1917 Revolutionen in Russland - LeWebPédagogique
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1917 – Revolutionen in Russland
Die Machtergreifung der russischen Bolschewisten 1917 hat den Lauf der
Weltgeschichte verändert. Dieses Dossier erklärt die Ursachen, den Verlauf
und die Ergebnisse der Oktoberrevolution. Dabei kommt auch der
vorhergehenden Februarrevolution eine besondere Bedeutung zu.
Quelle: lpb – Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg https://www.lpb-bw.de/
1) Wie kam es zur Revolution?
1.1 Der Bevölkerung ging es nicht gut.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zogen die armen Bauern in die Städte. In den Städten war die
Lage der Arbeiter jedoch ebenfalls katastrophal.
“ Wir sind verelendet, wir sind unterdrückt, über unsere Kraft mit Arbeit überlastet……Wir ersticken
unter der Despotie und Rechtlosigkeit“.
1.2 Die Radikalisierung beginnt
1904 begannen die ersten Proteste in Petersburg gegen die sozialen Missstände. Sie wandelten sich
schnell zu einem politischen Protest für Meinungsfreiheit.
1905 schossen Wachmänner am sogenannten „Blutsonntag“ auf Demonstranten, woraufhin sich die
Proteste radikalisierten. Zwar bildete sich 1905 ein Parlament, die Duma, doch die Mehrheit
unterstützte den Zar.
Reformbemühungen scheiterterten. Die revolutionsbefürwortende und radikale Partei der
Bolschewisten formte sich.
Bolschewismus: https://de.wikipedia.org/wiki/Bolschewismus
Unruhen in St. Petersburg, Januar 1905. Der Urizky-Platz vor dem Winterpalast wird durch Militär abgesperrt. Quelle:
Bundesarchiv, Bild 183-S01260 / Unbekannt / CC-BY-SA 3.0
https://youtu.be/Otvd2ZA4h0A
https://youtu.be/J-V8Wvq-mw4
1.3 Der Erste Weltkrieg
Erster Weltkrieg: Deutsche Kavalleristen in Russland, um 1915. Quelle: ©LMZ-BW / LMZ025509.
Die Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren durch zunehmende Konflikte zwischen den
europäischen Großmächten gekennzeichnet. Der Kriegsbeginn im Sommer 1914 wurde im Zarenreich,
ebenso wie in anderen europäischen Ländern, von Teilen der Mittelschichten begeistert begrüßt. Bei
den russischen Bauern gab es dagegen, nach Augenzeugenberichten, kaum Begeisterung.
Russland trat auf der Seite Frankreichs und Englands in den Krieg ein. Die Parteien, einschließlich der
Mehrheit der Linken, unterstützen den Krieg des Zarenreiches gegen die Mittelmächte (Deutschland,
Österreich-Ungarn und die Türkei). Nur die Bolschewiki stellten sich von Anfang an entschieden
gegen den Krieg.
Russische Truppen warten auf den Angriff der Deutschen, 1917. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei. Fotograf: George
H. Mewes.
Die Unterstützung für den Krieg wurde in der Bevölkerung schwächer, als die russische Armee
schwere Niederlagen gegen die Deutschen erlitt. Ab Herbst 1916 verschlechterte sich die Versorgung
der Bevölkerung immer mehr.
Der russische Landwirtschaftsminister Kriwoschein warnte: „Krankheit, Elend und Armut breiten sich
über ganz Russland aus. Die hungernden Massen säen überall Panik.“ Dagegen war der Zar für die Lage
im Land blind. Er verkannte die Stimmung in der Bevölkerung und erinnerte an den russischen Sieg
gegen Napoleon: „Das russische Volk ist in seinem Siegeswillen ebenso einmütig wie 1812.“
Es kam zu ersten Demonstrationen und Streiks der Arbeiter in den Städten. In der Duma, die lange
von zarentreuen Parteien beherrscht wurde, wurde nun die Kritik an der autokratischen
Zarenherrschaft immer deutlicher ausgesprochen.
Der Vorsitzende der liberalen Partei der „Kadetten“ thematisierte in einer viel beachteten Rede die
offensichtliche Unfähigkeit des Regimes, die Versorgung der Bevölkerung und die Unterstützung für
die russische Armee effektiv zu organisieren. Er zählte die Fehler des Zaren und seiner Regierung
einzeln auf und fragte nach jedem Punkt: „Ist es Dummheit oder Verrat?“
2) Die Februarrevolution 1917 und weitere Aufstände
Demonstration der Arbeiter im Werk Putilow am ersten Tag der Februarrevolution 1917. Quelle: Wikimedia Commons,
gemeinfrei.
2.1 Der Protest der Arbeiterinnen
Im besonders harten Winter 1916/17 eskalierte die Lage in Russland. Ausgangspunkt der Unruhen
waren Demonstrationen von Fabrikarbeiterinnen in Petrograd (die russische Hauptstadt Petersburg
wurde zu Beginn des Krieges in Petrograd umbenannt), die nicht mehr wussten, wie sie ihre Familien
ernähren sollten. Ihnen schlossen sich in den letzten Februartagen 1917 Tausende Arbeiter an.
