung

Fr 16.3. 14 – 18 h

Roundtable 1: ANIMISMUS UND DIE ANDEREN GESCHICHTEN DER MODERNEIn englischer Sprache

Die erste Gesprächsrunde untersucht Möglichkeiten, das Animismus-Konzept als historiograsche Methode einzusetzen. Die in diesemKonzept implizite Kritik an der Moderne und ihren kolonialistischen Un-tertönen erönet neue Perspektiven ür die Geschichtsschreibung derModerne, insbesondere was die Ordnung des Wissens, der Dinge,der Disziplinen und der Gesellschat anbelangt. Wie können Vorstel-

lungswelt und Geschichte der Moderne durch das konzeptionelle Pris-ma des Animismus neu gedacht werden?

Mit: Cornelius Borck (Leiter des Instituts ür Medizin- und Wissen-schatsgeschichte, Universität Lübeck), Harry Garuba (Leiter desCentre or Arican Studies, University o Cape Town), Thomas Macho (Proessor ür Kulturgeschichte, Humboldt-Universität zu Berlin), SpyrosPapapetros (Proessor ür Geschichte und Theorie der Architektur,Princeton University), Elisabeth von Samsonow (Proessorin ür philo-sophische und historische Anthropologie der Kunst, Akademie der bil-denden Künste Wien), Erhard Schüttpelz (Proessor ür Medientheorie,Universität Siegen), Gabriele Schwab (Proessorin ür VergleichendeLiteraturwissenschat, University o Caliornia/Irvine).Moderation: Irene Albers, Anselm Franke

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Fr 16.3. 19 hRECLAIMING ANIMISM –DEN ANIMISMUSZURÜCKGEWINNENIsabelle Stengers, LectureSimultanübersetzungenglisch – deutsch

„Rückgewinnung“ bedeutet, ein-zuordern, wovon wir getrenntwurden, wenn auch nicht im ein-achen Sinne, dass man zurück

erhält, was man „verloren“ hat,sondern von jener Trennung zugenesen und das zu „regene-rieren, was eben jene Trennungvergitet hat“.Wie kann ein Denken, wie eineWissenschat beschaen sein,die den Animismus im komplexenGeüge des „Wissen Schaens“verhandelt? Welche Möglichkeitenönen sich, wenn wir die Voraus-setzungen des Denkens und die„Gegenstände“ der Wissenschatals radikal verhandelbare in Bewe-gung halten?

Isabelle Stengers ist Proessorinür Wissenschatsphilosophie ander Université Libre de Bruxelles.

20 hTHE SPEECH OF THINGS ANDTHE COMMONWEALTH OFBREATHDavid Abram, LectureSimultanübersetzungenglisch – deutsch

 Animismus bietet die Möglichkeit,in Übereinstimmung mit demspontanen Dasein unserer Sinnezu sprechen. Wenn wir die eigen-

ständige Aktivität und Eloquenzvon Dingen anerkennen (seien esKreaturen, Arteakte, trockeneFlussbetten, Windstöße oder ge-sprochene Worte), wecken wir un-sere kreatürlichen Sinne aus einer

 Art Schlummer. In dieser Weisezu sprechen (und empnden) zulernen, ist eine Geste der Demut,eine Praxis, die den Geist zurückzum Körper rut und den Körperin eine dynamische Beziehung zurmehr-als-menschlichen Gemein-schat irdischer Dinge einbindet.

David Abram ist US-amerikani-scher Kultursoziologe, Philosophund Autor.

21 hIM GESPRäCH: Isabelle Stengersund David AbramModeration:  Anselm Franke

Sa 17.3. 14 – 15.45 h

Roundtable 2: ANIMISMUS UND KAPITALISMUSIn englischer Sprache

Die zweite Gesprächsrunde beragt die Geschichte des Animismus-begris hinsichtlich der Kritik an der Warenorm, also dem Tauschwerteiner Sache (im Gegensatz zum Gebrauchswert), der ihr angeblich erstLeben einhaucht. Die Diskussion erkundet das historische Problem der

 Animation von Dingen in Bezug au Ökonomie, Begehren und neuereTransormationen der kapitalistischen Bildsphäre.

Mit: Avery F. Gordon (Proessorin ür Soziologie an der University oCaliornia/Santa Barbara), Tom Holert (Kunsthistoriker und Publizist,Wien), Angela Melitopoulos (bildende Künstlerin, Berlin) / MaurizioLazzarato (Soziologe und Philosoph, Paris), Isabelle Stengers (Proessorin ür Wissenschatsphilosophie an der Université Libre deBruxelles)Moderation: Anselm Franke

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Sa 17.3. 16.15 – 18 h

Roundtable 3: ANIMISMUS UND POLITIKIn englischer Sprache

Die dritte Gesprächsrunde widmet sich den politischen Implikationender Diskussion. Sie dreht sich um aktuelle politische Kämpe – bei-spielsweise die indigenen und ökologischen Bewegungen in Südamerika– und erörtert sie in historischer Perspektive. Besondere Aumerksam-keit gilt dabei dem Aubau von politischen Vertretungen, von Anerken-nung und Rechten.

