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9/2015 20. August 2015 64. Jahrgang 8095 Bild | Ton | Schnitt Technik: Tatort Himmelfahrt mit der Varicam 35 gedreht Produktion: Stille Reserven Technik: Sony PXW-X70

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20. August 201564. Jahrgang • 8095

Bild | Ton | Schnitt

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Technik: Tatort Himmelfahrtmit der Varicam 35 gedreht

Produktion: Stille Reserven

Technik: Sony PXW-X70

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Was passiert, wenn man neue kreative Spiel-räume bekommt und plötzlich neben 800 ISOGrundempfindlichkeit dieselbe Kamera aufKnopfdruck auch nativ mit 5.000 ISO einset-zen kann? Man verwirrt ganz sicher die Crewein wenig und wartet auf die ersten Reaktio-nen auf die neuen Arbeitsumstände.

»Sag mal, ich seh' fast nichts und du drehstmit Zooms?« fragte der Tonassistent nach dem ersten Nachtdreh mit der Varicam 35. Die Standfotografin guckte nach ihrem ersten

Arbeitstag am Low-light-Set »Safe House« fra-gend hoch: »Mit was für einer Fotokamera sollich denn das nächste Mal kommen?«

Meine Verbindung zum Tatort beginnt imJahre 2012, als ich den ersten Nord-Tatort Feuerteufel mit dem neuen Kommissar WotanWilke Möhrig als Thorsten Falke drehte, da-mals ganz klassisch auf einer Arri Alexa. Ansich war ich mit der Alexa damals glücklich,doch eine Sache störte mich ungemein: DieKamera voll aufgeriggt mit Funkschärfe, Funk-

Low-light-Baby

DP Matthias Bolliger und KameraassistentMario Loibl am Set von Himmelfahrt.

DP Matthias Bolliger hat Panasonics neues Flaggschiff, die Varicam 35, einem hartenPraxistest unterzogen: sie musste sich beim Nord-Tatort-Dreh im Mai dem rauhen Produktionsalltag stellen. Hier sein exklusiver Bericht von der ersten Langfilm -produktion mit dem neuen Kameramodell in Zentraleuropa.

Panasonic Varicam35Technik

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video und einem Light-weight-Zoom brachte um die25 kg auf die Waage! Daherwar für mich klar, dass ich imVorfeld des folgenden Spiel-filmprojekts Boy7 einen per-sönlicher Shootout auf derSuche nach leichteren Kame-ras starten würde (ein Berichtsteht in Film- & TV Kamera-mann5/2015, S.12 ff). Ich tes-te damals viel und drehte imSommer 2014 das Kino pro -jekt dann auf der Sony PMW-F5. Nebenbei war aber auchdie Lust geboren, immer malwieder Neues zu probieren.

Für den dieses Jahr anste-henden Tatort Himmel fahrtstand von Anfang an fest, dass wir den Thriller-Anteilder Geschichte hervorhebenwoll ten. Ausgangspunkt istein Leichenfund eines jor -danischen Geschäftsmannes.Die Spur führt Kommissar Falke direkt zumFlughafen Hannover-Langenhagen. Schnellstellt er fest, dass der Mord auf dem Flughafenvertuscht werden sollte. Verdächtigt wird einmysteriöser Syrien-Heimkehrer. Die Frage, obein Terrorakt geplant war, steht im Raum.Außerdem muss sich Falke mit einer neuen Ermittlungspartnerin an seiner Seite anfreun-den. Neu im Team: die Österreicherin Franzis-

ka Weisz als Bundespolizei-OberkommissarinJulia Grosz. Dieser aktuelle Nord-Tatort wurdevom NDR bei der Produktionsfirma Wüste Medien in Auftrag gegeben, Regie führte ÖzgürYildirim.

Folgende visuellen Parameter haben wirwährend der Drehvorbereitung festgelegt:� viel Handkamera, daher die Suche nach einermöglichst leichten und kompakten Einheit,� rauher und realer Grundlook,� unaufgeregte und differenzierte, Hauttonwiedergabe in Kombination mit zuwählenden Optiken,� Simplizität und Klarheit in der Licht -führung, gestaltete Realität mit modellierten(available-light) Nachtaufnahmen.

