500g-Die Welt von Frühgeborenen von Mira Singh
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Transcript of 500g-Die Welt von Frühgeborenen von Mira Singh
500 gMira Singh
Man spricht von einer Frühgeburt, wenn das Baby
vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche
geboren wird. Heute gilt in Deutschland die
Erreichung der 23. Schwangerschaftswoche als die
Grenze der Lebensfähigkeit von Frühgeborenen
mit medizinischer Hilfe. Die Überlebenschancen
für Frühchen der 21. und 22. Schwangerschafts-
woche sind sehr gering.
"Mir ist aufgefallen, dass er gerade in den ersten
Wochen immer unterkühlt war, außer er lag nackt
auf mir, dann hatte er normale Temperatur."
"Ich habe es gespürt, die Liebe war die stärkste Macht, die meinem Sohn eine normale Entwicklung ermöglichte. Ich kann es nur schwer in W
orte
fassen, aber Medizin alleine bringt es nicht."
"Wir waren einfach nur froh, dass es momentan so gut aussah.
Dennoch waren die ersten Tage schwierig: Man sagte uns immer
wieder, dass es gerade in den ersten zehn Tagen zu Komplikaß
tionen kommen könnte. Dass man nicht wisse, wie die erste Nacht
verläuft. Der erste Tag nach der Geburt. Ich hatte Angst, er
könnte die Nacht nicht überleben."
Jedes Neugeborene sucht die Begegnung mit allen
Sinnen. Sie brauchen nicht nur einen Gegenpol,
der ihr Befinden widerspiegelt, sondern auch
jemanden, der ihre Botschaften aufnimmt, emo-
tional übersetzt und vor allem beantwortet. Sie
benötigen dazu die Begegnung mit einem anderen
Menschen. Hier haben es die Frühgeborenen
etwas schwerer. Sie sind abgeschotteter von
anderen Menschen. Oft stehen ihre Eltern selbst
so unter Schock, dass sie noch nicht fähig sind
wieder auf ihr Kind zuzugehen. Oder es ist ihnen
erst nach Stunden oder Tagen möglich ihr Kind
überhaupt zu sehen und zu berühren.
Die Gesundheit und Entwicklung des Frühgeborenen kann durch
bestimmte äußere Reize schon in seiner Krankenhauszeit
gefördert werden. Zum Beispiel durch regelmäßiges Handauflegen,
den Einsatz von Musik und der elterlichen Stimme. Besonders das
Känguruhen zeigt, dass die Technik nicht alles überragt. Während
das Frühgeborene auf der unbekleideten Brust von Mutter oder
Vater liegt, sind Körpertemperatur und Sauerstoffgehalt meist sta-
biler. Sowohl für die Eltern als auch für das Kind ist diese Begeg-
nung ein intensives Ereignis.
Weil keiner mit Sicherheit sagen kann, was gerade in dem kleinen
Wesen vor sich geht, ist es so wichtig auf sein Bauchgefühl zu
vertrauen, mit Empathie zu erahnen, was in ihm passiert und sich
mit Intuition in diese Welt hinein zu begeben.
Wenn dann alle Sorge und aller Zweifel still wird, wieder bewusst
wird, dass man die Verantwortung für das hilflose, verletzliche
Wesen trägt, alles Wichtige zur Unwichtigkeit schrumpft, können
wir nur noch voll Demut und Dankbarkeit das kleine Wunder
betrachten, das uns anvertraut wurde.