Alban Berg, Bergwerksdrama, Austrian National Library...
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Alban Berg, Bergwerksdrama, Austrian National Library, Musiksammlung,
F21.Berg.122
Ort: Kohlen Bergwerkdorf
Zeit: Gegenwart
Director: Herman Hölder
sein Sekretär Voigt
Mutter
Dienstmädel
Frau, Tochter
(Sohn Christoph)
Hertha, Lili
Apotheker
Pfarer
Lehrerin
Rauscher Werkführer
[stage sketch]
Sonntag Nachmittags.
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1. Auftritt (Director)
Director Hermann Hölder: (Ein Dreißiger mit etwas verlebtem Aussehen, ziemlich fein
gekleidet. – kommt zur Thür 4 heraus und spricht in das Büreall hinein:) Also ich bitt’ sie
liebster Freund, – hörn’s bald auf!
Stimme des Sekretärs. Hab noch zu thun.
Direct. Ist das so wichtig?!
Sekr: (mürrisch) natürlich – das muß heut’ noch geschehen, – sonst ist’s zu spät
Direct: zur Jause werden sie doch fertig sein!?
Sekt: Kann sein.
Direct: Dann werden Sie doch auch herein kommen?!
Sekt: Werd’ so frei sein! –
Direct: (die Thüre zuschlagend, – allein zu sich:) Nicht einmal Sonntag gibt er Ruhe. – Ich
begreif’ ihn nicht. –– Und die Laune! (nachdenkend) der Sohn scheint d’ran Schuld zu sein
– Möcht’ wissen warum er es nicht will?! – Seine Frau wird’s wohl wissen! – sie möcht es
auch anscheinend – hm hm – Gespannter Fuß! – Warum! – –Halt – eine gute Idee – – was
wär’s wenn ich sie einmal einladen würde?!!? – – (geht langsam gegen Thür 4.) Muß ihn,
den gestrengen Gatten fragen ob er’s gestattet (bleibt stehen) doch nein – wozu das ? – ? !
(geht zum Schreibtisch, nimmt eine Visitkarte und beginnt zu schreiben; murmelnd)
Hochgeehrte gnädige Frau, es wäre mir ein großes Vergnügen wenn etc (er läutet, schließt
mit dem Schreiben)
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2. Auftritt (Director u. das bald abtretende Stubenmädchen)
Kathi (das Dienstmädchen tritt bei 1. [Tür] herein) Sie wünschen Gnä Herr!?
Direct: Sind’s so gut liebste Kathi und tragen’s die Karte zur Frau Voigt.
Kathi: Ah – die Frau Sekretärin??
Direct: Ja, ganz richtig – Sie warten gleich auf Antwort!
Kathi: Ich bin gleich wieder da (ab)
Direct: Adieu – Ob sie kommen wird! hm hm?! – S’wär nicht übel, – Sie könnt’ dann um eine
Stelle für Ihren Sohn bitten – – Ich hab’s ganz gern wenn mich schöne Frauen um etwas bitten –
– da wechseln wir halt die Rollen! (lacht – –man hört Schritte im Vorzimmer) sollte das schon
die Antwort sein?! (geht gegen 1.) – Unmöglich! –
3. Auftritt (Director und Apotheker)
Apoth: (beiläufig im gleichen Alter als der Director, frühjahrsmäßig bekleidet tritt ein) Servus
Freund!
Direct: Ah – Du bist’s – Guten Tag (reicht ihm die Hand)
Apoth: Du erwartest wohl jemanden ?!
Direct: Ach nein – – (sinnt nach)
Apoth: Es scheint doch so – !
Direct: nein, nein – – ich meinte – nur –
Apoth: (lächelnd) Oh! entschuldige – ich wollte nicht nahetreten (ernst) ich störe doch nicht?!
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Direct: Nicht im Geringsten! – im Gegentheil. – – Mach’ Dir’s nur bequem (geht nachdenkend
auf und ab und blickt hie und da beim Fenster hinaus)
Apoth: (der ihn betrachtet) So! bequem hab’ ich mir’s gemacht – doch es scheint, als komme ich
Dir wirklich ungelegen!?
Direct: Aber Unsinn!
Apoth: Du bist doch so unruhig – !
Direct: So?! – Na ja – Kann sein – – Man hat Sorgen! –
Apoth: Am End’ die Kohlengruben?! – ?
Direct: Aber keine Idee, die lassen mich kalt. –
Apoth: Was ist’s denn dann so schreckliches, worüber Du studierst? !
Direct: (abschüttelnd) Ach gar nichts – Ich – ich dachte nur nach was ich mit Dir reden soll!
Apoth: (lacht hell auf) Recht höflich aber wenigstens aufrichtig ‐ Na wenn’s Dir so schwer wird,
so fang ich halt an. – Also – Wie geht’s Dir, – wie geht’s der schönen Hertha ?!
Direct: (ein wenig lächelnd) Pst! schweig! drinn’ sitzt ihr Mann.
Apoth: (leise) der mit der Verbrecherphysionomie ?!!
Direct: Schon wieder der blöde Witz!
Apoth: Oho! Du weißt ich bin guter Menschenkenner !!!
Direct: Mag sein – doch das ist zu dumm. –
Apoth: So! – – Kurz und. . .
Direct: (einfallend) »wahr«
Apoth: Thut mir leid.
Direct: Mir auch – und doch behaupt’ ich daß Du irrst!
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Apoth: (überzeugt) Wir werden’s ja sehen!
Direct: (erstaunt) wüßt’ nicht wie?! – Man müßt’ ihn rein fragen
Apoth: Das überlass ich dem Herrn Pfarer. – Aber – – –
Direct: (drängend) Aber?!!
Apoth: Ich sag’ immer »schad um seine Frau«
Direct: Die sollt’ man also fragen!?! – Du meinst doch so?
Apoth: Na ja! Am ehesten!
Direct: (herausplatzend) So thu’s!
Apoth: Bin nicht neugierig – – Übrigens hast Du anscheinend mehr Interesse an ihr als ich !?!
Direct: Kann sein!
Apoth: So ?! – (ernst) Das begreif ich übrigens nicht
Direct: Warum ?
Apoth. Na – (lachend) so abgelegt und abgeleckt!
Direct: Na – Na. Ihr Mann scheint mir nicht danach, daß er seine Frau zu sehr abgeleckt hätte.
Apoth: Umsomehr andere!!!
Direct: (halb ernst halb lachend) Verleumder!!! Apoth: Sag lieber Menschenkenner !
Direct: Woraus schließt Du das? – Du mußt doch irgend welchen Grund haben so etwas zu
behaupten! –
Apoth: Hab’ ich auch.
Direct: Heraus damit !
Apoth: Schau Dir seine Kinder an
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Direct: (nachsinnend) einen »schwächlichen« Sohn mit vielleicht 18 Jahren, um mich mit der
Mutter auszudrücken – – ja richtig weißt Du schon, daß ich ihn aus den Gruben
herausnehmen will und in ein Amt stecken will
Apoth: Wozu denn das?
Direct: Wozu ?! ! – Na weil es die Mutter will und – – weil ich’s für gut finde.
Apoth: Ich find’s nicht für gut – und Du sicher auch nicht – er kann doch gar nichts
vernünftiges – !
Direct: Das wird sich schon finden – – doch genug einstweilen setzen wir unser Verhör fort: – –
Und als 2tes Kind ist die Kleine: ein gesundes beiläufig 10 jähriges Mädl.
Apoth: das seinem Vater gleicht
Direct: (lachend) so ?!?!! – – (höhnisch) hat’s vielleicht auch eine Verbrecherphysionomie? ! !
Apoth: Anlagen – – Anlagen!!
Direcr: Narr!!! – gesetzt ja zieh Deinen Schluss!
