Akute Otitis media und Mastoiditis : ätiologische und ... · Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr....
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Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Holger Sudhoff Dienstort: Klinikum Bielefeld Hals-Nasen-und Ohrenklinik
Akute Otitis media und Mastoiditis
Ätiologische und therapeutische Konzepte
im Wandel der Epochen
Inaugural-Dissertation zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer
Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von Dirk Korbmacher aus Dortmund
2010
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. H. Sudhoff Korreferent: Prof. Dr. med. S. Dazert Tag der mündlichen Prüfung: 19.05.2011
Meinen Eltern
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INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG ..................................................................................... 7
2 HAUPTTEIL ..................................................................................... 14
2.1 Antike ......................................................................................... 14
2.1.1 Mesopotamien ......................................................................... 14
2.1.2 Ägypten .................................................................................. 14
2.1.3 Ohrenheilkunde im Talmud ........................................................ 17
2.1.4 Indien ..................................................................................... 17
2.1.5 Griechen und Römer ................................................................. 18
2.1.5.1 Hippokrates ........................................................................ 18
2.1.5.2 Cornelius Aulus Celsus ......................................................... 21
2.1.5.3 Galen ................................................................................ 23
2.2 Mittelalter .................................................................................... 25
2.2.1 Byzanz .................................................................................... 25
2.2.2 Arabien ................................................................................... 29
2.2.3 Europa .................................................................................... 31
2.3 Neuzeit ....................................................................................... 35
2.3.1 16. Jahrhundert ....................................................................... 35
2.3.2 17. Jahrhundert ....................................................................... 42
2.3.3 18. Jahrhundert ....................................................................... 45
2.3.4 19. Jahrhundert ....................................................................... 51
2.3.5 20. Jahrhundert ....................................................................... 69
2.3.5.1 Stauungshyperämie nach Bier ............................................... 69
2.3.5.2 Wittmaacksche Pneumatisationslehre ..................................... 71
2.4 Entwicklung der operativen Therapiemethoden ................................. 77
2.4.1 Entwicklung der Parazentese ...................................................... 77
2.4.2 Entwicklung der eröffnenden Operationen des Warzenfortsatzes ...... 83
3 ZUSAMMENFASSUNG ......................................................................... 92
4 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................... 95
DANKSAGUNG ..................................................................................... 106
CURRICULUM VITAE .............................................................................. 107
5
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Statue des Hippokrates vermutlich 1. Jahrhundert n.
Chr. (Goerke, 1998) ...................................................... 18
Abb. 2: A. C. Celsus (Frieboes,1906) .......................................... 21
Abb. 3: Andreas Vesal (Vesal, 1543) ........................................... 36
Abb. 4: Erste Abbildung des Hammers und Ambosses und
eines Durchschnitts des Gehörorgans nach VESAL
(Vesal, 1543) ............................................................... 36
Abb. 5: Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus,
im 45. Lebensjahr. Portrait von Augustin
Hirschvogel (Meyer-Steineg und Sudhoff, 2006)................ 38
Abb. 6: Pyocolus nach PARÉ (Gurlt,1898) ..................................... 40
Abb. 7: Wilhelm Kramer (Politzer,1907) ...................................... 55
Abb. 8: W. R. Wilde im Jahr 1847 nach einer Zeichnung von
J. H. Maguire (Holland, 1998) ......................................... 59
Abb. 9: Ungespaltener Ohrentrichter nach WILDE (Tröltsch,
1862) .......................................................................... 60
Abb. 10: Applikationshilfe aus Glas für Blutegel nach WILDE
(Wilde, 1855) ............................................................... 60
Abb. 11: Darstellung der Durchführung des Versuchs nach
TOYNBEE mit einem Katheter für die Tuba auditiva
(Toynbee, 1863) ........................................................... 62
Abb. 12: Ohrenspiegel nach VON TRÖLTSCH (Feldmann, 2003) ............ 64
Abb. 13: Orte im Bereich des Ohres, an denen Blutegel
platziert werden sollten (Jakobson und Blau, 1902) ........... 65
Abb. 14: POLITZERsches Verfahren zur Eröffnung der Tube
(Politzer, 1901) ............................................................. 66
Abb. 15: Beispiele POLITZERS zu Trommelfellbefunden bei
Otitis media (Politzer, 1901) ........................................... 67
6
Abb. 16: Strahlengang nach SCHÜLLER (Boenninghaus, 1996) ........... 74
Abb. 17: Instrumente der ersten Generation zur Parazentese
nach ZANG, HIMLY und FABRIZI (FELDMANN, 2003) ................. 79
Abb. 18: Varianten des Instrumentariums und der
Schnittführung (Feldmann, 2003) .................................... 80
Abb. 19: Antrotomie im Vergleich zur Mastoidektomie
(Gerber, 1904) ............................................................. 91
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1 EINLEITUNG
Die akute Otitis media ist eine Infektionskrankheit, die nahezu
jedes Kind weltweit befällt (Morris et al., 2009). Die
häufigsten pathogenetischen Ursachen sind Streptokokkus
pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis
und Streptokokken der Gruppe A (Brodies, et al., 2009;
Leibovitz et al., 2010). Die akute Mastoiditis ist die häufigste
intratemporale Komplikation der akuten Otitis media, deren
Therapiemanagement immer noch eine Herausforderung zur
Verhinderung potentiell schwerwiegender Komplikationen ist
(Spratley et al., 2000). Im 21. Jahrhundert finden sich immer
noch Beschreibungen dieser gravierenden intrakraniellen
Komplikationen wie Meningitis, Hirnabszesse,
Sinusvenenthrombose und otitischer Hydrocephalus (Thorne
et al., 2009; Isaacson et al., 2010). Seit Einführung der
antibiotischen Therapie sind Komplikationen dieser
Erkrankungen jedoch relativ selten geworden (Vlastos et al.,
2010). Eine zeitnahe Therapie ist jedoch von großer
prognostischer Relevanz (Pang. et al., 2009). Als chirurgische
Therapieoptionen stehen uns die Parazentese und
Mastoidektomie zur Verfügung (Vlastos et al., 2010).
Im Folgenden sollen die ätiologischen und therapeutischen
Konzepte der einzelnen Epochen aufgezeigt und der Wandel
der pathogenetischen Vorstellungen und therapeutischen
Möglichkeiten im zeitlichen Verlauf dargestellt werden. Ein
besonderes Augenmerk soll auf die chirurgischen
8
Therapieverfahren, namentlich Parazentese und
Mastoidektomie, gelegt werden.
Schon aus der Zeit der altägyptischen Hochkultur liegen
Dokumente vor, die ärztliches Handeln beschreiben. Eines
dieser Dokumente ist der „Papyrus Ebers“. Im jüdischen
Kulturkreis finden sich im Talmud ebenfalls Anweisungen zur
Therapie der Ohrenleiden. Ebenso gab HIPPOKRATES in seinem
„Kanon“ Anweisungen zur Behandlung der Otitis media. Hier
wurde sehr genau die Symptomatik dieser Erkrankung
beschrieben, jedoch glaubte der Verfasser aufgrund seiner
sehr rudimentären anatomischen und pathologischen
Kenntnisse, den Ursprung der Erkrankung in der Kopfhöhle
bzw. im Gehirn zu wissen. Auf dieser Grundannahme
basierend beschrieb er den Zusammenhang zwischen eitriger
Otorrhoe, Ohrenschmerzen und meningitischen und
enzephalitischen Symptomen.
Auf der Basis dieses Wissens behandelten die römischen Ärzte
die eitrige Entzündung und den Ohrenschmerz. Demnach gab
es bei ihnen keine therapeutischen Neuerungen. Ihre
Hauptvertreter waren CELSUS und GALEN, aber auch ARCHIGENES
und ORIBASIUS (Sachs, 1905). ORIBASIUS handelte die
bekannten Ohrenleiden ab, brachte jedoch keinen Neuerungen
(Lincke, 1845). CELSUS, selbst kein Arzt, gab einen Überblick
über den damals aktuellen Stand der Medizin und zitierte
Zeitgenossen sowie Ärzte aus vorangegangenen Zeiten. Er
widmete ein Kapitel seines Werks „Über die
Arzneiwissenschaft in acht Büchern“ den Erkrankungen der
Ohren, beschrieb die Behandlung der eitrigen Otitis und wies
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unter Kenntnis der Folgeerkrankungen zusätzlich auf die
Gefährlichkeit dieser Krankheit hin (Frieboes, 1906). Kein
Autor hatte jedoch einen größeren Einfluss auf die Medizin als
GALEN. Seine Schriften bildeten für den Zeitraum von 1500
Jahren die Quelle für das Wissen der europäischen Ärzte
(Lustig et al., 1998). Er führte in seinem Werk eine Vielzahl
von Rezepten zur Behandlung der Ohrenleiden auf, unter
denen sich auch die eitrigen Entzündungen der Ohren finden
lassen. Er studierte ausführlich seine Vorgänger, so dass ihr
therapeutisches Vorgehen durch ihn erhalten wurde.
Im Mittelalter lassen sich drei Strömungen bzw. Zentren in
der Medizin lokalisieren. Dies sind die Ärzte aus Byzanz,
Arabien und Europa, insbesondere aus dem süditalienischen
Salerno sowie aus dem südfranzösischen Montpellier. Die
byzantinische Medizin vertraten u.a. ALEXANDER VON TRALLES,
AETIUS und PAULUS VON AEGINA. Hier zeichnete sich vor allem
ALEXANDER VON TRALLES auf dem Gebiet der Behandlung der
Ohreiterung aus. Er gab in seinem Buch, unter genauem
Studium der „großen Meister“, sehr detaillierte therapeutische
Anweisungen.
Die Ärzte Arabiens, unter Ihnen AVIZENNA, RHAZES und
AVENZOAR, brachten der Ohrenheilkunde keine Neuerungen. Sie
übersetzten vielmehr ihre römischen und griechischen
Vorgänger (Sachs, 1905). Auch in der abendländischen
Ohrenheilkunde gab es bis in das 15. Jahrhundert hinein kaum
Fortschritt. Die Ärzte basierten ihr Handeln auf den Lehren
ihrer griechischen, römischen und arabischen Vorgänger
(Lincke, 1845).
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Die Renaissance stand - an das Mittelalter anschließend - ganz
im Zeichen der Anatomie. Es waren VESAL, INGRASSIA, FALLOPIO
und EUSTACHIO, die sich um die Anatomie des Ohres und des
Felsenbeines verdient machten (Beyer, 1952). Im Gegensatz
zu den großen Errungenschaften auf dem Gebiet der Anatomie
findet sich bei der Therapie der Ohrenkrankheiten keine
bedeutende Weiterentwicklung (Politzer, 1907). Die zweite
Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde von ihren medizinischen
Vertretern dazu genutzt, die alten, als unbrauchbar
bewerteten Ansichten über Krankheiten und deren Behandlung
durch neue Konzepte zu ersetzen. Anstoß zu diesem Wandel
gaben die genaueren anatomischen Kenntnisse und neuen
Systeme, die von den Ärzten erdacht wurden (Lincke, 1845).
Wichtige Vertreter dieser Zeit waren PARAZELSUS, FRENELIUS,
CAPPIVACCI, MERCURALIS, FORRESTUS, PARÈ und HILDANUS.
Während des 17. Jahrhunderts entwickelte sich besonders die
makroskopische Anatomie der Strukturen des Innenohres.
Auch bezüglich des Mittelohres finden sich einzelne
bemerkenswerte Beobachtungen. Der aus Minden in Westfalen
stammende WESELING (1598-1649) nannte zum ersten Mal den
Begriff „Antrum“ (Beyer, 1952). Die Otologie des 17.
Jahrhunderts zeigte im Vergleich zum vorangegangenen
Jahrhundert eher einen Rückschritt. Ungeachtet der großen
Errungenschaften auf dem Gebiet der Naturwissenschaften in
dieser Epoche, gab es in Bezug auf die Pathologie und die
Therapie der Erkrankungen der Ohren keinen besonderen
Fortschritt. Pathologisch-anatomische Untersuchungen traten
in den Hintergrund und wurden durch spekulative Systeme
basierend auf physikalischen und chemischen Entdeckungen
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verdrängt (Lustig et al., 1998). Ein besonderer Vertreter
dieser Zeit war RIOLAN DER JÜNGERE. RIOLAN war der erste, der
die Perforation des Trommelfells und die Eröffnung der Zellen
des Warzenfortsatzes als therapeutisches Mittel in Betracht
zog. Die Indikationen zu den Eingriffen stimmten jedoch nicht
mit den heutigen überein.
Durch den Franzosen DUVERNEY wurde eine neue Ära der
Otologie im ausgehenden 17. Jahrhundert eingeleitet (Beyer,
1952). Der Professor am „Jardin du Roy“ in Paris stellte in
seinem Werk „Traité de l’organe de l’ouie“ die Krankheiten der
Ohren streng anatomisch geordnet dar (Sachs, 1905).
DUVERNEYS Arbeiten bewirkten im 18. Jahrhundert einen
Aufschwung in der Otologie, der durch die Errungenschaften
VALSALVAS, MORGAGNIS, aber auch CONTUGNOS und SCARPAS
fortgesetzt wurde (Beyer, 1952). Die große Bedeutung der
pathologischen Anatomie als Grundlage für ein rationelles
pathologisches und therapeutisches Konzept wurde jedoch
während des 18. Jahrhunderts nicht erkannt, auch wenn in
dieser Zeit die klassischen Werke MORGAGNIS entstanden
(Politzer, 1907).
Während des 18. Jahrhunderts entwickelten sich drei
chirurgische Methoden zur Behandlung von Ohrenleiden. Es
handelte sich dabei um den Katheterismus der Tuba
eustachia, die künstliche Perforation des Trommelfells und
Eröffnung des Warzenfortsatzes. Die beiden Letzteren wurden
viele Jahre kritisch betrachtet und gerieten sogar wegen des
betriebenen Missbrauches in Vergessenheit. Sie erhielten erst
in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder Aufmerksamkeit, als
12
zur gleichen Zeit TOYNBEE die Otologie auf ein pathologisch-
anatomisches Fundament stellte (Schwartze, 1878).
Das 19. Jahrhundert brachte eine Vielzahl von leuchtenden
Persönlichkeiten der Otologie mit sich. Neben TOYNBEE waren
dies u.a. VON TRÖLTSCH, SCHWARTZE und POLITZER. Gestützt auf
die neuen Erkenntnisse der pathologischen Anatomie
erlangten die Parazentese und die Perforation des
Warzenfortsatzes den heutigen Stellenwert im therapeutischen
Kanon gegen die entzündlichen Erkrankungen des Mittelohres
(Beyer, 1952). KRAMER hingegen stellte einen Gegenpol zu den
pathologisch-anatomischen Forschungen dar, in dem er sich
konsequent in Opposition zu ihnen stellte (Schwartz, 1885).
Auch die Entwicklung neuer Untersuchungsmethoden, die
Entdeckung des bakteriellen Ursprungs der Otitis media sowie
die Entstehung neuer, medikamentöser Behandlungsansätze
fallen in diesen Zeitraum (Politzer, 1913). So förderte z. B.
besonders WILLIAM WILDE den Stellenwert des objektiven
Trommelfellbefundes (Schwartze, 1885).
Das 20. Jahrhundert sollte nicht zuletzt auch die
Ohrenheilkunde revolutionieren. Zu Beginn des 20.
Jahrhunderts wurde geschickte Chirurgie unter einfachen
Bedingungen durchgeführt. Die Entdeckung der antibiotisch
wirkenden Substanzen bedeutete das Ende der akuten
Mastoiditis und der Hauptkomplikationen der Otitis media als
häufiges Krankheitsbild (Weir, 1990). Mit seinen Studien über
die normale und pathologische Pneumatisation des
Schläfenbeins konnte WITTMAACK in Jena 1913 einen Beitrag
zum Verständnis der Entstehung des Zellsystems des
13
Warzenfortsatzes liefern. Sowohl die Wittmaacksche
Pneumatisationslehre, später durch STEURER bestätigt, als auch
der Einsatz von Röntgenstrahlen trieben den diagnostischen
Fortschritt voran (Matschke, 1996).
14
2 HAUPTTEIL
2.1 Antike
2.1.1 Mesopotamien
Verschiedene Keilschrifttafeln liefern ein Zeugnis für die
Ohrenheilkunde des alten Mesopotamiens. Die Krankheiten der
Ohren wurden von den damaligen Ärzten in solche des
äußeren Ohres, also der Ohrmuschel, und in solche des
inneren Ohres unterteilt. Neben verschiedenen anderen
Ohrenleiden finden sich hier auch Hinweise auf Entzündungen
des inneren Ohres, was unserem Verständnis nach der Otitis
media entsprechen kann, sowie Eiterungen aus dem Ohr. Zur
Therapie der Ohrenkrankheiten setzte man Tamponaden,
Einreibungen der Ohrmuschel und Beräucherungen des
Gehörgangs sowie systemisch angewendete Drogen ein.
Applizierte Tamponeinlagen wurden in der Regel drei Tage im
äußeren Gehörgang belassen und am vierten Tag entfernt.
Der Gehörgang sollte dann von Eiterrückständen befreit
werden. Wenn es nicht zu einer Eiterung aus dem Ohr kam,
wurde mittels eines Strohhalms oder eines Bronzeröhrchens
Alaun (Kalium-Aluminium-Sulfat) in das Ohr eingeblasen, um
somit eine schnellere Heilung zu erzielen (Hausperger, 2003).
2.1.2 Ägypten
Eine besonders wichtige Quelle für den Nachweis otologischer
Therapie in der ägyptischen Hochkultur ist der auf 1553-1550
v. Chr. datierte „Papyrus Ebers“. In diesem Dokument
altägyptischer Medizin werden die Erkrankungen der Ohren
und der Nase gemeinsam abgehandelt. Es finden sich jedoch
keine eindeutigen Hinweise auf die Therapie der akuten Otitis
media. Ein Rezept, das sich möglicherweise der Therapie der
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akuten Otitis media zuordnen lässt, diente der Behandlung
eines Ohres, aus dem eine übel riechende Materie austrat. Es
enthielt Weihrauch, Gänseschmalz, Sahne aus Kuhmilch,
Natron und ein spezielles Harz und sollte nach der
Zubereitung auf das erkrankte Ohr aufgebracht werden.
An einer anderen Stelle wird von einem Mittel gesprochen, das
der Behandlung eines „geweihten Ohres, das von Eiter
angegriffen ist“, diente. Dieses enthielt Baumöl, Weihrauch
und seχepet-Körner und sollte in das Ohr eingespritzt werden.
Dieses konnte durch eine Mixtur aus seχepet-Körnern,
Weihrauch und Seesalz ersetzt werden, die auf gleichem Weg
appliziert werden sollte (Joachim, 1890). Ein weiteres Rezept
diente der Kühlung des Ohres, „wenn der met zittert“.
POLITZER zitierte diese Textstelle als „wenn der Puls hämmert“
und mutmaßte eine Phlegmone. Von der Wärmeapplikation
sollte in diesem Fall Abstand genommen werden und dem
Erkrankten ein Teig aus Grünspan für vier Tage aufgelegt
werden (Joachim, 1890; Politzer, 1907). Diesem Schritt folgte
eine Behandlung mit einem Gemisch aus Öl und Honig, das
ebenfalls auf das Ohr aufgebracht wurde. Kam es dann zu
einem Flüssigkeitsaustritt aus dem Ohr, sollte mit Hilfe einer
Kugel aus verschiedenen Harzen und Gewürzen bis zur
Beendigung des Ausflusses behandelt werden. Die anderen
genannten Rezepturen dienten der Behandlung weiterer
Symptome, wie Schwerhörigkeit und Flüssigkeit, die aus den
Ohren austrat. Auch Erkrankungen der Ohren, wie Geschwüre,
die das Ohr betrafen, werden genannt (Joachim, 1890).
16
Der aus der Ptolemäerzeit stammende „Papyrus Brooklyn“
berichtet von der Therapie bei „Schleimstoffen im Ohr“ (Kolta
und Schwarzmann-Schafhauser, 2000).
Ebenfalls auf ägyptischem Boden entstand die koptische
Heilkunde. Bei den Kopten handelte es sich um Ägypter
christlichen Glaubens, deren Sprache dem Altägyptischen in
griechischer Schrift entsprach. Die Blütezeit dieser Kultur lag
zwischen dem dritten und siebten Jahrhundert n. Chr. Es
existieren verschiedene fragmentarisch erhaltene Dokumente
der Medizin dieser Zeit, in denen sich Hinweise auf
ohrenheilkundliche Tätigkeit finden lassen (Till, 1951).