Anfang 2015 kam die Varicam 35 in Europaauf den Markt, und ich war mir sicher, für den anstehenden Tatort und unseren visuellen Ansatz wäre besonders die 5.000-ASA-Funk-tionalität der Kamera ein spannendes Grund -Setup – speziell für die diversen Low- light- Szenen des Buches. Mitte März stand dasSuper-35-Flagschiff von Panasonic dann daserste Mal vor mir. Voll-Aluminium-Guss, in derGewichtsklasse der Arri Amira und mit neuen

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Himmelfahrt ist der zweite Nord-Tatort, den dasRegie/Kamera-Duo Yildirm/Bolliger realisiert.

Fotos: W

üste Med

ien/nh

Panasonic Varicam35 – die Basics � Super-35-Sensorgröße� 4K/2K/HD-Auflösung mit Framerates bis zu 120fps� Codec Flexibilität: AVC-Ultra-Familie von AVC-Intra 100 422

(10bit) bis AVC-Intra 444 (12bit)� Multistream-Recording

* MainRecording, Digital Negativ* Sub-Recording /2nd-Stream + Proxys* 3 Monitoring-Outputs mit LUT-Preview* Raw-Recording Option mit andockbarem Codex-Rekorder

� Duale native Lichtempfindlichkeit von 800 ISO und 5.000 ISO

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Funktionen, die mich reizten, Panasonics spä-ten Auftritt auf der Bühne der Super-35 - Profi-Camcorder kennenzulernen.

5.000 ASA LichtempfindlickeitDie »dual-native ISO« ist für mich persönlichdas Key-Feature der neuen Kamera. Doch wassteckt dahinter, wenn man auf Knopfdruckzwischen zwei nativen Grundempfindlich -keiten umschalten kann und die gleiche Bild-qualität behält? Erzielt wird diese Funktiona-lität durch eine andere Kennlinie des Chipsmit einem separaten Schaltkreis. Sprich das

800-ASA-Signal wird für ISO-Stufen von 800bis 4.000 ASA von der Grundempfindlichkeitdes Chips ausgehend bis 4.000 ASA via Gainverstärkt und weist dann auch in den oberenISO-Bereichen ein erhöhtes Grundrauschenauf. Sobald dann aber 5.000 ASA erreicht sind,ist der Bildeindruck wieder ähnlich wie bei 800 ASA und der zweite Schaltkreis wird aktiv.Ab 5.000 ASA kann dann, falls benötigt, wiedereine Gain-Verstärkung bis 12.800 ASA drauf -gesetzt werden. Ich selber nutze aber grund-sätzlich nur die beiden Grundempfindlich -keiten von 800 und 5.000 ASA und stellte mir die Kamera so ein, dass ich nur direkt zwi-schen den beiden nativen Werten springenkonnte.

Nach meiner Erfahrung ist es durchaussinnvoll, zum Beispiel eine gewünschte 2.500-ASA-Lichtempfindlichkeit nicht über eine 800-ASA-Verstärkung, sondern über das 5.000-ASA-Setup und gegebenenfalls einen ND0.3-Filter zu erzielen.

Die gesteigerte Lichtempfindlichkeit nutzeich dann für mehr kreativen Freiraum. So ist es durchaus möglich, nachts mit Zooms zudrehen, man kann mit kürzeren Shutterzeitenund Pol-Filtern bei A/N experimentieren, undauch ein freies Spiel mit mehr Schärfentiefeund Frame raten bei wenig Licht und natürlichder Einsatz von definierten Practicals alsHauptlichtquellen erweitern den kreativenSpiel raum. Wir konnten auf diese Weise aucheine UV-Licht-Szene mit handelsüblichen UV-Lichtröhren drehen und trotzdem noch eineakzeptable Belichtung erzielen. Besondersbeim Arbeiten mit Practicals als Hauptlicht-quellen habe ich allerdings die Erfahrung ge-macht, dass ein noch intensiverer Kontakt zwi-schen der Licht- und Szenenbildabteilung, alsman das von 800-ASA-Projekten her gewohntist, ganz wichtig ist. Auch die Arbeit mit Nega-tive Fills, also die Kontrastdefinition der Schat-ten mit Fahnen, Floppys und »Rollmöpsen«bekam eine neue Qualität. Der Oberbeleuch-ter hatte dann nach einigen Drehtagen auchden Ruf weg, dass er nachts oft fast mehr aus-als einschaltete. Dennoch war mein Lichtpa-ket im LKW für Tagesszenen und weiterläufigeNachtsets dasselbe wie bisher. Allerdings warder Spielraum im Low-densitiy-Bereich durchdie Kamera maßgeblich erweitert.

