2,3-dihalogen-1,4,7-heptantriole als flammschutzmittel in PUR-hartschäumen

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 195 (1992) 111-120 (NK 3360) Institut fur Chemie der Nikolaus-Copernicus-Universitat, 87-100 Torun, Polen 2,3-Dihalogen-1,4,7-heptantriole als Flammschutzmittel in PUR-Hartschaumen Krzysztof Marzec (Eingegangen am 18. Marz 1991) ZUSAMMENFASSUNG: Die Verwendbarkeit der aus 2-Furaldehyd erhaltenen Halogentriole2,3-Dichlor- und 2,3-Dibrom-I,4,7-heptantriol als reaktive Flammschutzmittel fur PUR-Hartschaume wurde untersucht. Zur Modifikation der Schaume wurden diese Verbindungen allein und im synergistischen System mit Antimontrioxid verwendet. SUMMARY The application of 2,3-dichloro-and 2,3-dibromo-l,4,7-heptanetriol, obtained from 2-furancarboxaldehyde, as reactive flame-retarding agents for rigid polyurethane foams was investigated.For the modification of the foams, these compounds were used alone and with antimony oxide in the synergistic system CI/Sb and Br/Sb. 1. Einleitung Auf der Suche nach neuen reaktiven Flammschutzmitteln fur Polyurethane wurde bereits fruher uber halogenierte, aus 2-Furaldehyd hergestellte Dihalo- gendiole berichtet'. 2. Diese Verbindungen weisen die volle Brauchbarkeit als Flammschutzmittel fur im Bauwesen verwendete Polyurethan-Hartschaume auf3. Die vorliegende Arbeit beschreibt die Verwendung zweier neuer Polyole, des 2,3-Dichlor- 1,4,7-heptantriols (DCHT) und des 2,3-Dibrom-I ,4,7-heptan- triols (DBHT) als Flammschutzmittel. Diese Alkohole lassen sich auch aus 2-Furaldehyd erhalten4. 2-Furaldehyd hat als Ausgangsmaterial den Vorzug, da13 er aus landwirtschaftlichen Abfallmaterialien oder aus Holzabfallen leicht zuganglich ist5y6. DCHT und DBHT sind, wie bereits fruher gezeigt4, als Vorprodukte zur Synthese von selbstloschenden Polyurethanharzen nutz- bar. Sie treten leicht in die Polyadditionsreaktion mit handelsublichen Diisocy- anaten (z. B. mit SYStant TP 807) ein und ergeben Werkstoffe mit guter ther- mischer Bestandigkeit. Vor allem aber bilden diese Halogentriole Poly- 0 1992 Huthig & Wepf Verlag, Basel CCC 0003-3 146/92/$04.00 111

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 195 (1992) 111-120 (NK 3360)

Institut fur Chemie der Nikolaus-Copernicus-Universitat, 87-100 Torun, Polen

2,3-Dihalogen-1,4,7-heptantriole als Flammschutzmittel in PUR-Hartschaumen

Krzysztof Marzec

(Eingegangen am 18. Marz 1991)

ZUSAMMENFASSUNG: Die Verwendbarkeit der aus 2-Furaldehyd erhaltenen Halogentriole 2,3-Dichlor- und

2,3-Dibrom-I ,4,7-heptantriol als reaktive Flammschutzmittel fur PUR-Hartschaume wurde untersucht. Zur Modifikation der Schaume wurden diese Verbindungen allein und im synergistischen System mit Antimontrioxid verwendet.

SUMMARY The application of 2,3-dichloro- and 2,3-dibromo-l,4,7-heptanetriol, obtained from

2-furancarboxaldehyde, as reactive flame-retarding agents for rigid polyurethane foams was investigated. For the modification of the foams, these compounds were used alone and with antimony oxide in the synergistic system CI/Sb and Br/Sb.

1. Einleitung

Auf der Suche nach neuen reaktiven Flammschutzmitteln fur Polyurethane wurde bereits fruher uber halogenierte, aus 2-Furaldehyd hergestellte Dihalo- gendiole berichtet'. 2. Diese Verbindungen weisen die volle Brauchbarkeit als Flammschutzmittel fur im Bauwesen verwendete Polyurethan-Hartschaume auf3.