Ohrenschmerzen sollten durch das Eingießen von Kalbsgalle
geheilt werden. Die Kalbsgalle sollte aber nicht nur in das Ohr
gegeben, sondern auch auf die Zähne aufgetragen werden.
Waren die Ohrenschmerzen sehr stark, konnte eine Mischung
aus Opium, Kalbsfett und Milch warm in das Ohr gegossen
werden. Diese Arznei versprach sofortige Heilung. Weitere
Rezepte dienten der Behandlung eines kranken Ohres, wobei
die Symptome nicht spezifiziert werden: Eines ist eine
Mischung aus Dosten (entspricht Origanum, wilder Majoran)
und Hysop (zu den Lippenblütlern gehörende Heil- und
Gewürzpflanze aus dem Mittelmeerraum), die gekocht und
äußerlich am Ohr angewandt werden sollte. Ein anderes
Rezept riet zu Räucherammoniakum mit der Milch einer Frau,
die zuvor einen Knaben entbunden hatte. Diese Mischung war
zu zerreiben und ebenfalls äußerlich anzuwenden (Till, 1951).
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2.1.3 Ohrenheilkunde im Talmud
Im Talmud finden sich verschiedene Rezepte zur Behandlung
von Ohrenleiden. Diese sind jedoch symptomatisch orientiert
und sollen Ohrenschmerzen und Otorrhoe heilen. Der im
Talmud namentlich erwähnte Arzt MANJOME postulierte, dass
bei Ohrenschmerzen alle Flüssigkeiten bis auf den Saft der
Nieren schädlich seien. Dazu finden sich auch Anweisungen,
wie dieser Saft zu gewinnen und dass dieser lauwarm in das
Ohr zu applizieren sei. Ein weiteres Rezept nennt den
erwärmten „Unschlitt“ eines Käfers, der in das Ohr
eingebracht werden soll (Preuss, 1911). Es wurde darüber
hinaus mit dochtartigen Konstellationen gearbeitet, die in das
mit Öl gefüllte Ohr eingelegt und angezündet wurden, wobei
das Grün von Knoblauch an das anzuzündende Ende gebunden
wurde. Auch das Einleiten von Dämpfen in das kranke Ohr
gehörte zum therapeutischen Repertoire. Nicht entfettete
Wolle oder mit hartem Salz gefüllte Rohrstengel sollten
angezündet und an das Ohr gehalten werden. Des Weiteren
galt für die Therapie der Ohrenleiden, dass Flüssiges (z.B.
Otorrhoe) mit festen und Festes (nicht sezernierende
Erkrankungen) mit flüssigen Arzneien behandelt werden sollte
(Politzer, 1907; Preuss, 1911).
2.1.4 Indien
Als Hauptquelle für die altindische Medizin dienen die Werke
der Ärzte Charaka und Sushruta, die auf ca. 1000 v. Chr.
datiert werden (Sachs, 1905). Unter den achtundzwanzig
18
beschriebenen Ohrenleiden finden sich auch Ohrenschmerz,
Ohrenfluss, Ohreneiterung und die Ohrenentzündung (Politzer,
1907). Zu deren Therapie wurden unterschiedliche Mittel
eingesetzt, die in den Gehörgang eingebracht wurden. In
vielen Fällen wurde als Abschluss zusätzlich Sesamöl auf das
im Gehörgang befindliche Heilmittel aufgetragen (Wallnöfer,
1966).
2.1.5 Griechen und Römer
2.1.5.1 Hippokrates
Der wohl wichtigste Vertreter der antiken Medizin ist
HIPPOKRATES VON KOS (460-377 v. Chr.), der den Höhepunkt der
griechischen Medizin darstellt und der sogar als der Begründer
der Ohrenheilkunde betrachtet werden kann (Sachs, 1905).
Im Zentrum seines Interesses stand die nüchterne
Betrachtung der Natur, die sich in den detaillierten
Beschreibungen der Krankheitssymptome widerspiegelt
(Politzer, 1907).
Abb. 1: Statue des Hippokrates vermutlich 1. Jahrhundert n.
Chr. (Goerke, 1998)
19
Sein anatomisches Wissen über das Ohr ist in seinem Buch
„Über die Weichteile“ niedergelegt. Demnach ziehen die
Gehörgänge zu einem sehr harten Knochen, der „so trocken
wie Stein sei“. In seiner Nähe finde sich eine löcherige
Höhlung. Das Trommelfell, das er als solches nicht kannte,
beschrieb er als ein „dünnes Fell“. Dieses Fell sei wie ein
Spinnengewebe in der Nähe des harten Knochens auf
gespannt (Kapferer, 1934). Sein Konzept der Pathologie
beruhte auf der Annahme, dass alle Krankheiten von Schleim
und Galle ausgelöst werden und zwar dann, wenn diese
erhitzt, abgekühlt, verwässert oder ausgetrocknet wurden.
Ihm zu Folge führten Ernährung, Verwundungen,
Anstrengungen sowie Sinnesreize und Geschlechtsverkehr zu
einer Veränderung von Schleim und Galle (Kapferer, 1934).
Im Falle der Ohrenschmerzen komme es zu einer Anhäufung
des Schleims in der Kopfhöhle, der, wenn er nicht abfließe, zu
einer Beteiligung der Ohren, aber auch anderer Organe führe.
Der primäre Ort der Eiterung wurde also von ihm nicht im Ohr
selbst, sondern in der Kopfhöhle angenommen. An anderer
Stelle weist er darauf hin, dass sich Entzündungen der
Mandeln auf die Ohren ausbreiten können (Kapferer, 1934).
HIPPOKRATES kannte die akute Otitis media, deren Symptome
er mit Ohrenschmerzen während des Hustens, Fieber und
eitriger Otorrhoe am siebten oder achten Tag beschrieb.
Kommt es im Rahmen der Entzündung nicht zu einem
Durchbruch des Eiters, führe dies in der Regel am siebten,
neunten oder elften Tag zum Tod (Kapferer, 1934). Des
Weiteren weist er darauf hin, dass Ohrenfluss besonders
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häufig bei Neugeborenen und Säuglingen auftritt und
Ohrenschmerzen im Sommer häufig sind. Auch der
Zusammenhang zwischen Infektionskrankheiten und der akute
Ohreneiterung war ihm bekannt (Kapferer, 1934).
Über die Mastoiditis wurde von POLITZER nur eine Vermutung
angestellt: Er nennt in diesem Zusammenhang die von
HIPPOKRATES beschriebene, von den Ohren stammende
Knocheneiterung (Politzer, 1907).
Therapeutisch setzte HIPPOKRATES lokale und diätetische
Maßnahmen bei der Otitis media ein. Der Schmerz sollte vor
dem Beginn des Ausflusses aus den Ohren mit Schwämmen
behandelt werden, die, mit heißem Wasser getränkt, auf den
Kopf aufgelegt wurden. Dazu sollte der Patient ein Gemisch
aus Wasser und Honig trinken. Führte dieser Trank zu keiner
Besserung, sollte der Patient Getreideschrotwasser zu sich
nehmen. Zur Ernährung sollten auch Gerstenschleimsaft und
mit Wasser verdünnter Wein gehören. Hatte die Otorrhoe
eingesetzt und sich der Allgemeinzustand verbessert, sollte
der Patient abführen, einen langsamen Kostaufbau erhalten
und vom Kopf aus abwärts mit warmem Wasser gewaschen
werden. Lokal wurden dann die Ohren mit Wasser gespült und
anschließend ein mit Honig getränkter Schwamm eingelegt.
An anderer Stelle schlägt er die Spülung mit süßem Wein,
Frauenmilch oder altem Olivenöl vor. Gegen Ohrenschmerz
empfahl er, die Ohren mit Wasser zu waschen und diese
anzudampfen oder Brechmittel (um den Schleim in der
Kopfhöhle zu entfernen) (Kapferer, 1934).
21
Da HIPPOKRATES die Otitis als eine sekundäre Erkrankung der
Kopfhöhle bzw. des Gehirns ansah, überschneiden sich
Symptombeschreibung und Therapie an den meisten Stellen
des Textes.
2.1.5.2 Cornelius Aulus Celsus
CELSUS (25 v. Chr. bis 50 n. Chr.) selbst kein Arzt, bewahrte
in seinem Werk einen Überblick über die Ohrenheilkunde
seiner Zeit (Lincke, 1845). Schon in der Einleitung zu dem
Kapitel über Entzündungen der Ohren und Ohrenschmerzen
wies CELSUS auf die Gefährlichkeit dieser Erkrankungen hin.
Diese konnten ihm zu Folge zu „Irresein“ des Erkrankten und
sogar zu dessen Tod führen.
Abb. 2: A. C. Celsus (Frieboes,1906)
22
CELSUS wusste also bereits von den endokraniellen
Komplikationen der entzündlichen Erkrankungen der Ohren,
spezifizierte sie aber an dieser Stelle nicht. Aus diesem Grund
sollte die Therapie sofort nach dem Auftreten von Symptomen
begonnen werden.
Als therapeutische Optionen gab er Fasten und Ruhe an.
Sollten sich die Symptome darunter nicht bessern, sollte dem
Patienten warme Irissalbe auf den geschorenen Kopf
aufgetragen werden. Auch Aderlass und abführende
Maßnahmen zog er bei hinzukommendem Fieber in Betracht.
Des Weiteren empfahl er die Applikation von Wärme durch
Breiumschläge und in Wasser getauchte Schwämme. Bei
Besserung des Befundes sollte mit Wachssalben, die
verschiedene Pflanzenöle enthalten sollten, nachbehandelt
werden.
Er schlug auch das Einbringen unterschiedlicher Mixturen mit
einer Ohrenspritze in das Ohr vor. CELSUS kann somit als der
erste medizinische Autor betrachtet werden, der die
Verwendung eines solchen Instrumentes empfahl (Frieboes,
1906). Alle auf diese Weise verabreichten Gemische, sollten
seinen Angaben zufolge, zuvor angewärmt werden. Enthalten
waren unterschiedliche pflanzliche und tierische Bestandteile,
namentlich Rosenwasser, Öl in dem Regenwürmer gekocht
worden sind, das Extrakt aus Bittermandeln und
Pfirsichkernen, Biebergeil, Mohn, Safran, Myrrhe, Alaun und
Essig. Ein weiteres Kapitel widmete CELSUS der Eiterung und
dem üblen Geruch der Ohren. Zur Behandlung sollten Lycium,
23
Irissalbe, ein Gemisch aus Porreesaft und Honig,
Tausendgüldenkraut mit Rosinenwein oder mit dem Saft des
süßen Granatapfels eingesetzt werden, dem nach der
Erwärmung Myrrhe hinzugegeben wurde. Neben den bereits
angegebenen Mitteln zitiert CELSUS die verschiedenen
Heilmittel seiner Vorgänger und Zeitgenossen, zu denen
ERASISTRATUS, PTOLEMÄUS, MENOPHILUS und CRATO zählen. Als
eine Besonderheit findet sich in seinem Kapitel über die
Erkrankungen der Ohren eine Rezeptur des ASCLEPIADES VON
BITHYNIEN (1. Jahrhundert v. Chr.), die für alle
Ohrenkrankheiten vorgesehen sei. Diese wird ebenfalls bei
GALEN zitiert (Frieboes, 1906). Der zur Zeit Kaiser Trajans
lebende Arzt ARICHGINES behandelte den Ohrenschmerz mit
Aderlässen, Klistieren, warmen Bähnungen, Umschlägen und
mit dem Einträufeln öliger Substanzen (Politzer, 1907).
2.1.5.3 Galen
Die Anatomie des Mittelohres und des Schläfenbeines
betreffend, beschrieb GALEN den Processus mastoideus, den
Processus styloideus und den Processus zygomaticus. Der
äußere Gehörgang trat ihm zufolge bis an die Dura mater
heran und stand dort mit dem Gehörnerv in Kontakt. Im
Allgemeinen stand GALEN auf dem Standpunkt, dass dem
Gehörorgan gegenüber große Sorge getragen werden sollte,
damit es wegen seiner engen Lage zum Kopf nicht leide.
Die Krankheiten der Ohren wurden von ihm in fünf Klassen
eingeteilt, die subjektiven Empfindungen entsprechen: „auris
dolor“, „auditus gravitas“, „surditas“, „odauditio“ und „auditus
24
hallucinationes“. Außerdem differenzierte er den
Ohrenschmerz nach seinen Ursachen. Diese sind „es
frigidtate“, „ex inflammatione“, „ex flatulento spiritu aut
crassiset viscosis humoribus“ sowie „ex serosis et saniosis
humoribus“. Der Behandelnde hatte seine therapeutischen
Maßnahmen gemäß diesen Ursachen auszurichten. Das
allgemeine Prinzip seiner Therapie beruhte auf dem Konzept,
den krankhaften Zustand mit seinem Gegensatz zu behandeln,
also „Hitze“ durch „Kälte“ und „Kälte“ durch „Hitze“ oder
„Trockenheit“ durch „Feuchtigkeit“ u. v. m. Des Weiteren sei
auf eine individuelle Betrachtung jedes einzelnen Falles zu
achten und in Abhängigkeit davon die entsprechende
therapeutische Methode zu wählen. Dies war bei GALEN eine
Neuerung und wurde von seinen Vorgängern vernachlässigt
(Politzer, 1907). Bei der Besprechung des Ohrenschmerzes
ging er sehr kritisch mit den Kollegen um, die ihren
therapeutischen Kanon ohne differenzierte Betrachtung des
Einzelfalls einsetzten. Ebenso stand GALEN dem Einsatz des
Opiums, das in der damaligen Zeit in vielen Präparationen
eingesetzt wurde, sehr kritisch gegenüber: Er behielt sich den
Einsatz nur für dringende Fälle vor.
Entzündlichen Ohrenschmerz lokalisierte GALEN zum Einen in
der Haut des Gehörgangs und zum Anderen in der Tiefe des
Ohres im Bereich des Gehörnervs. Zu dessen Behandlung
setzte er hauptsächlich fett- und ölhaltige Substanzen ein,
beispielsweise Gänse- und Hühnerfett, Narden- und Rosenöl.
Ist der Schmerz sehr stark, konnte ihm zufolge eine Arznei
eingesetzt werden, die sich aus Opium, Milch und Eiweiß
25
zusammensetzte. Diese konnte nach Wunsch durch Bibergeil
(auch Castoreum, eine Drüsenabsonderung des Bibers)
ergänzt werden. GALEN schlug weiterhin eine Präparation zur
Behandlung starker Schmerzen vor, die aus Opium und Most
bestehen sollte. Diese Mittel sollten mit einem löffelartigen
Instrument warm in das Ohr eingegossen werden, wobei sich
dabei die Temperatur an den Empfindungen des Kranken
orientieren sollte.
Bei Geschwüren und Eiterungen aus den Ohren setzte er ein
Gemisch aus Glaucium und Essig, Myrrhe, Honig,
eingedicktem Most, Galläpfeln, Eisenrost, Alaun u. v. m. ein.
GALEN nennt auch Pastillen eines ANDRONIUS und eines MUSA,
die in Most oder Essig gelöst werden sollten. Es sollte gemäß
dem Prinzip, zuerst mit milden Medikamenten zu beginnen
und im Bedarfsfall anschließend immer stärkere einzusetzen,
verfahren werden (Galenus, 1965).
2.2 Mittelalter
2.2.1 Byzanz
Der zur Zeit des Kaisers Justinians lebende und in Lydia
(heute Türkei) geborene Arzt ALEXANDER VON TRALLES (525-605
n. Chr.) ist wohl einer der wichtigsten Vertreter seiner Zeit
(Politzer, 1907). Er zeichnete sich durch seine sehr genaue
Arbeit aus, was LINCKE veranlasste ihn sogar noch vor ÄTIUS zu
bewerten. In seinem Werk zeigt sich die genaue Kenntnis
seiner Vorgänger (Sachs, 1905), jedoch behielt er eine
Selbstständigkeit gegenüber GALEN (Politzer, 1907). Den
26
Ohrenschmerz betreffend nennt er neben verschiedenen
Ursachen auch die Entzündung der Ohren (Puschmann, 1878).
Die Entzündungen der Ohren unterschied er in solche des
Gehörgangs und solche des „inneren Gehörorgans“. Auch er
wusste von dem Zusammenhang der Ohrenentzündung und
Erkrankungen des Gehirns. ALEXANDER glaubte, dass der im
Ohr bestehende Schmerz von dem die Wand des Gehörganges
durchziehenden Nerv an das Gehirn weitergeleitet wurde, der
Kranke so zu fiebern und zu delirieren beginne. Der Tod als
Folge einer Otitis wird ebenso genannt, wobei junge Menschen
ihm zufolge stärker unter der Krankheit litten als Ältere. Die
Eiterbildung und deren Ausfluss werden von ihm als positiv
bewertet, denn sie bewirkten die Entfernung des schädlichen
Agens (Körpersaft) und somit die Heilung. Die intensiver
empfundenen Schmerzen bei jungen Menschen verhinderten
eine Eiterbildung, so dass bei ihnen schwieriger eine Heilung
zu erreichen sei (Puschmann, 1878).
Therapeutisch setze ALEXANDER mit genauer Indikationsstellung
(Politzer, 1907) eine Vielzahl von Substanzen ein: Bevor eine
Entzündung, die durch den Zufluss erhitzten Blutes verursacht
wurde, mit Medikamenten zu behandeln sei, sollte jedoch ein
Aderlass in der Ellenbeuge durchgeführt werden. Bei der
Behandlung der Ohrenentzündung sollte diätetisch
vorgegangen werden, um die schädlichen Körpersäfte zu
neutralisieren. Dazu setzte ALEXANDER Lattich, Gurken,
Endivien, Melonen, Äpfel, Malven, Fisch und hartes Fleisch ein.
Bei der medikamentösen Behandlung der Ohrenentzündungen
27
kamen Rosenöl, Schöllkraut, Safran, Kürbis, Frauenmilch,
Bibergeil und Opium zum Einsatz. Diese wurden in
unterschiedlichen Zusammensetzungen in das Ohr
eingebracht.
Die Verwendung von Opium betreffend, gebot er jedoch mit
äußerster Vorsicht vorzugehen und empfahl die Verwendung
alten Opiums, um seine narkotische Wirkung zu umgehen. Als
negatives Beispiel wird erwähnt, dass ein Patient unter der
Behandlung mit Opium seine Sprache und Empfindungen
verlor und diese nicht wiederhergestellt werden konnten.
Deshalb sollte das Opium auch nur ein oder zweimal
eingesetzt werden. Als ersetzende Substanz sei Biebergeil zu
bevorzugen. Des Weiteren kamen in seinem therapeutischen
Kanon Bähungen mit warmen Schwämmen und Schröpfköpfen,
das Einbringen von Wasserdampf in den Gehörgang und
Umschläge zum Einsatz. Darüber hinaus finden verschiedene
Mixturen zur Linderung der durch die Entzündung ausgelösten
Schmerzen Verwendung (Puschmann, 1878).
Bei ÄTIUS VON AMID (~ 530 n. Chr.) handelt es sich um einen
Zeitgenossen ALEXANDER VON TRALLES, den Leibarzt und
Oberstkämmerer des Kaisers Justinian. Die Entzündung der
Ohren wurden von ihm mit diversen pflanzlichen und
tierischen Produkten sowie anorganischen Substanzen
behandelt: Mandel- oder Nussöl, Wein, Honig, Gänsefett,
Alaun, Myrrhe, Essig, Fischgalle und vieles mehr. Treten
Eiterungen der Ohren auf, wird von ihm zunächst die
Reinigung des Gehörgangs mit einem mit Wolle umwickelten
28
Ohrenlöffel empfohlen. Der Reinigung sollte eine Ausspülung
des erkrankten Ohres folgen. Dazu wurden von ihm Wasser,
Wein, Essig und Wein mit Honig verwendet, abschließend
Salpeter oder Alaun in Honig gelöst und Rosenöl auf Wolle
eingebracht. Zur Behandlung des Ohrenschmerzes der durch
Kälte ausgelöst wird, setzte er warme Umschläge, den
warmen Dampf von in Wasser gekochtem Absinth, mit Eiweiß
gemischte Frauenmilch, Öl mit Wolfsmilch oder mit
zerstoßenem Pfeffer gemischten Wein ein (Politzer, 1907).