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Panasonic Varicam 35

Die Varicam 35 verfügt über zwei getrennteSchaltkreise für 800-ASA- und 5.000-ASA-Empfind-lichkeit. Die beiden Aufnahmen sind aus dem Material und zeigen, welche kreativen Spielräumedamit eröffnet werden (unten UV-Szene).

Technik

Grafik: Pan

asonic, Stills aus dem

Material von M

atthias Bolliger/©NDR

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in der Varicam genutzt werden, solange 50 fpsin HD nicht überschritten werden. Dies er-leichterte unsere Logistik, da wir bis auf denDreh abschnitt am Flughafen Hannover ohneData Wrangler arbeiten mussten. Die Kartenwurden deshalb die meiste Zeit per Shuttle insPosthaus gebracht und kamen so erst nachzwei bis drei Tagen zurück, das heißt, wirbrauchten einen größeren Vor rat an Drehkar-ten.Und da waren die 64GB-P2-Standardkar-ten natürlich die kostengünstigere Lösung,nur für höhere Zeitlupen und 4K- Re cordingssetzten wir die teu reren P2-express Cards ein.

Erste Tests mit der VaricamIn einem ersten Test ging es darum, der neuenKamera beim Verleiher AVT-Plus in Hamburgetwas auf den Zahn zu fühlen: mit einem Still - leben-Setup und weiteren Real-Motiven mitHochkontrast- und Hauttonmotiven sowie einem Ausflug an die Landungsbrücken inHamburg bei Nacht. Bearbeitet wurde dasganze anschließend bei Optical Art in Ham-burg mit einen Baselight-Gradingsystem. Derallgemeine Eindruck war dann auch vielver-sprechend. Ein natürlicher, unaufgeregt-filmi-scher Bildeindruck, kein buntes Clipping inden Lichtern und ein überzeugender Schwarz-weiß-Kontrast in den Schatten. Grauflächenwiesen ein buntes Signal echo auf, jedoch nichtals buntes Rauschen, sondern als farbneutraleTextur. Hauttöne gab die Kamera eher etwasblässlich wieder und man fühlte sich etwas andie Alexa erinnert. Der 5.000-ASA-Mode er-schien dezent gesättigter als die 800-ASA-Vari-ante, dies allerdings eher messtechnisch dennwirklich visuell auffällig. Nach dem ersten Testgab es dann grünes Licht von der Postproduk-tion und der weiteren kreativen Look-Ent-wicklung stand nichts mehr im Weg.

OptikenOptiken sind wie Wein, sie haben Charakteroder eben nicht. Und in der Tat ist neben demSensor und der Aufzeichungsverarbeitung/Codec der verwendete Linsensatz immermehr das zentrale Charaktermerkmal der Ab-bildungsgüte. Je besser und ähnlicher sich dieHighend-Digitalkameras wer den, desto mehr

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Panasonic Varicam 35

Multistream-Recording und Datenvolumen

Die Varicam ist in der Lage, mehrere Streamsgleichzeitig aufzuzeichnen und live darzustel-len. Standard sind zwei Recordings und einProxy-Stream. Dabei wird auf den Hauptslotsdas Main-Recording auf P2-Express-Kartenaufgezeichnet. Im sogenannten SUB-Recor-ding auf Micro-P2-Cards findet der Referenz-strom als 2nd-Stream mit zusätzlichem Proxy-Video statt. Wer dann wirklich noch mehrbraucht, kann mit einem direkt an die Kameraandockbaren Codex-Rekorder auch die Raw-Daten aufzeichnen. Eine Option, die bei die-sem Projekt aufgrund der reinen TV-Aus -wertung von vorneherein ausschied, da derloga rithmische Videostream in V-Log ausrei-chend war. Bis zu drei unterschiedlich konfi-gurierbare Monitor-Outputs mit individuellbelegbaren LUTs und Looks auf den Videoaus-gängen runden die Kamera-Performance ab.

Sobald das Thema 4K-Recording auf-kommt, geht es auch immer um Datenratenund Speichermedien sowie Speicherplatz. Vor-ab steht die Frage, welchen Codec man für dasRecording nutzt. Qualität und Datenvolumenstehen sich da meist entgegen. Bei der Vari-cam 35 wird im 4K-Modus nicht Apples ver-breiteter ProRes-Codec, sondern AVC-Intra444, 12bit genutzt. Dies reduziert das Daten-volumen von immerhin fast 600 GB/h mit Pro-Res 444 auf rund 300 GB/h mit AVC-Intra 444.