Apoth: – Von wem ist der Sohn? !
Direct: Das soll ich wissen –
Apoth: Dafür ich umso besser
Direct: (drängend) Na – von wem? Ich wird’ ungeduldig
Apoth: ich nicht im geringsten! – Du bist übrigens die ganze Zeit ungeduldig – – Wen erwartest
Du denn?!?
Direct: Die Antwort erwart’ ich!
Apoth: meine?
Direct: (ärgerlich) nein oder auch ja – aber ich meine ihre Antwort
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Apoth: Aaaah – so !!! (lachend) Nun seh’ ich’s klaar – und doch begreif’ ichʹs nicht: »alt – zwei
Kinder! – fast verblüht! [«]
Direct: (zufrieden) Ein wenig begießen und – – »die Blume blüht von Neuen«
Apoth: Doch wielang?! !
Direct: (geringschätzig) bis sie wieder verblüht!
Apoth: Verfluchter Kerl!!!!
Direct: Ich bitt Dich! (begütigend) Man muß sich doch auch beschäftigen in dem faden Nest – –
Sonst vergeht man vor Langeweile.
Apoth: Leider wahr!
Direct: Du hast was zu reden. Wozu hast Du Deine Patienten?! !
Apoth: Wozu ???
Direct: Zum Curieren wohl nicht.
Apoth: Dazu vielleicht nicht! Meistens unheilbar (lacht)
Direct. (lacht auch) ein nettes Nest! – – Ah – die Antwort. (eilt zur Thür 2.)
4. Auftritt.
Vorigen; Kathi kommt von 2. Thür, später die Mutter des Directors.
Direct: Na was ist’s?!!
Kathi: Eine Empfehlung von der Frau Voigt, Sie wird so frei sein so bald als möglich mit ihrer
Tochter zu kommen.
Direct: Und der Sohn ??
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Kathi: Der Herr Sohn ist nicht zu Haus, und die Frau Voigt weiß nicht, wo er ist!
Apoth: Wohl auf der Jagd – nach jungen Mädchen – – Dein Günstling! !
Kathi: Der Hochwürden wird auch gleich da sein, ich hab’ ihn hergehn gesehen.
Direct: Doch nicht allein! ! !
Kathi: Nein mit der. . .
Apoth: (unterbrechend) Fräulein (gezogen) So‐phie Schön‐thaler – – Oberlehrerin –
Schriftstellerin – Geliebte des. . .
Direct: Aber zähm dich doch; (lachend) bist wohl eifersüchig – (zu Kathi) Schon gut – schon gut
(Kathi ab bei 2.) bei 1. Thür erscheint »Frau Hölder die Mutter des Directors«
Direct. bleibt sitzen.
Apoth: (höflich aufstehend und entgegen gehend): Oh guten Tag gnädige Frau –
Mutter: Grüß sie Gott!
Apoth: Wohl ein kleines Nachmittagsschläfchen gehalten? – Was macht die Gicht?
Mutter: Dank schön für die Nachfrag. – S’ist schon wieder schlechter – ich spür wieder daß
etwas kommt.
Direct: (lachend) Ha ja! Der Herr Pfarer und die Lehrerin.
Mutter: Ach; schlechte Witze – ich spür’s!
Mutter: Gott wird irgend ein Unglück oder Übel schicken. –
Apoth: (heimlich lachend) Böse Krankheit!
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Mutter: Entschuldigen schon! aber ich muß alles für die Gäste richten. (geht mühsam bei Thür 2
hinaus)
5. Auftritt (Apoth. u. Direct)
Apoth: (der Mutter nachblickend) Auch unheilbar!
Direct: Doch nicht gefährlich.
Apoth: Nein, nein, – Sei außer Sorge. Deine Frau Mutter hat wenigstens den Glauben, der ihr
den moralischen Halt gibt, ‐ – Wenigstens ist der Glaube zu etwas gut. – (lachend) Alte
Leute sollten immer fromm werden, dann leben sie 1ang. –
Direct: Sag das dem Pfarer!!!!
Apoth: Der ist und wird nie fromm werden, – – Hat’s auch nicht nöthig. Hat ja seine Lehrerin
und seinen Wein, an die er sich klammern kann in seinen Alten Tagen. – – Doch was hat
Deine Mutter? – ? – ! – Böse Erinnerungen an ihren Mann und. . . ?
Direct: (einfallend) Sie hat doch mich ! ! !
Apoth: Der nicht weit von Baum fällt resp. gefallen ist.
Direct: Leider wahr – – Man könnt fast traurig werden.
Apoth: (munter) Nur das nicht !! – (sieht beim Fenster hinaus) Schau da kommt der Mann
Gottes mit seinem Schutzengel.
Direct: So!! So! Wie mich das freut!!?! (richtet sich die Cravatte) Na S’kann losgehen!!!
6. Auftritt
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Man hört klopfen.
Director: Herein!
Es erscheint der Pfarer in der Thüre 2.) hinter ihm die Lehrerin Fräulein Sophie Schönthaler.
Man begrüßt sich (später erscheint auch die Mutter des Directors)
Director: Guten Tag Hochwürden, Guten Tag Fraulein
Pfarer: Grüß Gott allerseits. – oh! ich bin wohl der erste der Gäste? !
Direct: Mein Freund (weist auf den Apotheker) ist schon längere Zeit hier.
Apoth: (verneigt sich) Hab’ die Ehre Hochwürden; Wie steht’s mit dem werthen Befinden?
Pfarer: Danke danke, läßt nichts zu wünschen übrig, vortrefflich!
Apoth: Nun das läßt sich hören. – da kommt die Mutter unseres werthen Freundes.
Frau Hölder, (Dir’s Mutter) (kommt mit Jausen Geschirr herein, der Director nimmt ihr
geschäftig alles ab und geht zum Tisch, wo er mit dem Apotheker lachend leise spricht.) Der
Pfarer und die Lehrerin gehen der Mutter entgegen.
Mutter (demüthig) Guten Tag Hochwürden!
Pfarer: Grüß Gott!!
Mutter (zur Lehrerin) Wir haben uns heute ja schon gesehen, in der Kirche.
Pfarer: Ja ja ganz gewiss ich sah sie auch von der Kanzel aus auf ihren gewohnten Platz.
Mutter: So?! Ach ich bin jetzt noch ganz ergriffen von der rührenden Predigt, die Hochwürden
heute gehalten!
Pfarer: so? so ! ! !
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Mutter: Kein Auge blieb trocken
Lehrerin: (pathetisch) ja! das drang in’s Herz!
Mutter: Und wie sie das so naturgetreu geschildert!! – ich sehe sie vor mir die Madonna mit
ihrem langen, blau und gelbgestreiften Gewand! – zu schön!!!
Pfarer: Ach – zu viel des Lobes!
Apoth: (lachend beim Tisch) ja man muß sich populär machen (zum Pfarer) nicht wahr
Hochwürden??!!
Pfarer: Bitte bitte??? hab nicht verstanden –
Apoth: Ich meine, es ist gut wenn man sich populär macht?!
Pfarer: Natürlich! ganz gewiß! freilich freilich, vortrefflich!!!!
Mutter: (redet noch mit der Lehrerin) Ja es war wunderschön! (sich zu allen wendend) Also
bitte meine Herrschaften sich zu setzen. (zum Direct.) Wir sind doch vollzählig!? nicht?? !
Direct: (etwas verlegen) Nein – – nicht ganz! Ich lud auch die Frau Voigt ein.
Mutter: (erstaunt) so???!!!?
Direct: (verlegen) ja – – (gefasst) um mit ihr wegen der Stellung für ihren Sohn der Ingenieur im
Friedrichsschacht ist zu sprechen. Ich hab’ vor, ihn in ein Amt zu geben.
Mutter: ich bitt sie liebster Herr Doctor reden sie ihm das aus!