Am 25. Februar 1917 wälzte sich ein Demonstrationszug von über hunderttausend Arbeiterinnen
und Arbeitern aus den Vorstädten in die Petrograder Innenstadt. Auf Plakaten und in Sprechchören
wurden Demokratie und der Rücktritt des Zaren gefordert. Als die Demonstranten in das Zentrum
strömten, versuchte die Polizei sie mit Waffengewalt aufzuhalten.
Es gab Dutzende von Toten, doch schon in den folgenden Tagen schwollen die
Massendemonstrationen weiter an. Das Militär schloss sich den Aufständischen an und lieferte sich
Gefechte mit der Polizei. Viele der Soldaten waren Bauern und Arbeiter und hatten Verständnis für
die Forderungen der Demonstranten.
2.2 Der Zar dankt ab
Der Zar hatte lange das revolutionäre Potenzial der Proteste in Petrograd unterschätzt. Als er Ende
Februar erkannte, wie gefährlich der Aufstand in für sein Regime wurde, gab er den Befehl, Truppen
in die Hauptstadt zu senden, um die Demonstrationen niederzuschlagen.
Doch die Waggons mit den zarentreuen Regimentern wurden von aufständischen Eisenbahnarbeitern
an der Fahrt nach Petrograd gehindert. Dort hatten die Revolutionäre die Kontrolle über die Stadt
gewonnen. Auch in vielen anderen Städten, insbesondere in Moskau, kam es zu Streiks und
Demonstrationen gegen die Herrschaft Nikolais.
Zar Nikolaus II, um 1909. Quelle: Wikimedia Commons / Royal Collection RCIN 2926947, gemeinfrei. Fotograf: Boissonnas &
Eggler.
Warum sind die Zeitangaben unterschiedlich?
Nach heutiger gregorianischer Zeitrechnung begann die Revolution am 8. März 1917. Der Name der „Februarrevolution“
erklärt sich durch den Julianische Kalender, der bis 1918 in Russland verwendet wurde. Nach ihm begann die Revolution am
25. Februar 1917.
Am 2. März 1917 musste der Zar auf Druck der Armeeführung abdanken. Den Generälen war bewusst
geworden, dass Nikolai nicht mehr an der Macht zu halten war. Zwar hatten sie meist wenig Sympathie
für die Demokratie, aber sie sorgten sich um die Verteidigungsfähigkeit Russlands, falls Nikolai mit
Waffengewalt gegen die aufständischen Soldaten in Petersburg vorgehen sollte.
Es ist bezeichnend für Nikolais enge Beziehung zum Militär, dass er dem Druck des Oberbefehlshabers
widerstandslos nachkam. Auch Nikolais Bruder verzichtete auf die Krone. Das Ende der Romanow
Dynastie war, nach 300 Jahren Herrschaft über Russland, besiegelt.
Verbrennung zaristischer Symbole vor dem Annen-Palais in St. Petersburg, Februar 1917. Quelle: Wikimedia Commons,
gemeinfrei. Foto: Karl Karlovitch Bulla.
2.3 Die Doppelherrschaft: Rat und Regierung existieren parallel.
Anstelle der Herrschaft des Zaren trat ein neues politisches System. Grundsätzlich lag die Macht beim
Petrograder „Sowjet“ (russ.: „Rat“), dem Rat der Arbeiter- und Soldatendeputierten der Hauptstadt.
Die Deputierten des Sowjets wurden direkt gewählt. Der Sowjet übernahm nicht selbst die Regierung,
sondern duldete eine bürgerlich liberal-konservative Regierung. Ministerpräsident würde Fürst
Lwow, ein liberaler Gutsbesitzer und angesehener Politiker.
Der Sowjet legte die Grundlinien der Politik fest, überließ jedoch die praktische politische
Ausgestaltung der Regierung. Allerdings überprüfte der Sowjet die Beschlüsse der Regierung. Der
russische Politiker Gutschow schrieb 1917: “Die Provisorische Regierung hat keine wirkliche Macht
irgendwelcher Art und ihre Befehle werden nur so weit ausgeführt, wie es vom Rat der Arbeiter- und
Soldatendeputierten gestattet wird.“
Die Arbeiter- und Soldatenräte im Petrograder Sowjet vertraten anfangs überwiegend
sozialdemokratische und gemäßigt linke Positionen.
Die „Bolschewisten“ befanden sich eindeutig in der Minderheit. Da es mit dem Petrograder Sowjet
und der Regierung zwei Machtpole nach der Februarrevolution in Russland gab, spricht man in diesem
Zusammenhang auch von der „Doppelherrschaft“.