PAULUS VON AEGINA wirkte in der Mitte des siebten Jahrhunderts
n. Chr. und widmete sich dem Ausbau der Chirurgie von
HIPPOKRATES und CELSUS. Es finden sich bei ihm aber auch
Vorschriften zur Behandlung von Entzündungen der Ohren:
Für ihn lag dann eine Entzündung des Ohres vor, wenn der
Ohrenschmerz mit Schwere, Spannung, Hitze und heftigem
Puls mit oder ohne Fieber einherging und wurde primär mit
einem Aderlass behandelt. Lokal sollte eine mit Wolle
umwickelte Sonde, die mit süßem Öl getränkt sei, zur Bähung
des Ohres zum Einsatz kommen. Außerdem sollten
verschiedene Öle in den äußeren Gehörgang eingeträufelt
werden. Umschläge mit verschiedenen Substanzen gehörten
ebenfalls in sein therapeutisches Regime. Sollte sich die
Schmerzsymptomatik noch verstärken, empfehle sich der
Einsatz einer Arznei, die Opium und Biebergeil, aber auch
Frauenmilch oder Eiweiß enthält. Bei eintretender Eiterung
sollte das Ohr mit Leinsamenschleim, der mit Kamillen- oder
Rosenöl verdünnt ist, behandelt werden.
29
Des Weiteren nutzte PAULUS eine Mischung, die in leichten
Abwandlungen zur Behandlung größter Schmerzen, von Eiter
und von Schwerhörigkeit eingesetzt werden konnte: Sie
enthielt geschälte Mandeln, Natronschaum, Opium,
Weihrauch, Safran, Galbanum, Myrrhe und Essig und weitere
dem Symptom entsprechende Zutaten. Alle für die Ohren
verwendeten Mittel seien mäßig warm zu temperieren. Bei
Ohrenschmerzen wurden ebenfalls Rauten-, Narden-, Lorbeer-
und Mandelöl genutzt, weiterhin Öl, in dem Zwiebeln,
Knoblauch, Regenwürmer oder Kellerasseln gekocht wurden,
aber auch Pfeffer, Kollyrion und Rebhuhnkraut-, Affodill- und
Korianderauszug. Das Schröpfen gehörte zur Entfernung
blähender Gase ebenfalls in sein Repertoire. Falls nach dem
Einfüllen eines wässrigen Medikaments in das Ohr Schmerzen
auftraten lautete seine Regel: Bei Verwendung großer Mengen
seien diese mit einem Rohr aus dem Ohr zu saugen; kleinere
Mengen sollten mit einer mit Wolle umwickelten Sonde aus
dem Ohr gewischt werden (Berendes, 1914).
2.2.2 Arabien
Durch die arabischen Ärzte, von denen als Leitfiguren
AVIZENNA, ABUL KASIM, AVERRHOES, RHAZES, HALY ABBAS und
MESUE zu nennen sind, hat die Ohrenheilkunde keinen
Fortschritt erfahren. Sie zeichneten sich vielmehr als
Übersetzer ihrer Vorgänger aus Griechenland und dem
römischen Reich aus (Lincke, 1845 / Politzer, 1907 / Sachs,
1905).
30
RHAZES’ (850-932 n. Chr.) Empfehlung bei Kindern, die an
Ohrenflüssen leiden, ist das Einbringen von Baumwolle in den
äußeren Gehörgang, damit diese das vorhandene Sekret
aufsaugt. Des Weiteren setzte er eine Mischung aus Safran,
Salpeter, Essig und Wasser oder eine Lösung von Alaun in
Wein ein, die in die Ohren eingeträufelt wurde. Er gab aber
auch allgemeine Maßregeln zur Prophylaxe von Erkrankungen
der Ohren: unter Anderem seien schwere Speisen, Kälte oder
der Schlaf mit einem vollen Magen zu meiden. Diagnostisch
sei das Ohr jederzeit in Sonnenlicht zu untersuchen und dabei
der äußere Gehörgang zu reinigen.
HALY ABBAS (� 994 n. Chr.) unterteilte den Ohrenschmerz „ex
complexione mala calida et frigida“ und behandelte ihn nach
der Methode „Contraria contriis“. Der mit Hitze einhergehende
Ohrenschmerz konnte ihm zufolge durch einen Überschuss an
Blut oder an roter Galle ausgelöst werden. Dementsprechend
wurde von ihm im ersten Fall der Aderlass der Vena cephalica
zur Blutentfernung eingesetzt. Im Fall des Galleüberschusses
verwandte er galletreibende Mittel sowie lokal Rosen-,
Lattich-, Hauswurz- und Korianderwasser. Der mit Kälte
verbundene Ohrenschmerz wurde seinerseits mit Instillationen
verschiedener Substanzen wie Galle des Bären oder des
Kranichs in Rindsurin, Bittermandelöl, Myrrhe und Euphorbium
behandelt; der Kranke konnte dazu gurgeln.
ABUL KASIM (912-1013 n. Chr.) setzte zur Therapie des starken
Ohrenschmerzes, wie bei vielen anderen Leiden, Brennmittel
ein. Das Glüheisen wurde von ihm rings um das erkrankte Ohr
31
angesetzt und zwar an Stellen, die von ihm zuvor mit Tinte
markiert wurden.
MESUE (� 1015), selbst Christ, zeigt dem Leser in seinem Werk
eine Zusammenfassung des Wissens der griechischen und
arabischen Ärzte (Politzer, 1907). Als auslösende Faktoren für
Ohrenschmerzen nennt er äußere Einflüsse wie Hitze, Kälte,
Feuchtigkeit und Trockenheit aber auch die Galle. Zu ihrer
Behandlung setzte er lauwarme Einspritzungen in den äußeren
Gehörgang mit Mohnöl, Quittenschleim, Bilsenkraut und Milch
mit Eiweiß ein. Geschwüre mit Eiterung werden in akute und
chronische Formen unterteilt: Die akuten
Mittelohrentzündungen sollten zunächst gereinigt werden.
Dazu wurde von ihm eine Mischung aus Wein und Honig oder
Oxymel scillae verwendet. Nach der Reinigung versuchte er
die Eiterung mit Alaun, Aloe oder Myrrhe auszutrocknen.
Trotz seines großen Namens und seiner umfangreichen
Tätigkeiten als Arzt, Astronom, Geograph, Philosoph,
Grammatiker und Dichter, erbrachte AVICENNA (980-1037 n.
Chr.) der Therapie der Ohrenleiden keinen weiteren Fortschritt
(Schipperges, 1987). AVENNZOAR beschrieb eine vom ihm
behandelte akute Entzündung des Mittelohres (Sachs, 1905).
2.2.3 Europa
Bis zum 15. Jahrhundert erfuhren Wissenschaft, Heilkunde
und damit auch Ohrenheilkunde keine größeren Fortschritte.
Die Medizin dieser Zeit fußte ihr Wissen auf den
Hinterlassenschaften der griechischen, römischen und
32
arabischen Ärzte (Lincke, 1845). Die aus dem 12. Jahrhundert
stammende „Collectio Salernitana“ ermöglichte einen
umfassenden Überblick über den Stand der Otologie des
Mittelalters. Ohrenschmerzen werden hier in solche mit und
solche ohne Eiterung eingeteilt und finden ihren Auslöser nach
dem bekannten Verständnis „ex caliditate“ oder „ex
frigiditate“. Die Ursache des Schmerzes und der Verbund mit
einer abszedierenden Entzündung konnte an Hand der Dauer
und der Intensität des Schmerzes, aber auch durch den
Zustand der Umgebung des Ohres unterschieden werden; vor
jeder Behandlung wurde eine Inspektion des Ohres gefordert.
Zur Therapie der schmerzhaften Affektionen setzten die
Salernitaner diverse Salben, Instillationen mit Pflanzensäften
und Ölen und Kataplasmen ein (De Renzi, 1853).
GUILELMO SALICETO bespricht in seinem Werk neben
verschiedenen anderen Ohrenleiden den Ohrenschmerz und
die Geschwüre des Ohres. Zur Behandlung der Leiden setzte
er eine komplizierte Therapie ein, die aus einer Kombination
verschiedener innerlich und äußerlich anzuwendender
Arzneien bestand.
Bei LANFRANCHI (� 1306 n. Chr.) findet sich nur eine
Unterscheidung in zwei Krankheiten der Ohren. Er nennt den
„Gehörfehler“ und den Ohrenschmerz, wobei der
Ohrenschmerz entweder als eigenständige Erkrankung oder
als Ursache einer Erkrankung zu werten ist. In einer
Fallbeschreibung zeigt er den Fall einer eitrigen Entzündung
der Ohren auf, die er um einen ungünstigen Verlauf zu
33
kupieren, mit einer tiefen Inzision behandelte. Nach dem
Schnitt sollte sich eine große Menge an Eiter entleert haben.
Er macht jedoch keine Angaben über den Ort, an dem er den
Schnitt ausführte. POLITZER stellte die Vermutung über die
Möglichkeit einer Eiterung des Warzenfortsatzes auf.
BERNARD VON GORDON stellt in seinem Kompendium die für ihn
wichtigsten therapeutischen Aspekte der arabischen Medizin
zusammen. Er rät, dass vor jeder Applikation von
Medikamenten in das Ohr, dieses gereinigt werden müsse.
Dies zeigt, dass er schon Kenntnis von der Nützlichkeit der
Asepsis hatte (Beyer, 1952). In seiner Abhandlung über
Ohrenschmerz und Eiterung der Ohren postuliert er, dass der
durch „warme Eiterung“ hervorgerufene Schmerz der heftigste
sei; dieser führe auch zu den „schrecklichsten
Nebenerscheinungen“. Bei der Lebensbedrohung durch die
Krankheit macht er den Unterschied, dass vor allem Jünglinge
gefährdet seien. Für alte Menschen bestünde am wenigsten
Gefahr. Diese Annahme finden wir bereits bei seinen
Vorgängern wie z. B. HIPPOKRATES, der eine ähnliche Meinung
vertrat. Bei der Behandlung dieser „heißen Apostemen“ sei
auch ein besonderes therapeutisches Vorgehen von Nöten, da
es sonst zu einer Ausbreitung der Erkrankung auf „edle“
Körperteile, wie das Gehirn kommen könne und somit eine
Meningitis als Komplikation in Erscheinung träte. Auch der
Zusammenhang zwischen den Eiterungen der Ohren und
Lungenerkrankungen wird von ihm aufgezeigt. Die akute
Eiterung der Ohren sollte ihm zufolge nicht sofort operativ
behandelt werden. BERNHARD unterstreicht dies mit dem Fall
34
eines Patienten, der nach den Lehren GALENS und AVIZENNAS
behandelt wurde und darunter keine Heilung fand. Erst das
von ihm verordnete „Oleum de chamomilla“ erbrachte die
erwünschte Heilung.
GUY DE CHAULIAC beschreibt die Eiterung der Ohren als
Krankheitsbild und legt fest, dass eine Ohrenerkrankung dann
von einer Eiterung ausgeht, wenn sie von Fieber, Schmerz,
Mattigkeit und Pulsationen begleitet ist. Des Weiteren
unterscheidet er kalten und warmen Eiter: Der erste löse
Mattigkeit und Kältegefühl, der zweite Überwärmung und
stechenden Schmerz aus (Mc Vaugh, 1997). Therapeutisch
setzte er „Purgativmittel“ und Mittel zur Stillung von
Schmerzen und Diät ein. Seine Anweisung, dass lokal in das
Ohr zu verabreichende Medikamente eine indifferente
Temperatur haben sollten, ist bereits aus der talmudischen
Medizin bekannt (Politzer, 1907).
GIOVANNI ARCOLANO (� 1484 n. Chr.) empfiehlt zur
Diagnosefindung der Ohrenentzündung die Umgebung des
Ohres abzutasten; dabei soll beobachtet werden, ob dies
schmerzhaft sei oder nicht. Er zeigt den Unterschied zwischen
Eiterungen des Ohres und des Gehirns auf und beschreibt
Geschmacksveränderungen als Komplikation eines
Ohrenleidens.
Im Jahr 1485 wurde von PETER SCHÖFFER – dem Schwiegersohn
eines Mitarbeiters Gutenbergs – der „Hortus Sanitatis“
gedruckt. Dieses Buch ist auf den Frankfurter Stadtarzt JOHANN
VON CUBE zurückzuführen und enthält einen nahezu
35
vollständigen Überblick über die Schulmedizin der damaligen
Zeit. Der Autor beruft sich, wie es üblich war, auf seine
ärztlichen Vorfahren aus Griechenland, Rom und Arabien.
Bei der Behandlung der Entzündungen der Ohren wurde,
ebenso üblich, nicht in solche des äußeren Ohres und solche
des Mittelohres unterschieden. Bei Geschwüren wird z. B. eine
Mischung aus Zwiebeln, Honig und Salz, gesottene Leinsamen
und Wildkleepflaster empfohlen. In das Ohr sollten
Brennesselöl, Breitwegerichsaft, Drußwurzsaft oder der Saft
von Tag-und-Nacht-Samen eingeträufelt werden. Eiterungen
der Ohren wurden mit warmen Säften aus Goldwurz, Hopfen
und Lupinen angegangen (Matzker, 1962).
2.3 Neuzeit
2.3.1 16. Jahrhundert
Das 16. Jahrhundert steht ganz im Zeichen der Ohranatomie.
Besonders VESAL, INGRASSIA, EUSTACHIO und FALLOPIA haben sich
auf dem Gebiet der Anatomie des Ohres bzw. des Mittelohres
verdient gemacht (Beyer, 1952). Mit der anatomischen
Ergründung des Mittelohres und des Felsenbeines legten sie
somit Grundlagen für das Verständnis der Otitis media und der
Mastoiditis.
Abb. 3: Andreas Vesal
ANDREAS VESAL (1514
Gehörknöchelchen, die bereits von
beschrieben wurden.
Knochen mit dem Namen Hammer und Amboss belegt zu
haben (Sachs, 1905). Die Paukenhöhle wird von ihm „pelvis“
genannt (Vesal, 1543
Abb. 4: Erste Abbildung des Hammers und Ambosses und
eines Durchschnitts des Gehörorgans nach
(Vesal, 1543)
Erst später entdeckte
Chr.) 1546 den Ste
Andreas Vesal (Vesal, 1543)
(1514-1564 n. Chr.) kannte die beiden großen
Gehörknöchelchen, die bereits von BERENGARIO DA
beschrieben wurden. VESAL wird es aber zugesprochen, diese
Knochen mit dem Namen Hammer und Amboss belegt zu
1905). Die Paukenhöhle wird von ihm „pelvis“
Vesal, 1543).
Erste Abbildung des Hammers und Ambosses und
eines Durchschnitts des Gehörorgans nach
(Vesal, 1543)
Erst später entdeckte VESALS Schüler INGRASSIA (1510
Chr.) 1546 den Steigbügel und beschreibt diesen (Beyer,
36
1564 n. Chr.) kannte die beiden großen
ERENGARIO DA CARPI
gesprochen, diese
Knochen mit dem Namen Hammer und Amboss belegt zu
1905). Die Paukenhöhle wird von ihm „pelvis“
Erste Abbildung des Hammers und Ambosses und
eines Durchschnitts des Gehörorgans nach VESAL
(1510-1580 n.
igbügel und beschreibt diesen (Beyer,
37
1952), dessen Entdeckung sich aber auch EUSTACHIO und
andere Anatomen zuschreiben lässt (Sachs, 1905). INGRASSIAS
anatomische Beschreibung der Cellulae mastoidea ist besser
als die VESALS (Politzer, 1907). EUSTACHIO gebührte es, die
Tube wiederentdeckt zu haben und er stellt ebenso die
Schallleitung durch Trommelfell und Gehörknöchelchen dar
(Sachs, 1905). Der Begriff Tympanum ist auf GABRIEL FALLOPIA
zurückzuführen. Er meint jedoch damit nur das Trommelfell,
dessen Schrägstellung von ihm zuerst beschrieben worden ist.
Auch auf dem Gebiet der Therapie von Ohrenleiden machte er
verschiedene Mitteilungen: So stand er der Behandlung von
Ohrenflüssen bei Kindern ablehnend gegenüber, da er in ihnen
einen Reinigungsmechanismus des Körpers sah, der die
Kopfhöhle von Exkrementen befreie. Auch die Otorrhoe der
Erwachsenen sei ein Produkt des Gehirns und sollte mit
milden, reinigenden, ableitenden Mitteln behandelt werden.
Austrocknende und zusammenziehende Substanzen sollten
nicht zum Einsatz kommen, die eingebrachten Medikamente
pulverförmig sein (Lincke, 1845; Politzer, 1907).
Während es in der Anatomie in diesem Jahrhundert zu großen
Fortschritten kam, machten die Ärzte in dieser Zeit keine
großen Sprünge auf dem Gebiet der Behandlung der
Ohrenleiden. Die Ursache dafür kann wohl in dem Fehlen der
pathologischen Anatomie gesehen werden (Politzer, 1907).
38
Abb. 5: Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, im
45. Lebensjahr. Portrait von Augustin Hirschvogel
(Meyer-Steineg und Sudhoff, 2006)
„Schärfer, härter und wirksamer“ dürfte wohl kaum jemand
sonst die Medizin seiner Zeit kritisiert haben, als dies zu
Beginn der Neuzeit THEOPHRASTUS BOMBASTUS VON HOHENHEIM,
besser bekannt unter dem Namen PARACELSUS (1491-1541 n.
Chr.), tat (Goerk 1998). Er verwarf die bisher von der
Schulmedizin angewandten Methoden und bezeichnete diese
als unnütz. In der Therapie der Ohrenentzündung lehnte er
die Einspritzungen reizender Substanzen, wie sie in der von
GALEN beeinflussten Medizin üblich waren, ab (Politzer, 1907).
JOHANN FRENELIUS beschreibt eine innere Ohrenentzündung, die
sich zwischen dem Trommelfell und den Hirnhäuten gelegen
befände. Sie sei von „scharfem“ und „dünnem“ Blut ausgelöst,
39
dass aus den Venen der Hirnhäute in das Ohr gelange und
sich dort in Fäulnis umwandle (Lincke, 1845). HIERONYMUS
MERCURALIS war auch, wie viele seiner Vorgänger und
Zeitgenossen ein Kopist und Archivar der griechischen,
römischen und arabischen Lehre (Lincke 1845). Er geht in
seinem Kapitel über den Ohrenschmerz auch auf die
Entzündung des Trommelfells ein: Ihre Ursache sei die
Ausdehnung der Venen des Trommelfells, die durch einen
vermehrten Andrang von Blut ausgelöst werde (Politzer,
1907). HIERONYMUS CAPIVACCI zeichnet sich durch eine sehr
eigenständige Darstellung der Ohrenleiden aus, die sich von
denen seiner Vorgänger und Zeitgenossen unterscheidet. Er
schlägt als diagnostisches Mittel zur Unterscheidung zwischen
Leiden des Trommelfells und Leiden des Innenohres vor, einen
eisernen Stab von der Länge einer Elle zwischen den Zähnen
des Patienten zu platzieren. An das andere Ende wurde ein
Instrument gehalten und darauf gespielt. Nahm der Kranke
den Ton auf diese Weise wahr, so schlussfolgerte CAPIVACCI,
dass die Erkrankung im Bereich des Trommelfells zu suchen
sei (Politzer, 1907).
PETRUS FORESTUS teilt in seinem Werk 15 Krankengeschichten
mit. Eine offenbart den Fall einer inneren Entzündung der
Ohren: Ein Bierknecht litt an einer solchen und verstarb,
nachdem sich die Krankheit in eine Entzündung des Gehirns
ausgeweitet hatte. Ein anderer Fall behandelt das Beispiel von
zwei Wochen bestehenden Ohrenschmerzen, die er mit
„drastischen Mitteln“ wie Purganzen, Schröpfungen,
Kataplasmen aus gebratenen Zwiebeln, Kamillenöl und
frischer Butter zur
betreffend behandelt er ausführlich die Eiterungen und
Ulzerationen: Er legt Wert auf die Lokalisation der
Entzündung, da sich daraus auch ein prognostischer Aspekt
ableiten lässt und sich unterschiedliche Therapien
anschließen. Er unterscheidet Entzündungen der äußeren und
der inneren Teile des Gehörorgans. Auf die Beteiligung der
inneren Anteile des Ohres schließt er durch die Intensität der
Symptomatik und der gleichzeitigen „Paraphre
1907).
AMBROSIUS PARÉ
der Ohren, gleich ob sie die inneren oder die äußeren Anteile
betreffen, unter dem Begriff „Ohrgeschwüre“ zusammen.
Diese können mit einem mehr oder weniger starken Eiter
oder Sekretabfluss verbunden sein, der
stammen könne. Entleere sich das Sekret oder der Eiter bei
einer solchen Entzündung nur schwerlich oder gar nicht, so
empfiehlt er den Einsatz einer Spritze „Pyocolus“ zur
Entfernung der im Ohr stagnierenden Materie.