Apoth: (rathlos) hm – hm – ich weiß nicht was er für Gründe hat!
Mutter: (ereifernd) Gewiß schlechte! ich spür’s in meinem Bein! – – Die Gicht die täuscht mich
nicht!
Direct: (begütigend) Aber Mutterl warum so ängstlich: ich weiß doch was ich thu: – Christoph
ist sehr talentiert – der geräth seinem Vater nach.
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Apoth: (leise zum Direct.) Kennst Du den?!
Direct: (ganz erstaunt) Na bist du verrückt! !? – natürlich! meinen Sekretär!
Apoth: Ah so? – pardon! (Mutter geht zum Tisch)
Direct: und übrigens ist ja noch nichts abgeschlossen. Darum kommt ja seine Mutter her. (Er
wendet sich weg, die Mutter macht sich am Tisch, wo der Pfarer u. Lehrerin Platz
genommen zu schaffen.)
Apoth: (geht den Director nach) Mach keinen Unsinn! – das ist sie nicht werth!
Direct: (erstaunt aufschauend) wer?!?
Apoth: Wer anders als – – Hertha!
Direct: (mit wüthendem Blick! ) Du – – (er will etwas sagen) – Du – Du – (herausplatzend) Du
Menschenkenner!!
Apoth: (fast lachend doch ernst begütigend) Nichts für ungut; – – Ich mein nur: Schlag Dir’s aus
dem Sinn!
Direct: (stampft auf) Narr!
Apoth: (ruhig und beharrlich) denn ich meine, daß ihr Sohn nicht die nöthigen Fähigkeiten
besitzen wird.
Direct: lächerlich!!! – – (zur Lehrerin) Nicht wahr Fräulein Schönthaler; Sie kennen doch den
Sohn der Frau Voigt?
Lehrerin: Ach ja – den? Den Christoph?!
Direct: ja, ja!
Lehrerin: S’ist aber schon lang her, dass er zur Schule gieng!
Direct: Ja – vielleicht 7 bis 8 Jahre!
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Pfarer: Wie war der denn so beiläufig?
Lehrerin: ja, – er war, wenn ich nicht irre, ein sehr kränkliches Kind.
Direct: ganz recht – eben darum will auch seine Mutter, daß er die entnervenden Arbeiten im
Schacht, mit irgend einem ruhigen Amt vertauscht. Er soll ja eine hübsche Handschrift
haben, und soll sonst auch ganz talentiert sein.
Lehrerin: Ja! jetzt erinnere ich mich ganz genau. Er war ganz gut im Fortgang.
Direct: (zum Apoth.) Siehst Du??!
Apoth: Das Zeugnis eines Schülers ist nie maßgebend!!! Es zeigt sich sogar dass aus
sogenannten Vorzugsschülern meist ziemliche Hohlköpfe entstehen, die für’s praktische
Leben nichts taugen.
Direct: (ärgerlich) Du spielst wohl auf mich an?
Apoth: Nicht im geringsten. Doch ich bleib fest bei meiner Ansicht, (zur Lehrerin) Nicht wahr
Fräulein, ich hab doch recht?!!
Lehrerin: Das kann ich leider nicht beurtheilen; Ich weiß nur, dass er ein ganz ein guter Schüler
war! – Ach,
Lehrerin (schwärmerisch) Ich seh ihn noch vor mir den kleinen Christoph in kurzen Hosen und
Matrosenanzug, mit seinem bleichen verschmitzten Gesichtchen (sie lacht.)
Apoth: (forschend) Was lachen Sie mein Fräulein?
Lehrerin: Ach – Erinnerungen an mein Lehramt. (lacht weiter) Jugendstreiche!
Direct: Sie machen mich neugierig!
Lehrerin: Nichts von Bedeutung – ich mußte den Christoph nur allein in eine Bank setzen.
Pfarer: Ah!! Jetzt weiß ich auch warum, dieser kleine Schlingel!!
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Direct, u. Apoth: (gespannt) No warum??!
Lehrerin: Weil er den – Mädchen seiner Klasse keine Ruh’ geben wollte.
(Alle lachen)
Mutter: Unglaublich!!!
Direct: Was that er denn??!
Lehrerin: (etwas verlegen) Na — er zupfte und zwickte sie
halt, – – der kleine Wüstling!
(Alle lachen hell auf längere Zeit.)
Apoth: (leise zum Direct.) Was ein Hacken werden will krümmt sich bei Zeiten!!
(Indessen sieht man die Lehrerin der Mutter und dem Pfarer etwas leise erzählen worauf alle 3
noch lauter lachen)
Apoth: (zum Director) Hörst Du das Hohngelächter der Hölle?!!
Direct: So muß es klingen!!
Mutter (kopfschüttelnd laut) Unglaublich! Unglaublich! — so jung!! und —
Apoth: Und dem willst Du eine so verantwortliche Stelle geben?!
Direct: Glaubst Du so ein dummes Weibergewäsch. . .?
Apoth: Mäßigung!!! – da kommt ja die, die an Allem schuld!
Direct. (Auffahrend) so so?!
Es klopft.
I. 7. Auftritt
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Die Vorigen und die Frau Hertha Schönthaler Voigt (37–38 Jahre alt, noch jugendliches
Aussehen, ziemlich hübsch und kokett, anständig gekleidet( und ihre Tochter Lili (10 Jahre alt
ziemlich häßlich aber stark.)
Direct: Ah! guten Tag meine Gnädige.
Dir: Grüß Gott Kleine!
Alles begrüßt sich Es klopft von Neuem herein tritt:
der Bergmann Rauscher (40ger) (verbeugt sich bei der Thüre.)
Director: Ah sie da lieber Rauscher?! Was bringen sie? (er führt ihn abseits von der
Gesellschaft.)
Rauscher: Entschuldigen die Störung, doch ich bin gekommen zu melden, dass der
Universumschacht ersoffen ist!
Direct: (erschrocken) was??!!!! –
Apoth: (der hinzugekommen ruhig) Da kann ja nichts geschehen sein! Der Schacht steht ja leer.
Rauscher: Ganz richtig! Doch wollt ich eben Herrn Director sprechen, wegen der angrenzenden
Kohlengruben.
Direct, (wieder beruhigt) Ah so? ich war anfangs sehr erschrocken – No ja – Glauben Sie dass
Gefahr ist??
Rauscher: Ich meinte, dass vielleicht der Friedrich Schacht bedroht ist.
Apoth: Nein nein, das glaub ich nicht: Wenn ich nicht irre ist der Universumschacht ein Tagbau
während der Friedrichsschacht ein Tiefbau ist.
Rauscher: Ja ganz richtig!
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Apoth: Und da glaub ich, ist für den Friedrichsschacht jede Gefahr ausgeschlossen.
Direct: Ja ich glaub’ auch – Übrigens können Sie ja mit meinem Sekretär sprechen, der wird alles
nöthige anordnen. – Sei so gut lieber Rudolf führ ihn hin!
(Apotheker und Rauscher bei der Thüre 4 ab. Direct, geht zum Tisch u. setzt sich zur Frau
Voigt.)
Frau Voigt Hertha: Was wollte denn der Bergmann Herr Director??
Direct: Ach nichts von Bedeutung: – – Nur ein kleines Malheur!
Hertha: (besorgt) Doch nicht der Friedrichschacht ??!
Direct: Nein nein, Seien sie ganz unbesorgt – nur ein angrenzender Schacht.
Hertha: Was wird denn nun gemacht ??
Direct: Ich weiß noch nicht. (zeigt zur Thür 4.) Ich hab ihn zu ihrem Mann hineingeschickt, der
wird alles ordnen.
Hertha: So?? (erstaunt) Mein Mann ist im Büreau?! – – Das wusst ich gar nicht!