2.4 Lenins Aprilthesen
Lenin hält die Rede vor dem Petersburger Sowjet, die den Kern der „Aprilthesen“ bildete (4. April (jul.)/ 17. April 1917
(greg.)). Quelle: Wikimedia Commons, public domain.
Nach wie vor befand sich die Welt im Krieg. Da Russland den Krieg gegen die Mittelmächte fortsetzte,
entfalteten die Bolschewisten nun eine rege Propaganda gegen die Regierung und ihre Kriegspolitik.
Führer der Bolschewisten war Wladimir Iljitsch Lenin, der im April 1917 aus seinem Exil in der Schweiz
nach Russland zurückgekehrt war.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Iljitsch_Lenin
Er schwor seine Partei auf eine kompromisslose Linie gegenüber der Regierung ein. In seinen
sogenannten „Aprilthesen“ gab Lenin die ideologische Marschrichtung der Partei vor. In den
„Aprilthesen“ lehnte Lenin eine Unterstützung der provisorischen Regierung ab, forderte einen klaren
Bruch mit den Menschewisten und ein sofortiges Kriegsende, verlangte die Bewaffnung der Arbeiter
und die Umverteilung des Landes.
Menschewiki: https://de.wikipedia.org/wiki/Menschewiki
2.5 Der Juli Aufstand in Petrograd (Sankt Petersburg): Ein Aufstand gegen den
Krieg.
Im Juni 1917 ordnete der neue Kriegsminister Alexander Kerenski eine Offensive gegen die
Mittelmächte an. Als die Offensive gegen die Österreicher und Deutschen ins Stocken kam, wollte
Kerenski auch die Soldaten der Petrograder Garnison an die Front einberufen. Daraufhin kam es im Juli
1917 zu einem Aufstand von Soldaten, Matrosen und Arbeitern in Petrograd. Die Erhebung wurde
allerdings durch regierungstreue Regimenter niedergeschlagen.
Petrograd (Saint Petersburg), im Juli 1917. Straßendemonstationen am Nevsky Prospekt, nachdem Truppen der
provisorischen Regierung das Feuer eröffneten. Wikimedia Commons, gemeinfrei. Fotograf: Viktor Bulla.
Unter den Historikern ist bis heute umstritten, ob die Bolschewiki den Aufstand aktiv unterstützt haben
oder sogar den Sturz der Regierung und die eigene Machtübernahme planten. Der Aufstand fiel in sich
zusammen. Der Schriftsteller Maxim Gorki, der im Februar noch die Revolution unterstützt hatte und
die Ereignisse im Juli beobachtete, schrieb: „Es war offensichtlich, dass die Masse überhaupt keine
Vorstellung davon hatte, weshalb sie auf die Straße gegangen war. Die Motive des Aufstands verstand
niemand, nicht einmal ihre Führer“.
Die Bolschewisten mussten fliehen und wurden verhaftet: Insgesamt gibt es wenig Anhaltspunkte,
dass der Führungszirkel der Bolschewiki um Lenin schon im Juli 1917 eine Machtübernahme plante.
Für Lenin kam der Juli Aufstand ungeplant und zu früh. Auch sein Aufenthalt in Finnland, fernab
Petrograds, spricht für diese These.
Lenin und andere führende Bolschewisten wurden aber von der Regierung als Verantwortliche für
die Erhebung gesehen und mussten erneut in die Illegalität abtauchen oder ins Exil fliehen. In der
bürgerlichen Presse Russlands wurden die Bolschewisten als Verräter bezeichnet, die mit der
deutschen Regierung zusammenarbeiten würden. Als Beweis dafür wurde u. a. angeführt, dass Lenin
mit deutscher Hilfe aus seinem Schweizer Exil bis nach Russland reisen konnte. Mehrere führende
Politiker der Bolschewisten, darunter Kamenew und Trotzki, wurden verhaftet. Die bolschewistische
Partei wurde verboten.
2.5 Ein Sommer der Unruhen.
Die Parolen der bolschewistischen Partei wurden unter den Soldaten immer populärer, vor allem die
Forderung nach einem sofortigen Frieden. Dass die zu Beginn der Revolution versprochene
Landreform ausgeblieben war, verstärkte die Unzufriedenheit unter den Bauern, deren Lage sich im
Krieg meist weiter verschlechtert hatte. Es kam ab dem Sommer 1917 vermehrt zu gewaltsamen
Enteignungen der Großgrundbesitzer. Zwar beschwerten sich zahlreiche Landeigner über die
nichtlegalen Enteignungen bei der Regierung, doch diese war machtlos. Da die alte, zaristische Polizei
aufgelöst worden war und es kaum noch Armee-Einheiten in den ländlichen Provinzen gab, konnte der
Staat die Gutsbesitzer nicht mehr schützen.
