Agrar- und Ernährungspolitik III Vorlesung 6. Mai 2009 ATPSM – ein Modell als Werkzeug im...
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Agrar- und Ernährungspolitik III
Vorlesung 6. Mai 2009
ATPSM – ein Modell als Werkzeug im Politikfeld Weltagrarhandel
Martin Kniepert
Aufbau der heutigen VorlesungPräzisierung der sachlichen FragestellungInstitutionelle und historische Hintergründe des PolitikfeldesEinführung in Konzepte der Operationalisierung (LGR, PSE, AMS etc.)ATPSM als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage für Verhandlungen
Werden alle relevanten Politikinstrumente erfasst?Werden sie adäquat erfasst?Welche Einschränkungen wären beim Einsatz von ATPSM zu machen?Worin bestehen die entscheidenden Vorteile eines Modells wie ATPSM
Fragestellung
Die binnenorientierte, an Produktmengen ausgereichtete Agrarpolitik aus der Mitte des vergagenen Jahrhunderts führte zunehmend zu internationaler Konflikten.Die Agrarwirtschaft wird immer weiter in das Welthandelssystem einbezogen.Neue Handelspartner (insbesondere aus der Cairnsgruppe) versuchen ihre Interessen durchzusetzen.
Pro Globalisierung
Handel bietet Wohlfahrtsgewinne für Handel bietet Wohlfahrtsgewinne für alle Beteiligten durch verbesserte alle Beteiligten durch verbesserte Faktorallokation.Faktorallokation.
Die Öffnung von Märkten verstärkt Die Öffnung von Märkten verstärkt die Wettbewerbsintensität bzw. die Wettbewerbsintensität bzw. verringert verringert Monopolisierungstendenzen.Monopolisierungstendenzen.
Contra Globalisierung
Der freie Warenaustausch Der freie Warenaustausch untergräbt die Multifunktionalität untergräbt die Multifunktionalität von Produktion.von Produktion.
Internationaler Wettbewerbsdruck Internationaler Wettbewerbsdruck verlangt nach schnellem Return on verlangt nach schnellem Return on Investment und gefährdet die Investment und gefährdet die Nachhaltigkeit der Produktion. Nachhaltigkeit der Produktion.
Globalisierung bedeutet die Globalisierung bedeutet die Aufhebung nationaler Souveränität Aufhebung nationaler Souveränität in wirtschaftlichen Fragen.in wirtschaftlichen Fragen.
Globalisierung ist nicht neu:
Weitgehend freier Handel zu Zeiten Weitgehend freier Handel zu Zeiten der Monarchie, des Kolonialismus im der Monarchie, des Kolonialismus im 19. Jahrhundert.19. Jahrhundert.
Rückschläge der Globalisierung Rückschläge der Globalisierung nach dem 1. Weltkrieg durch nach dem 1. Weltkrieg durch stärkere Betonung des stärkere Betonung des Nationalstaates.Nationalstaates.
Dramatische Einbrüche im Zuge der Dramatische Einbrüche im Zuge der Weltwirtschaftskrise (siehe Grafik).Weltwirtschaftskrise (siehe Grafik).
Der Welthandel von Jänner 1929 bis März 1933, Import von 75 Ländern
Politik der Handelsbeschränkungen
Im Zuge der enorm ansteigenden Im Zuge der enorm ansteigenden Arbeitslosigkeit in den 1920er Arbeitslosigkeit in den 1920er Jahren: HandelsbeschränkungenJahren: Handelsbeschränkungen
Handelsorientierte Firmen wurden Handelsorientierte Firmen wurden um so härter getroffen, litten immer um so härter getroffen, litten immer stärker, es setzte eine Abwärtsspirale stärker, es setzte eine Abwärtsspirale ein.ein.
Die so eingeleitete Die so eingeleitete Binnenorientierung erforderte Binnenorientierung erforderte enorme Umstrukturierungen.enorme Umstrukturierungen.
Geld- und Fiskalpolitik ging ähnlich Geld- und Fiskalpolitik ging ähnlich binnenorientierte, von betrieblichem binnenorientierte, von betrieblichem Denken geprägte Wege Denken geprägte Wege (steht hier aber nicht zur (steht hier aber nicht zur Debatte.)Debatte.)