Direct: Warum so erstaunt?!
Hertha: (ausweichend) Ach nicht im Geringsten – – ich meine nur, dass es komisch ist, dass er
selbst Sonntag im Büreau ist!!!
Direct: Ja er ist sehr beschäftigt, (zur kleinen Lili die steht) aber setz dich doch Kleine – Wie
heißt Du denn?
Lili: Ich heiße Lili Voigt
Direct. (lacht und spricht leise zu ihr.)
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Pfarer: Ein delicieuser Wein das! (zur Lehrerin) Nicht wahr liebe Freundin (zum Direct.)
Entschuldigen Sie Herr Director, dass ich störe. Nicht wahr der Wein ist aus ihrer
Heimath??!
Direct: Ja ganz richtig. Schmeckt er ihnen?
Pfarer: Oh, Vortrefflich! Lässt nichts zu wünschen übrig, (schenkt sich ein) Sie gestatten doch?
Direct: Selbstredend! Aber Sie haben ja gar nichts zum Essen. Vielleicht Sardellen od. Sardinen
gefällig od. Butterbrödchen?
Pfarer: Dank schön, werd so frei sein. – Aber meine Nachbarin hat auch nichts zu essen.
Direct: Aber bitte langen Sie doch zu – Machen Sie als ob sie zuhaus wären! Vielleicht Kaffee
gefällig?
Lehrerin: Bitte ja ein Tässchen. S’ist doch das beste!
Mutter: (schenkt ein) Mit Vergnügen!
Director (zum hereintretenden Apoth.) Nun was ist?
Apoth: Der Sekretär kommt selbst gleich. Er wird Dir alles sagen.
Hertha (verlegen) Mein Mann kommt?
Apoth: Ja als er hörte, dass Sie Gnädigste hier seien, beschloss er zu kommen. Sind Sie mir nicht
dankbar?
Mutter (verlegen) Verbindlichsten Dank. Ich werde Ihnen das mein Leben nicht vergessen. (Alle
lachen)
Sekretär (ein 40ger) kommt mit Rauscher im Gespräch herein, und wendet sich flüchtig zur
Gesellschaft.
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8. Auftritt
Die Vorigen u. Sekretär u. Rauscher (bald ab.)
Sekretär (zur Gesellschaft) Guten Abend meine Herrschaften – Entschuldigen einen Augenblick
(sich zum Rauscher wendend während die andern sich leise unterhalten) »Also ordnen sie
alles an, wie ich’s gesagt habe: Die Mannschaft kann morgen einfahren, doch mit großer
Vorsicht. — (nachsinnend) – Ja und am liebsten wär mir’s wenn Sie beim eingestürzten Plan
Wache stehen würden, um zu beobachten, ob der Abbau nicht unruhig werde!
Rauscher: Dank schön Herr Sekretär, ich werde die Vertrauensstelle so gut als möglich
ausfüllen.
Sekr: Also aufgepasst! ! (reicht ihm die Hand) Adieu Rauscher (verneigt sich tief) Glück auf!
(geht ab).
Sekretär: (sich zur Gesellschaft wendend leise, mit einem Blick auf seine Frau Hertha, die sich
mit dem Direktor gut unterhält.) Ja – ja – So wie damals – ich hör schon wieder rauschen!—
Ach wie das pfeift und braust – dem entgegensehen (rafft sich zusammen) (und verneigt
sich vor der Gesellschaft) »Also nochmals Guten Abend!«
Direct: Na endlich fertig – Jetzt geschwind eine Tasse Thee. (Man gibt ihm alles nöthige)
Sekretär: (setzt sich grüßt seine Frau flüchtig und wendet sich freundlich zu Lili): No Lili Was
hast Du denn den ganzen Tag gemacht?!
Lili: Ich habe gespielt
Sekretär: So? – Was denn ?? –
Lili: »Arzt und Apotheker«
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Sekretär: Oho! (zum Apoth.) Herr Doctor eine kleine Concurrenz!!
Apoth: (kommt hinzu) So?! – Hoffentlich nicht gefährlich!
Sekret: Die armen Patienten!
Lili (stolz) sind alle tod!
Apoth: (lachend) schrecklich!!! Wer sind denn die Patienten?
Lili: Kleine Thiere: Käfer, Fliegen, Schmetterlinge
Apoth: (lachend zum hinzukommenden Director) Denk’ Dir eine Kurpfuscherin!
Direct: Ist’s möglich?!?
Sekret: Freilich freilich – Vor kurzem wollte sie auch unsere kleine Amsel in Behandlung
nehmen – doch ich ließ’s nicht zu – Wozu es tödten??!
(Director und Apotheker lachen laut auf)
Sekretär: Ja wirklich wahr! Allen wird der Bauch auf geschnitten.
Director: (halb ernst halb lachend) Unglaublich!!
Apoth: (vielsagend) hm hm!! (leise zum Director) Ererbt!!
Director (wendet sich ärgerlich fort.)
Sekretär: (zur Lili) ist Dein Bruder zuhaus?
Lili: (verlegen mit einem Blick auf ihre Mutter) Nein!
Sekret: Wo ist er denn!! ?!
Lili: Wo wird er denn sein? – Wo er immer ist am Sonntag!
Sekret: (unterdrückt) Verflucht!! (zu seiner Frau) Wer ist denn zuhaus??!
Hertha: (fast furchtsam) Niemand!
Sekretär: (aufbrausend) Schon wieder!!! Du weißt ich will es nicht!!!! ! –
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Hertha: Aber schau! (Sich hilfesuchend umsehend zum Director) Nicht wahr Herr Director! ist
das nicht lächerlich dass mein Mann immer jemanden zuhause wissen will?!
Director: (freundlich) Ja ich weiß gerade auch nicht warum?!
Sekr: Warum???! (losdonnernd) Weil man nie sicher sein kann, ob nicht wer einbricht!!!
Direct: Aber!!! Aber welche Ideen!!
Sekr: (kalt) Sie kennen die Menschen nicht Herr Director.
Director: solche freilich nicht!
Sek: Das glauben Sie. – Aber sie irren sich: Ich sag Ihnen Herr Director, daß jeder Mensch mehr
oder minder ein Verbrecher ist!! . . .
Hertha: (wie entschuldigend einfallend) Anwesende natürlich ausgeschlossen!
Sekretär: Oh nein – nein, nein!
Hertha: (fast aufgeregt) Aber Arthur!!!
Sekret: Niemand niemand ausgeschlossen!!
Apoth: (der hinzugekommen) ich also auch nicht?– (lachend) Bin ich auch ein Verbrecher??
Sekret: Das werden Sie besser wissen! —Und wenn nicht, so kennen Sie sich eben nicht.
Direct: (etwas höhnisch) Der Menschenkenner kennt sich selbst nicht!
Apoth. (lacht) Red’ doch nichts! Du bist ja auch ein Verbrecher!
Direct: Wegen meiner! »Wo’s alle sind bin ich’s ganz gerne auch«
Apoth: (zum Sekret.) Und ihre Frau???
Sekret: Auch!!!
Hertha: (ärgerlich verlegen) Aber!!
Apoth: (beharrlich zum Sekretär) Und Sie sind??,
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Sekretär: Natürlich auch ein Verbrecher – und meine Kinder auch und meine Enkeln, Urenkeln
– alle alle Menschen sind oder werden Verbrecher!
Apoth: (lachend) sind wir also alle Collegen?!
Direct: (lachend) Eine nette Gesellschaft!!
Apoth: (ein wenig forschend) Da wäre es nicht uninteressant zu erfahren, was das für
Verbrechen sind?
Hertha: (verlegen unruhig) Nein nein! das wird ja unbehaglich !
Direct: Ich find’s ganz lustig!
Hertha: Sind sie ihrer Unschuld so sicher?!