Der „Kornilow Putsch“: Da die Mehrheit der russischen Soldaten einfache Bauern waren, desertierten
viele von ihnen, um bei der Neuverteilung des Landes durch Enteignungen vor Ort zu sein. Die russische
Armeeführung sprach von 170.000 Deserteuren allein während der Kerenski Offensive, doch die
wirkliche Zahl dürfte noch höher gelegen haben. Ganze Regimente setzten sich von der Front ab. Der
Oberbefehlshaber der russischen Armee, General Kornilow, forderte im August 1917 eine
Militärdiktatur, um die Ordnung in der Armee wiederherzustellen. Sein Putschversuch scheiterte
jedoch.
Das Verbot der bolschewistischen Partei wurde aufgehoben und Lenin kehrte zurück nach Petrograd.
Im Petrograder Sowjet, der bis dahin noch die Regierung Kerenski gestützt hatte, gewannen nun die
Bolschewisten die Oberhand und wählten Leo Trotzki, einen der führenden Köpfe der Bolschewisten,
zum Vorsitzenden.
3) Die Oktoberrevolution
Der Beginn der Oktoberrevolution in Nischni Nowgorod auf dem Verkündigungsplatz. Quelle: Wikimedia Commons,
gemeinfrei.
3.1 Lenin plante einen bewaffneten Aufstand.
Mit der Stärkung der bolschewistischen Partei nach dem Kornilow Putsch gab sich Wladimir Iljitsch
Lenin, Führer der Bolschewiki, nicht zufrieden. Sein Ziel blieb die Machtergreifung der Bolschewiki.
Anfangs versucht er die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre für ein Bündnis der linken Kräfte zu
gewinnen. Doch als diese ihm ihre Unterstützung verweigerten, war Lenin entschlossen, alleine die
Macht zu ergreifen.
Lenins Gegenspieler bekamen wenig Unterstützung: Kriegsminister Kerenski, der bis zum Sommer
1917 noch große Popularität genoss, war im Oktober weitgehend isoliert und besaß kaum noch
Unterstützer. Große Teile des Bürgertums fürchteten zwar die Bolschewiki, doch sie hatten sich
zugleich enttäuscht von Kerenski abgewandt, da es diesem nicht gelungen war, das Land zu
stabilisieren. Auch eine von Kerenski im September 1917 einberufene „Demokratische Konferenz“, die
die Konstituierende Versammlung vorbereiten sollte, konnte sein Ansehen in der Bevölkerung nicht
verbessern. Sinaida Gippius, eine bürgerliche Unterstützerin Kerenskis schrieb Ende Oktober 1917:
"Niemand will die Bolschewiki, aber es gibt auch niemanden, der bereit wäre, für Kerenski zu kämpfen."
(Figes, S. 507)
Kerenski hatte seine eigene Macht fatal überschätzt. Zugleich unterschätzte er die wachsende Stärke
der Bolschewisten. Am 18. Oktober 1917 war ein Zeitungsartikel des Bolschewisten Kamenew
erschienen, in dem dieser kritisierte, dass Lenin einen Aufstand gegen die Regierung plane. Damit
waren die Pläne Lenins in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Doch anstatt Gegenmaßnahmen zu
treffen, wartete Kerenski ab. So sagte er einem Berater am 20. Oktober, dass er auf einen
bolschewistischen Aufstand hoffe, um die Bolschewiki zu zerschlagen: „Ich verfüge über mehr Kräfte,
als dafür nötig sind. Sie werden endgültig zermalmt werden“.
Schon seit den Unruhen im Juli und seiner folgenden Flucht nach Finnland war Lenin immer stärker zur
Auffassung gelangt, dass ein bewaffneter Aufstand gegen die Regierung notwendig sei. Es gab zwar
in der bolschewistischen Partei Befürchtungen, dass der Versuch des Umsturzes zu einer
vernichtenden Niederlage führen könnte. Doch es gelang Lenin, seine Kritiker zu isolieren und die
Mehrheit der Partei hinter sich zu bringen.
Lenins Planungen wurden dadurch begünstigt, dass die Provisorische Regierung erneut plante,
Truppen von Petrograd an die Front zu verlegen, um die vordringende deutsche Armee zu stoppen.
Dem widersetzen sich die betroffenen Regimente. Der Petrograder Sowjet bildete ein „Militärisches
Revolutionskomitee“, das von den Bolschewisten dominiert wurde.
3.2 Die Oktoberrevolution
Das Revolutionskomitee besetzte einzelne Regimente der Garnisonen Petrograds mit
bolschewistischen Kommandeuren. Am 25. Oktober 1917 gab das Revolutionskomitee den Befehl,
sämtliche Bahnhöfe, Telegrafenämter und strategisch wichtige Punkte der Stadt zu besetzen.
Einen Tag später stürmten bolschewistische Truppen den Winterpalast, in dem die Provisorische
Regierung ihren Sitz hatte. Die Mitglieder der Regierung wurden verhaftet, bis auf Kerenski, der fliehen
konnte. Kämpfe gab es nur um den Winterpalast, doch auch dessen Erstürmung forderte kaum Opfer,
da die wenigen im Palast verbliebenen Soldaten den bolschewistischen Truppen kaum Widerstand
leisteten.