Mit: David Abram (Kultursoziologe und Philosoph, New Mexico), Alejandro Haber (Proessor h.c. an der Universidad Nacional deCatamarca, Argentinien, arbeitet zur Theorie und Philosophie der Ar-chäologie), Esther Leslie (School o English and Humanities, London,arbeitet zur marxistischen Theorie der Ästhetik und Kultur), MichaelTaussig (Proessor ür Anthropologie, Columbia University, New York),Paulo Tavares (Centre or Research Architecture am Goldsmith Col-lege, London, arbeitet zu politischen und ökologischen Bewegungenin Südamerika), Rane Willerslev (Proessor ür Anthropologie an derUniversität Aarhus, Dänemark)Moderation: Avery F. Gordon (Proessorin ür Soziologie an der Uni-versity o Caliornia/Santa Barbara)

Sa 17.3. 19 h„DAS TOTENSCHIFF“Michael Taussig, VortragSimultanübersetzungenglisch – deutsch

„Das Totenschi“ (B. Traven 1926)erzählt Geschichten, besser nochals die Matrosen, die keine o-ziellen Papiere habe und völligabgearbeitet sind. Wie kann einSchi ein Geschichtenerzähler

sein? Und wie steht es mit denmassiven LKW-Reien in „Lohnder Angst“? Leben die nichtauch? Sie üllen die Leinwand au,kriechen nach vorne, lebendigerals ein Mensch. Und denken Sieschließlich an die surrende Subs-tanz, die der Medizinmann ca.1920 in Feuerland seinem eigenenKörper entnimmt, eine Substanz,die sehen, töten, heilen kann, unddie mit großem Geschrei in be-ängstigender Geschwindigkeit inseinem Körper ein- und ausgeht:

der Inbegri des Werdens einesLebewesens, das Ur-Beseelte.

Michael Taussig ist Proessor ür Anthropologie an der ColumbiaUniversity, New York.

21 hFÜR EINE ÖKOLOGIE DESUNSICHTBARENTobie Nathan, VortragSimultanübersetzungranzösisch – deutsch – englisch

Seit man von den „Unsichtbaren“spricht – von Zar, Dschinn, Aritt,Melk –, die sich in Äthiopien,Jemen, Somalia, Arabien, im Ma-ghreb, in Indien und Pakistan wie

auch in den Migrationsländerndes Westens die Welt mit denMenschen teilen, sucht man nachpsychologischen Erklärungen ürdas Phänomen. Wenn wir uns mitden Ideen, Theorien und Ordnun-gen auseinandersetzten, die dieExistenz dieser Wesen impliziert,würden wir erkennen, dass sieein Bild des „Anderen“ zeichnen,der nicht unseresgleichen ist. Unswürde deutlich, dass sie am Ur-sprung wahrer Regeln der Gast-reundschat stehen.

Tobie Nathan ist Proessor ürklinische Psychologie und Psy-chopathologie an der UniversitéParis 8.

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 ANIMISMUS – REVISIONEN DER MODERNEPublikation

Irene Albers/Anselm Franke (Hg.)Diaphanes, Mrz 2012

Der „Animismus“ ist eine Erndung der Ethnologie des 19. Jahrhunderts,geprägt au dem Höhepunkt des europäischen Kolonialismus. Animis-ten bevölkern die unbelebte Natur mit Seelen und Geistern. Das erklärtman als eine die (materielle) Realität verkennende „Projektion“, durchdie den Dingen und der Natur Leben und Handlungsmacht zugeschrie-ben wird. Animismus wird so zum Gegenbild moderner Wissenschat,

zum exemplarischen Ausdruck eines „Naturzustands“, in dem Psycheund Natur als ungeschieden gelten. Wenn sich ein neues, achüber-greiendes Interesse am Animismus herausgebildet hat, liegt das nichtdaran, dass der Begri als wissenschatliche Kategorie rehabilitiertwurde. Vielmehr ist die kategorische Trennung von subjektiver und ob-

 jektiver Welt selbst in Bewegung geraten.

Der Band versammelt begleitend zu Ausstellung und Konerenz zentraleTexte dieser Debatte, die hier erstmals einer deutschsprachigen Le-serschat zugänglich gemacht werden.

Mit Beitrgen von Bruno Latour, Eduardo Viveiros de Castro, AlHornborg, Nurit Bird-David, Isabelle Stengers, Gabriele Schwab, Eli-sabeth von Samsonow, Erhard Schüttpelz, Oksana Bulgakowa, Edwin

Carels, Sergeij Eisenstein, Harry Garuba, Angela Melitopoulos, MaurizioLazzarato, Irene Albers, Anselm Franke und Diedrich Diederichsen.

Im Kontext des Projekts:

Zeitgenössischer Realismus und Materialismus Vortrge

Mi 11.4. 19 h Graham Harman: Strange Realisms Do 19.4. 19 h Quentin Meillassoux: Iteration and repetition.