Die vorliegende Arbeit beschreibt die Verwendung zweier neuer Polyole, des 2,3-Dichlor- 1,4,7-heptantriols (DCHT) und des 2,3-Dibrom-I ,4,7-heptan- triols (DBHT) als Flammschutzmittel. Diese Alkohole lassen sich auch aus 2-Furaldehyd erhalten4. 2-Furaldehyd hat als Ausgangsmaterial den Vorzug, da13 er aus landwirtschaftlichen Abfallmaterialien oder aus Holzabfallen leicht zuganglich ist5y6. DCHT und DBHT sind, wie bereits fruher gezeigt4, als Vorprodukte zur Synthese von selbstloschenden Polyurethanharzen nutz- bar. Sie treten leicht in die Polyadditionsreaktion mit handelsublichen Diisocy- anaten (z. B. mit SYStant TP 807) ein und ergeben Werkstoffe mit guter ther- mischer Bestandigkeit. Vor allem aber bilden diese Halogentriole Poly-

0 1992 Huthig & Wepf Verlag, Basel CCC 0003-3 146/92/$04.00 111

K. Marzec

urethane mit groBer Fe~erbestandigkeit~. Im Zusammenhang damit wurde die Nutzung von DCHT und DBHT als reaktive Feuerschutzmittel fur indu- striell erzeugte PUR-Hartschaume vorgeschlagen. Zu diesem Zweck wurden aus konventionellen Materialien erzeugte Schaume mit DCHT und DBHT modifiziert und deren Eigenschaften, hauptsachlich ihre Feuerbestandigkeit, untersucht.

2. Experimenteller Teil

2.1 Material

Die als reaktive Flammschutzmittel verwendeten 2,3-Dichlor-l,4,7-heptantriol (Molmasse 217,l g/mol, Chlorgehalt 32,72 Gew.-%) und 2,3-Dibrom-l,4,7-heptantriol (Molmasse 306,l g/mol, Bromgehalt 52,26 Gew.-%) wurden nach4 erhalten.

Als Polyetheralkhoholkomponente zur Darstellung von PUR-Hartschaumen wurde eine Mischung mit folgender Zusammensetzung verwendet: 45 Gew.-Teile Rokopol T (Propylenoxid + Toluylen-2,4(2,6)-diamin + Triethanolamin, OH-Zahl = 460) (Orga- nika-Rokita, Polen), 40 Gew.-Teile Rokopol RF 33 (Propylenoxid + Saccharose, OH- Zahl = 495) (Organika-Rokita, Polen), 15 Gew.-Teile Rokopol G 100 (Propylenoxid + Glycerin, OH-Zahl = 160) (Organika-Rokita, Polen), 35 Gew.-Teile Freon 11 (Fluor- trichlormethan) (Du Pont, USA), 2 Gew.-Teile Silicone L 5420 (Siliconol) (Union Car- bide, USA), 0,5 Gew.-Teile Dabco 33 LV (33 proz. Liisung von Diazabicyclo[2,2,2]octan in Dipropylenglykol) (Organika-Zachem, Polen), 0,5 Gew.-Teile Propamina A (N,N- Dimethylethanolamin) (Union Carbide, USA) und 0,5 Gew.-Teile Wasser.

Als Isocyanatkomponente wurde ein Gemisch von Toluylen-2,4- und -2,6-diisocya- nat (im Gewichtsverhaltnis 4 : 1) eingesetzt (Organika-Zachem, Polen).

Bei der Schaumsynthese wurde auch Antimontrioxid (Sojuzchimeksport, UdSSR) verwendet.

2.2 PUR-Hartschaumherstellung

Die Zusammensetzung der PUR-Hartschaume ist in %b. 1 zusammengefaBt.

Methode A (Vergleichschaum):

In ein ReaktionsgefaD wurden 100 g Polyetheralkoholkomponente und 80 g Isocya- natkomponente (NCO :OH = 1,05 : 1) eingetragen und rnit einem Propellerriihrer bei ca. 2000 U/min innerhalb von 10 s homogenisiert und dann in eine offene Metallform (30 x 15 x 15 cm) gegossen.

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2,3-Dihalogen-1,4,7-heptantriole als Flammschutzmittel

Tab. 1 . Zusammensetzung der PUR-Hartschaume, Nr. 2-9 mit DCHT, Nr. 10- 15 mit DBHT modifiziert.