Direct: Bis jetzt war ich’s.
Hertha: Jetzt also nicht mehr.
Direct: Ihr Gemahl macht mich schwanken!
Hertha: Er hat lauter solch’ absurde Ideen!
Sekretär: (der starr vor sich hingeblickt hat) mag sein! (auffahrend) aber wahr: Ich besteh’ fest
darauf: Alle sind wir Verbrecher ‐ und (zum Director) ihr Günstling, Mein Sohn Christoph
(lacht höhnisch) ist auch einer!!! Herr Director.
Direct: (Ausweichend) dann passt er zu uns!
Sekretär: Zu seiner Mutter aber nicht zu mir.
Hertha: (In der Verlegenheit) Aber reg’ dich doch nicht so auf, wegen solch einer Kleinigkeit. –
Du weißt ja nicht, was du redest (sie redet leise in ihm hinein).
Apoth: (abgewandt zum Director) Er weiß es ganz gut! (lachend) Wie der Schelm ist so denkt er
von anderen.
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Direct: (nachdenklich) Sie weiß es anscheinend auch?
Apoth: Natürlich weiß Sie’s. Aber Sie will’s nicht merken lassen. (lachend) S’wäre auch äußerst
peinlich für sie !
Direct: Für sie ??!
Apoth: Freilich Du Kurzsichtiger!
Direct: (wendet sich gelangweilt über das Gespräch zum Pfarer und zur Lehrerin und zur
Mutter die sich um den Wortwechsel nicht gekümmert haben) Wollen Hochwürden nichts
mehr?
Pfarer: Danke bestens, bin mit Allem versehen. Noch ein Schlückchen ihres vortrefflichen
Weines (schenkt ein) (zur Lehrerin) Und sie auch noch ein Gläschen?!
Lehrerin: (lässt sich vom Pfarer einschenken) Bitte schön, (zum Director) Auf ihr Wohl Herr
Director!
Direct: (stößt mit ihr an) Zu Gütig! Prosit Fräulein. (Er stößt mit allen an. Zum Sekretär) Es
leben die Verbrecher (Alles lacht) (zur Lili) Du hast ja gar nichts zum Trinken (zur Mutter)
Gib ihr doch ein wenig Himbeersaft!
Mutter: Oh bitte – sofort! (holt aus einem Schrank eine Flasche und schenkt ein.
Indessen der )
Director: (zum Sekretär) Sie gestatten es doch? Sie wird’s doch vertragen?
Sekretär (selbstbewußt mit einem Blick auf seine Frau:) »Mein« Kind verträgt alles!
Director: No gratuliere! (zur Lili) Also Prosit! Kleine! (sie stoßen an und Lili vergießt ein wenig
auf das Tischtuch Lili (aufschreiend) Schau Vater! – Blut – rothes Blut (taucht den Finger ein
und schleckt ihn ab) Ha ! wie das schmeckt wie Blut!!
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Sekretär: (ärgerlich) Schweig!!
Hertha: Pfui! Du ungezogenes Kind! (will ihr einen Schlag geben!)
Direct, (freundlich) Aber nicht so streng Gnädigste! – Jeder hat seine Schwächen, – ich auch
(stößt mit ihr an) Auf ihre Gesundheit!!!! Und – auf die ihres – – Schmerzenskindes.
Hertha: Ach ja – er ist jetzt wieder so übel daran.
Director: So??! Schon wieder. Ja was fehlt ihm denn eigentlich?
Hertha: Wenn ich es wüsste!?
Director: Sie sollten doch den Arzt fragen! – (zum Apoth.) Du Rudolf, der Sohn des Sekretärs ist
schon wieder krank!
Apoth: Wo fehlt’s denn?? –
Hertha: (Kopf schüttelnd) Überall und Nirgends.
Apoth: Schicken Sie ihn doch zu mir!
Hertha: Ja schon recht! Aber er will nicht; er sagt es nütze nichts– – er sei unrettbar verloren!!
Apoth: (dem Director einen vielsagenden Blick zuwerfend) Aber Gewäsch – wer sagt ihm denn
das???
Hertha: Ach niemand! Er liest es in allen möglichen Büchern! Da studiert er oft stunden – ja =
tagelang – und dann kommt er immer voller Aufregung zu mir und sagt: »Mutter jetzt
wird’ ich dir’s schwarz auf weiß zeigen warum ich krank bin und, dass ich unheilbar bin!
Da lies’«
Direct: Armer Bursch!! Und was steht denn in diesen Büchern??
Hertha: Ach gelehrtes unsinniges Gerede! in dem nur so mit Wörtern wie Fluch, Schande der
Eltern, Vererbung, Elend usw. herumgeworfen wird – –(da alles ruhig bleibt setzt sie fort)
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Ich glaub an das alles nicht. S’ist ein Schwindel! Wenn er nicht mehr in den Kohlengruben
zu arbeiten haben wird, ist alles gut.
Apoth: Meinen Sie Gnädigste?!
Hertha: (eifrig) Oh gewiß – denn der Lärm da unten, das ewige Hämmern, die feuchte Luft –
alles das trägt zu seiner Nervosität bei. Ich glaube mit der Zeit würde er noch den
Verfolgungswahn kriegen!!!
Direct: (erstaunt und theilnahmsvoll) Ist’s möglich?
Hertha!: Wirklich Wirklich —Ach – Er träumt jetzt auch so schrecklich! Immer von
Grubenunglücke! Und da hört man ihn Hilfe rufen und kämpfen und jammern – und das
zerreißt mir fast mein Herz! –
Sekretär: (der gleichgültig zugehört) Mich lässt’s kalt!!! (Verlegenheitspause.)
Director: (die Ruhe unterbrechend) Ja richtig liebster Sekretär, was haben sie denn wegen des
Schachtes unternommen? Sekretär: Alle möglichen Vorsichtsmaßregeln.
Director: So glauben sie, dass etwas geschehen könnte? Sekretär: Unverhofft kommt oft!!
Mutter: Ja – Ja – ich spür’s im Knie!
Apoth: Aber Gnädige Frau das kömmt doch vom Wettersturz. Wir bekommen bald Regen
Sekretär: Der Regen ist ja aber auch die Ursache der Gefahr! !
Mutter: Sehn Sie Herr Doctor – Hörst Du Hermann, ich hab’s ja gleich gesagt auf’ mein Reißen
kann ich mich verlassen – es naht ein Unglück heran!!
Hertha: Sie machen mir wirklich Angst, (zu ihrem Mann:) Du Arthur ist so viel Gefahr? – Am
Ende gar im Friedrichsschacht??
Sekret: Na ja – der Nachbarschacht ist unruhig!!
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Pfarer: Das ist wohl der, der vor 10 Jahren von jener Katastrophe heimgesucht wurde.
Sekretär: Ja – Ja vor 10 Jahr war’s ich hör’s noch pfeifen – gräßlich!!!!!
Pfarer: Das war wirklich gräßlich!! So viel Todte!!!!
Lehrerin: wie viele warn’s denn nur?
Sekret: 43!
Pfarer: Sie können von Glück sagen, Herr Director, dass Sie damals noch nicht hier waren; –
denn die ganze Schuld des Unglücks wälzte man auf den Director, ihren Vorgänger, und
seit der Zeit hatte er keine gute Stunde.
Direct: So??! – Und trug er Schuld daran
Pfarer: Wie man’s nimmt! – seine Schuld war die, dass er das Unglück nicht verhinderte. ‐
Direct: (nachdenklich) Hm Hm!!
Pfarer: Ob er’s hätte verhindern können, ist freilich wieder was anderes.
Lehrerin: Nicht wahr Herr Sekretär, damals war auch die Geschichte mit dem Betriebsleiter?!