Für die konkrete Drehplanung gab es zu-dem eine produktionstechnische Vorgabe,nämlich dass das Daten-Endvolumen unsererProduktion einen Arri-Alexa-HD/2K-Tatortmit einem Drehverhältnis von 1:15 nicht über-schreiten sollte – üblich ist da eine Größenord-nung von drei bis vier Terabyte pro Produk-tion. Eine durchgängige Aquise in 4K hätteaber ein Datenvolumen von bis zu 12 Terabytegeneriert; daher war von Anfang an klar, dasswir einen Format-Mix machen würden: Aus-gewählte Bilder mit zu erwartendem an-spruchsvollen Grading, weite Totalen, VFX-und Compositingshots sowie Greenscreenswurden in 4K, klassische Spielszenen undDrehs mit zwei Kameras in HD aufgezeichnet.

Günstigerweise können zudem Standard-P2-Karten der Vorgängerserie (F-Series) auch

Technik

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will man als DP die visuelle Bildcharakteristik,Kontrast wieder gabe und das Bokeh mitsteu-ern. Linsen mit Charakter sind also gefragterdenn je, und so erstaunt es nicht, wenn 50 Jah-re alte Gläser neu gefasst eine Renaissance er-leben. Im Vorfeld dieser Tatort-Produktion tes-tete ich Zeiss HS-Optiken gegen ältere CookeS2/S3-Sätze in einem P+S-Rehousing. Schnellzeigten sich typische Merkmale der beiden

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Festbrennweiten-Sätze. Während die Zeiss-Linsen schärfer, etwas kälter und mit einer fast schon überhöhten Kantenschärfe sowieeinem guten Flairverhalten auftrumpften, er-schienen die Cookes weicher, wärmer undauch etwas schmutzig-flairig. Für unseren Ge-staltungsansatz war das genau das Richtige.Als Lightweight-Zooms ergänzten die beiden Angé nieux Optimo DP Varios das Linsen -

Der Einsatzvon Practicals

als Haupt-lichtquellenerweitert

den kreativenSpielraum. St

ill aus dem

Material von M

atthias Bolliger/©NDR

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ensemble, jeweils verfeinert mit einem 1/4-Black-Promist, matchten sich gut mit den Cooke-Festbrennweiten.

LUTs, LOOKs und CDLsSo genannte LUTs (Look Up Tables) sindKontrast- und Farbanpassungen zwischenunterschiedlichen Medien, im Filmbereichmeist zur Preview eines späteren Looks oderzur vereinfachten Konversion in einem ande-ren Farbraum. Damit können beispielsweiselogarithmische Video-Signale von Kameras direkt am Set vorkorrigiert werden und erge-ben als Preview einen Eindruck der späterenvisuellen Umsetzung. Wie eine Logarithmen-tafel oder Zinstabelle wird zu jedem Input einentsprechender Output definiert. Jede Quan -tisierungsstufe des Videosignals erhält einenentsprechenden Zielwert.

Generell unterscheidet man 1D-LUTs und3D-LUTs: 1D-LUTs sind vereinfachte Konver-tierungen, beispielsweise Kontrastverstärkun-gen für videotechnische Rec709-Wandlungen.Wer aber aufwendigere Farb looks erstellenwill, kommt in der Regel nicht um eine 3D-LUT herum. In drei Dimensionen wird derRGB-Farb raum aufgespannt und für einzelneFarbtöne sind Farbtonverschiebungen undSättigungsänderungen möglich. Die Vari-cam unterstützt 3D-LUTs mit 17 x 17 x17Stützpunkten, dies aber nur im Panasonic-

eigenen *vlt-Format. Die DaVinci-Resolve-Gradingsysteme unterstützen dieses Dateifor-mat direkt, bei anderen Gradingsystemenmuss der Export mit einem LUT-Creator ent-sprechend gewandelt werden.