Abb. 6: Pyocolus
Diese Therapieform ist immer noch sehr an
Gegen den Eiter setzte er das Einbringen von lauwarmem
konzentriertem Essig und Ochsengalle ein. Eine weitere Option
frischer Butter zur Heilung brachte (Lincke, 1845)
betreffend behandelt er ausführlich die Eiterungen und
Ulzerationen: Er legt Wert auf die Lokalisation der
Entzündung, da sich daraus auch ein prognostischer Aspekt
ableiten lässt und sich unterschiedliche Therapien
ßen. Er unterscheidet Entzündungen der äußeren und
der inneren Teile des Gehörorgans. Auf die Beteiligung der
inneren Anteile des Ohres schließt er durch die Intensität der
Symptomatik und der gleichzeitigen „Paraphrenesis“
(1510-1590) fasst alle eitrigen Entzündungen
der Ohren, gleich ob sie die inneren oder die äußeren Anteile
betreffen, unter dem Begriff „Ohrgeschwüre“ zusammen.
Diese können mit einem mehr oder weniger starken Eiter
oder Sekretabfluss verbunden sein, der auch aus dem Gehirn
stammen könne. Entleere sich das Sekret oder der Eiter bei
einer solchen Entzündung nur schwerlich oder gar nicht, so
empfiehlt er den Einsatz einer Spritze „Pyocolus“ zur
Entfernung der im Ohr stagnierenden Materie.
Pyocolus nach PARÉ (Gurlt,1898)
Diese Therapieform ist immer noch sehr an GALEN
Gegen den Eiter setzte er das Einbringen von lauwarmem
konzentriertem Essig und Ochsengalle ein. Eine weitere Option
40
1845). Die Otitis
betreffend behandelt er ausführlich die Eiterungen und
Ulzerationen: Er legt Wert auf die Lokalisation der
Entzündung, da sich daraus auch ein prognostischer Aspekt
ableiten lässt und sich unterschiedliche Therapien
ßen. Er unterscheidet Entzündungen der äußeren und
der inneren Teile des Gehörorgans. Auf die Beteiligung der
inneren Anteile des Ohres schließt er durch die Intensität der
nesis“ (Politzer,
1590) fasst alle eitrigen Entzündungen
der Ohren, gleich ob sie die inneren oder die äußeren Anteile
betreffen, unter dem Begriff „Ohrgeschwüre“ zusammen.
Diese können mit einem mehr oder weniger starken Eiter-
auch aus dem Gehirn
stammen könne. Entleere sich das Sekret oder der Eiter bei
einer solchen Entzündung nur schwerlich oder gar nicht, so
empfiehlt er den Einsatz einer Spritze „Pyocolus“ zur
ALEN orientiert.
Gegen den Eiter setzte er das Einbringen von lauwarmem,
konzentriertem Essig und Ochsengalle ein. Eine weitere Option
41
war das Einblasen von in Essig gekochtem, pulverisiertem
Eisenrost (Gurlt, 1898). Des Weiteren hatte PARÉ die operative
Eröffnung eines bei eitriger Entzündung des Ohres
bestehenden subperiostalen Abszesses bei König Franz II.
vorgeschlagen. Diese Operation wurde jedoch von der Mutter
des Königs abgelehnt und der König verstarb an seinem
Leiden (Lange und Hoch, 1975).
FABRICIUS HILDANUS zeigt zwölf Krankengeschichten auf, die
Erkrankungen der Ohren betreffen. In einem Fall berichtet er
von einem kleinen Mädchen, das an einen Katarrh der Ohren
mit gleichzeitigen subjektiven Geräuschen litt. Von einem Arzt
in die Ohren applizierte ölige Flüssigkeit führte zu einer
Verschlechterung ihres Zustandes mit Fieber, Schmerzen und
anderen schweren Symptomen. Andere dazu gerufene Ärzte
wandten unterschiedliche innerlich und äußerlich verabreichte
Arzneien an und bewirkten so eine langsam Rückbildung der
Symptomatik. Das Kind entwickelte jedoch eine zunehmende
Schwerhörigkeit (Hildanus, 1646). Diesem Fall schließt
HILDANUS den Hinweis an, Ohrenleiden nicht mit lokalen
Mitteln zu behandeln, bevor es nicht mit allgemeinen Mitteln
probiert wurde. Auf dieses sei insbesondere zu achten, falls
der Körper des Patienten sehr geschwächt und mit „schlechten
Säften“ gefüllt sei. Des Weiteren sollten Medikamente, die in
das Ohr eingebracht werden, nicht scharf, sondern sehr mild
sein. Dies begründet er damit, dass diese Mittel bis an das
Trommelfell vordringen können und wegen des gekrümmten
Verlaufes des Gehörganges nicht wieder aus dem Ohr fließen
können. Er setzte deshalb Wieken aus Flachs oder Baumwolle
42
ein, deren Spitzen er mit der Arznei benetzte und in das Ohr
applizierte. Als Methode zur Entfernung von Flüssigkeiten, die
in die Tiefe des Ohres eingedrungen sind, schlägt er das
Einbringen eines Schwammes vor, der mit Betonienwasser
getränkt und ausgewrungen ist. Dabei sollte der Patient auf
der erkrankten Seite liegen. Dieser Vorgang sollte eventuell
häufiger wiederholt werden. In einem weiteren Fall berichtet
er von einer Frau, die an einem Abszess hinter dem linken Ohr
litt, der spontan durchbrach. Diese Krankheit endete letal, so
dass POLITZER mutmaßte, dass es sich bei diesem Fall um
„Schläfenbeincaries mit Abszess im Warzenfortsatz“ handelte.
In solchen Fällen rät HILDANUS die baldige Eröffnung des
Abszesses, bevor dieser spontan durchbricht. Auch das
Krankheitsbild einer abgelaufenen Otitis media mit
persistierender Perforation wird von ihm skizziert (Hildanus,
1646).
2.3.2 17. Jahrhundert
RIOLAN DER JÜNGERE war der erste, der eine künstliche
Eröffnung des Processus mastoideus und des Trommelfells in
Betracht zog. Als Indikation zur Eröffnung des Mastoids sieht
er subjektive Ohrgeräusche, denen er mit diesem Eingriff
einen Ausweg schaffen möchte. Die künstliche Perforation des
Trommelfells schlägt er für den Fall einer angeborenen
Taubheit vor, die aufgrund eines Bildungsfehlers besteht. Den
Grund für diesen Vorschlag liefert er in einer
Fallbeschreibung: Er durchstieß das Trommelfell mit einem
Ohrenlöffel, mit dem er sehr tief in das Ohr eingedrungen war.
43
Das Gehör des Patienten bessert sich, nachdem das
Trommelfell zerstört und Gehörknöchelchen zerbrochen
waren. Die Entzündungen betreffend beschreibt er Abszesse
und Ulzerationen des Trommelfells. Krankheiten der „cavitates
internae“, die er für periostlos hält, seien seiner Annahme
nach schmerzlos, es sei denn, dass der Gehörnerv oder das
Trommelfell, das er als einen Abkömmling des Gehörnervs
beschreibt, beteiligt seien.
KONRAD VIKTOR SCHNEIDER war derjenige, der einen bisher
allgemeinen Irrtum in Abrede stellte. Er bestritt, dass sich
Feuchtigkeit aus dem Gehirn in die Ohren und die Nase
ergießt. Des Weiteren stellte er fest, dass Eiter und
Ohrenschmalz nicht durch das intakte Trommelfell dringen
können. Auch die bisher gängige Annahme, vom Ohr auf das
Gehirn einwirken zu können wurde von ihm abgelehnt. Die
lokale Applikation von Ölen in das Ohr bei Ohrenschmerzen,
Mittelohrkatarrhen und Erkrankungen des Gehirns wurde
deshalb von ihm verworfen. MICHAEL ETTMÜLLER trennte die
Entzündung der Ohren strenger von den Ohrenschmerzen als
es seine Vorgänger bisher taten (Politzer, 1907).
GUICHARD JOSEPH DUVERNEY (1648-1730) zeichnet sich dadurch
aus, dass er versuchte, die Erkrankungen des Ohres nach
einem anatomischen Konzept einzuteilen. Mit diesem Konzept
gab er der Ohrenheilkunde die Selbstständigkeit einer
Spezialdisziplin (Sachs, 1905). Er unterschied in Krankheiten
der Ohrmuschel, des äußeren Gehörgangs, des Trommelfells,
der Trommelhöhle, des Labyrinths und des Hörnervs. Jedoch
44
besaß er nur geringe Kenntnisse von der pathologischen
Anatomie, was POLITZER und LINCKE dazu veranlasste, diese
Einteilung als „misslungen“ zu bewerten, ohne dabei seine
Errungenschaften zu schmälern.
In seinen anatomischen Darstellungen findet sich nicht nur die
erste Beschreibung der Ohrenschmalzdrüsen, sondern auch
die erstmalige Darstellung der Verbindung zwischen Antrum
mastoideum und der Paukenhöhle. Die Leiden des Labyrinths
und der Paukenhöhle betreffend stand DUVERNEY auf dem
Standpunkt, dass sie nur als Entzündungen der Membranen
und Karies des Knochens verstanden werden konnten.
Entzündungen des Gehörganges führten seiner Auffassung
nach zu Fistelbildung und wurden von einem übel riechenden
Ausfluss begleitet. Dieses Verständnis zeigt, dass es DUVERNEY
nicht möglich war, zwischen den eitrigen Entzündungen des
äußeren Gehörgangs, denen der Paukenhöhle und denen des
Innenohres zu unterscheiden. Mittels Sektionen fand er bei
Menschen mit Eiterungen der Ohren Eiter in der Paukenhöhle
und dem Labyrinth und zweifelte nicht daran, dass dieser
Zustand eine Schwerhörigkeit bewirken kann.
Zur Therapie der Karies des Schläfenbeins setzte er lokal
Einlagen von Scharpiewieken mit Kampfer, Euphorbiumpulver,
Myrrhe, Weingeist u. v. m. ein. Bei Entzündungen des
Mittelohres oder des Labyrinthes erwiesen sich lokale Arzneien
als wirkungslos. Sie sollten immer mit einer internen
Medikation behandelt werden (Duverney, 1684).
45
2.3.3 18. Jahrhundert
ANTONIO MARIA VALSALVA (1666-1723) war nicht nur ein großer
Anatom, sondern auch ein anerkannter Chirurg seiner Zeit
(Politzer, 1907) und er war der Erste, der die Inspektion des
Trommelfells am Lebenden durchführte. Zur Entfernung von
Eiter aus dem Ohr setzte er das nach ihm benannte Manöver
ein, das von verschiedenen seiner Vorgänger zur Entfernung
von Fremdkörpern und zur Therapie der Schwerhörigkeit
eingesetzt wurde. Er glaubte, dass sich der in der
Paukenhöhle befindliche Eiter durch den entstehenden
Überdruck über das zu seiner Zeit vermutete Foramen Rivini -
eine präformierte Öffnung im Trommelfell - in den äußeren
Gehörgang entleere. Das Zellensystem des Warzenfortsatzes
wurde von ihm in Anlehnung an die Bulla ossea bei Tieren als
Teil der Paukenhöhle beschrieben. Die Kommunikation dieser
Räume konnte er durch einen Krankheitsfall nachweisen, bei
dem ein Kranker an einem kariösen Geschwür mit
Fistelbildung litt. Er injizierte eine Flüssigkeit in die
bestehende Fistel und beobachtete, dass die Flüssigkeit über
den Rachen abfloss.
Der Schüler VALSALVAS, MORGAGNI (1682-1771) gilt als der
Begründer der pathologischen Anatomie. In seinem Werk
„Über den Sitz und die Ursachen der Krankheiten“ erhalten
auch die Erkrankungen der Ohren bzw. deren pathologische
Anatomie ein wissenschaftliches Fundament (Sachs, 1905).
Wichtig war MORGAGNIS Verständnis des Zusammenhangs
zwischen Eiterungen der Ohren und Abszessen des Gehirns. Es
46
war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts darüber diskutiert
worden, ob solche Eiterungen einer Therapie unterzogen
werden sollten oder nicht (Politzer, 1907). Er deklarierte die
Eiterung der Ohren als die primäre Affektion, die über einen
Durchbruch durch den Knochen zu einer sekundären
Beteiligung des Gehirns führe und widerspricht damit den
Vorstellungen von THEOPHILE BONET (1620-1689). Aus diesem
Grund sollten nach MORGAGNIS Dafürhalten Eiterungen der
Ohren nicht vehement beendet, Ulzerationen des Ohres nicht
leichtsinnig geschlossen und Karies im Bereich des
Warzenfortsatzes frühzeitig inzidiert werden (Falke, 1887).
Zur Untermauerung seines Konzeptes gab er verschiedene
Sektionsbefunde wieder.
So beschreibt er den Fall einer Ohreneiterung nach einer
Variola-Infektion: Bei diesem Fall fand er an der hinteren
Fläche der Pyramide einen kariösen Knochendefekt und einen
dazu passenden Kleinhirnabszess. In einem anderen Fall
berichtet der Sektionsbefund von einer vorbestehenden Fistel
im Bereich des Warzenfortsatzes. Dort fand er eine
Eiteransammlung in der Paukenhöhle, Karies des
Fazialiskanals und im Bereich der Bogengänge und einen
entzündlichen Knochendefekt an der Hinterwand des inneren
Gehörgangs. Des Weiteren fand sich Eiter zwischen der
Pyramidenhinterfläche und der Dura mater. In zusätzlichen,
von ihm berichteten Fällen finden sich vor allem in
Nebenbefunden Beobachtungen zu eitrigen Entzündungen der
Ohren. Er beschreibt in dem Sektionsbefund einer Frau, die an
einer fieberhaften Erkrankung (febris maligna) verstarb und
47
zu Beginn ihrer Krankheit schwerhörig wurde, dass die
Paukenhöhle und ihre angrenzenden Hohlräume sich mit Eiter
gefüllt zeigten. Das Gehirn aber sei vollkommen intakt. In
einem anderen Fall berichtet er von einer Mittelohreiterung
nach bzw. im Rahmen einer Pneumonie nach Abort: Zu den
Symptomen der Pneumonie traten Ohrenschmerzen und
Taubheit. Im Sektionsbefund beschreibt er die Trommelfelle
schwärzlich gefärbt und schlapp, das Zellensystem der
Warzenfortsätze war mit einer Flüssigkeit gefüllt. In einer der
Paukenhöhlen fand sich zusätzlich eine eiterähnliche Masse.
FRIEDRICH HOFFMANN (1660-1742) entwickelte ein sehr
spezielles System zum Verständnis aller Krankheiten des
menschlichen Körpers: Alle Krankheiten, auch die Affektionen
des Ohres, seien durch Abnormitäten des Tonus ausgelöst.
Diese könnten sich in Heftigkeit und Trägheit der Bewegung
oder starker Anspannung und Atonie äußern. Entzündungen
der Ohren und Ohrenschmerzen führte er auf starke
Anspannung in den empfindlichen Teilen des Ohres zurück
(Lincke, 1845/Politzer, 1907). Zur Behandlung dieser
Krankheiten setzte er Mittel ein, die diese Anspannung lösen
könnten. Dazu zählen: Salpeter, Liquor anodynus, Opium,
erweichende Dämpfe, Kellerassel- oder Skorpionöl, das in das
Ohr eingeträufelt wird, weiterhin Tabakrauch,
schmerzstillende Pflaster aus Mastix (Harz des
Mastixbaumes), Galbanum (auch Galbensaft, ein Heilmittel
aus dem Milchsaft persischer Doldenblütler), Safran, Muskatöl,
Biebergeil u. v. m. (Lincke, 1845).
48
GERHARD VAN SWIETEN (1700-1772) beschreibt im
Zusammenhang mit der „angina inflammatoria“ Schmerzen im
Inneren des Ohrs und im Bereich der Tube. Dies versucht er
damit zu erklären, dass sich bei Entzündungen der
Schleimhaut des Zäpfchens und des weichen Gaumens die
Entzündung über die Schleimhaut der Tuba Eustachii in die
Paukenhöhle ausgebreitet habe.
JEAN LOUIS PETIT (1674-1750) ist wohl einer der wichtigsten
französischen Chirurgen des 18. Jahrhundert. Seine größte
Errungenschaft war die rationelle Besprechung der
entzündlichen bzw. der kariös-nekrotisierenden Prozesse des
Warzenfortsatzes (Politzer, 1907). Sein Wissen auf diesem
Gebiet teilt er in dem Kapitel „Des tumeures“ mit: Seiner
Auffassung nach heilen Abszesse, die nur eine kurze Zeit zu
ihrer Reifung benötigen, schneller aus als solche, die sehr
langsam heran reifen. Diese spontane Reifung sollte aber
nicht abgewartet werden. Es sollte der Abszess vielmehr bei
dem Auftreten einer Fluktuation durch den Arzt eröffnet
werden. Er weist darauf hin, dass Karies nicht immer vor der
Operation nachzuweisen ist, der Knochen sich aber nach der
Eröffnung der Hautschichten vom Periost entblößt zeigt. Nach
der Dauer des Abszesses lassen sich unterschiedliche Stadien
der Karies nachweisen. Diese kann allein auf die Diploe
beschränkt sein oder sich bereits auf die mediale Lamelle des
Warzenfortsatzes ausgebreitet haben.
PETIT hält die Feststellung der Fluktuation für sehr schwierig.
Fehldiagnosen könnten ihm zufolge nur durch häufiges Üben
49
vermieden werden. Um dies zu untermauern, schließt er
dieser Feststellung ein Fallbeispiel an. Demnach haben Ärzte,
die einen solchen Abszess zu eröffnen suchten, diese Absicht
aber verwarfen, weil die vorbestandene Fluktuation nicht mehr
nachzuweisen war, falsch gehandelt. Er empfiehlt trotzdem die
Operation durchzuführen. Vor dem Eingriff ließ er den
Patienten das VALSALVAsche Manöver durchführen. Der Abszess
schwoll bis zu seinem alten Volumen an. Der Abszess wurde
eröffnet und es entleerte sich mehr Eiter als durch die Größe
der Schwellung anzunehmen war. Es ist an diesem Fall
besonders interessant, dass es vor der Entstehung des
periostalen Abszesses zu einem Durchbruch des Tegmen
gekommen ist. Nun konnte sich zwischen Dura mater und
Knochen eine Eiteransammlung ausbilden. PETIT führte einen
seit Monaten bestehenden Kopfschmerz auf diesen
Sachverhalt zurück.
Das operative Procedere war in diesem Fall bei PETIT wie folgt:
Er erweiterte die Fistel in der Kortikalis mit einer
myrthenblattförmigen Pinzette, mit der er die Knochenränder
nach und nach abbrach. Die Größe sollte dann dem Defekt im
Tegmen entsprechen. Anschließend folgte eine Verbandanlage.
Als nach einiger Zeit der kariöse Knochen abgestoßen wurde,
trat die vollständige Heilung ein. Bei dem Verdacht auf ein
abszedierendes Geschehen innerhalb des Warzenfortsatzes
postuliert er, nicht auf den Durchbruch der „Tabula externa“
zu warten, sondern den Knochen vermittels eines
Exfolitivtrepans zu eröffnen. Selbst wenn sich dann kein Eiter
in den Zellen des Mastoids befände, hielt er diesen Eingriff für
50
gerechtfertigt. Die Operation würde zu einer Verkürzung des
Krankheitsverlaufes führen und zwar um die Zeit, die der Eiter
zum Durchbruch durch den Knochen benötigt. Eine besondere
Auffassung hat PETIT von der Entstehung der Otitis media. Sie
entstehe nie primär in der Paukenhöhle, sondern immer vom
äußeren Gehörgang oder der Tuba Eustachii ausgehend.
HEUERMANN beschreibt ebenfalls den Fall einer Fistel hinter
dem Ohr. Diese konnte weder durch eine Speichelkur, noch
durch reinigende Einspritzungen und Verbände geheilt
werden. Er beobachtete, dass die von ihm durch die
Fistelöffnung eingebrachte Flüssigkeit zum Einen durch die
Tube aus dem Mund und zum Anderen über den äußeren
Gehörgang aus dem Ohr austrat. Diese „Ohrengeschwüre“
hatten demnach eine sehr schlechte Prognose. Dies begründet
er damit, dass die anatomischen Gegebenheiten im
Warzenfortsatz mit seinem Zellsystem es dem Eiter
ermöglichten, sich dort halten zu können. Das therapeutische
Mittel sei seinerseits die chirurgische Erweiterung der Fistel,
um den Eiter leichter entleeren zu können. Zur
Heilungsbeschleunigung empfiehlt er kleine Einbohrungen mit
einem Perforativtrepan (Politzer, 1907).