Nr. Methode Polyetheralkohol Isocyanat Halogentriol Sb,O, (g) (g) (€9 (g)

1 A 2 B 3 c 4 B 5 c 6 B 7 c 8 B 9 B

10 B 11 c 12 B 13 C 14 B 15 B

100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

80 90,l 90,3

109,2 1 10,6 135,6 140,3 173,3 233,l 91,5 91,8

106,4 107,2 125 152

- 6 6 1

17,3 18,l 32,9 35,7 55,2 90,6 9 4 9 3

22 22,7 37,5 60

Methode B (mit DCHT und DBHT):

Zu 100 g Polyetheralkoholkomponente wurde jeweils das Dihalogentriol in einer fur den gewiinschen Halogengehalt im Hartschaum erforderlichen Menge (Tab. 1) zuge- setzt und gut geriihrt. Zu dem erhaltenen Gemisch wurde die Isocyanatkomponente in der Menge hinzugefiigt (vgl. Tab. l), daB der UberschuB der NCO-Gruppen im Verhalt- nis zu den OH-Gruppen 5% betrug. Nach 10- 15 s Homogenisieren mit einem Propel- lerriihrer bei ca. 2000 U/min wurde das Reaktionsgemisch in eine offene Metallform gegossen.

Methode C (mit DCHT, DBHT und Antimontrioxid):

Zu 100 g Polyetheralkoholkomponente wurde, im stochiometrischen Verhaltnis zum Halogenpolyol, Antimontrioxid sowie das entsprechende Dihalogentriol (vgl. Tab. 1 ) zugesetzt und, wie oben angegegeben, gut geriihrt. Zum homogenen Gemisch wurde die Isocyanatkomponente im UberschuB (NCO : OH = 1,05 : 1) zugegeben (vgl. Tab. 1). Die weitere Durchfiihrung war wie bei Methode B.

Nach Lagern (48 h, 20 "C) wurden aus diesen Schaumen Proben herausgeschnitten und den Untersuchungen unterworfen, deren Resultate in Tab. 2 zusammengestellt sind.

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Tab.

2.

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35

46

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2.3 Messungen

Die Feuerbestandigkeit der Schaume wurde durch Messen der Flammengeschwin- digkeit v, der Brennzeit t und der Flammenreichweite F, nach ASTM D 1692-74 (fur funf Proben)* und durch Messen des Sauerstoff-Indexes 01 nach PN-76/C-89020 (fur drei P r ~ b e n ) ~ bestimmt. Auch der EinfluB des Zusatzes von DCHT und DBHT auf die Rohdichte X (nach PN-65/C-89046, fur funf Proben)Io sowie die Druckfestigkeit parallel zur Richtung des Anstiegs des Schaums (RCI I) (nach PN-63/C-89071, fur funf Proben)" wurden untersucht. Die Druckfestigkeit der Hartschaume wurde mit Hilfe eines Instron-Gerates (Model1 1026) bestimmt; die Schubgeschwindigkeit der Platte betrug 5 mm/min. Mit Hilfe der Differential-Thermogravimetrie (DTG) und Thermo- gravimetrie (TG) wurden fur die Hartschaume die Temperatur des Beginns der Zerset- zung (To) und der Masseverlust bei 200, 300 und 400 "C bestimmt. Die thermischen Untersuchungen wurden mit einem Derivatographen nach dem System Paulik-Pau- lik-Erday (Typ OD 102, MOM Budapest, Ungarn) in Luft im Temperaturbereich 20- 500 "C durchgefuhrt. Die Heizgeschwindigkeit der Proben betrug 2,5 "C/min, die Einwaage 100 mg, die Empfindlichkeit 100 mg (TG) bzw. 1/3 (DTG). Als Eichsubstanz diente A1,0, (Platintiegel).

Die Resultate sind in Tab. 2 zusammengestellt.