Supranationale Institutionen nach WK II
Notwendigkeit einer intern. Notwendigkeit einer intern. Abstimmung von Geld-, Fiskal- und Abstimmung von Geld-, Fiskal- und Handelspolitik basierend nicht zuletzt Handelspolitik basierend nicht zuletzt auf Keynes.auf Keynes.
Schaffung internationaler Institutionen Schaffung internationaler Institutionen zu diesem Zweck im Rahmen der UNO.zu diesem Zweck im Rahmen der UNO.
Als Institutionen für wirtschaftliche Als Institutionen für wirtschaftliche Belange waren vorgesehen:Belange waren vorgesehen: Die Die Weltbank Weltbank für Entwicklungsfragenfür Entwicklungsfragen Der Der Internationale WährungsfondsInternationale Währungsfonds für für
Fragen der internationalen Fragen der internationalen ZahlungsfähigkeitZahlungsfähigkeit
Eine Eine WelthandelsorganisationWelthandelsorganisation
Zunächst: GATT statt WTO
Eine Welthandelsorganisation Eine Welthandelsorganisation scheiterte am Widerstand der USA, scheiterte am Widerstand der USA, die sich multilateralen die sich multilateralen Vereinbarungen nicht unterwerfen Vereinbarungen nicht unterwerfen wollten.wollten.
Etablierung eines Abkommens Etablierung eines Abkommens (GATT: General Agreement on Tariffs (GATT: General Agreement on Tariffs and Trade)and Trade)
Einrichtung eines Sekretariates in Einrichtung eines Sekretariates in Genf, dass zumindest zum Teil die Genf, dass zumindest zum Teil die Aufgaben der ursprünglich geplanten Aufgaben der ursprünglich geplanten Organisation übernehmen konnte. Organisation übernehmen konnte.
Weiterentwicklung des Abkommens Weiterentwicklung des Abkommens durch Verhandlungsrunden. durch Verhandlungsrunden.
Prinzipien der WTO
Meistbegünstigungs-KlauselMeistbegünstigungs-Klausel Der Kern sind Abkommen: Ein Land, Der Kern sind Abkommen: Ein Land,
eine Stimme.eine Stimme. Tariffierung von Handelshemmnissen Tariffierung von Handelshemmnissen Zunächst: Einführung Zunächst: Einführung
rechtsstaatlicher Prinzipien im rechtsstaatlicher Prinzipien im Internationalen Handel (rule of law): Internationalen Handel (rule of law): Primäres Ziel ist damit die Primäres Ziel ist damit die Einhaltung von Regeln.Einhaltung von Regeln.
Aber auch: Erklärtes Ziel bleibt der Aber auch: Erklärtes Ziel bleibt der Freihandel.Freihandel.
GATT- bzw. WTO-Verhandlungsrunden
1947 Genf Zölle
1949 Genf Zölle
1951 Genf Zölle
1956 Genf Zölle
1960 - 61 Genf (Dillon Runde) Zölle
1964 - 67 Genf (Kennedy Runde) Zölle, Anti-Dumping Maßnahmen.
1973 - 79 Genf (Tokio Runde) Zölle, nicht-tarifäre Maßnahmen.
1986 - 94 Genf (Uruguay Runde (UR)) Zölle, nicht-tarifäre Maßnahmen, Dienstleistungen, Geistiges Eigentum (TRIPS),
Streitschlichtung, Textilien, Landwirtschaft, Schaffung einer Welthandelsorganisation.
Seit 2000 Doha
Alternativ zum GATT UNCTADUNCTAD
Rohstofffonds (Managed trade)Rohstofffonds (Managed trade) Zusammenschlüsse von Exporteuren (Bsp.: Zusammenschlüsse von Exporteuren (Bsp.:
OPEC)OPEC) Lomé-Abkommen der EU mit Lomé-Abkommen der EU mit
EntwicklungsländernEntwicklungsländern StabexStabex SysminSysmin Direkte Hilfen zur Struktur-EntwicklungDirekte Hilfen zur Struktur-Entwicklung Bevorzugter Marktzugang (insb. Bevorzugter Marktzugang (insb.
„Everything but Arms“ (EBA) der EU.„Everything but Arms“ (EBA) der EU. Nach Aufschwung in den 70ern ist Nach Aufschwung in den 70ern ist
ihre Bedeutung dieser Alternativen ihre Bedeutung dieser Alternativen zurückgegangen.zurückgegangen.