Es wird dem in Rouen wirkenden Arzt LECHEVIN (1732-1788)
zugesprochen, als erster die Möglichkeit in Betracht gezogen
zu haben, dass sich Infektionen des Rachens über die Tube in
die Paukenhöhle ausbreiten können (Sachs, 1905).
51
2.3.4 19. Jahrhundert
JOHN CUNNINGHAM SAUNDERS veröffentlichte 1806 zum ersten
Mal sein Werk über Ohrenheilkunde „The anatomy of the
human ear, illustrated by a series of engravings of the natural
size, with a treatise on the diseases of that organ, the causes
of deafness their proper treatment”. Dieses Werk enthält noch
viele Lücken, zeigt aber doch schon die Tendenz in Richtung
einer Modernisierung (Politzer, 1907).
Zur Diagnosefindung wurde hier die Okularinspektion des
Trommelfells bei einfallendem Sonnenlicht eingesetzt, das
VALSALvasche Manöver und die subjektiven Symptome gehören
auch zum diagnostischen Repertoire. Die eitrige Entzündung
der Paukenhöhle wird von ihm in drei Stadien eingeteilt:
Stadium I entspricht der eitrigen Otorrhoe, Stadium II der
eitrigen Otorrhoe mit „Fungus“ oder Polyp und Stadium III
dem eitrigen Ausfluss mit Karies der Paukenhöhle. Er beurteilt
die ersten beiden Stadien als heilbar, Stadium III sei
allerdings unheilbar.
Eitrigen Ohrenfluss aus der Paukenhöhle unterschied er vom
Ohrenfluss aus dem Gehörgang dadurch, dass nach
Beendigung des Ohrenflusses bei Affektionen der
Paukenhöhle, die begleitende Hörstörung bestehen bliebe.
Dieses Phänomen führte er auf die Zerstörung des
Trommelfells oder Exfoliation der Gehörknöchelchen zurück.
Die entsprechende Therapie sollte ihm zufolge antiphlogistisch
sein. SAUNDERS stand den bisher eingesetzten Einträufelungen
mit „scharfen“ und „spirituösen“ Arzneien ablehnend
52
gegenüber. Es wurde von ihm vielmehr eine frühzeitige
künstliche Perforation des Trommelfells (Parazentese) bei dem
Verdacht auf Eiter in der Paukenhöhle postuliert.
THOMAS BUCHANAN (1782-1853) beschreibt als eines der besten
Mittel zur Behandlung von Ohrenflüssen das Acidum
pyrolignosum. Zur Inspektion des Trommelfells setzte er bei
künstlichem Licht einen von ihm entwickelten Apparat, den
„Inspector auris“ ein. Des Weiteren empfiehlt er bei der
Inspektion des Trommelfells die Ohrmuschel nach hinten oben
zu ziehen, um das Trommelfell besser einsehen zu können
(Buchanan, 1825).
JEAN MARIE GASPARD ITARD (1775-1838) stellte mit seinem 1821
erschienen Werk „Traitè des maladies de l`oreille et de
l`audition“ das gesamte Gebiet der Ohrenheilkunde
wissenschaftlich bearbeitet dar (Sachs, 1905). Die
Erkrankungen der Ohren gliederte er zum Einem nach ihrer
Lokalisation und zum Anderen nach dem funktionellen Aspekt
„Krankheiten des Gehörs“. Die Otitis sowie den Ohrenfluss, die
Ohrenschmerzen und Fremdkörper subsummiert er unter dem
Begriff „Krankheiten, die dem inneren und äußeren Ohr
gemeinsam sind“. Die anderen Gruppen seien Erkrankungen
des äußeren Ohres und Erkrankungen des inneren Ohres.
Diesem System entsprechend verstand ITARD unter dem
Begriff Otitis sowohl die Entzündung der äußeren Anteile des
Ohres, als auch die Entzündung des Mittelohres. Diese werden
jeweils in katarrhalische und eitrige Entzündungsformen
unterschieden. Zur Diagnostik setzte er auf die subjektive
53
Intensität der Symptomatik und die Form und die Lokalisation
(Rachen und Gehörgang) des Ausflusses. Die Inspektion des
Trommelfells hatte für ihn keinen Stellenwert. Seine Therapie
war noch immer von seinen Vorgängern beeinflusst. ITARD
setzte als Mittel der Wahl Aderlässe ein, aber auch Blutegel,
Emetika oder Laxantien, Haarseile, Tonika und
Quecksilberpräparate. Zur Entfernung von Eiter aus der
Paukenhöhle nutzte er die künstliche Perforation des
Trommelfells. Nach der Perforation des Trommelfells sei
seinerseits das Einspritzen von reinigenden und auflösenden
Flüssigkeiten zu empfehlen. Die Indikation zu diesen
Spülungen stellte er besonders dann, wenn sich nach der
Parazentese keine Verbesserung des Gehörs eingestellt hatte;
diese Spülungen sollten zehn bis zwölfmal wiederholt werden.
Bei Persistenz der Beschwerden, die er als Schmerz,
Schwindel und Ohrgeräusche charakterisiert, riet er, die zur
Spülung des Ohres verwendete Spritze luftdicht in den
Gehörgang einzubringen. Die Spülflüssigkeit sollte solang in
das Ohr gepresst werden, bis sie in den Rachen abläuft. ITARD
bemerkte weiterhin, dass dieses Vorgehen zu Kopfschmerz,
Schwindel und Ohrensausen führe. Aus diesem Grund gab er
in vielen Fällen der Injektion per tubam den Vorzug. Der
Eröffnung des Warzenfortsatzes stand ITARD ablehnend
gegenüber. Er verwarf diese Therapieoption sogar im Fall der
Abszessbildung und der Karies. Seiner Empfehlung nach sei
der spontane Durchbruch der Entzündung abzuwarten (Itard,
1822).
54
ANTOINE SAISSY (1756-1822) gilt als einer der wichtigsten
Vertreter der Otologie. In seinem Buch beschrieb er die
Erkrankungen des mittleren und des inneren Ohres sehr
eingehend. Das Kapitel über die Erkrankungen des äußeren
Ohres lieferte ihm MONFALCON (Sachs, 1905). Der akute
Katarrh des inneren Ohres entspräche der Otitis media acuta
(Politzer, 1907). Dieser wurde mit Einspritzungen per tubam
behandelt, wozu laues Ätherwasser verwendet wurde. In einer
Fallbeschreibung erwähnt SAISSY, dass nach einer solchen
Injektion eine serös-schleimige Otorrhoe eingesetzt hatte. Es
finden sich bei ihm jedoch keine Überlegungen über die
Schädlichkeit solcher Injektionen bei einfachen Katarrhen des
Mittelohres. Des Weiteren nutzte er zur Behandlung des
akuten Katarrhs Diäten, Fußbäder, Klistiere, blasenziehende
Pflaster (im Nacken oder zwischen den Schulterblättern) sowie
die Vermeidung des Kontaktes mit feuchter und kalter Luft.
SAISSY beschreibt auch das Auftreten der akuten suppurativen
Otitis media in Verbindung mit Scharlach, Masern und Variola.
Diese wurde von ihm vor Einsetzen der Eiterung mit
Blutegeln, abführenden Maßnahmen und einer Punktion des
Trommelfells behandelt. Hatte die Eiterung jedoch bereits
eingesetzt, so bevorzugte er die Spülung des Ohres per
tubam. Perforationen des Trommelfells wurden von ihm
mittels des Valsalvaschen Manövers und Einspritzungen in den
Gehörgang, bei denen die Flüssigkeit in den Rachen abläuft,
diagnostiziert.
Die akute Myringitis, die von ihm beschrieben wurde,
entspricht der Symptomatik zufolge eher einer eitrigen
55
Mittelohrentzündung. Der entsprechende Trommelfellbefund
wurde von ihm nicht skizziert. Was die künstliche Eröffnung
des Warzenfortsatzes betrifft, so hielt er sie nur bei Abszessen
und Karies des Mastoids für indiziert. Die Parazentese für
unsicher haltend, wird kritisch betrachtet: Sie sei nicht
gefahrlos und ohne die von ITARD empfohlenen Injektionen
nicht wirksam (Politzer, 1907).
NICOLAS DELEAU JEUNE (1797-1862) befasste sich hauptsächlich
mit den nicht-perforierenden Erkrankungen des Mittelohres. Er
brachte die „Luftdouche“, also die Eintreibung von Luft über
die Tube in die Paukenhöhle zu allgemeiner Anwendung
(Sachs, 1905)
Diese setzte er auch bei Katarrhen des Mittelohres ein. Die
von ITARD und SAISSY empfohlenen Spülungen der Paukenhöhle
durch die Tube werden von ihm, als schädlich beurteilt,
verworfen. Eine weitere Errungenschaft ist die Auskultation
des Ohrs, mit der er der Otologie ein neues diagnostisches
Mittel lieferte. Diese setzte er unter anderem zur Diagnose
von Sekreten in der Paukenhöhle ein.
Abb. 7: Wilhelm Kramer (Politzer,1907)
56
WILHELM KRAMER (1801-1875) förderte bis 1850 mit viel
Energie die Ohrenheilkunde in Deutschland. Er versuchte, ein
neues System zum Verständnis der Ohrenleiden nach
symptomatischen Gesichtspunkte aufzubauen (Politzer, 1907).
Durch seine konsequente Opposition gegenüber pathologisch-
anatomischen Forschungen verhinderte er den weiteren
Ausbau des Fachs der Ohrenheilkunde (Schwartze, 1885).
Beeinflusst wurde er von einigen Arbeiten der französischen
Otologen ITARD, SAISSY und DELAU JEUNE (Weir, 1990).
In KRAMERS Beschreibung der akuten Entzündung des
Trommelfells finden sich Beschreibungen, die eher den Folgen
einer akuten Otitis media entsprechen. Die von WILDE
aufgestellte Behauptung, dass an einer eitrigen Entzündung
des Trommelfells Paukenhöhle und das Zellsystem des
Mastoids beteiligt sind, wird von ihm abgelehnt. Bei der
Besprechung der chronischen Entzündungen des Trommelfells
wird KRAMERS Begriff vom Zusammenhang des
Trommelfellbefundes und dem entzündlichen Geschehen in der
Paukenhöhle deutlich. Demnach sei die Entzündung der
Paukenhöhle eine mögliche, jedoch nicht notwendige Folge der
Trommelfellperforation, denn das Loch im Trommelfell
ermögliche reizenden Umwelteinflüssen auf die Schleimhaut
der Paukenhöhle einzuwirken. Otorrhoe wurde von KRAMER als
Symptom, nicht als eigenständige Krankheit gewertet und
widerspreche damit dem System ITARDS, der den Ohrenfluss
noch als eigenständige Entität betrachtete. Die Behandlung
eitriger Entzündungen des Mittelohres ist bei KRAMER auch in
Verbindung mit einem Abszess des Warzenfortsatzes eine
57
konservative Methode. Für ihn ist der Katheterismus der Tuba
Eustachii ein sehr wichtiges Instrument auf diesem Gebiet
(Kramer, 1867).
LINCKE (1804-1849) war ein Arzt, der sich nicht nur der
Auswertung der aktuellen Errungenschaften der
Ohrenheilkunde widmete, sondern auch die Erfahrungen
seiner ärztlichen Vorfahren in das allgemeine Bewusstsein
zurückzurufen versuchte. So ist es nicht verwunderlich, dass
er dem zweiten Band seines Werkes „Handbuch der
theoretischen und praktischen Ohrenheilkunde“ einen
ausführlichen historischen Abriss der Entstehung der
Ohrenheilkunde liefert (Politzer, 1907). Die das Ohr
betreffenden Entzündungen werden von ihm nach den
folgenden Aspekten eingeteilt: Er nennt „einfache“
Entzündungen, die durch ein lokales Geschehen ausgelöst
werden und „gemischte“ Entzündungen, die im Rahmen einer
allgemeinen Erkrankung des Körpers in Erscheinung treten.
Diese beiden Formen der Entzündung können entweder akut
oder chronisch verlaufen. Die Otitis interna, die der Otitis
media entspräche, wird von ihm in eine primäre und in eine
sekundäre Form unterschieden. Die sekundäre Form versteht
er als eine „Otorrhoea cerebralis“. Er hält damit die Theorie
von vom Gehirn ausgehenden sekundären Affektionen der
Ohren aufrecht. LINCKE gibt aber zu, dass die Fälle, in denen
die Otitis dem Hirnleiden vorausgeht, häufiger sind, als
solche, in denen die Otitis einer Affektion des Gehirns folgt.
58
Entsprechend der oben genannten Einteilung kann die Otitis
interna akut oder chronisch in Erscheinung treten. Die
Möglichkeit des Übergangs der akuten Entzündung in eine
chronische wird ebenfalls von ihm genannt. Des Weiteren
unterteilt er in eine purulente und eine katarrhalische
Entzündungsform. Die katarrhalische Entzündung geht ihm
zufolge mit einer serös-schleimigen Sekretion einher. Die
purulente Form sei selten und trete z. B. im Rahmen einer
Lues auf. Therapeutisch setzte er bei der Otitis interna sowohl
lokale als auch allgemeine Maßnahmen ein. Sein Mittel der
Wahl ist der Aderlass. Die Wirkung von Blutegeln, die im
Bereich der Schläfe oder hinter dem Ohr angesetzt werden,
hält er für nur kurzfristig wirksam. Injektionen seien eine
weitere Möglichkeit. Dort kommen Opium in einem
Malvendecoct und Bilsenkrautöl zu Beginn der Entzündung und
warme Milch und Alttheedecoct (Althee =malvenähnliche
Heilpflanze) bei hinzu kommender Otorrhoe zum Einsatz. Der
Anwendung von reizenden Arzneien wie der
Brechweinsteinsalbe in der Nähe der Ohren stand er
ablehnend gegenüber. Diese Mittel sollten in weiterer
Entfernung an Waden, Oberarmen und im Nacken zum Einsatz
kommen. Ähnliches gilt für Blasenpflaster. Er verwarf das
VALSALVAsche Manöver zur Eiterentleerung aus der
Paukenhöhle über den äußeren Gehörgang als auch die
Inspiration bei geschlossener Nase und geschlossenem Mund
zur Eiterentfernung über die Tube. Zur Sekretentleerung
empfahl er die Parazentese, die er als leicht und einfach
bewertete. Sie sollte vor der spontanen Ruptur des
Trommelfells zum Einsatz kommen und auch das Fortschreiten
der Entzündung in den Warzenfortsatz verhindern. Bei
Verstopfung der Tuba Eustachii durch das eitrige Sekret
wandte er Gurgelwä
Perforation des Mastoids betrifft, so hielt
Karies und eitriger Entzündung des Warzenfortsatze
indiziert (Lincke, 1836,
Abb. 8: W. R. Wilde
H. Maguire
WILLIAM ROBERT
in Dublin und Vater
TOYNBEE, als die herausragende Persönlichkeit der englischen
Otologie betrachtet werden. Durch seine sehr genauen
Schilderungen von Trommelfellbildern konnte er zu dem
Schluss kommen, dass die vielen Ohrenleiden ihren Ursprung
in der Paukenhöhle haben
die Ohren bei direkter Lichteinstrahlung mit einem
ungespaltenen Trichter.
der Entzündung in den Warzenfortsatz verhindern. Bei
Verstopfung der Tuba Eustachii durch das eitrige Sekret
wandte er Gurgelwässer und warme Inhalationen an. Was die
Perforation des Mastoids betrifft, so hielt LINCKE
Karies und eitriger Entzündung des Warzenfortsatze
(Lincke, 1836, 1845).
W. R. Wilde im Jahr 1847 nach einer Zeichnung von J.
H. Maguire (Holland, 1998)
OBERT WILDE (1815-1876) war Augen- und Ohrenarzt
in Dublin und Vater Oscar Wildes. Er kann zusammen mit
, als die herausragende Persönlichkeit der englischen
Otologie betrachtet werden. Durch seine sehr genauen
Schilderungen von Trommelfellbildern konnte er zu dem
Schluss kommen, dass die vielen Ohrenleiden ihren Ursprung
in der Paukenhöhle haben (Sachs, 1905). WILDE
die Ohren bei direkter Lichteinstrahlung mit einem
ungespaltenen Trichter.
59
der Entzündung in den Warzenfortsatz verhindern. Bei
Verstopfung der Tuba Eustachii durch das eitrige Sekret
sser und warme Inhalationen an. Was die
INCKE sie nur bei
Karies und eitriger Entzündung des Warzenfortsatzes für
im Jahr 1847 nach einer Zeichnung von J.
und Ohrenarzt
. Er kann zusammen mit
, als die herausragende Persönlichkeit der englischen
Otologie betrachtet werden. Durch seine sehr genauen
Schilderungen von Trommelfellbildern konnte er zu dem
Schluss kommen, dass die vielen Ohrenleiden ihren Ursprung
ILDE untersuchte
die Ohren bei direkter Lichteinstrahlung mit einem
Abb. 9: Ungespaltener
1862)
Er ist der erste, der bei bestehender Perforation im Rahmen
einer akuten Otitis media einen pulsierenden Lichtreflex
beschreibt. Der Beurteilung des Trommelfellbefundes maß er
eine sehr große Bedeutung zu.
beurteilte er als
ausführbar sei. Ähnlich ablehnend stand er der Injektion und
der Einleitungen von Dämpfen in die Tube gegenüber.
Therapeutisch nutzt
der Regel 20 Stück), denen er eine große Bedeutung zur
Schmerzlinderung beimaß. Ebenfalls legte er ein besonderes
Gewicht auf die interne Anwendung von Quecksilber
(Kalomel).
Abb. 10: Applikationshilfe aus Glas für Blutegel nach
(Wilde, 1855)
altener Ohrentrichter nach WILDE
Er ist der erste, der bei bestehender Perforation im Rahmen
einer akuten Otitis media einen pulsierenden Lichtreflex
beschreibt. Der Beurteilung des Trommelfellbefundes maß er
eine sehr große Bedeutung zu. Den Katheterismus der Tube
als schädlich, solang der VALSALVA
. Ähnlich ablehnend stand er der Injektion und
der Einleitungen von Dämpfen in die Tube gegenüber.
Therapeutisch nutzte er bei einer akuten Otitis Blutege
der Regel 20 Stück), denen er eine große Bedeutung zur
Schmerzlinderung beimaß. Ebenfalls legte er ein besonderes
Gewicht auf die interne Anwendung von Quecksilber
Applikationshilfe aus Glas für Blutegel nach
(Wilde, 1855)
60
ILDE (Tröltsch,
Er ist der erste, der bei bestehender Perforation im Rahmen
einer akuten Otitis media einen pulsierenden Lichtreflex
beschreibt. Der Beurteilung des Trommelfellbefundes maß er
Den Katheterismus der Tube
ALSALVAsche Versuch
. Ähnlich ablehnend stand er der Injektion und
der Einleitungen von Dämpfen in die Tube gegenüber.
er bei einer akuten Otitis Blutegel (in
der Regel 20 Stück), denen er eine große Bedeutung zur
Schmerzlinderung beimaß. Ebenfalls legte er ein besonderes
Gewicht auf die interne Anwendung von Quecksilber-Chlorid
Applikationshilfe aus Glas für Blutegel nach WILDE
61
WILDE unterschied drei Wege in denen die akute Otitis media
enden kann: Der erste ist die Ausheilung der Entzündung, der
zweite die Perforation des Trommelfells, wobei eine
anhaltende Otorrhoe für ihn auf eine Beteiligung des
Zellsystems des Warzenfortsatzes hindeutet. Der dritte Weg
entspricht dem Übergriff der Entzündung auf die Meningen,
die intrakraniellen Blutleiter und das Periost des Mastoids. Mit
Nachdruck möchte er in allen Fällen, in denen eine
schmerzhafte Schwellung hinter dem Ohr oder ein Abszess des
Warzenfortsatzes besteht, die nach ihm benannte Inzision
durchgeführt wissen. Dieser WILDEsche Schnitt soll die
Hautschichten bis auf den Knochen durchtrennen. Die
Eröffnung des Warzenfortsatzes wurde von ihm als
therapeutisches Mittel verworfen (Wilde, 1855).