In großen Teilen der Stadt blieb der Umsturz unbemerkt. Insgesamt kamen bei der Machtergreifung
der Bolschewiki im Oktober 1917 weit weniger Menschen ums Leben als in den Tagen der
Februarrevolution. Es gibt verschiedene Berichte von Augenzeugen, dass während der
Machtübernahme der Bolschewiki das Leben in der Stadt, nicht nur in den Stadtteilen, sondern sogar
im Zentrum, normal weiterging. Trotzki räumte später ein, dass nur etwa 25.000-30.000 Menschen
aktiv am Aufstand beteiligt waren. Das waren kaum 5 Prozent der Arbeiter und Soldaten Petrograds.
Erst später gelang es der kommunistischen Propaganda, den Sturm auf das Winterpalais als den
dramatischen Höhepunkt der Revolution darzustellen. Die historische Wahrheit wurde verfälscht, um
die Opferbereitschaft und den Mut der Bolschewiki heroisieren zu können. Man könnte angesichts der
damaligen Lage in Petrograd sogar eher vom „Oktoberumsturz“ als der „Oktoberrevolution“ sprechen.
Erst in den folgenden Monaten sollte sich zeigen, wie einschneidend die Machtübernahme der
Bolschewiki die weitere Entwicklung Russlands bestimmen sollte.
4) Die Folgen der Oktoberrevolution
4.1 Die Bolschewiki gingen zielstrebig daran, ihre Macht zu sichern und
auszubauen.
Anfangs war der Widerstand gegen die Bolschewiki schwach. Kerenski versuchte zwar im November
1917 Petrograd zurückzuerobern, doch er fand kaum Unterstützung in der Armee und musste ins Exil
fliehen. Sozialrevolutionäre und Menschewisten waren ebenso wie die bürgerlichen Kadetten davon
überzeugt, dass sich die Bolschewisten nicht lange an der Macht halten würden. Sie unternahmen
anfangs wenig, um einen konsequenten Widerstand zu organisieren. Lenin machte dagegen schon
gleich nach der „Oktoberrevolution“ deutlich, dass er nach der ungeteilten Macht im Land strebte und
die Opposition ausschalten wollte.
Bereits im November ließ Lenin verschiedene Zeitungsredaktion durchsuchen oder schließen. Anführer
der „Kadetten“ und der (rechten) „Sozialrevolutionäre“ wurden inhaftiert. Eher gemäßigte Bolschewiki
wie Kamenew und Sinowjew traten aus Protest gegen die Politik Lenins im November aus dem
Zentralkomitee der Partei aus.
Anfangs unterstützen die Bolschewiki die lokale Räteherrschaft auf dem Land und in den kleineren
Städten. Ihm ging es nicht um den demokratischen Prozess, vielmehr wollte er die Macht der
Grundbesitzer als auch der lokalen Politiker, oft Sozialrevolutionäre, im ländlichen Russland brechen.
Die Unterstützung Lenins für die Fabrikkomitees der Arbeiter in den großen Städten verfolgte den
Zweck, die Position der Unternehmer zu schwächen. Nachdem die Bolschewiki ihre Macht voll
etabliert hatten, wurden diese Gremien der Selbstverwaltung wieder abgeschafft.
Boris Michailowitsch Kustodijew: The Bolshevik (dt: Der Bolschewik). Öl auf Leinwand. Quelle: Wikimedia Commons.
Fotograf: Russian Avant-garde Gallery. Gemeinfrei.
4.2 Die Etablierung der Macht der Bolschewiki.
Eine entscheidende Rolle bei der Etablierung der Macht der Bolschewiki spielte der Rat der
Volkskommissare (Sownarkom). Die Volkskommissare hatten die Aufgaben und Funktionen von
Ministern im bolschewistischen Regierungssystem. Der Rat der Volkskommissare erließ Gesetze und
fällte wichtige Beschlüsse. Vorsitzender des Sownarkom war Lenin. Alle wichtigen Entscheidungen
wurden im Sowarkom getroffen, der keiner parlamentarischen Kontrolle unterstand. Zudem tagte der
Sownarkom in der Parteizentrale der Bolschewiki und behandelte sowohl Regierungs- wie
Parteiangelegenheiten. Durch den Sownarkom verlagerte sich die politische Macht ganz auf die
bolschewistische Partei, die damit auch Regierungsfunktionen erlangte.
Umverteilung: Der Kirchenbesitz ging an die Bauern. Die orthodoxe Kirche hatte lange die Herrschaft
des Zaren aktiv unterstützt und sich gegen Reformen im Land gewandt. In der Februarrevolution hatte
die Kirche eine eher abwartende Position eingenommen. Auch nach der Oktoberrevolution blieb die
Kirche anfangs neutral.
Diese Haltung änderte sich aber mit Lenins berühmtem Dekret über die Neuverteilung des Landes.