Landwirtschaft in der WTO
Mit der UR erstmals eingeführtMit der UR erstmals eingeführt Gründe für die Einbeziehung in die Gründe für die Einbeziehung in die
WTO:WTO: Zunehmende Handelsstreitigkeiten wegen Zunehmende Handelsstreitigkeiten wegen
Exportdumpings, auch mit anderen Exportdumpings, auch mit anderen traditionellen Exporteuren (Australien, traditionellen Exporteuren (Australien, Neuseeland, Brasilien etc.)Neuseeland, Brasilien etc.)
Auch intern zu hohe Kosten der Auch intern zu hohe Kosten der Agrarpolitik => Budgetbelastungen, Agrarpolitik => Budgetbelastungen, ReformbedarfReformbedarf
Agrarbereich soll im Kontext anderer Agrarbereich soll im Kontext anderer Wirtschaftsbereiche verhandelbar Wirtschaftsbereiche verhandelbar werden.werden.
Ziel: Akkordierte Beschränkung der Ziel: Akkordierte Beschränkung der handelsverzerrenden Maßnahmen.handelsverzerrenden Maßnahmen.
Stützungsmaß PSE/CSE (I)
PSE/CSE/TSE der OECDPSE/CSE/TSE der OECD Die OECD sollte die Uruguay-Runde für Die OECD sollte die Uruguay-Runde für
den Agrarbereich vorbereiten.den Agrarbereich vorbereiten. Entwickelt wurde ein Stützungsmaß (PSE Entwickelt wurde ein Stützungsmaß (PSE
eben) sowie andere Instrumente wie eben) sowie andere Instrumente wie bspw. ein Welthandelsmodell.bspw. ein Welthandelsmodell.
Die OECD ist wesentlich von Ökonomen Die OECD ist wesentlich von Ökonomen getragen, das GATT war eher juristisch getragen, das GATT war eher juristisch orientiert.orientiert.
Leitbild der OECD: FreihandelLeitbild der OECD: Freihandel
Stützungsmaß PSE/CSE (II)
Marktpreisstützung ist mehr als Marktpreisstützung ist mehr als Exportsubventionen oder Zölle: Auch Exportsubventionen oder Zölle: Auch Transfers von Konsumenten an Transfers von Konsumenten an Produzenten werden einbezogen.Produzenten werden einbezogen.
Alle anderen Förderungen werden Alle anderen Förderungen werden unabhängig von ihrer Zielsetzung unabhängig von ihrer Zielsetzung zum Wert der Marktpreisstützung zum Wert der Marktpreisstützung hinzugezählt.hinzugezählt.
Die Summe aller Förderungen ergibt Die Summe aller Förderungen ergibt das Producer Support Estimate das Producer Support Estimate (PSE).(PSE).
Analog wird das Consumer Support Analog wird das Consumer Support Estimate (CSE) errechnet.Estimate (CSE) errechnet.
Stützungsmaß PSE/CSE (III)
Zahlungen an den Sektor (ohne Zahlungen an den Sektor (ohne direkte Einkommenswirkung für den direkte Einkommenswirkung für den Landwirt) werden in der Rubrik Landwirt) werden in der Rubrik „General Services“ berücksichtigt.„General Services“ berücksichtigt.
PSE und GSSE ergeben zusammen PSE und GSSE ergeben zusammen das Total Support Estimate (TSE)das Total Support Estimate (TSE)
Durch dieses Konzept werden alle Durch dieses Konzept werden alle direkten und indirekten direkten und indirekten Förderungen zusammengefasst.Förderungen zusammengefasst.
Das %-PSE bietet Das %-PSE bietet Vergleichsmöglichkeiten:Vergleichsmöglichkeiten:%PSE = %PSE = (PSE+Prod‘Wert)/(Prod‘Wert)(PSE+Prod‘Wert)/(Prod‘Wert)
%PSE der OECD-Mitglieder
0
10
20
30
40
50
60
70
80A
ustr
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Can
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Stützungsmaß AMS (I) Aggregate Measure of Support (AMS)Aggregate Measure of Support (AMS)
Auf diesem basiert schließlich der Auf diesem basiert schließlich der Abschluss der Uruguay-Runde.Abschluss der Uruguay-Runde.