3. Ergebnisse und Diskussion

Die in Tab. 2 zusammengestellten Untersuchungsergebnisse zeigen die volle Eignung von DCHT und DBHT als reaktive Flammschutzmittel fur PUR- Hartschaume, die industriell aus den klassischen Vorprodukten erzeugt und im Bauwesen als Isolierungsmaterial verwendet werden. Alle diese Schaume (Nr. 2 - 1 3 , die mittels der genannten Halogentriole modifiziert waren, zeigen im Vergleich zum unmodifizierten Standardschaum Nr. 1 bessere Eigenschaf- ten in Bezug auf die Brennbarkeit - vgl. Flammengeschwindigkeit v, Flam- menreichweite Fw, Brennzeit t und Sauerstoff-Index 01. Die Herabsetzung der Brennbarkeit wird schon bei 1 Yo Halogengehalt im PUR-Hartschaum beob- achtet; z. B. sinkt fur Schaum Nr. 2 (1 Gew.-Yo C1) im Vergleich zum Standard- schaum Nr. 1 die Flammengeschwindigkeit v um 2 mm/s. Fur den PUR- Schaum Nr. 2 betragt sie 2,88 mm/s, fur den Vergleichschaum Nr. 1 dagegen (ohne Chlor) sogar 4,87 mm/s. Gleichzeitig erhoht sich der Sauerstoff-Index von 18,6 (Vergleichschaum Nr. 1) auf 18,7 fur den Schaum Nr. 2. Diese Unter- schiede nehmen mit wachsendem Halogengehalt im Schaum zu (vgl. Tab. 2). Bei einem Chlorgehalt von 7 Gew.-Yo (Schaum Nr. 9) vermindert sich die Flam- mengeschwindigkeit v auf 1,38 mm/s, der Sauerstoff-Index erreicht dagegen den Wert 20,5.

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Bei der Modifizierung mit DBHT beobachtet man eine vergleichbare Ver- minderung des v-Wertes, aber einen Anstieg des 01-Wertes. In diesem Fall waren bereits die Schaume Nr. 14 und Nr. 15, die entsprechend 7,5 bzw. 10 Gew.-"o Brom enthalten, laut Norm9 selbstloschend. Die Wirksamkeit der Halogentriole als reaktive Flammschutzmittel ist in Abb. 1 gezeigt.

Aus den 01-Kurven (Abb. 1) wurde der Halogengehalt bestimmt, bei dem der Hartschaum einen grol3eren 01-Wert als 21 erreicht; das ist die Halogen- menge, bei der der Schaum als selbstloschend definiert werden kann9. Fur den Schaum, der mit DCHT modifiziert wurde, betragt der Wert uber 8,9070 (bestimmt durch die Extrapolation der OIcl-Kurve, vgl. Abb. I), dagegen fur den DBHT modifizierten Schaum uber 5,4% (bestimmt aus der OI,,-Kurve, vgl. Abb. 1). Aus dem Vergleich dieser Werte ergibt sich, da8 DBHT das bes- sere Flammschutzmittel ist.

Bei Verwendung der Halogentriole im synergistischen System mit Sb203 wurde noch eine grol3ere Wirksamkeit dieser Verbindungen beobachtet. Eine

, I ~ I ~ I ~ I ~ I ~ I ' I ' I ' I . I 1 3 5 I 9

C, [Gew.-%]

Abb. 1. EinfluB des Halogengehalts C , auf die Brennbarkeit. Flammengeschwindig- keit der Schaume: ( 0 ) Nr. 2, 4, 6, 8, 9 (vcl = 3,178 - 0,33 C,, + 0,0117 Ctl), (x) Nr. 10, 12, 14, 15 (vBr = 3,13 - 0,235 CB, + 0,0096 C',,). Sauerstoff-Index der Schaume: ( 0 ) Nr. 2, 4, 6, 8, 9 (OIc, = 18,364 + 0,325 C,, - 0,003 C;,), (m) Nr. 10, 12, 14, 15 (OIB, = 17,875 + 0,686 C,, - 0,02 C;,), (A) Nr. 3, 5, 7 (OIcl,sb = 18,644 + 1,077 C,, - 0,02 C&).

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geringe Menge von Sb203 (vgl. Tab. I), das zusammen rnit dem Chlor- oder Bromtriol in den Werkstoff eingefuhrt wurde, verursacht einen betrachtlichen 01-Anstieg und verbessert auch andere Brennbarkeitsindices (v, Fw und t) die- ser Werkstoffe (vgl. Tab. 2). Die untersuchten Werkstoffe wurden rnit einer sol- chen Menge Sb203 (Tab. 1) modifiziert, da13 die ganze im Schaum enthal- tende Halogenmenge stochiometrisch zu fluchtigen SbC13 oder SbBr3 reagie- ren konnte, den nach der Theorie eigentlichen Flammschutzmitteln. SbzO3 ist als Brennverzogerer ausschliefilich in Gegenwart von Halogenen wirksam, und der optimale synergistische Effekt wird bei einem Atomverhaltnis von Halo- gen: Sb = 3 : 1 erreicht12-14. So betragt z. B. fur den Schaum Nr. 12 (5% Br) die Flammengeschwindigkeit v 2,2 mm/s, der Sauerstoff-Index 20,7, und laut