Mit ihm wurde Privatbesitz an Grund und Boden, sowohl der Gutsherren als auch der Kirche,
aufgehoben. Damit war die zuvor sehr wohlhabende orthodoxe Kirche praktisch enteignet worden.
Weiter verschärft wurde die Lage der Kirche durch das Dekret „Über die Trennung der Kirche vom
Staat“ aus dem Januar 1918. Darin wurde zwar freie Religionsausübung garantiert, aber den
Religionsgemeinschaften das Recht zum Besitz abgesprochen. Zugleich stelle der Staat sämtliche
Geldtransfers an die Kirche ein.
4.3 Friedensverhandlungen mit Deutschland in Brest-Litowsk.
Die militärische Führung Deutschlands setzte zu diesem Zeitpunkt auf einen Verfall Russlands. Die
Forderungen der Deutschen vom 9. Februar 1918 in Brest-Litowsk enthielten sogar die Abtretung der
russischen Ostsee- und Schwarzmeerküste. Die russische Delegation verließ daraufhin unter Protest
die Verhandlungen und die deutsche Armee setzte ihren Vormarsch wieder fort. Da die russische
Armee nicht mehr kampfbereit war, konnten die deutschen Truppen vorrücken, ohne auf
erwähnenswerten Widerstand zu treffen. Innerhalb kurzer Zeit eroberten die Deutschen große
Gebiete, wobei sie sogar die russische Eisenbahn benutzen konnten. Der deutsche General Hoffmann
äußerte sich dazu, dies sei „der komischste Krieg, den ich je erlebt habe... Man setzt eine handvoll
Infanteristen mit Maschinengewehren und einer Kanone auf die Bahn und fährt los bis zur nächsten
Station, nimmt die, verhaftet die Bolschewiki, zieht mit der Bahn weitere Truppen nach und zieht
weiter.“
Trotzkis Strategie des „weder Krieg noch Frieden“ war nicht aufgegangen. Lenins Warnung, dass ohne
die schnelle Unterzeichnung eines Friedensvertrages mit Deutschland die Revolution in Russland
gefährdet sei, bewahrheitete sich. Er begründete seine Position folgendermaßen: „Das wird zweifellos
ein schmachvoller Friede sein, aber wenn wir uns auf den Krieg einlassen, dann wird unsere Regierung
hinweggefegt werden.“ Die russische Delegation kehrte nach Brest-Litowsk zurück. Aufgrund der
schwierigen Situation Russlands konnte Trotzki seinen deutschen und österreichischen
Verhandlungsgegnern kaum noch Argumente entgegensetzen. Am 3. März 1918 wurde der
Friedensvertrag von allen anwesenden Delegationen unterzeichnet. Russland wurde im Vertrag von
Brest-Litowsk gezwungen, Polen, Finnland, die Ukraine, Litauen und Lettland abzutreten.
Weißrussland und Estland blieben von deutschen Truppen besetzt. Und im Kaukasus musste Russland
auf alle Gebiete verzichten, die es seit 1878 erobert hatte. Insgesamt verlor Russland über ein Drittel
seiner städtischen Bevölkerung und ein gutes Viertel seines europäischen Territoriums. Außerdem
verlor das Land über 89 Prozent seiner Kohlebergwerke, 73 Prozent seiner Eisenindustrie und 26
Prozent seines Eisenbahnnetzes.
Durch den Vertrag von Brest-Litowsk entstand ein sowjetischer Revanchismus. Die Rote Armee
eroberte bereits im Bürgerkrieg Weißrussland, den Kaukasus und die Ukraine (bis auf den Westteil, der
an Polen fiel) zurück. 1939 besetzten sowjetische Truppen den Westteil der Ukraine und 1940 auch
das Baltikum. Nach zwischenzeitlicher Eroberung durch das nationalsozialistische Deutschland fielen
diese Gebiete 1945 wieder an die Sowjetunion. Lenins Strategie, die Revolution durch einen
Friedensschluss mit Deutschland zu retten, war, in historischer Perspektive, letztendlich erfolgreich.
4.4 Bürgerkrieg, Zarenmord und Matrosenaufstand - Das Versagen der
antibolschewistischen Kräfte.
Der bewaffnete Widerstand gegen die Herrschaft der Bolschewiki flammte erstmals im November
1917 in Südrussland auf. Dort erhoben sich Teile der Kosaken, die seit Jahrhunderten als Wehrbauern
in der Don- und Kubanregion siedelten. Die Kosaken hatten in der Zarenzeit die Elite der russischen
Armee gebildet und standen zum Zaren loyaler als andere Bevölkerungsgruppen. Der Aufstand unter
dem Kosakenführer Kaledin wurde im Februar 1918 von bolschewistischen Soldaten
niedergeschlagen.