Joseph TOYNBEE (1815-1866) war derjenige, der die
Ohrenheilkunde auf das Fundament eines pathologisch-
anatomischen Systems stellte. Dieses konnte er durch
annähernd 2000 Sektionen von Schläfenbeinen, die er
durchführte, entwickeln (Roggenkamp, 1972). Er ist somit als
Begründer der pathologischen Anatomie des Ohres zu
betrachten. Er stellte als erster in systematischer und
ausgedehnter Weise die pathologischen Veränderungen der
Paukenhöhle bzw. des Mittelohres dar (Schwartze, 1878).
Zur Überprüfung er Tubenfunktion schlug TOYNBEE sein
„Otoskop“ vor. Dies war ein Hörschlauch, der das Ohr des
Arztes mit dem des Patienten verband. Wurde nun Luft in
irgendeiner Form in die Tube eingebracht, so hoffte er dieses
Geräusch mit
seiner Zeit weitverbreitete Katheterismus der Tube wur
ihm in den meisten Fällen als überflüssig bewertet.
Abb. 11: Darstellung
TOYNBEE
(Toynbee, 1863)
TOYNBEE veröffentlichte in der
in der Zeit von 1841 bis 1855 sechs Berichte
seine pathologischen Befunde zusammenstellte. Im zweiten
dieser Berichte versucht
nach pathologisch
in der er drei Stadien unterschied
des Trommelfells bis zum Übergreifen der Entzündung auf
Nachbarorgane reicht
seinem Instrument wahrzunehmen. D
seiner Zeit weitverbreitete Katheterismus der Tube wur
in den meisten Fällen als überflüssig bewertet.
Darstellung der Durchführung des Versuchs nach
OYNBEE mit einem Katheter für die Tuba auditiva
(Toynbee, 1863)
veröffentlichte in der „Medico-Chirurgical
in der Zeit von 1841 bis 1855 sechs Berichte
seine pathologischen Befunde zusammenstellte. Im zweiten
dieser Berichte versuchte er, eine Einteilung der Otitis media
nach pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten zu schaffen,
er er drei Stadien unterschied, die von der Suppuration
des Trommelfells bis zum Übergreifen der Entzündung auf
Nachbarorgane reichten. Die Therapie der Mastoiditis war bei
62
seinem Instrument wahrzunehmen. Der zu
seiner Zeit weitverbreitete Katheterismus der Tube wurde von
in den meisten Fällen als überflüssig bewertet.
der Durchführung des Versuchs nach
Katheter für die Tuba auditiva
Chirurgical-Transaction“
in der Zeit von 1841 bis 1855 sechs Berichte, in denen er
seine pathologischen Befunde zusammenstellte. Im zweiten
eine Einteilung der Otitis media
tomischen Gesichtspunkten zu schaffen,
, die von der Suppuration
des Trommelfells bis zum Übergreifen der Entzündung auf
. Die Therapie der Mastoiditis war bei
63
TOYNBEE von konservativem Charakter. Er hatte niemals einen
Warzenfortsatz eröffnet, schlug aber bei Vereiterungen des
Zellsystems vor, diesen anzubohren (Toynbee, 1863).
ANTON VON TRÖLTSCH (1829-1890) gilt als der Begründer der
wissenschaftlichen Ohrenheilkunde in Deutschland. VON
TRÖLTSCH versuchte als erster auf anatomischer Basis
nachzuweisen, dass die Otitis media im frühen Kindesalter
eine sehr häufige Erkrankung sei und war bestrebt seine
Zeitgenossen auf diesen Sachverhalt hinzuweisen, damit diese
Erkrankung nicht so häufig in ihrem Anfangsstadium
übersehen werde. Damit folgte er älteren Pädiatern wie
SCHWARZ, MEISSNER und HELFFT, die dies auf der Ebene der
klinischen Betrachtung nachzuweisen versucht hatten. Seinem
Erfolg war und ist ebenso die verbesserte Untersuchung des
Trommelfells zuzuschreiben. Er schlug 1860 einen perforierten
Hohlspiegel zur indirekten Beleuchtung des Gehörgangs und
des Trommelfells vor (Feldmann, 2003). Diesen konzipierte er
als einen Handspiegel, der in der einen Hand gehalten wurde,
während mit der anderen Hand der Untersuchungstrichter
geführt werden sollte (Tröltsch, 1862).
64
Abb. 12: Ohrenspiegel nach VON TRÖLTSCH (Feldmann, 2003)
Die Entzündungen des Mittelohres werden von ihm allgemein
als „Katarrhe“ bezeichnet. Diese unterteilt er in einfache und
eitrige Katarrhe, die jeweils akut oder chronisch verlaufen
können. Für den eitrigen Katarrh setzt er in der ersten Auflage
seines Buches „Die Krankheiten des Ohres ihre Erkenntnis und
Behandlung“ das Synonym Otitis interna, in der vierten
Auflage das Synonym Otitis media ein. Die beiden Formen
einfacher und eitriger Katarrh sind nach seiner Überzeugung
nicht eindeutig voneinander zu trennen, es sind vielmehr
„Entzündungsstufen“, neben denen unterschiedliche
Mischformen und Übergänge vorkommen. Ihm zufolge führt
die Steigerung katarrhalischer Prozesse zu einer freien
Zellbildung und damit zu Eiterbildung auf der entzündeten
Schleimhaut.
Seine Therapie der Mittelohrentzündung folgte einem
antiphlogistischen Regime. In erster Linie rät er zum Einsatz
von Blutegeln, die rund um das Ohr angesetzt werden sollten.
Sie sollten zum E
Anderen die begleitenden
Abb. 13: Orte im Bereich des Ohres, an denen Blutegel
platziert werden sollte
Ein weiteres Mittel zur Schmerzbekämpfung, das
einsetzte, ist das Einfüllen warmen Wassers in den äußeren
Gehörgang. Bei eine
media mit einer Entz
Scharlach und Masern
die Entzündung des Rachens sorgfältig behandelt werden.
Dazu schlägt er kalte Umschläge des Halses, Gurge
Lutschen von Eisstückchen, das Trinken von Eiswasser und zur
Entfernung von Sekreten aus dem Nasenrachen,
Wassereinspritzungen durch die Nase vor. Ferner rät er den
frühzeitigen Einsatz des
Eröffnung der Tube und damit
die Tube. Dieses wurde von
Sie sollten zum Einem die Entzündung abschwächen und zum
nderen die begleitenden Schmerzen lindern.
Orte im Bereich des Ohres, an denen Blutegel
platziert werden sollten (Jakobson und Blau,
Ein weiteres Mittel zur Schmerzbekämpfung, das
einsetzte, ist das Einfüllen warmen Wassers in den äußeren
hörgang. Bei einem gemeinsamen Auftreten der Otitis
media mit einer Entzündung des Rachens, was
Scharlach und Masern-Erkrankungen der Fall sei, sollte auch
die Entzündung des Rachens sorgfältig behandelt werden.
Dazu schlägt er kalte Umschläge des Halses, Gurge
Lutschen von Eisstückchen, das Trinken von Eiswasser und zur
Entfernung von Sekreten aus dem Nasenrachen,
Wassereinspritzungen durch die Nase vor. Ferner rät er den
frühzeitigen Einsatz des POLITZERschen Verfahrens zur
Eröffnung der Tube und damit zur Entfernung des Eiters durch
die Tube. Dieses wurde von POLITZER 1863 veröffentlicht.
65
Entzündung abschwächen und zum
Orte im Bereich des Ohres, an denen Blutegel
Blau, 1902)
Ein weiteres Mittel zur Schmerzbekämpfung, das VON TRÖLTSCH
einsetzte, ist das Einfüllen warmen Wassers in den äußeren
uftreten der Otitis
ündung des Rachens, was gehäuft bei
Erkrankungen der Fall sei, sollte auch
die Entzündung des Rachens sorgfältig behandelt werden.
Dazu schlägt er kalte Umschläge des Halses, Gurgeln, das
Lutschen von Eisstückchen, das Trinken von Eiswasser und zur
Entfernung von Sekreten aus dem Nasenrachen,
Wassereinspritzungen durch die Nase vor. Ferner rät er den
schen Verfahrens zur
zur Entfernung des Eiters durch
1863 veröffentlicht.
Abb. 14: POLITZER
(Politzer, 1901)
Bei weit fortgeschrittenen Formen des eitrigen Katarrhs, bei
denen sich eine Perforation des
er als ein erwünschtes E
Umschläge den Perforationsvorgang beschleunigen, wobei
diese bei eingetretener Perforation nicht mehr angewandt
werden sollten. Noch besser sei die Parazentese. Dies
entweder an einer vom Eiter vorgewölbten Stelle des
Trommelfells oder, wenn diese nicht vorhanden ist, im
hinteren unteren Quadranten durch
eingetretener Perforation oder nach der Parazentese sollte der
Eiter von innen nach auße
werden. Dazu postulierte er den Einsatz des
Manövers, das P
der Tube. In den Fällen, in denen der
nicht möglich ist, sollte eine forcierte Eins
schwachen Salzlösung nach Gruber zum Einsatz kommen.
Eiteransammlung im Felsenbein und besonders im
OLITZERsches Verfahren zur Eröffnung der Tube
(Politzer, 1901)
fortgeschrittenen Formen des eitrigen Katarrhs, bei
denen sich eine Perforation des Trommelfells andeutet und die
er als ein erwünschtes Ereignis ansieht, sollten feucht
Umschläge den Perforationsvorgang beschleunigen, wobei
diese bei eingetretener Perforation nicht mehr angewandt
en. Noch besser sei die Parazentese. Dies
entweder an einer vom Eiter vorgewölbten Stelle des
Trommelfells oder, wenn diese nicht vorhanden ist, im
nteren unteren Quadranten durchgeführt werden. Bei
eingetretener Perforation oder nach der Parazentese sollte der
Eiter von innen nach außen und nicht umgekehrte entfernt
werden. Dazu postulierte er den Einsatz des
POLITZERsche Verfahren oder den
der Tube. In den Fällen, in denen der Katheterismus
nicht möglich ist, sollte eine forcierte Einspritzung mit einer
schwachen Salzlösung nach Gruber zum Einsatz kommen.
Eiteransammlung im Felsenbein und besonders im
66
zur Eröffnung der Tube
fortgeschrittenen Formen des eitrigen Katarrhs, bei
Trommelfells andeutet und die
reignis ansieht, sollten feuchtwarme
Umschläge den Perforationsvorgang beschleunigen, wobei
diese bei eingetretener Perforation nicht mehr angewandt
en. Noch besser sei die Parazentese. Diese sollte
entweder an einer vom Eiter vorgewölbten Stelle des
Trommelfells oder, wenn diese nicht vorhanden ist, im
geführt werden. Bei
eingetretener Perforation oder nach der Parazentese sollte der
n und nicht umgekehrte entfernt
werden. Dazu postulierte er den Einsatz des VALSALVAschen
sche Verfahren oder den Katheterismus
Katheterismus der Tube
pritzung mit einer
schwachen Salzlösung nach Gruber zum Einsatz kommen. Bei
Eiteransammlung im Felsenbein und besonders im
67
Warzenfortsatz trat er für die Anbohrung des
Warzenfortsatzes ein. In wenige Fällen sei laut VON TRÖLTSCH
das abwartende Vorgehen angezeigt und der spontane
Eiterdurchbruch am Mastoid durch Kataplasmen zu
beschleunigen. Sicherer sei aber die Anbohrung des Knochens
(Tröltsch, 1868; 1869).
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet sich eine
unüberschaubare Anzahl von Veröffentlichungen zur Otitis
media, ihrer Ätiologie, ihrer Diagnostik, ihrer Therapie und
ihrer Komplikationen.
Wie bereits oben erwähnt bahnte WILDE die Verwertung des
Trommelfellbefundes bei der Otitis media bzw. bei allen
anderen Erkrankungen der Ohren an. Dies wurde von POLITZER
perfektioniert. Er schmückte seine Lehrbücher mit einer
Vielzahl detaillierter Zeichnungen von Trommelfellbefunden
(Politzer, 1901).
Abb. 15: Beispiele POLITZERS zu Trommelfellbefunden
bei Otitis media (Politzer, 1901)
68
Die sich entwickelnde Bakteriologie konnte zum korrekten
Verständnis der Pathologie der Otitis media führen. Es war
LÖWENBERG, der als erster Mikrokokken im Eiter nicht
behandelter Otorrhoen nachweisen konnte und KESSEL, FRÄNKEL
und SIMMONDS waren die ersten, die aus dem Sekret von Otitis
Patienten Bakterien anzüchteten. Den endgültigen Nachweis
für den bakteriellen Ursprung der Otitis media lieferten jedoch
ZAUFAL, NETTER und WECHSELBAUM. Durch die Entdeckung der
bakteriellen Natur der Otitis media und den Wandel in dem
Verständnis der Wundheilung, angeregt durch LISTER (1867),
bedurfte es der Einführung einer antiseptischen Behandlung.
Erste Versuche machten VON TRÖLTSCH mit Karbolsäure und
Kaliumpermanganat und BEZOLD mit Salizylsäure und Thymol.
Diesen Anfängen folgte die Einführung der Borsäure in die
Behandlung der Otitis media (Kayser, 1906; Politzer, 1913).
Sie wurde von LISTER vorgeschlagen und von BEZOLD
letztendlich in den klinischen Alltag des Otologen eingeführt
(Bezold, 1880). Die Behandlung mit Borsäure wurde in Folge
dessen von vielen Ohrenärzten übernommen, zu denen
POLITZER und ROHRER zählten. Es gab jedoch ebenso Ärzte,
welche die lokale Anwendung pulverförmiger Arzneimittel bei
akuten eitrigen Entzündungen des Mittelohrs kritisch
betrachteten und sich dabei auf SCHWARTZE stützten
(Eulenburg, 1897). Mit ebenfalls großem Erfolg wurde das von
BOERNE und BETTMANN vorgeschlagene Wasserstoffsuperoxid
zur antiseptischen Behandlung eingesetzt. POLITZER empfiehlt
in seinem Lehrbuch eine Mischung aus Wasserstoffperoxid und
Borsäure zum Einbringen in den Gehörgang (Politzer, 1901).
69
Auch die trockene Behandlung die von HAUG und HESS etabliert
wurde, führte in vielen Fällen zum Therapieerfolg. Nach der
Parazentese wurde das eitrige Sekret mit steriler
Jodoformgaze aus dem Gehörgang entfernt und dann ein
Jodoformgazestreifen mit der Kniepinzette in den Gehörgang
eingelegt. Abschließend wurde ein Watteverband auf das Ohr
gelegt und 24 Stunden dort belassen. Der in aller Regel
durchfeuchtete Verband wurde dann wieder und wieder
erneuert, bis die Heilung eingetreten ist (Kayser, 1905).
Als operative Therapieoptionen der Otitis media und der
Mastoiditis etablierten sich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts die Parazentese und die künstliche Eröffnung des
Warzenfortsatzes, die in dieser Zeit ihre wissenschaftliche
Grundlage erhalten haben. Die Entwicklung dieser Methoden
wird in jeweils einem eigenen Kapitel wiedergegeben.
2.3.5 20. Jahrhundert
2.3.5.1 Stauungshyperämie nach Bier
Anfang des 20. Jahrhundert versuchte AUGUST KARL GUSTAV BIER
(1861-1949) die Stauungshyperämie als neue therapeutische
Methode auch in der Ohrenheilkunde zu etablieren. Bei diesem
Verfahren sollte eine Kopfstauung durchgeführt werden und
damit eine Heilung entzündlicher Prozesse im Bereich des
Felsenbeins namentlich Otitis media und Mastoiditis zur
Ausheilung gebracht werden.
Bei dieser Methode wurde dem Patienten ein ca. zwei
Zentimeter breites Gummistrumpfband, welches mit
70
Cambricbinde gefüttert sein sollte, um den Hals gelegt. Der
korrekte Grad der Stauung ist nach BIER dann erreicht, wenn
das Gesicht des Patienten geschwollen oder gedunsen
aussieht. Diese Stauung sollte dann für ca. 18 bis 22 Stunden
angewendet werden.
In Kombination dazu sollte bei Eiteransammlungen in der
Paukenhöhle eine Parazentese durchgeführt werden, solang
noch keine Perforation bestünde. Kam es vor der Therapie zu
einer spontanen Perforation, konnte die Parazentese entfallen
oder die Perforationsöffnung wurde, falls sie zu klein war,
vergrößert. Bei bestehender Mastoiditis mit Indikation zur
Aufmeißelung wurden in der Regel nur kleine Hautschnitte zur
Entlastung etwaig subperiostaler Abszesse eingesetzt (Bier,
1905).
Während die Berichte aus der BIERschen Klinik positiv waren,
konnten sie von anderen Ohrenärzten aus den Kliniken
SCHWARTZEs, POLITZERS und Heines u.a. nicht bestätigt werden.
KÖRNER wies sogar darauf hin, dass es durch dieses Verfahren
zur Verschleierung von Krankheitsprozessen in der Tiefe des
Felsenbeins kommen könne, da sie im Fistelstadium einer
Mastoiditis zu einer Heilung der Haut, aber nicht zur Heilung
des Abszesses im Warzenfortsatz führe (Fleischmann, 1906 /
Heine, 1906).
71
FERNER URTEILT KÖRNER:
„Bier hat seine Stauungs Methode auch auf diesem
Gebiete versucht (akute Einschmelzungsprozesse
im Warzenfortsatz), jedoch stets in Verbindung mit
operativen Eingriffen.[...] Ein Teil der von
Nichtsachverständigen auf diese Weise erzielten
„Erfolge“ beruht auf einer falschen Diagnose, indem
die initiale Periostschwellung bei einer akuten Otitis
vor dem Durchbruche des Eiters durch das
Trommelfell schon für ein Zeichen der
Knochenerkrankung gehalten wurde.“ (Körner,
1922)
Bezüglich der Kombination der Stauung mit einer Parazentese
findet KÖRNER a.a.O. keine besseren Resultate, als bei dem
herkömmlichen Vorgehen. Er spricht ihr aber eine
schmerzlindernde Eigenschaft zu.
2.3.5.2 Wittmaacksche Pneumatisationslehre
WITTMAACK lieferte mit seinen Studien wichtige und neue
Erkenntnisse über die Pathologie und Genese der Otitis media
(Steurer, 1944; Fleischer, 1966). In seiner Arbeit „Über die
Normale und die pathologische Pneumatisation des
Felsenbeins“ weist er darauf hin, dass es einen maßgeblichen
Einfluss von erworbenen Veränderungen im Aufbau des
Warzenfortsatzes und der Schleimhaut des Mittelohres auf den
Verlauf einer Otitis media gibt. Ihm zufolge wird der reguläre
Vorgang der Pneumatisation durch das Einwirken
72
entzündlicher Reize auf das sich in Rückbildung befindliche
myxomatöse Füllgewebe im Säuglingsalter gestört, wobei es
sich nicht um schwere, bakterielle Entzündungen handelt,
sondern vielmehr um latente Entzündungen (latente
Säuglingsotitis), die häufig klinisch inapparent verlaufen.
Durch die latente Entzündung bildet sich das myxomatöse
Füllgewebe nicht zurück. An die Stelle der regulären mukös-
periostalen Auskleidung der Paukenhöhle tritt eine mehr oder
weniger dicke, das gesamte Leben bestehende hyperplastische
Schleimhaut. In dieser Situation kommt es zwar nach
WITTMAACK zu einer bindegewebigen Umwandlung des bisher
spongiösen Warzenfortsatzes, die hyperplastische Schleimhaut
verhindert aber das Einsinken des Epithels in die Markräume
des Warzenfortsatzes und damit die Ausbildung der
pneumatischen Zellen. Auf diese Weise entsteht durch
sekundäre Verknöcherung ein kompakter Warzenfortsatz.
Aber auch akute, manifeste, bakterielle Entzündungen vor
oder während der Entwicklung des pneumatischen Systems
können laut WITTMAACK zur Störung des
Pneumatisationsvorgangs führen, in dem sie zu einer fibrös-
narbigen Umwandlung des submukösen Bindegewebes führen.
Dabei unterscheidet er als Endprodukt eine rein fibröse oder
eine fibrös-hyperplastische Schleimhaut. Dies sei davon
abhängig, ob der manifeste Infekt eine normale
Mittelohrschleimhaut trifft, oder ob eine bereits durch latente
Entzündungen hyperplastisch umgewandelte Schleimhaut
vorliegt (Wittmaack, 1918).
73
Aus den Ergebnissen WITTMAACKs, die die enge Verzahnung der
Pneumatisation des Felsenbeins mit der Schleimhaut des
Mittelohrs aufzeigen, konnten im Folgenden wichtige klinische
Schlussfolgerungen zum Verlauf von Mittelohrentzündungen
gezogen werden (Steurer, 1944).