ist er noch ein brennbarer Werkstoff. Bei Verwendung des Systems Bromtriol/Sb203 rnit demselben Bromgehalt (Schaum Nr. 13) betragt der 0 1 213 (01-Anstieg um 1,l) und seine Flammenreichweite Fw und Brennzeit t betragen entsprechend 3 1,4 mm bzw. 15,4 s. Diese Werte erlauben, den Schaum Nr. 13 laut Norm9 zu den selbstloschenden Werkstoffen zu zahlen, dagegen nach Norm8 zu den schwer brennbaren Werkstoffen. Ahnliche Resultate wur- den bei der Modifikation von Schaumen rnit dem synergistischen System DCHT/Sb20, erzielt (vgl. Tab. 2 und OIcvsb-Kurve-Abb. 1). Die Verwendung der synergistischen Systeme Cl/Sb und Br/Sb ermoglicht die Verringerung der Brennbarkeit von Hartschaumen bei kleinerer Belastung dieser Werkstoffe mit dem verwendeten Halogentriol. So ist z. B. der Schaum, der nur rnit DCHT modifiziert wurde, selbstloschend (01 > 21), wenn er mehr als 8,9 Gew.-Yo Chlor enthalt (vgl. OIcI-Kurve-Abb. 1); das entspricht einem Triolgehalt von 27,2 Gew.-Yo im Hartschaum. Wird der Schaum dagegen rnit DCHT und Sb203 modifiziert, weist er den Selbstloscheffekt schon bei 2,3 Gew.-To Chlor- gehalt auf (vgl. OIcl/sb-Kurve-Abb. I), was einem Chlortriolgehalt von 7 Gew.-% im Schaum entspricht. Durch Anwendung dieser Kombinationen lal3t sich der Chlorgehalt also um uber 74% reduzieren.

Es wurde auch festgestellt, dal3 die Rohdichte der Schaume zusammen rnit dem Halogengehalt im Werkstoff steigt, dal3 aber dieser Anstieg im Vergleich rnit dem Standardschaum Nr. 1 nicht grol3 ist (vgl. Tab. 2). Aus den in Tab. 2 zusammengestellten Daten ergibt sich aber, dal3 dies durch Verwendung von Halogenpolyolen im synergistischen System minimiert werden kann, bei gleichzeitiger Erhaltung der selbstloschenden Eigenschaften.

Die Messungen der Druckfestigkeit' haben gezeigt, dal3 die Modifikation rnit den Halogentriolen keinen praktischen Einflul3 auf diese Eigenschaft hat. Es wurde aber festgestellt, da13 in den meisten Fallen diese Festigkeit im Ver-

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gleich mit der Festigkeit von Vergleichsschaum Nr. 1 unbetrachtlich grorjer war (vgl. R, II -Werte in Tab. 2).

Der Zusatz der reaktiven Flammschutzmittel DCHT und DBHT hat prak- tisch keinen Einflurj auf die Anderung der Temperatur der beginnenden Zer- setzung (To) der Schaume. Im Vergleich rnit dem Standardschaum Nr. 1 (To = 182 "C) unterscheiden sich die To-Werte der modifizierten Schaume maxi- mal nur um - 3 oder + 2 "C (vgl. Tab. 2). Dies deutet darauf hin, darj die zur Modifikation der Hartschaume verwendeten Halogentriole gut rnit der Isocya- natkomponente reagieren, was eine gunstige Eigenschaft der reaktiven Flammschutzmittel ist. Im Gegensatz zu nicht gebundenen Mitteln unterliegen sie nicht dem MigrationprozeD aus dem modifizierten Werkstoff, besonders bei hoheren Temperaturen12* 15, 16.