Neben 3D-LUTs kann die Varicam 35 auchASC CDLs verwalten (Parameter s.o.) und inKombination mit 3D-LUTs oder jeweils ein-zeln darstellen. Eine CDL (Color Decision List)ist eigentlich eine 1D-LUT mit Stättigungsre-gelung on top und beinhaltet dann drei Wertefür Rot, Grün und Blau, nämlich eine Steue-rung von Helligkeit, Kontrast und Lichtern je-weils für R,G,B sowie eine generelle Sätti-gungsregelung. Zehn Werte, die vereinfachteinen Look beschreiben. Mitdefiniert vomASC, der American Society of Cinematogra-phers, hilft diese erweiterte 1D-LUT die Kom-munikation über die Lookgestaltung zu ver-einheitlichen und zu vereinfachen.

Die Rechenpower der Varicam 35 reichtaus, um 3D-LUTs und CDLs im Sucher, den

Video ausgängen oder demRecording je nach Wunscheinzubacken, das heißt, ex-terne LUT-Boxen, wie etwaHD-Link, Pandora-Pluto, IS-mini oder Aja-LUT-Box wer-den an dieser Kamera nichtbenötigt.

Für unseren Dreh nutztenwir das SUB- Recording als visuelle Referenz dessen, was wir am Set als Preview sahenund damit definierten. DasMAIN-Recording blieb weiterals V-Log Stream unangetas-tet von LUTs, CDLs undLooks. Nur der Weißabgleich(warm/kalt) und die ColorCorrection (magenta/grün)sind ähnlich wie im Workflow

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Panasonic Varicam 35Technik

Die Rechenpower der Varicam 35 reicht aus, um 3D-LUTs und CDLs im Sucher, den Video ausgängen oder dem Recording je nach Wunscheinzubacken, das heißt, externe LUT-Boxen werden an dieser Kameranicht benötigt

Foto: P

anasonic

ASC-CDL Parameteroffset: Helligkeitsregulierung

über das gesamt Bildpower/gamma: Kontrastumsetzungslope/gain: Kontrolle der Lichter,

keine Veränderung der Schatten

saturation: Sättigungsregulierung über alles

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mit einer Alexa im flachen Datenstrom ent-halten und schaffen die Basis für alles weitere.Wobei in den Unterordner der P2-Datenstruk-tur 3D-LUT Infos und CDLs als Metadatenmitaufgezeichnet werden.

Wir nutzten allerdings ein manuellesMuster -Grading am Baselight, um das späterefinale Grading mit dem Baselight beschleuni-gen zu können und dann direkt auf die Datender Muster-Farbkorrektur zugreifen zu kön-nen. Dies gewissermaßen als ein Tribut an dienur maximal zwei bis drei Tage Farbkorrektur,die man heutzutage für eine Tatort-Folge zuge -standen bekommt.

Das SUB-Recording kann auf Wunsch auch mit eingeblendeten Kameradaten, Let-terbox-Kasch oder gar einem Wasserzeichenversehen werden. Ich verzichtete aber auf alldas, um im 2nd-Stream neben der Funktionals Referenzstrom auch ein Backup-Recordingmit Look zu haben.

Grading am Set

Die Münchner Firma Pomfort präsentiert mitLiveGrade Pro ein Farb- und Lookmanage-ment-Tool für die Prävisualisierung von Kamera-Looks am Set. Damit wird die Gestal-tung, Bearbeitung und Verwaltung von Kame-ra-Looks am Drehort möglich, was einerseitsder Prävisualisierung am Motiv dient, ande-rerseits auch als Grundlage für die Muster -erstellung und das finale Grading dienen kann.Bisher nutzt man die Pomfort-Software mit einem Laptop, der wiederum eine externeLUT-Box wie den HD Link von Blackmagic Design oder IS-Mini von Fujifilm steuert. Mitder Varicam wird nun, wie bereits gesagt, die

zusätzliche LUT-Box überflüssig und die Pomfort-Software kann so direkt mit der Ka-mera kommunizieren und deren CDL-Gra-ding inter aktiv steuern. Dies ist sowohl perLAN als auch via WLAN möglich. Zudem ver-öffentlichte Pomfort im April 2015 mit Live-Grade Air eine erste iOS-Version der Mac-Soft-ware, so dass diese nun auch mit einem iPadnutzbar ist. Dies ermöglicht gerade mit derSteuerung über Wi-Fi eine bis dahin nicht ge-kannte Flexibiltät ohne Kabel und stationäreComputer-Hardware. Auch kann man so imVorfeld Looks ohne Posthouse kreieren und inder Kamera abspeichern, so dass man im rau-hen Drehtag dann schnell zwischen den vor-gefertigten Presets wechseln kann. LiveGradeAir wird als Free-App mit zahlreiche Funktio-nen vertrieben, zur Steuerung der Varicam istein In-App-Kauf nötig: Varicam look controlkostet 99 Euro.