Ein weiterer großer Fortschritt für die Diagnostik und Therapie
entzündlicher Prozesse war die Einführung radiologisch
bildgebender Verfahren. WILHELM KONRAD RÖNTGEN
veröffentliche 1895 seine „besondere Art von Strahlen“ und
leitete damit den Siegeszug der Radiographie in der Medizin
ein. Die ersten publizierten Ergebnisse zu radiologischen
Untersuchungen von Ohren Lebender im Jahr 1904 zeigten,
dass diese mit erheblichen Nebenwirkungen einher gingen.
Die Patienten sollten z. B. über Haarausfall aufgeklärt werden.
Auch Verbrennungen im Bereich der Ohren waren nicht
auszuschließen. Ein weiteres Problem ergab sich dadurch,
dass bei den angewendeten Aufnahmetechniken, sich beide
Schläfenbeine übereinander projizierten und damit eine
Beurteilung der einzelnen Strukturen erschwerten. 1905
veröffentlichte ARTHUR SCHÜLLER seine Aufnahmetechnik für das
Felsenbein. Die Überlagerung der beiden Felsenbeine umging
er, in dem er den Strahlengang von schräg oben auf den
Gehörgang der zu untersuchenden Seite ausrichtete. Damit
lieferte SCHÜLLER ein diagnostisches Werkzeug, das noch in
unserer Zeit zum Einsatz kommt (Matschke, 1996). Ihm
folgten SONNENKALB 1913 und LAW 1913, die ebenfalls eine
seitlich schräge Projektion vorschlugen (Weir, 1990).
Abb. 16: Strahlengang nach
Der wohl wichtigste Schritt im 20. Jahrhundert war die
Einführung der Antibiotika in den therapeutischen Kanon der
Otitis media acuta.
128 Fälle der Felsenbeinsammlung der Charité aus. Die
einzelnen Fälle stammten aus dem Zeitraum zwischen 1924
und 1941. Er stellte fest, dass 84 Verstorbene den Folgen
einer akuten Otitis media erlagen. Statistisch betrachtet
verstarb 1924 alle vierzehn Tage ein Patient an den Folgen
einer Otitis. Jedoch konnte ab
des 20. Jahrhunderts ein Rückgang der Häufigkeit der
entzündlichen Erkrankungen des Mittelohres und deren
Strahlengang nach SCHÜLLER (Boenninghaus, 1996
Der wohl wichtigste Schritt im 20. Jahrhundert war die
Einführung der Antibiotika in den therapeutischen Kanon der
Otitis media acuta. BERGMANN wertete in einer Studie von 1995
128 Fälle der Felsenbeinsammlung der Charité aus. Die
lnen Fälle stammten aus dem Zeitraum zwischen 1924
und 1941. Er stellte fest, dass 84 Verstorbene den Folgen
einer akuten Otitis media erlagen. Statistisch betrachtet
verstarb 1924 alle vierzehn Tage ein Patient an den Folgen
Otitis. Jedoch konnte ab dem Ende der dreißiger Jahre
des 20. Jahrhunderts ein Rückgang der Häufigkeit der
entzündlichen Erkrankungen des Mittelohres und deren
74
Boenninghaus, 1996)
Der wohl wichtigste Schritt im 20. Jahrhundert war die
Einführung der Antibiotika in den therapeutischen Kanon der
wertete in einer Studie von 1995
128 Fälle der Felsenbeinsammlung der Charité aus. Die
lnen Fälle stammten aus dem Zeitraum zwischen 1924
und 1941. Er stellte fest, dass 84 Verstorbene den Folgen
einer akuten Otitis media erlagen. Statistisch betrachtet
verstarb 1924 alle vierzehn Tage ein Patient an den Folgen
dem Ende der dreißiger Jahre
des 20. Jahrhunderts ein Rückgang der Häufigkeit der
entzündlichen Erkrankungen des Mittelohres und deren
75
Komplikationen vor allem des otogenen Hirnabszesses
verzeichnet werden. Dies korreliert mit dem Einsatz der
Sulfonamide und Antibiotika, aber auch mit dem Einsatz des
Operationsmikroskops (Bergmann, 1995).
Die Sulfonamide standen ab der zweiten Hälfte der dreißiger
Jahre der Medizin zur Verfügung. 1934/35 konnte GERHARD
DOMAGK (1895-1964) den Nachweis erbringen, dass das von
ihm und seinen Mitarbeitern entwickelte Prontosil gegen
Streptokokken wirkte, und begründete damit die
Sulfonamidbehandlung bakterieller Infektionskrankheiten
(Goerke, 1998). Das Penicillin erweiterte ab der ersten Hälfte
der vierten Dekade des 20. Jahrhunderts den Kanon
antibakterieller Pharmaka.
Jedoch wurde der Einsatz dieser Substanzen nicht unkritisch
betrachtet. Man erkannte die guten Erfolge, die mit den
Sulfonamiden in der Therapie der akuten Otitis media erzielt
wurden. Man hielt es aber für angebracht, dass diese
Medikamente gegen die akuten Entzündungen des Mittelohres
nur von Fachärzten eingesetzt werden sollten. Von einer
allgemeinen Anwendung der antibiotischen Therapie durch
praktische Ärzte sollte Abstand genommen werden. Die
schlagartige Änderung des Krankheitsbildes durch den Einsatz
von Sulfonamiden wurde von LÜSCHER sogar als Verschleierung
der Krankheit bewertet. Eine Beurteilung des tatsächlichen
Krankheitsverlaufs wurde demnach deutlich erschwert
(Steurer, 1944). Aber auch der Einsatz der antibiotischen
Therapie war und ist nicht frei von Nebenwirkungen und
76
Komplikationen. Zu ihnen zählen z. B. die Entstehung
resistenter Bakterienstämme und Superinfektionen mit Pilzen.
Die inadäquate initiale Therapie einer Otitis media acuta mit
Antibiotika brachte das Krankheitsbild der maskierten
Mastoiditis mit sich. Mit der Gruppe der Aminoglycoside
standen zwar potente Medikamente im Kampf gegen
Infektionskrankheiten zur Verfügung, erwiesen sich aber auch
unter verschiedenen Bedingungen als ototoxisch (Weir, 1990).
Mit der Entdeckung der Penicilline konnte ebenfalls ein neues
Kapitel in der Therapie der akuten Otitis media eröffnet
werden. So berichteten Swanson und Baker 1944 von guten
Therapieerfolgen bei Patienten jeden Alters. Ein ausschließlich
topischer Einsatz wurde als nicht ausreichend erachtet.
Im Falle der akuten Mastoiditis berichteten mehrere Autoren
von einem günstigen Einfluss einer Kombination von
chirurgischer Sanierung des Mastoids und einer lokalen
Penicillin-Anwendung. Swanson und Baker veröffentlichten
Therapieerfolge in 22 Fällen, Johnson und Weinstein 23
ähnlichen Fällen, in denen die Kombinationstherapie zum
Einsatz kam (Killian, 1948).
77
2.4 Entwicklung der operativen
Therapiemethoden
2.4.1 Entwicklung der Parazentese
Wie die Eröffnung des Warzenfortsatzes, so finden sich auch
erste Überlegungen über die künstliche Perforation des
Trommelfells bei RIOLAN DEM JÜNGEREN. Wie oben bereits
erwähnt beschrieb er 1648 einen Fall, bei dem er eine
Hörverbesserung erzielte. Diese entstand eher zufällig durch
eine Zerreißung des Trommelfells. Mit einem zu tief in den
Gehörgang eingeschobenen Ohrenlöffel zerstörte er das
Trommelfell und die Ossicula. Er indizierte diese Operation bei
auf Bildungsfehlern beruhender Taubheit, führte sie aber
selbst nicht durch.
WILLIS stellt in seinem Werk „De anima brutorum“
Überlegungen und Experimente zur Funktion des Trommelfells
an. Dabei perforiert er die Trommelfelle von Hunden. Mit
ähnlichen Verfahren versuchte VALSALVA die Vorgehensweise
WILLIS` zu überprüfen. Von den Versuchen VALSALVAS, WILLIS
und anderen Anatomen und Physiologen beeinflusst, war es
CHESELDEN (1688-1793), der dieses Experiment an Menschen
überprüfen wollte. Ein Straftäter sollte sich unter Aussicht auf
seine Begnadigung der künstlichen Perforation des
Trommelfells unterziehen. Dieses Experiment fand aber nicht
statt, weil der Patient an einem Fieber erkrankte und es unter
der Bevölkerung auf Unwillen stieß. CHESELDEN hielt die
Parazentese aber weiterhin auf der Basis eines theoretischen
Gerüsts dann für notwendig, wenn das Trommelfell durch
78
Affektion nicht in der Lage sei, den Schall fort zu leiten
(Cheselden, 1790).
1748 wurde von DIENERT und BUSSON der Schnitt in das
Trommelfell bei Eiteransammlung in der Paukenhöhle zur
Entfernung des Eiters empfohlen. Damit lieferten sie eine
nützliche Methode zur Behandlung der Otitis media acuta. In
einem an HALLER gerichteten Brief seines ältesten Sohns wird
von einem gewissen in Paris praktizierenden ELI gesprochen,
der diese Operation wirklich und mit Erfolg zur Heilung von
Taubheit ausgeführt haben sollte (Lincke, 1845). Weitere
Experimente und Überlegungen wurden von DEGRAVES, PORTAL,
SABATIER und MONTEGGIO unternommen (Politzer, 1907).
In den Jahren 1797 und 1799 war es HILMY, ein Augenarzt aus
Göttingen, der die Durchführung der Trommelfellperforation in
seinen Vorträgen über Erkrankungen der Augen und Ohren in
Braunschweig postulierte. Er demonstrierte diesen Eingriff an
lebenden Hunden und auch an menschlichen Leichen. Sein
Vorgehen stützte er auf die Annahme, dass er mit der
Perforation des Trommelfells, wie auch bei der Perforation des
Warzenfortsatzes, einen Ausweg für die in der Paukenhöhle
eingeschlossene Luft bei Verstopfung der Tube schaffen
würde. 1800 und 1801 berichtete ASTLEY COOPER von Erfolgen,
die er mit der Parazentese erreicht hatte. Seine Überlegung
war es, einen Ersatz für die verstopfte Tuba Eustachii zu
schaffen. Als Ursachen für die Belüftungsstörung sah er
starken Schnupfen, Verhärtungen der Mandeln, Geschwüre
des Rachens, Blutergüsse der Paukenhöhle und Verengungen
der Tube selbst. Er konnte von drei Operationen berichten, die
mit Erfolg verliefen. Dieser Erfolg führte dazu, dass er diese
Operation 50 m
nach Erfahrungen bei weiteren von ihm durchgeführten
Eingriffen als „nutzlos“ bewerten, weil sich seine
optimistischen Erwartungen nicht erfüllten. Ursache war die
künstliche Öffnung im Trommelfell, die er nic
Zeit offen zu halten vermochte. Er stellte sogar fest, dass das
Gehör der Patienten nach dem eigenständigen Verschluss der
Perforation meist schlechter wurde. Trotz der Misserfolge
COOPERS führte noch eine Vielzahl von Ärzten d
durch und setzten
Modifikation der zum Einsatz kommenden Instrumente. Es
wurden Trokare, Stricknadeln, Stilets, Nadeln und
sichelförmige Messer benutzt.
Abb. 17: Instrumente der
nach ZANG
der Tube selbst. Er konnte von drei Operationen berichten, die
mit Erfolg verliefen. Dieser Erfolg führte dazu, dass er diese
Operation 50 mal durchführte. Er musste die Parazentese aber
nach Erfahrungen bei weiteren von ihm durchgeführten
als „nutzlos“ bewerten, weil sich seine
optimistischen Erwartungen nicht erfüllten. Ursache war die
künstliche Öffnung im Trommelfell, die er nicht über längere
Zeit offen zu halten vermochte. Er stellte sogar fest, dass das
Gehör der Patienten nach dem eigenständigen Verschluss der
Perforation meist schlechter wurde. Trotz der Misserfolge
führte noch eine Vielzahl von Ärzten diese Operatio
durch und setzten ihre Energie in die Entwicklung und
Modifikation der zum Einsatz kommenden Instrumente. Es
wurden Trokare, Stricknadeln, Stilets, Nadeln und
sichelförmige Messer benutzt.
Instrumente der ersten Generation zur Parazentese
ANG, HIMLY und FABRIZI (FELDMANN,
79
der Tube selbst. Er konnte von drei Operationen berichten, die
mit Erfolg verliefen. Dieser Erfolg führte dazu, dass er diese
al durchführte. Er musste die Parazentese aber
nach Erfahrungen bei weiteren von ihm durchgeführten
als „nutzlos“ bewerten, weil sich seine
optimistischen Erwartungen nicht erfüllten. Ursache war die
ht über längere
Zeit offen zu halten vermochte. Er stellte sogar fest, dass das
Gehör der Patienten nach dem eigenständigen Verschluss der
Perforation meist schlechter wurde. Trotz der Misserfolge
iese Operation
ihre Energie in die Entwicklung und
Modifikation der zum Einsatz kommenden Instrumente. Es
wurden Trokare, Stricknadeln, Stilets, Nadeln und
Generation zur Parazentese
, 2003)
Der Ort der Wahl zur Durchführung des Eingriffs war bei
COOPER der vordere untere Quadrant des Trommelfells. Dieser
Vorschlag wurde auch allgemein weiter befolgt. Erst
BONNAFONT schlug den hinteren unteren Quadranten vor.
wurde von ihm damit begründet, dass sich in dieser Region
der größte horizontale Durchmesser der Paukenhöhle befindet.
TOYNBEE postulierte den Bereich zwischen Manubrium mallei
und der hinteren Peripherie als zu bevorzugend
Operationsareal (Schwart
Ärzte modifizierten Instrumentarium und Schnittführung.
Abb. 18: Varianten
Schnittführung
Der Ort der Wahl zur Durchführung des Eingriffs war bei
der vordere untere Quadrant des Trommelfells. Dieser
Vorschlag wurde auch allgemein weiter befolgt. Erst
schlug den hinteren unteren Quadranten vor.
wurde von ihm damit begründet, dass sich in dieser Region
der größte horizontale Durchmesser der Paukenhöhle befindet.
postulierte den Bereich zwischen Manubrium mallei
und der hinteren Peripherie als zu bevorzugend
Operationsareal (Schwartze, 1885). Auch die nachfolgenden
Ärzte modifizierten Instrumentarium und Schnittführung.
Varianten des Instrumentariums und der
Schnittführung (Feldmann, 2003)
80
Der Ort der Wahl zur Durchführung des Eingriffs war bei
der vordere untere Quadrant des Trommelfells. Dieser
Vorschlag wurde auch allgemein weiter befolgt. Erst
schlug den hinteren unteren Quadranten vor. Dies
wurde von ihm damit begründet, dass sich in dieser Region
der größte horizontale Durchmesser der Paukenhöhle befindet.
postulierte den Bereich zwischen Manubrium mallei
und der hinteren Peripherie als zu bevorzugendes
Auch die nachfolgenden
Ärzte modifizierten Instrumentarium und Schnittführung.
des Instrumentariums und der
81
Der Vorschlag BUSSONS und DIENERTS, die Parazentese zur
Entfernung von Eiter aus der Paukenhöhle einzusetzen, wurde
von ALARD und YEARSLEY aufgenommen. Sie indizierten sie bei
eitrigen Erkrankungen des Mittelohres. Ein gleicher Ansatz
wurde von SAUNDERS vertreten, der den Einsatz der
Trommelfellperforation bei Empyemen der Paukenhöhle
vorschlug. Auch ITARD und DELEAU versuchten sich an der
Parazentese, ohne dabei wesentliche Heilungserfolge zu
erzielen.
WILHELM KRAMER sah die Parazentese nur dann angezeigt, wenn
das Trommelfell verdickt, gegen Berührungen unempfindlich
und verhärtet sei und eine bedeutende Minderung des Gehörs
sowie kein weiteres therapeutisches Mittel mehr vorliege.
Komme es nach der künstlichen Perforation des Trommelfells
zum Austritt einer serös-eitrigen Masse, so sei eine Affektion
der Paukenhöhle zu testieren. Dies bedeutet für KRAMER die
Nutzlosigkeit des Eingriffs (Kramer, 1867).
Bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts drohte die
Parazentese in Vergessenheit zu geraten, da sie nicht den
erwarteten Erfolg brachte. Erst die Möglichkeit einer korrekten
Indikationsstellung konnte dem Eingriff einen festen
Stellenwert im ohrenheilkundlichen Alltag geben. Dies ist mit
der Einführung neuer Untersuchungsmethoden gelungen,
beispielsweise VON TRÖLTSCHs neue Beleuchtungsmethode, mit
der es nun gelang, Exsudate in der Paukenhöhle sicher
darzustellen. Bis zu dieser Zeit war die Hauptindikation des
Eingriffs die Verbesserung des Gehörs bei bestehendem
82
Tubenverschluss oder Verdickung des Trommelfells. Mit seinen
Arbeiten „Studien und Beobachtungen über die künstliche
Perforation des Trommelfells“ und „Die Paracentese des
Trommelfells“. Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung der
Ohrenkrankheiten“ (Schwartze, 1868) gab SCHWARTZE eine
Grundlage dafür, die Parazentese bei Exsudaten der
Paukenhöhle zu deren Entleerung einzusetzen (Schwartze,
1868). Da er die Entfernung auch von katarrhalischen
Sekreten aus der Paukenhöhle empfahl, handelte er gegen die
Grundsätze KRAMERS. SCHWARTZE war es auch, der den Begriff
Parazentese prägte. Vor ihm wurde meist von künstlicher
Perforation des Trommelfells und von Myringotomie
gesprochen (Feldmann, 2003). Bei der eitrigen akuten Otitis
media indizierte SCHWARTZE die Parazentese dann, wenn sich
die spontane Perforation des Trommelfells über drei Tage
hinauszögerte. Ihren Vorteil sah er in der Verkürzung der
Schmerzen, der besseren Wundheilung und in der
Verhinderung des Übergreifens der Entzündung auf
benachbarte Strukturen (Schwartze, 1885). Gruber empfahl
1871 bei eitrigen Mittelohrenzündungen, bei denen das Sekret
nicht ungehindert abfließen konnte, einen zweiten Schnitt in
das Trommelfell zu machen, um den Abfluss zu erleichtern
(Bürkner, 1883).
POLITZER riet, die Parazentese der Perforation durch den Eiter
zuvorkommen zu lassen. Der Eingriff sollte im Rahmen einer
akuten Otitis media mit Symptomen wie Fieber über 38°,
heftigen Schmerzen, Schlaflosigkeit, Schmerzen und
Druckempfindlichkeit über dem Warzenfortsatz, starker
83
Vorwölbung des Trommelfells, meningitischen
Reizerscheinungen und im Verlauf akuter Exantheme
durchgeführt werden (Brühl und Politzer, 1901). In der
folgenden Zeit wurde die Parazentese zur Behandlung jeder
Form der Otitis media eingesetzt und stellenweise als
Allheilmittel überbewertet. Dies führte zu einer Strömung, die
Parazentese als therapeutische Methode für die
Mittelohreiterung fast oder völlig aufzugeben. Grundlagen für
diese Ansicht waren die im Jahr 1902 erschienenen Arbeiten
von ZAUFAL und PIFFEL (Marx, 1938).
2.4.2 Entwicklung der eröffnenden Operationen des
Warzenfortsatzes
Die den Processus mastoideus eröffnenden Operationen
können bis zu RIOLAN DEM JÜNGEREN (1580-1657) zurückverfolgt
werden. Er stellte die Indikation zu einer operativen Eröffnung
des Warzenfortsatzes bei subjektiven Ohrgeräuschen, um
diesen „einen Ausweg zu verschaffen“ (Politzer, 1907). Dieses
Vorgehen wurde wenig später von ROLLFINK unterstützt
(Lincke, 1845). Anders verhält es sich mit den entzündlichen
Veränderungen am Warzenfortsatz. Bereits AMBROISE PARÉ
schlug eine Operation bei König Franz II von Frankreich vor,
bei der eine breite Eröffnung der Haut über dem entzündlich
veränderten Planum mastoideum durchgeführt werden sollte.