Die in Tab. 2 zusammengestellten Ergebnisse der Masseverluste bei verschie- denen Temperaturen zeigen, darj die quantitative Zersetzung der Schaume bei 200 und 300 "C praktisch identisch ist und nicht von der Menge des Flamm- schutzmittels abhangt. Erst bei Temperaturen oberhalb 400 "C zeigen die Mas- severluste deutlichere Unterschiede; im Vergleich zum Standardschaum Nr. 1 haben sie kleinere Werte. Ein Anstieg des Halogentriolgehaltes bewirkt bei hoherer Temperatur zunehmend immer kleinere Masseverluste; bei 400 " C betragt dieser Unterschied im Vergleich zum unmodifizierten Schaum Nr. 1 z. B. fur die Schaume Nr. 9 und Nr. 14 entsprechend 8 bzw. 10% (vgl. Tab. 2). Der grol3ere Ruckstand (kleinerer Masseverlust) zeugt vom groneren Verkoh- lungsgrad der modifizierten Schaume im Vergleich zu Schaum Nr. 1. Dieser ProzeD verursacht die Verringerung der Brennbarkeit von Werkstof- fen12-14,17,18 und ist in Abb. 2 illustriert.

Den grorjeren Masseverlust fur die rnit den Halogentriolen modifizierten Schaume im Temperaturbereich 200- 300 "C (im Vergleich zum Standard- schaum Nr. 1) (Abb. 2) kann man der Entstehung gasformigen Halogenwas- serstoffes wahrend der Pyrolyse zuschreiben, der die Verminderung der Brenn- barkeit von Werkstoffen grundsatzlich beeinfluDt12-14. Im Fall der Schaume, die mit der Kombination Halogentriol/Sb203 modifiziert wurden, war der Masseverlust im Temperaturbereich 200- 300 "C grorjer als fur den Standard- schaum und fur die Schaume, die nur rnit dem Halogentriol modifiziert wur- den. Das wird durch die Entstehung gasformiger Antimontrihalogenide verur- sacht, die eine grorjere Molmasse als HCl oder HBr haben (,vgl. Abb. 2, TG- Kurve fur den Schaum Nr. 7). Es ist hervorzuheben, daD das wahrend der Schaumzersetzung gebildete fluchtige SbCI3 oder SbBr3 die gleiche Funktion wie fluchtiger Halogenwasserstoff erfullt12-14.

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-20 & 30 -

2 40- 2

-

3 - L

v)

50

60 -

-

70;

200 300 400 500 Temperatur ['C]

Abb. 2. TG-Kurven (in Luft) fur den Standardschaum Nr. 1 (nicht modifiziert, ), die Schaume Nr. 7 (modifiziert mit DCHT und Sb,O,, - -), Nr. 9

(modifiziert rnit DCHT, - - - -) und Nr. 14 (modifiziert rnit DBHT, 1. ......

4. SchluJfolgerungen

Aus den Untersuchungen ergibt sich, daI3 die fur die Polyurethane als reak- tive Flammschutzmittel vorgeschlagenen 2,3-Dichlor-l,4,7-heptantriol und 2,3-Dibrom-I ,4,7-heptantriol die an diese Verbindungen gestellten Anspruche vollig erfullen. Ihr Einbau in PUR-Hartschaume setzt deren Brennbarkeit betrachtlich herab, ohne deren elementare physikalische Eigenschaften zu ver- schlechtern. Sie beeinflussen auch nicht negativ die Herstellung der Schaume; sie storen nicht den AnstiegsprozeD des Schaumes und weisen eine gute Misch- barkeit rnit dessen Komponenten auf. Sie verursachen einen groI3eren Verkoh- lungsgrad wahrend der Pyrolyse der modifizierten Schaume. Die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Halogentriole durch ihre Verwendung im synergistischen System rnit Antimontrioxid kann betrachtlich erhoht werden. Sie konnen daher als neue Verbindungen rnit Erfolg solche schon klassischen PU-Flamm- schutzmittel wie z. B. Dibrompentaerythrit, 2,2-Bis(bromethyl)-I ,3-propan- diol, 2,3-Dibrompropanol, 1,2-Dibrom-5-oxaheptan-l,7-diol, Pentachlor- cyclohexanol oder 2,3-Dibrombut-2-en-I ,4 -d i01 '~-~~ ersetzen. Der zusatzliche Vorzug von 2,3-Dichlor-l,4,7-heptantriol und 2,3-Dibrom-I ,4,7-heptantriol ist die Tatsache, daI3 sie aus 2-Furaldehyd leicht zu erhalten sind4.

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K. Marzec

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