Sekretär: (ausweichend) Ja – ich glaube
Lehrerin: Oh sicher, – Man fand ja seine Leiche damals.
Apoth: Was ist das für eine Geschichte?
Sekretär: (unwillig) Ach so ein blöder Kriminalroman!
Apoth. u. Direct.: Wir sind gespannt!!!!
Lehrerin: Man fand nähmlich die Leiche des Armen mit einer klaffenden Wunde am Kopf.
Director: So! Das ist eigenthümlich!
Lehrerin: Und da vermuthete man, dass ihn jemand erschlagen hätte.
Secretär: (ärgerlich) Ach – das ist alles nicht wahr!
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Lehrerin: Und ob es wahr ist – Woher kam denn seine Wunde? – Doch nicht vom Wasser oder
von den Gasen? Secretär: Davon freilich nicht. Aber wie leicht ist’s möglich, dass er von
einem Stein erschlagen oder in der Dunkelheit an einen Fels gestoßen!
Lehrerin: Das kann ich nicht beurtheilen. – Doch ich erinnere mich, dass von fachmännischer
Seite fest angenommen wurde, dass er infolge eines Schlages mit irgend einem Körper aus
Glas, vielleicht einer Lampe, die Wunde erhalten, und dann erst vom Wasser
überschwemmt worden sei.
Pfarer: Ja ganz richtig – und zwar zog man diesen Schluss aus der Thatsache, daß man bei der
Untersuchung der Wunde Glassplitter fand!
Sekretär: No ja — kann sein Doch warum wurde der Mörder nicht gesucht???!
Pfarer: Weil man annehmen musste, dass sich der Mörder unter den 43 Todten befinde.
Apoth: So lebt also der Mörder nicht mehr??
Pfarer: Allem Anschein nach nicht mehr. Gott hat ihn schon gerichtet!!
Sekretär: So???!???! – (es fröstelt ihn und er schaudert zusammen) Aber Herr Director hier zieht
es! – Hören Sie denn nicht den Wind da draußen?!!
(Alle schauen ihn fragend, verwundert an.)
Sekret: (Immer exaltierter) Aber hören Sie denn nicht wie das braust? Das Licht wird gleich
auslöschen!!!! ‐
Direct: Aber – – Lieber Freund! es ist ja gar kein Licht herinnen.
Apoth: (erstaunt) Es zieht auch nicht, ich find’s ganz angenehm. Nichtwahr Frau Voigt.
Hertha: Ja – es ist ganz angenehm herin – (wie entschuldigend) Arthur ist so nerveus –
Erinnerungen an den armen Todten.
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Apoth: So!!! Kannte Ihr Mann den Verwundeten???!
Hertha: (zögernd überlegend) Ja –er war sein –Freund!
Apoth: Kannten Sie ihn auch Gnädigste?
Hertha: (unsicher) – Ja – so ganz flüchtig!!!
Sekretär: (der letzteres gehört, vor sich hin) ganz flüchtig —(aufraffend) doch (laut) ich hab zu
thun – – (sieht auf die Uhr) Schon 5 Uhr – Habe die Ehre meine Herrschaften. Besten Dank
Herr Director. (geht mit Verbeugung in das Büreau ab. Thür 4)
9. Auftritt
Pfarer: Was – wie spät ist’s schon?!
Lehrerin: 5 Uhr Hochwürden.
Pfarer: Da ist schon Zeit zum Segen!! (steht auf und putzt sich mit einem großen farbigen
Taschentuch die Bröseln vom Kleid weg.)
Lehrerin: Ich wird’ auch gleich mitgehen.
Lili: (zur Lehrerin, bittend) Bitte Fräulein kann ich auch mit. Das ist so lustig!!
Lehrerin: Schön von Dir! – Wenn es die Mutter erlaubt, (zu Hertha) Bitte Frau Sekretärin kann
ich die Lili mit in den Segen nehmen?
Hertha: Aber! – ist mir doch nur eine Ehre, wenn Sie Fräulein den kleinen Fratzen mitnehmen.
Lehrerin: (poetisch, ideal) Ach – lasset die Kleinen zu mir kommen! – (zum Pfarer) Nicht
wahr Hochwürden??!
Pfarer: Freilich! Freilich!! – (zum Director) Gut war der Wein!! Noch ein Schlückchen zur
Stärkung!! – (schenkt ein und trinkt.) — vortrefflich!!!!
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Director: Freut mich, dass er ihnen schmeckt – Schad dass sie schon fortmüssen – ich hab’ noch
einige Flaschen davon da.
Pfarer: (fast empört) Aber wo denken sie hin? (er macht noch einen Schluck) Flab’ ja Pflichten
Wo ist mein Schirm?
Director (sucht ihn). Indessen sagte der
Pfarer: (leise zur Lehrerin) Gut Essen und trinken thut man da trotz des Unglaubens, (zum
Director. der den Schirm bringt) So danke schön – S’ist doch gut, dass ich immer einen
Schirm mithabe – Jetzt regnet’s schon wieder. (Alle schaun hinaus)
Mutter: Hab’ ich’s nicht gesagt! ich hab’s gleich gesagt, dass was kommen wird!
Director: Na ist kein so großes Malheur!
Mutter: (nimmt Auch einen Schirm und geht mit Plarer, Lehrerin und Lili nach Begrüßung u.
Bedankung ab.)
10. Auftritt
Director, Apotheker, Hertha.
Director: zu Hertha (zärtlich besorgt) Warum sind Sie heute so ruhig – so gedrückt??!
Hertha: Ach! Sorgen!!
Director: Dieses gräßliche Wort in ihrem Munde zu hören! !!!!!!
Hertha: (mit gespielter Besorgnis) Die schlechte Laune meines Mannes – Und dann Hermanns
Zustände!!!
Director: (blickt fragend zum Apotheker)
Apotheker: Aber trösten Sie sich Gnädigste. Das vergeht mit der Zeit!
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Hertha!: Ach in den Kohlengruben vergeht das nicht. (Mit bittenden Augen) Herr Director
könnten Sie ihm nicht eine Stelle geben? – irgend ein ruhiges Amt????!
Director!: (zögernd) Ach – ja! liebe Frau Voigt! Ich hab’ auch schon viel darüber nachgedacht
und mit meinem Freund besprochen.
Apoth: (ärgerlich leise) Lass mich aus dem Spiel.
Hertha: (freudig) Sie wären wirklich so freundlich gewesen, und hätten schon einiges in der
Sache gethan??
Direct: Kann ihnen jemand eine Bitte versagen???!
Apoth: (unmerklich den Kopf schüttelnd, ärgerlich leise zu sich) Renn hinein in dein Unglück!!!!
(laut entschlossen) Es ist Zeit, dass ich gehe!!
Direct., Hertha: So ??!!! – Schon??!!
Apoth: Ja – ja, ich will nicht stören!
Direct: Aber du würdest gar nicht stören – im Gegentheil (da alles schweigt) – Da du aber gehen
musst will ich Dich nicht stören aufhalten.
Apoth: Ja – ich muss gehen!! Also Adieu meine Gnädigste! – leb wohl Hermann – Wann sehen
wir uns wieder??!
Direct: (überlegend, unsicher) Nicht so bald!!!
Apoth: (erstaunt) So??!
Direct: hab’ jetzt viel zu thun wegen des »ersoffenen Schachtes« ‐ Du weißt, das giebt viel
Arbeit, und ich will mir nichts zuschulden kommen lassen.
Apoth: (höhnisch) Hast recht – Servus! (geht bei Thüre 2 ab)
Direct: Servus !!!
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11. Auftritt
Director und Hertha !
Kleine Pause. Hertha sitzt am Sopha und Director setzt sich auf einen Stuhl zu ihr.
Hertha: Ein komischer Mensch ihr Freund??