Jedoch verhinderte die Mutter des Königs den Eingriff (Lange
und Hoch, 1975). VALSALVA beobachtete, dass bei einem
Kranken mit einem kariös veränderten Mastoid mit
Fistelbildung in das Mastoid eingespritzte Flüssigkeit in den
84
Nasenrachenraum abfloss. Diesem Konzept folgten PETIT und
HEUERMANN und führten Trepanationen von Warzenfortsätzen
durch. Dies tat PETIT, rationell vorgehend, bei Patienten mit
fluktuierenden Periostalabszessen. HEUERMANN führte sie erst
bei auftretender Fistelbildung hinter dem Ohr durch. MORAND,
MARTIN, BOURIENNE und BERTRAND gaben ebenfalls Mitteilungen
über Karies betreffende Fälle heraus (Politzer, 1907). Der
preußische Militärarzt JASSER war es, der die Eröffnung des
Warzenfortsatzes zur Behandlung nicht heilbarer Taubheit
einsetzen wollte. Die Anregung dazu erhielt er durch einen
Fall von Karies des Warzenfortsatzes. Der Patient wurde von
ihm durch die Perforation des Mastoids geheilt. Dieser Fall ist
ausführlich bei LINCKE beschrieben:
„Ein Soldat litt seit vielen Jahren an purulentem
Ausfluss aus den Ohren und heftigen
Ohrenschmerzen, welche Uebel nach einem Fieber
und zugeheilten Fussgeschwüren entstanden
waren. Auf dem linken Ohr hatte er das Gehör
gänzlich und auf dem rechten zum Theile verloren.
Nach vergeblicher Anwendung verschiedener Mittel
entstand endlich eine Geschwulst an dem linken
Warzenfortsatz, welche fluktuierte. Jasser öffnete
sie, und fand den Warzenfortsatz cariös und
machte Einspritzungen durch die von der Caries
gebildeten Oeffnungen, welche durch die Nase
hervordrangen. Hierauf hörten die Schmerzen auf,
der eitrige Ausfluss verlor sich und der Patient
wurde völlig wieder hergestellt. Dies bewog Jasser
85
am rechten Ohr eine ähnliche Operation zu
machen. Er durchbohrte mit einem Trocart den
Warzenfortsatz, spritzte eine wässrige Abkochung
der Myrrhe ein, die durch die Nase wieder
herauslief, worauf dann auch der Patient auf
diesem Ohr sein Gehör, obgleich nicht vollkommen
wieder bekam“ (Lincke, 1845).
FLIETZ berichtete ebenfalls über einzelne, erfolgreich
behandelte Fälle, gab jedoch keine genaue Beschreibung an.
Auch LÖFFLER erzielte mit dieser Operation Erfolge und
berichtete von einem Fall, bei dem der Patient durch bloße
Anbohrung sein Gehör wieder erlangte. Nach dem Verschluss
der Wunde verlor der Patient wieder sein Gehör, worauf
LÖFFLER die Operation wiederholte und das Mastoid zunächst
mit Darmseiten, später mit Bleinägeln offenhielt, bis eine
Fistel entstanden war. Das Gehör des Patienten verbesserte
sich daraufhin. Bislang wurde diese Operation ohne genaue
Indikation durchgeführt (Politzer, 1907). Erst HAGSTRÖM stellte
nach einem Fall, der nicht zum Erfolg führte, Indikationen zur
Eröffnung des Mastoids auf. Zu ihnen gehörten „Stockende
und scharfe Materien in den Zellen des Warzenfortsatzes oder
in der Trommelhöhle, Verstopfungen der Eustachischen Röhre
durch ähnliche Substanzen, Caries der Gehörknochen, eine
gewisse Rigidität der Weichenteile in der Trommelhöhle und
Unbeweglichkeit der Gehörknöchelchen“. 1791 wurde auch
von PROET eine Operation ohne Heilungserfolg durchgeführt,
der eine fieberhafte Reaktion folgte.
86
Die Operation geriet besonders in Verruf, als der dänische
Leibarzt VON BERGER sich ihr unterzog. Er litt seit Jahren unter
Schwindel, Ohrengeräuschen, Kopfschmerzen und
zunehmender Schwerhörigkeit. Die Ärzte KÖPLIN und CALLISEN
führten die Operation aus und VON BERGER verstarb 12 Tage
nach der Operation unter den Symptomen einer otogenen
Meningitis (Lincke, 1845). Trotz dieses Unglücksfalls
versuchte HIMLY den Stellenwert dieser Operation zu halten
und wies darauf hin, dass VON BERGER nicht an der Operation
selbst, sondern durch eine fehlerhafte Durchführung der
Operation und der Nachbehandlung verstorben sei (Schwartze
und Eysell, 1873). Auch die mangelnde Asepsis wird als
Ursache angeführt (Politzer, 1907). Die Operation geriet
jedoch für Jahrzehnte in Misskredit und Vergessenheit,
(Schwartze, 1885) veranlasste aber auch verschiedene Ärzte,
zu genaueren anatomischen Untersuchungen. MURRAY,
ARNEMANN und HAGSTRÖM trieben diese voran. Sie beschrieben
die Kommunikation der einzelnen Zellen des Mastoids
untereinander und mit der Trommelhöhle, sowie die
verschiedenen Pneumatisationszustände (Politzer, 1907).
ARNEMANN stellte die Indikation sehr weit, wohingegen
HERHOLDT und CALLISEN die Indikation eher einzuengen
suchten. HERHOLDT sah die Hauptindikation in der Karies des
Mastoids, CALLISEN bei Karies und Eiteransammlungen im
Mastoid und im Cavum tympani, aber auch den Verschluss der
Tube. Hagström sah auch Affektionen des Cavum tympani als
Indikation und zog trotz negativer Erfahrung die Eröffnung
des Mastoids dem Katheterismus der Tube vor.
87
Auch DEZEIMERIS versuchte die Operation zu etablieren, musste
aber auch einen Todesfall beklagen, so dass er die als
therapeutisches Mittel verworfene Eröffnung des
Warzenfortsatzes nicht weiter etablieren konnte. Ähnliche
Versuche gab es bereits von WEBER und von TRAMPEL. Bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts standen die wichtigen Autoren
ITRAD, BONNAFONT und RAU einstimmig dieser Operation
ablehnend gegen über (Schwartze, 1885). Auch WILDE sah die
Eröffnung des Warzenfortsatzes als verworfen an. Er schlug
jedoch 1853 den von ihm entwickelten retroaurikulären
Schnitt bei Eiterung des Ohres mit retroaurikulärem Abszess
vor (Lange und Hoch, 1975, Wilde, 1853). Mit dem im
Folgenden dargestellten Fortschritt in der Aufmeißelung des
Warzenfortsatzes wurde der vielfach eingesetzte WILDEsche
Schnitt mehr und mehr verlassen (Kayser, 1905). LINCKE
indiziert die Aufmeißelung des Warzenfortsatzes im Fall von
Karies und Eiterungen des Mastoids (Lincke, 1836, 1845).
TOYNBEE hielt die Operation bei Eiteransammlungen im
Knochen in Kombination mit einer zerebralen Symptomatik für
indiziert, führte sie aber selbst nicht durch (Schwartze, 1885).
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu
einem Aufschwung in der operativen Ohrenheilkunde. 1849
operierten FORGET und 1858 VON TRÖLTSCH Patienten erfolgreich
bei vorhandenen Eiteransammlungen im Warzenfortsatz
(Schwartze und Eysell, 1873). Ihnen folgten FOLLIN, TURNBULL,
PAGENSTECHER, KESSEL, JACOBY, SCHWARTZE und BILLROTH
(Matzker, 1956).
88
JACOBY empfahl eine prophylaktische Eröffnung des
Warzenfortsatzes, (Jakoby, 1869) ein Vorgehen, das von
SCHWARTZE nicht für berechtigt gehalten wurde (Bürkner,
1883). Es war das Verdienst SCHWARTZEs, dass die Eröffnung
des Mastoids zu einem praktisch risikoarmen Eingriff wurde.
In seiner 1873 gemeinsam mit seinem Assistenten EYSELL
veröffentlichten Arbeit „Über die künstliche Eröffnung des
Warzenfortsatzes“, gab er einen systematischen Einblick in die
Entwicklung, Anatomie und die pathologische Anatomie des
Mastoids und beschrieb detailliert das operative Vorgehen.
Ziel seiner Operation war die Eröffnung des Antrum
mastoideum und nicht die vollständige Ausräumung aller
Zellen des Mastoids (Lincke, 1845). SCHWARTZE stellte die
Indikation zu dieser Operation bei entzündlichen
Erkrankungen sehr großzügig und riet, sie frühzeitig
einzusetzen. Bei Kindern mit akuten Entzündungen hingegen
ist er zurückhaltender, weil er bei ihnen häufiger
Spontanheilungen beobachten konnte (Schwartze, 1873,
1885). Er empfahl einen 2,5-5 cm langen Hautschnitt in 1 cm
Entfernung von der Ohrmuschelinsertion, parallel zur
Ohrmuschel. Als Landmarke für die Eröffnung des Knochens
diente ihm der äußere Gehörgang. Der zu benutzende
Hohlmeißel sollte dort in Richtung des Gehörgangs angesetzt
und der Knochen schalenförmig abgetragen werden
(Schwartze und Eysell, 1873).
BEZOLD hingegen benannte die von HENLE beschriebene Spina
supra meatum als wichtigen Orientierungspunkt bei diesem
Eingriff (Bezold, 1874). Er riet zur Eröffnung des Knochens ¼
89
Zoll vom äußeren Gehörgang entfernt und ein wenig oberhalb
der Richtungslinie, die durch die obere Wand des äußeren
Gehörganges vorgegeben wird. Der von ihm eingesetzte
Trepan oder Bohrer sollte nach innen, vorne und einwenig
nach oben ausgerichtet sein. Einen ähnlichen Vorschlag
lieferte Buck (Buck, 1874). SCHWARTZE beurteilte die Spina
suprameatum aber wegen ihrer Inkonstanz als wenig
zuverlässig (Bürkner, 1883). VON TRÖLTSCH hatte bereits 1869
als erster den Vorschlag gemacht, die Eröffnung des
Warzenfortsatzes von Gehörgang aus vorzunehmen (Tröltsch,
1869). Dies wurde dann von WOLF durch die sukzessive
Abmeißelung der hinteren Gehörgangswand umgesetzt
(Bürkner, 1883).
Eine wichtige Komplikation der Mastoiditis wurde ebenfalls im
ausgehenden 19. Jahrhundert wissenschaftlich untersucht.
BEZOLD beschrieb als erster den fistulösen Durchbruch an der
Innenseite der Spitze des Warzenfortsatzes und die als Folge
auftretenden Senkungsabszesse in den seitlichen
Halsweichteilen. Aus diesem Grund trägt dieses Phänomen
den Namen BEZOLDsche Mastoiditis. Die Lokalisation des Eiters
wurde von BEZOLD durch die anatomische Tatsache erklärt,
dass die hinter der Fissura mastoidea-squamosa bzw. ihrer
Reste dem Musculus sternocleidomastoideus, dem Musculus
splenius capitis und dem Musculus longissimus capitis als
Insertionspunkt diene und damit dem Eiter in diese Richtung
ein schwer zu überwindendes Hindernis bereite. Diese
seltenen Fälle des Eiterdurchbruchs unterhalb des
Warzenfortsatzes fänden ihren Austrittspunkt an der Seite
90
oder der Incisura mastoidea, die er als sehr dünn und mit
Dehiszenzen sowie mit vielen Ernährungslöchern durchzogen
charakterisierte. Der Eiter werde dann entlang des hinteren
Bauches des Musculus digastricus und der hinter diesem
verlaufenden Arteria occipitalis weitergeleitet. Durch die feste
bindegewebige Verbindung der oben genannten Muskeln nach
hinten und vorne könne sich der Eiter in diese Richtungen
nicht ausbreiten und sammele sich zwischen den tiefen Hals-
und Nackenmuskeln (Bezold, 1882; 1906).
Wie oben bereits erwähnt war es SCHWARZTES Ziel,
grundsätzlich das Antrum zu eröffnen. Dem entgegen riet
POLITZER zu einem anderen Vorgehen, bei dem nicht in allen
Fällen das Antrum eröffnet werden sollte. Die Eröffnung des
Antrums ist für ihn nur dann angezeigt, wenn kariöse Prozesse
und Granulationen sich bis in das Antrum ausbreiten. In den
Fällen, die nach POLITZER die Mehrheit bilden, in denen
zwischen der Abszesshöhle und dem Antrum resistenter
Knochen gefunden wird, sei die alleinige Ausräumung der
Abszesshöhle ausreichend. Der Vorteil dieses Vorgehens
bestehe laut POLITZER in der kürzeren Wundheilung und
schnelleren Beendigung der Eiterung im Mittelohr (Politzer,
1901).
SCHWARTZES Nachfolger DENKER wies auf die Notwendigkeit hin,
die Therapie der akuten und der chronischen Mittelohreiterung
zu unterscheiden. Demnach wurde die akute Mastoiditis mit
der einfachen Eröffnung des Mastoids, wie von SCHWARTZE
vorgeschlagen, behandelt. Aufgrund schlechter Erfahrungen
mit der Teileröffnung wurde dies nach und nach durch die
vollständige Mastoidektomie ersetzt
1973).
Abb. 19: Antrotomie im Vergleich zur Mastoidektomie
(Gerber, 1904)
mit der Teileröffnung wurde dies nach und nach durch die
vollständige Mastoidektomie ersetzt (Kocher, 1907;
Antrotomie im Vergleich zur Mastoidektomie
(Gerber, 1904)
91
mit der Teileröffnung wurde dies nach und nach durch die
(Kocher, 1907; Wustow,
Antrotomie im Vergleich zur Mastoidektomie
92
3 ZUSAMMENFASSUNG
Wie im Vorangegangenen gezeigt werden konnte, war die
Behandlung von Ohrenleiden, unter ihnen auch akute
entzündliche Krankheitsprozesse, schon in frühen Epochen der
Menschheit ein Teil des ärztlichen Handelns. Dies zeigen die
frühen Dokumente aus Mesopotamien, der altägyptischen
Hochkultur und dem Talmud. Ihr wurde jedoch im Laufe der
Geschichte immer mit unterschiedlichem Interesse begegnet.
Die Vielzahl der in den Jahrhunderten, ja sogar Jahrtausenden
verwendeten Mittel zur Behandlung der Otitis media konnte
keinen besonderen Erfolg erbringen, da die Heiler und Ärzte
die wahre Ursache dieser Erkrankung nicht kannten. Erst der
Nachweis der bakteriellen Natur der Otitis media und der aus
ihr resultierenden Mastoiditis konnte die entscheidende
Wendung im Kampf gegen diese Krankheiten bringen.
Schlussendlich war es aber die Einführung der Antibiotika, die
der Otitis media und ihren Komplikationen die Gefährlichkeit
nahmen. Zusätzlich konnten im Laufe des 19. Jahrhunderts
schon altbekannte Operationen wie die Parazentese und die
Eröffnung des Warzenfortsatzes durch VON TRÖLTSCH und
SCHWARTZE einen neuen Stellenwert erhalten, indem diese
unermüdlichen Forscher diesen Eingriffen die entsprechende
Indikation zuwiesen. Der in den Jahren zuvor betriebene
Missbrauch der Operationen als Allheilmittel führte sogar
dazu, dass sie von vielen Ärzten abgelehnt wurden.
Es ist aber nicht so, dass in der Zeit vor der modernen
Ohrenheilkunde keine Zusammenhänge erkannt wurden. So
93
waren HIPPOKRATES und CELSUS die enge Verbindung zwischen
den Entzündungen der Ohren und den Entzündungen des
Gehirns bekannt und sie wiesen auf die Dringlichkeit einer
Behandlung hin. HIPPOKRATES, dessen pathologisches Konzept
von dem Ungleichgewicht der Körpersäfte für viele
Jahrhunderte bis weit über das Mittelalter hinaus Gültigkeit
hatte, deutete den Ursprung der Otitis media nicht in den
Ohren selbst, sondern in der Kopfhöhle. Deren Ausflüsse
sollten seiner Vorstellung nach zu einer Beteiligung der Ohren
und anderer Organe führen. Ebenso konnten mit dem
deutlichen technischen Fortschritt neue Methoden in der
Diagnostik eingeführt werden. Es sind vor allem die
Beleuchtungsmethoden, die eine bessere Beurteilung des
Trommelfells ermöglichten. Einen sehr wichtigen Fortschritt
erfuhr die otologische Diagnostik mit der Einführung der
Röntgenstrahlen, die eine frühe Diagnose einer Mastoiditis
ermöglichte.
Betrachtet man die Therapie, so dominieren lange Zeit lokale
Maßnahmen die Behandlung der Otitis. Eine unübersichtliche
Anzahl verschiedener pflanzlicher und tierischer Substanzen
kam so im Laufe der Zeit zum Einsatz. Bis zur Einführung der
Antibiotika in der dritten und vierten Dekade des 20.
Jahrhunderts zählten die lokale Applikation von Medikamenten
und die Spülung der entzündeten Ohren neben den operativen
Methoden zu den Standardverfahren. Die Otitis media und die
Mastoiditis wandelten sich somit von Krankheitsbildern mit
lebensbedrohlichen Komplikationen zu gut beherrschbaren
Krankheiten, die komplikationsarm behandelt werden können.
94
Ihrer Diagnose und Therapie sollte jedoch auch in der
heutigen Zeit immer noch große Aufmerksamkeit geschenkt
werden.
95
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DANKSAGUNG
Hiermit möchte ich mich bei folgenden Personen bedanken,
die mich zu dieser Dissertation ermutigt und mich tatkräftig
durch ihren Rat unterstützt haben:
Mein größter Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. H. Sudhoff, der
mit viel Geduld ein herausragender Ratgeber ist.
Weiterhin gilt mein Dank Mirko Roschkowski, Robin Grüe,
Marion Frigge und Martin Lehmann für ihren Beistand, ihre
Mitleidensfähigkeit und Freundschaft während der Zeit meines
Studiums und darüber hinaus.
Abschließend möchte ich meiner Mutter Karin sowie posthum
meinem Vater Günter danken, die es mir ermöglichten meinen
Interessen und Begabungen zu folgen und denen diese
Dissertation aus tiefster Zuneigung gewidmet ist.
CURRICULUM VITAE
Zur Person
Dirk Korbmacher
geboren am 28. Mai 1977 in Dortmund
ledig, evangelisch
Eltern
Karl-Günter Korbmacher, Systemcontroller, verstorben 1988 und Karin-Dagmar Korbmacher, geb. Grzegorzewski, Speditionskauffrau
Schulbildung 08/83 - 12/85 Friedensgrundschule Dortmund
01/86 – 07/87 Fine-Frau Grundschule Dortmund
09/87 - 06/96 Gustav-Heinemann-Gesamtschule Dortmund (Allgemeine Hochschulreife)
Zivildienst 10/96 - 10/97 Paritätisches Altenwohnheim Hermann-Keiner-Haus Dortmund
Berufstätigkeit
11/97 – 09/98 Vollbeschäftigung als Altenpflegehelfer,
Paritätisches Altenwohnheim Hermannn-Keiner-Haus Dortmund
04/05 – 06/08 Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Otto von Guericke Universität Magdeburg
Prof. Dr. med. B. Freigang / PD Dr. med Ch. Motsch
07/08 – heute Klinikum Bielefeld Akademisches Lehrkrankenhaus der Wilhelms-Universität Münster
Prof. Dr. med. H. Sudhoff
Studium
seit 10/98 Studium der Humanmedizin,
Ruhr-Universität Bochum
10/98 – 09/00 Vorklinischer Studienabschnitt Physikum
10/00 – 09/01 1. Klinischer Studienabschnitt,
Erstes Staatsexamen
10/01 – 09/03 2. Klinischer Studienabschnitt,
Zweites Staatsexamen
10/03 – 09/04 Praktisches Jahr
10/04 Drittes Staatsexamen
Praktisches Jahr
10/03 – 02/04 Wahltertial Klinik HNO-Krankheiten,
Kopf- und Halschirurgie der Ruhr-Universität Bochum,
Prof. Dr. med. Dr. hc. H. Hildmann
02/04 – 06/04 Tertial Innere Medizin Medizinische Klinik Knappschafts-Krankenhaus Bochum-Langendreer,
Prof. Dr. med. W. Schmiegel
06/04 – 09/04 Tertial Chirurgie Klinik für Allgemeine Chirurgie und Klinik für Unfallchirurgie Knappschafts-Krankenhaus Bochum-Langendreer,
Prof. Dr. med. R. Viebahn und Prof. Dr. med. R. Smektala
Tätigkeiten
neben dem
Studium
10/98 - 08/03
Tätigkeit als Altenpflegehelfer, Paritätisches Altenwohnheim Hermann-Keiner-Haus Dortmund
09/02 - 10/03
Tätigkeit in der anästhesiologischen Praxis,
Dr. med. B. Albus-Kulka