Tipps und Tricks für dieArbeit mit der VaricamEine viermal erhöhte Lichtempfindlichkeitvon 5.000 ASA gegenüber 800 ASA bedeutet einen neuen Umgang mit Schattenführungund Kontrastkontrolle. Ein anderes Leuchtenwird für Low-light-Motive mit 5.000 ASAzwangsläufig: Die schon erwähnten NegativeFills, Fahnen und Floppys helfen Schatten gezielt zu modellieren.

Der Sucherder Kamera ist gut gelungen. Esist ein OLED-Viewfinder mit optischem Zoomund einem feststellbaren Dioptrinausgleicham Okular. Gerade die frei wählbare optischeVergrößerung schafft auf Wunsch eine immer-sive Bildbetrachtung. Allerdings sollte die Ab-

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Panasonic Varicam 35

Der OLED-Sucher ist gut gelungen; bei der Bedienung der User-Buttons gibt es einige Besonderheiten.

Technik

Fotos: M

atthias Bolliger

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schaltautomatik des Viewfinders im Sucher-menü auf eine Minute verlängert werden, da-mit das Okular bei verrutschtem Auge nichtungewollt im Take ausgeht. Das Tally sollte imSucher standardmäßig ausgeschaltet werden,ansonsten wird die rote LED-Leuchte bei 5.000 ASA ungewollt zum Fill Light.

Monitoring:Die Integration von LUTs undCDLs für Recording und Preview ist durch-dacht. Ideal wäre es aus meiner Sicht gewesen,einen offenen 3D-LUT-Standard wie *cube zuwählen, aber auch das Panasonic-eigene *vlt-file ist herleitbar.

Performance und Handling: Die Kamerabootet in rund 20 Sekunden, das Bild ist nachsechs Sekunden da. Das ist gut. Wichtig: DieUserbuttons funktionieren nicht bei geöffne-tem Menü (Software-Version 2.X), erst nach einem Druck auf HOME sind dann auch dieUsertasten wieder nutzbar. Auch der Record-Knopf braucht etwas Zuwendung: Um eineAufnahme zu beginnen, sollte man ihn nichtnur antippen, sondern circa 1/4 Sekunde langgedrückt halten. Das Kontrollpanel am Rekor-der ist abnehmbar und lässt sich hot-swopableauch auf der Assi-Seite anbringen. Auf Wunschlassen sich Kamerakopf und Rekordereinheit,wie bei einer Alexa M, trennen und mit einenVerbindungskabel absetzen. Die Kamerakon-figuration kann auf SD-Karten gespeichert undsomit schnell auch auf weitere Kameras über-tragen werden. Aber auch für ei nen schnellen

Wechsel zwischen unterschiedlichen Auflösun-gen und Framerates kann die SD-Card wirklichhilfreich sein und mehrere Re-Startvorgängeder Kamera vermeiden.

Das Schulterpad mit 15mm-Rohraufnah-me ist an sich sympathisch, weist aber in Kom-bination mit schwergängigeren Optiken undstärken Schärfenmotoren etwas Spiel auf. Dascheint der inzwischen erhältliche Arri-Unter-bau für die Kamera fast zielführender.

Fazit: Alles in allem kommt Panasonicziemlich spät auf dem Markt der szenischenHigh-End- Kameras an, dafür aber mit etwasBedacht und Überblick über inzwischen Bewährtes. Neue Funktionalitäten wie dieDual-Native-ISO geben der Kamera aktuell ein Alleinstellungsmerkmal. Dennoch, im Arri- Stammland wird es die Kamera wohl zunächstnicht ganz einfach haben, aber dafür hat die

Marke aus München einenernsthaften Konkurrenten andie Seite bekommen.

Matthias Bolliger

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Tatort: Himmelfahrt, 2015A NDR Red Donald Kraemer PWüste Medien GmbH B Florian Öller RÖzgür Yildirim KMatthias Bolliger2U Florian Kirchler KAMario Loibl G Ben jamin AntonL Thorsten Kosellek TMaarten van de Voort DWotanWilke Möhring, Franziska Weisz, Marie-Lou Sellem,Christoph Letkowski SzB Tamo Kunz S Sebastian ThümlerSendetermin Frühjahr 2016

IBC 2015 / 11. C 88

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