Doch bereits im Mai 1918 kam es zu einem erneuten Aufstand der Kosaken. Die neuerliche Erhebung
war eine Reaktion auf die Unterdrückung und den Terror durch die Rote Armee nach der
Niederschlagung des ersten Kosakenaufstandes. Dieser zweite Aufstand der Kosaken wurde durch das
Vordringen der deutschen Armee im Frühjahr 1918 von der Ukraine ins Don-Gebiet begünstigt. Die
Deutschen unterstützten den Aufstand der Kosaken durch Waffenlieferungen. Doch nicht nur von
Süden, sondern auch aus dem Osten Russlands, wurde die Herrschaft der Bolschewiki bedroht. In
Sibirien sammelten sich unter der Führung des Admirals Koltschak konterrevolutionäre Kräfte. Es
gelang ihnen bis zum Frühjahr 1919 weit über den Ural ins russische Kernland vorzustoßen, denn die
Bolschewiki waren in Sibirien schwach organisiert und konnten Koltschak nur wenig entgegensetzen.
Ab dem Sommer 1919 erfolgte jedoch eine große Gegenoffensive der Bolschewiki. Bis zum November
1919 hatten sie das ganze Herrschaftsgebiet Koltschaks wiedererobert. Koltschak wurde gefangen
genommen und einige Wochen später erschossen.
Koltschak war vor allem daran gescheitert, dass es ihm nicht gelungen war, die Bevölkerung politisch für sich zu gewinnen. Er
hatte kein Konzept für politische Reformen und etablierte eine Militärdiktatur. Die Bauern fürchteten, dass ihnen das Land,
das sie nach der Revolution erhalten hatten, wieder weggenommen werden sollte. Teilweise wurden im Herrschaftsgebiet
Koltschaks Bauern gezwungen, Land an die Gutsbesitzer zurückzugeben. Auch unter den Arbeitern fand Koltschak keine
Zustimmung. Koltschak stieß auf immer größeren Widerstand, je mehr er sich den zentralrussischen Gebieten näherte, in
denen die Bolschewiki die stärkste Unterstützung erhielten.
Die Niederlage Koltschaks war ein schwerer Rückschlag für die „Weißen“. Allerdings rückten zur
gleichen Zeit auch von Süden Weißgardisten in Richtung Moskau vor. Sie standen unter der Führung
des Generals Denikin, der schon in der Zarenarmee wichtige Funktionen bekleidet hatte. Denikin
führte eine Armee russischer Freiwilliger, von denen sehr viele Kampferfahrung aus dem Ersten
Weltkrieg besaßen. Mit seiner gutausgebildeten Armee gelang es Denikin der Roten Armee schwere
Niederlagen zuzufügen. So gelangten Denikins Weißgardisten bis zur Stadt Orjol, nur 350 km südlich
von Moskau. Da es jedoch in der Zwischenzeit den Bolschewiki gelungen war Koltschak in Sibirien zu
schlagen, konnten sie nun mit vereinten Kräften die Armee Denikins angreifen. Dabei kam ihnen zu
Hilfe, dass die Truppen Denikins und seiner Generäle zu schnell vormarschiert waren und dabei ihre
Nachschublinien stark überdehnt hatten. Die Rote Armee konnte die Weißgardisten bis ans Schwarze
Meer zurückwerfen, wo Denikin und viele seiner Soldaten von französischen und britischen Schiffen
evakuiert wurden
Letztendlich war auch Denikin daran gescheitert, dass er kein überzeugendes Konzept für die zukünftige Entwicklung Russlands
hatte. In den Gebieten, die Denikin von den Bolschewiki erobert hatte, wurde den Großgrundbesitzern in vielen Fällen ihr Land
zurückgegeben, das ihnen zuvor die Bolschewiki weggenommen hatten. Da die Truppen Denikins zudem häufig Lebensmittel
und Getreide bei den Bauern beschlagnahmten, verstärkte dies deren Abneigung gegen die „Weißen“. Es kam zu
Bauernaufständen im Hinterland der von Denikin eroberten Gebiete. Außerdem verschloss sich Denikin einem Bündnis mit den
separatistischen Kräften in der Ukraine, obwohl sie die Bolschewiki als gemeinsamen Feind hatten und Denikin die Ukraine als
Durchmarschgebiet nach Norden nutzte. Doch Denikin und seine Anhänger vertraten eine großrussische Ideologie und lehnten
eine Autonomie oder gar Unabhängigkeit der Ukraine ab.
Mit der Flucht von Denikins Armee war der Hauptwiderstand der „Weißen“ gebrochen. Zwar konnte
General von Wrangel, ein Kommandeur aus Denikins Armee, nach dessen Flucht ins Ausland noch eine
einjährige Herrschaft auf der Krim errichten. Es war von Wrangel gelungen, die Bauern für sich zu
gewinnen, da er ihnen das durch die Bolschewiki erhaltene Land zusicherte. Aber Wrangels
Reformpolitik kam zu spät. Im November 1920 eroberte die Rote Armee auch die Krim und Wrangel
wurde mit den Resten seiner Armee evakuiert.