Die einzelnen Stützungsarten werden nach Die einzelnen Stützungsarten werden nach anderen Gesichtspunkten anderen Gesichtspunkten zusammengefasst als beim PSEzusammengefasst als beim PSE
Für die einzelnen Stützungsarten Für die einzelnen Stützungsarten wurden unterschiedliche Abbau-wurden unterschiedliche Abbau-Verpflichtungen vereinbart.Verpflichtungen vereinbart. Grüne Maßnahmen: Sind außer Streit Grüne Maßnahmen: Sind außer Streit
gestellt (nicht nur Umwelt, entscheidend: gestellt (nicht nur Umwelt, entscheidend: stützen den Preis nicht)stützen den Preis nicht)
Rote Maßnahmen: Anreizgebend; Rote Maßnahmen: Anreizgebend; abzubauen.abzubauen.
Blaue Maßnahmen: Zahlungen ohne Anreiz Blaue Maßnahmen: Zahlungen ohne Anreiz wg. Quotenwg. Quoten
Interne Stützung
Blaue Maßnahmen Grüne Maßnahmen
Rote Maßnahmen (AMS)
Produktbezogen Produktübergreifend
Marktstützung Subventionen Subventionen Gra
fik
nach
Ort
ner
(199
4)
Stützungsmaß im Vergleich
Das AMS ist weniger rigoros als das Das AMS ist weniger rigoros als das PSE, ist dafür von näher an der PSE, ist dafür von näher an der politisch möglichen politisch möglichen KompromissformulierungKompromissformulierung
Die LGR als erfasst zwar Die LGR als erfasst zwar Subventionen, die an die Subventionen, die an die Landwirtschaft gehen, nicht aber Landwirtschaft gehen, nicht aber andere handelsverzerrende andere handelsverzerrende Maßnahmen.Maßnahmen.
Lassen sich die Stützungsmaße für Lassen sich die Stützungsmaße für die Bearbeitung ökosozialer Thesen die Bearbeitung ökosozialer Thesen heranziehen oder modifizieren?heranziehen oder modifizieren?
Common Agricultural and Rural Policy (CARPE)
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1990 1995 2000 2005 2010
An
teil
an
de
r G
AP
Ga
ran
tie
Direktzahlungen PreisstuetzungenZahlungen an historishen Rechten Umwelt und BG Zahl.Strukturfoerderungen11.04.23
Arten der StützungenArten der Stützungen
Europäische Union; Zusammensetzung der Subventionen (PSE) - in Mio €
0
10 000
20 000
30 000
40 000
50 000
60 000
70 000
80 000
90 000
100 000
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998
Market Price Support
Payments based on output
Payments based on area planted/animalnumber
Payments based on historical entitlements
Payments based on input use
Payments based on input constraints
Payments based on overall farm income
Miscellaneous payments
ATPSM - formal
where: D, S, X, and M denote demand, supply, exports and imports, respectively;
^ denotes relative changes and ∆ absolute changes;Pw denotes world price;tc denotes the domestic consumption tariff and tp denotes the domestic
production tariff;ε denotes supply, η demand elasticity, γ the ratio of exports to
production;i and j are commodity indexes; andr is a country index
Kennzeichen von ATPSM (I)175 Länder und Ländergruppen werden erfasst
EU bspw. als ein GruppeVerhandlungs- bzw. Länderpositionen sind auf dieser Grundlage gruppierbar (EU, USA, Cairns-Gruppe, LDCs)
Weiters werden 36 landwirtschaftliche Produkte erfasst.Bilateraler Handel wird durch die Armington-Annahme erfasst.Politikinstrumente werden durch
Preisdifferenzen zwischen Welt- und Binnenmarkt erfasst. Quoten für den Import und den Export (In-Quota, non-in-Quota Trade)
Kennzeichen von ATPSM (II)
Berücksichtigung von Zöllen, Exportsubventionen etc. soweit verfügbar (datenintesiv!) Das Modell ist über eine Benutzeroberfläche leicht und für jedermann zugänglich. Das Modell ist komparativ-statisch (d.h., dass zeitliche Veränderungen nicht berücksichtigt werden)ATPSM stellt sehr stark auf den Agrarhandel ab; Umweltmaßnahmen, Strukturpolitik etc. bleiben ausgeblendet.weitere Details siehe Präsentation Ralf Peters