Director: finden Sie??? (schweigt nachsinnend) – Pause – Hertha: (Verlegen) Ja ich werde auch
nach Hause gehen (will aufstehen)
Director: (drückt sie wieder in das Sopha zurück und hällt sie in der Hand) Ach nein – noch
nicht.
Hertha: Wozu soll ich bleiben? – Sie sind so schweigsam??! Director: So??!! schweigsam???!!
Hertha: Na freilich! Sie reden ja nichts.
Director: Hm Hm.
Hertha: (mit gespielter Langeweile) Ja ja! –
Director: (summt verlegen eine Melodie vor sich hin und trommelt auf den Tisch)
Hertha: (lächelnd) Ist das alles was Sie mir zu sagen haben??! Director: (wie erwachend) Nein –
nein – ich wollte, das heißt wir wollten ja wegen ihres Sohnes sprechen.
Hertha (fast enttäuscht) Ja – wir wollten. – (da er schweigt) Ach ich kann da ja nichts
unternehmen. Ich bin machtlos. Ich baue auf Sie Herr Director!! (innig flehend) Ach – retten
Sie meinen Christoph.
Director: (unsicher) gern – gern.
Hertha: (immer leidenschaftlicher) Ich wäre ihnen so dankbar! !! Wenn nur er
Director: (unterbrechend) So? Dankbar wären Sie mir???
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Hertha: Ach! wie sehr!!!!
Director (mit verborgener Glut) sehr dankbar wären Sie??? Sehr ??
Hertha: (etwas stutzig, einfach) Ja sehr!
Director: Also wirklich?! (erfasst sie an beiden Händen) Kann ich’s glauben?
Hertha: (einwilligend nach einigem Zögern) (verschämt) Ja! (neigt den Kopf.)
Director: (rückt näher, leidenschaftlich) Weißt Du was ich sagte??? – Du liebst mich??!! – –
Hertha: (kommt zu sich) Aber – – (fast entrüstet) Das sagten sie nicht! (nach einer Pause)
Wovon sprachen wir denn! – Ja richtig von Christoph.
Director: (resigniert) Also was soll ich thun?
Hertha: Ach, was Sie wollen!!!
Director (vielsagend lächelnd) Wenn’s auch an sich schlecht ist!
Hertha: (rasch) Ja!! — (wie entschuldigend) Sind wir doch alle Verbrecher!!
Direct: (lächelnd) schwacher Trost!
Hertha: Ich soll Sie noch trösten?!
Direct: (frisch belebt) Ja ja – Sie – nur Sie könnten’s! Hertha: nur ich?
Director: (überzeugt) Nur sie!!
Hertha: Soll ich’s versuchen?? (lacht)
Director: Wer lässt sich nicht gern trösten?!
Hertha: Also soll ich’s??
Director: Freilich freilich!!!!
Hertha: Doch wie denn?
Director: Sie fragen!!? (da sie schweigt – leidenschaftlich innig) Hertha lieben sie mich !!!
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Hertha: Ich soll sie lieben??
Director (ebenso) Ja Hertha – Ein wenig!!!
Hertha: (zeigt auf die Büreauthür) Denken Sie an meinen Mann!
Director: Ach wozu. Denken Sie lieber an ihren Sohn!
Hertha: So soll ich sie um Christophs Willen lieben?!
Director (nickt bejahend mit dem Kopf.)
Hertha: (unbehaglich) Ach — es ist jetzt spät geworden, und wir haben noch gar nichts wegen
Christoph abgemacht. – Ich muss nach Hause.
Director: (aus Gedanken erwachend) Um des häuslichen Glückes willen!
Hertha: (traurig) häusliches Glück!! Das kenn ich nicht. —
Director: Hertha – kann ich’s ändern?? (Beide wechseln einen langen liebevollen schmerzlichen
Blick!) (Nach einiger Zeit lährt sie sich wie erwachend über die Augen und sagt:)
Hertha: Adieu — Herr Director (steht auf)
Director: (steht auf) Guten Abend – Meine Gnädigste!! (sie geht ab. er begleitet sie hinaus und
lasst die Corridorthür 2.) offen.
12. Auftritt
(Im selben Moment geht die Büreau thür auf, und der Sekretär Voigt tritt mit Hut und Schirm
heraus. Er hört noch die Stimme seiner Frau im Corridor;)
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Sekretär: (schüttelt den Kopf.) Da geht sie hin – –als die letzte (er greift sich nerveus an den
Kopf; der Wind schlägt die Thür 2 zu.) wie elektrisiert: Ha! – Wie damals – Der Wind — Wie
er bläst – und das Wasser dazu – (aufgeregt) ich hör es kommen – Rette Dich Mörder wie
damals – doch morde!!!!!!! (Er steht wie betäubt da und hört nicht, dass der Director in der
Thür 2 erscheint.)
Director: (bemerkt den Sekretär nicht, geht wie trunken gegen den Divan, greift sich gegen Kopf
und wirft sich krankhaft glücklich auf den Divan mit dem Wort:) – Hertha !!!!
Sekretär: (fährt erschreckt zusammen und bemerkt den Direktor) (ziemlich gefasst:) Riefen Sie
mich???
Director: (der ihn mit Schreck bemerkt hat, äußerst verlegen:) Ah Sie schon fertig – wollte sagen
– endlich fertig?!
Sekretär: (schaut ihn durchdringend an) Ja!! (schüttelt vielsagend den Kopf.) — Schluss für
heute!«
Vorhang fällt.
Plan zu den 4 anderen Akten.
II. Akt
Wohnzimmer beim Sekretär Holder des Bergwerkdirektors. Es ist der Morgen des nächsten
Tages: Die Familie beim Frühstückstisch. Wohnung bei ebener Erde, Blick auf die Straße (od.
Platz) des Dorfes, wo sich der Signalaparat befindet.
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Der Sekretär spricht mit seiner Frau Herta über Sohn Christoph der nicht nach Hause
gekommen ist (in der Nacht.)
Rauscher (Bergmann) erscheint. Er weiß sich nicht Rates über die Grubenaffaire; er war beim
Direktor, der ihm befahl einfahren zu lassen, unbekümmert um die Gefahren im
Bergwerk. Der Sekretär kann nichts verhindern, so geht er mit dem Bergmann fort um
wenigstens vorzubeugen.
– – – Hertha mit Tochter Allein – – –
Tochter geht in die Schule – – –
Hertha ungeduldiges Warten – – endlich erscheint der Director – – beide sprechen von »den
vorhergehenden Tag, – über Herthas Gatten (Sekretär) – – über ihren Sohn– – und über Liebe –
– Um Christoph’s Willen soll sie ihn lieben – er verspricht – und bittet und sie glaubt und gibt
gern – – alles – – Anfangs zögernd – flieht sie ins Zimmer nebenan – er bittet um Einlaß – er
wird gewährt – Einige Minuten Pause – plötzlich Lärm, wie eine entfernte unterirdische
Explosion – Man hört ein grelles Signalläuten vom Signalapparat auf der Straße – – Vorhang
fällt schnell – – der Zuschauerraum bleibt dunkel – das Signal tönt während der kurzen
Zwischenpause und tönt noch wenn der
III. Akt beginnt
Breite Dorfstraße mehr Platz Artig, zu beiden Seiten Häuser.
Rechts vorn die Directorswohnung mit Büreau, links vorn, vis à vis von der Wohnung des
Directors die Wohnung des Sekretärs, Weiter Hinten Apotheke – alles recht ländlich —
– die Straße zeigt im Hintergrund die Bergwerke.