Der Vollständigkeit halber sollte erwähnt werden, dass es auch im Norden Russlands eine Offensive
der Weißgardisten unter General Judenitsch gab. Doch sein Versuch Petrograd zu erobern, wurde von
den Bolschewiki zurückgeschlagen und Judenitsch musste sich ins Baltikum zurückziehen.
Mit dem Sieg über die „Weißen“ im Bürgerkrieg hatten die Bolschewiki ihre Macht gesichert.
Allerdings war der Sieg mit hohen Verlusten erkauft worden. Fast 800.000 Soldaten starben in den
Kampfhandlungen und mehrere Hunderttausend weitere durch Krankheiten und Seuchen. Bei den
ums Leben gekommenen Zivilisten gibt es nur Schätzungen: es sollen zwischen sechs bis acht Millionen
sein.
Die Zarenfamilie wurde ermordet. In der Weltöffentlichkeit war das Image der Bolschewiki besonders
durch den Mord an der Zarenfamilie im Juli 1918 belastet.
Zimmer, in dem die Romanov Familie getötet wurde. Die Löcher in der Wand stammen von der nachfolgenden Spurensuche.
Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei.
Im Sommer 1918 näherten sich antibolschewistische Truppen der Stadt Jekaterinburg, in der der Zar
interniert war. Die Bolschewiki mussten damit rechnen, dass im Fall der Eroberung Jekaterinburgs der
Zar befreit würde. Damit verbunden war die Angst der Bolschewiki, dass Nikolai dann für die „Weißen“,
in deren Reihen sich viele Monarchisten befanden, zur einigenden Identifikationsfigur werden könnte.
Trotzki nannte in seinen 1935 geschriebenen Erinnerungen Lenin als Auftraggeber für den Zarenmord.
Zwar hatte es auch Überlegungen zu einem großen Schauprozess gegen den Zaren in Moskau gegeben,
doch angesichts der schwierigen militärischen Lage wurde dieses Vorhaben wieder fallen gelassen. Es
ist wahrscheinlich, aber bis heute nicht endgültig geklärt, dass Lenin direkt den Befehl für die
Erschießung des Zaren gab.
Der Kronstädter Matrosenaufstand und die „Neue Ökonomische Politik“. Auch nach dem Ende des
Bürgerkrieges gegen die „Weißen“ blieb Russland ein instabiles Land.
Die Führung der Bolschewiki versuchte durch eine Politik der Verstaatlichung, ihre wirtschaftliche
Machtbasis zu sichern. Zugleich baute die Partei ihre Macht nach dem Bürgerkrieg immer mehr aus.
Russland begann sich in eine sozialistische Diktatur zu verwandeln. Viele Anhänger der Bolschewiki
kritisierten diese Entwicklung. Die Unzufriedenheit wuchs auch aufgrund der sehr schwierigen
Wirtschafts- und Versorgungslage. Sie entlud sich im Kronstädter Matrosenaufstand im März 1921.
Die Matrosen der russischen Flotte hatten in der Oktober Revolution und dem Bürgerkrieg zu den
treuesten Anhängern der Bolschewiki gehört. Doch sie sahen ihre Ideale einer Räteherrschaft und
eines freiheitlichen und demokratischen Sozialismus gefährdet und erhoben sich gegen die Partei.
Der Aufstand wurde mit Verlusten von über 10.000 Soldaten von der Roten Armee niedergeschlagen.
Doch seitdem war die Herrschaft der Bolschewiki mit dem Makel behaftet, die revolutionären
Matrosen zu Hunderten nach dem Ende der Kämpfe liquidiert zu haben.
Allerdings war eine Folge des Aufstandes, dass Lenin seine Wirtschaftspolitik änderte und die „Neue
Ökonomische Politik“ einleitete. Die Phase des Kriegskommunismus mit seinen stark zentralistischen
Wirtschaftsstrukturen war damit beendet. Durch die „Neue Ökonomische Politik“ wurde die
Wirtschaft liberalisiert und es wurden begrenzte marktwirtschaftliche Praktiken zugelassen.
Mit der Änderung seiner Wirtschaftspolitik gelang es Lenin die junge Sowjetunion wirtschaftlich und
politisch zu stabilisieren und die Versorgung der Bevölkerung deutlich zu verbessern. Ab Mitte 1921
war die Macht der bolschewistischen Partei gesichert. Die Revolution war abgeschlossen.
Mit Lenins Tod 1924 verloren die Bolschewiki jedoch ihre führende Persönlichkeit, deren Autorität von
der gesamten Partei akzeptiert wurde. Nach einer mehrjährigen Übergangphase, die von
Machtkämpfen geprägt war, dominierte ab 1928 Stalin die sowjetische Politik.
Mit der von Stalin angeordneten Zwangskollektivierung und dem Terror gegen große Teile der
Bevölkerung begann das düsterste Kapitel der Geschichte der Sowjetunion.