Ontology of the meaningless signFr 4.5. 19 h Ray BrassierFr 11.5. 19 h Iain Hamilton Grant

In englischer Sprache

Die Vortragsreihe adressiert Realismus und Materialismus in derzeitgenössischen Philosophie. Den eingeladenen Philosophen RayBrassier, Iain Hamilton Grant, Graham Harman und Quentin Meillas-soux ist die Kritik an der post-kantischen Philosophie gemein, in derdie Welt nicht unabhängig vom Menschen gedacht werden kann. Dievorgestellten philosophischen Positionen weisen die Korrelation vonDenken und Welt – das post-kantische Paradigma, das Meillassoux„Korrelationismus“ nennt – au unterschiedliche Weise zurück. Indemein transzendentaler Naturalismus, ein spekulativer Materialismus, eineobjekt-orientierte Philosophie oder ein wissenschatlicher Realismusentwickelt wird, kann das Verhältnis zwischen Epistemologie undMetaphysik, Wissenschat und Philosophie, Denken und Natur neu

bestimmt werden.In Kooperation mit dem Sonderorschungsbereich 626 (Ästhetische Erahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste)der Freien Universität Berlin

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Künstlerische Leitung Anselm Franke, Irene Albers

 Ausstellung Anselm Franke (Kurator)Valerie Smith (Leitung Bildende Kunst,Film, Neue Medien)

Sigrun Angermann (Programmkoordi-nation)Sonja Oehler (Kuratorische Assistenz,Projektkoordination)Janina Prossek (Programmassistenz)Cornelia Pilgram (Sachbearbeitung)Julia Ahmad (Volontariat)Roberta di Martino, Ulrike Hasis, LarsLierow (Praktikum)Charlotte Weyrauch (Recherche)Gernot Ernst und Team, ChristianDertinger (Technische Koordination)Kerstin Meyer-Ebrecht (Architektur)FACtum Ausstellungsbau GmbH(Ausstellungsbau)Studio Manuel Räder (Grak)Lluïsa Sàrries y Zgonc (Registrar)

KonferenzIrene Albers, Freie Universität Berlin,

 Anselm Franke (Konzeption)Cordula Hamschmidt (Programmkoor-dination)

 Anna Laura Bartels (Programmassistenz)

 VermittlungsprogrammSilvia Fehrmann, Eva Stein, MariaFountoukis (Konzeption)Maria Fountoukis (Koordination)

Impressum

TechnikJochen Petzold und Team

KommunikationSilvia Fehrmann (Leitung)Franziska Wegener, Anne Rüdiger (Re-daktion)

 Anne Maier, Henriette Sölter (Pressearbeit)Eva Stein, Jan Köhler, Fabian Schwarz(Internet)Christiane Sonntag, Sabine Westemeier(Mediaplanung/Distribution)

IntendanzBernd M. Scherer (Intendant)Katharina Gelhaar, Kirsten Eineldt (Pro-

 jektkoordination)Leila Haghighat (Volontariat)

Broschüre Anselm Franke (Konzeption)Martin Hager, Sonja Oehler, Julia Ahmad,Lars Lierow (Redaktion)Colin Shepherd, John Rayner, HerwigEngelmann (Übersetzung)

Jörg Hartung, Axel Lapp (Korrektur)Double Standards (Gestaltung)

Das Textmaterial stammt teilweise ausden Publikationen zum Projekt Animismusaus Antwerpen und Wien, sowie teilweisevon den Künstlern. Ihnen allen sei an die-ser Stelle herzlich gedankt.

 Au die Identikation der Inhaber vonCopyrights wurde größtmögliche Sorgaltverwendet. Sollten dennoch Fehler au-getreten sein, wenden Sie sich bitte andas Haus der Kulturen der Welt.Redaktionsschluss: 27.2.2012

John-Foster-Dulles-Allee 1010557 Berlinwww.hkw.deT: 030 – 39 78 71 75

Das Projekt „Animismus“ ist eine Kooperation zwischenExtra City – Kunsthal Antwerp; Museum van Heden-daagse Kunst, Antwerpen; Kunsthalle Bern,; GeneraliFoundation, Wien; Haus der Kulturen der Welt, Berlin.Das Projekt in Berlin ist eine Kooperation mit der FreienUniversität Berlin und wird geördert von der Kultursti-tung des Bundes.

„Animismus“ wird präsentiert von:

„Agentur“ unterstützt von:

Geördert durch:

Das Haus der Kulturen der Welt ist ein Gesch ätsbereichder Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH.Bernd M. Scherer (Intendant)Charlotte Sieben (Kaumännische Geschätsührung)

www.acebook.com/HausderKulturenderWeltTicketinormation: www.hkw.de/tickets

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Page 51: Animismus Booklet

5/14/2018 Animismus Booklet - slidepdf.com

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Der Animismushatte die Sache

beseelt, derIndustrialismusversachlicht dieSeelen.

Theodor W. Adorno / Max Horkheimer,

„Dialektik der Auklärung“