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Von allen Seiten strömt Volk zusammen, hauptsächlich Weiber und Kinder und alte
krüppelhafte Männer
Alles blikt auf den Signalaparat und man erfährt von den Unglück im Friedrichsschacht –
Infolge neuer Tetonationen läuft alles gegen die Bergwerke zu –
Als alles verlaufen tritt äus der Wohnung des Sekretärs der Direktor heraus – bald nach ihm
Herta – sie lesen vom Signalapparat das Vorgefallene – Schreck –
Herthas Angst wegen Christoph »Was thun?« – Da erscheint kommt der Sekretär von den
Bergwerken – – Erblicken!!!!! Pause – dann der Sekretär gefasst – als ob nichts wäre: »Herr
Direct sie werden gesucht – von den Arbeitern « etc.
Weiber erscheinen wieder mit Rauscher an der Spitze – darunter gerettete Arbeiter mit Mütter
oder mit Frauen — Die Verwittweten oder Waisen umdrängen Rauscher – Hertha ebenfalls –
Der Direktor ahnt gräßliches – er verschwindet – Hertha erfährt, daß ihr Sohn nur einige male
gesehen worden sei, – man dankt ihr für die Heldenhaften Thaten ihres Sohnes der einige
Arbeiter gerettet hätte — selbst aber spurlos verschwunden ist — und wahrscheinlich nicht
mehr lebt — So geht es vielen Müttern und Gattinnen – – der Schmerz des Volkes verwandelt
sich in Zorn gegen den Direktor – Man stürmt sein Haus (Büreau) (ohne dass er drinnen wäre)
Vorhang fällt
IV. Akt.
Wohnung des Sekretärs wie im II. Akt.
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linke Thüre zu – Einige Arbeiter verlangen vom Sekretär die Absetzung des Direktors, der wie
sie sagen so und so viele Menschen ins Unglück gestoßen hatte durch seinen Leichtsinn; – – Der
Sekretär verspricht es zu thun, schon aus eigener Rache – die Arbeiter meinen »wegen des
Sohnes?«
Sekretär: »Nein! Der ist schon gerächt!« —
Die Arbeiter: Sein Tod?«
Sekretär: »Nein! sein Leben!« – – Die Arbeiter verstehen zwar nicht, doch erneuern sie ihre
Bitte, die er zu erfüllen bereit ist, bis der »der nebenan im Zimmer liegt« (Christoph, der Sohn)
unter die Erde gebracht ist – – Die Arbeiter gehen fort und beruhigen das Ungeduldig harrende
Volk auf der Straße – – Sekretär allein! – geht zur Thüre links – öffnet – man sieht einen Theil
eines durch Kerzen matt erhellten Raumes – – Herta — gebrochen!!!! geht ihm wankend
entgegen – abgerissene Sätze. Sekretär: Bei der Leiche Deines Sohnes: Gestehe!« —
Schluchzend – ängstlich – erzählt sie alles– Er hat es geahnt!!!! sie ist ganz reuevoll – Er: »So, wie
damals!«— Sie schrickt zusammen – – Er: »Bist Du Dir gleich geblieben — ich kann es auch
bleiben – !!« Sie ahnt seinen Plan sich zu rächen – Sie fasst Mitleid – neue Liebe zum Director –
sie bebt vor Angst – und sinkt ohnmächtig nieder – Er will nicht weich werden und
ruft das Dienstmädchen herein – er schickt Lili zum Apotheker und geht ab. – –
Herta nach und nach zu sich – – der Apotheker kommt, sie schickt alle hinaus und deutet dem
Apotheker die Rachelust ihres Mannes an – – Er soll den Director warnen – Herta verfällt
in einen entsetzlichen Weinkrampf — Nervenfieber
Vorhang zu.
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V. Akt.
Wohnung des Direktors wie im 1. Akt.
Der Geistliche holt die Mutter ab um mit ihr in die Kirche zu gehen, wo für die Verunglückten
eine Seelenmesse gelesen wird – – Plötzlich erscheint der Apotheker – , er will mit Direktor
reden über Hertas Angst – Wie er beginnen will – so, daß es die 2 nicht hören — erscheint
Lili Athemlos und meldet daß ihre Mutter in gräßlichen Krämpfen liege – Apotheker kann dem
Direktor nur zulispeln: »Der Sekretär will sich rächen – nimm Dich in Acht etc – – « dann wird
er von Lili halb hinausgezogen; die 2 Alten gehen nun auch nachdem noch die Mutter sagt:
»Nach der Messe geh’ ich auch zu der Secretärin, die gewiß nur wegen ihres Sohnes so krank
ist!!!« beide ab – – Direktor allein – rathlos –das Volk rückt heran – er ist beängstigt – Sekretär
[des Direktors] erscheint allein 1. Als Abgesandter des Volkes, das seine Absetzung verlangt
und 2. Als sein eigener Rächer, – Direktor, ein wenig verlegen, macht als wäre nichts und fragt:
»Ja wegen ihres Sohnes?« — »Nein! wegen meiner Frau!!!« Direktor, schnell gefaßt: »Ja richtig!
sie ist ja krank!! ‐ aber wurde der Apotheker geholt – Ich wollte auch schon hingehen
etc. – – Sekretär: »Nicht wegen der Krankheit! von der ich übrigens nichts weiß – Direktor:
»Sondern?« Und nun erzählt der Sekretär folgendes: daß seine Frau Vorjahren ein Verhältnis
mit einem Manne gehabt hat– – daß er davon erfahren, daß dieser Mensch der damalige
Betriebsleiter des Bergwerkes war!« Direktor: »So! der dann bei dem Grubenunglück umkam –
– !« Sekretär: »Ha! auf so sonderbare Weise – Erinnern Sie sich noch Herr Direktor — als wir
von seinem Tod sprachen von – seiner Wunde – von den Glassplittern« u.s.w. Direktor ahnt
gräßliches – – und seine Angst steigt. – – Sekretär erzählt, daß er selbst der Mörder gewesen sei
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– – also ein wirklicher Verbrecher! – – Direktor will sich zuerst empört stellen – – doch der
Sekretär erklärt, daß er von Herta alles wisse – – und, daß er gekommen sei sich zu rächen
damit stürzt er auf Direktor zu der rufen will – – packt ihn an der Kehle — wirft ihn zu Boden
und würgt ihn durch das Stöhnen des Direktors kommt das Stubenmädchen gelaufen – –
schreit hinaus um Hilfe, da der Sekretär nicht von seinem Opfer läßt – – die Arbeiter
dringen ein – – sehen den todten Direktor – – dann ein Moment der Empörung gegen den
Sekretär, der sagt: »Ihr habt es ja heimlich alle gewünscht« – – »Ja, aber
gethan hätte es keiner« sie wollen ihn ergreifen — er läßt es gutwillig – – da hört man draußen
nach den Sekretär rufen – – Es ist die Mutter des Direktors und Lili – voller Aufregung – – Lili:.
»Vater, die Mutter ruft nach Dir – o komme — sie wird sterben, so sehr weint sie – so komm
doch etc« Sekretär schweigt. Die Mutter sieht die verlegenen Verstörten Gesichter – die vielen
Menschen, – den gefesselten Sekretär – – staunt; — »Ja wo ist denn mein Sohn« – Jetzt erst
sieht sie ihn todt am Boden; sie stürzt schluchzend auf ihn zu. Sekretär: Jetzt fort! – – alles eilt
in rasender Hast fort – – bis auf das Stubenmädchen, daß in einem Eck, auf einen Stuhl
hingesunken ist und weint – und die Mutter die auf der Leiche ihres Sohnes jammert und
weint – – Nach einer Zeit blickt sie auf – – sieht niemand als ihr Studenmädchen – – Mein armer
Hermann! ! ! ! ! Ach Gott! Ach Gott ! ! « – – Ich hab’s gelich gesagt – – daß – was Schreckliches
kommen mußte – – mein rechter Fuß – – Ach Gott! ! ! ! wild aufschluchzend sinkt sie wieder
auf die Leiche nieder.
Vorhang fällt rasch.