Post on 26-Feb-2021
Schulmaterial zum Comic „Es braucht Mut“1
Arbeitsblätter zu den Themenblöcken
1 Es braucht Mut“ – ein Comic zur Gleichstellung von Frau/Mann in Appenzell Ausserrhoden.
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen A 1
1. Gleichberechtigung gestern Im Comic wird die Einführung des Frauenstimmrechts in Appenzell Ausserrhoden (1989) und der Prozess bis zur
Einrichtung einer kantonalen Fachstelle für Gleichstellung (1999) geschildert. Es wird ersichtlich, wie die
traditionellen Rollenbilder von Frau und Mann auch in Appenzell Ausserrhoden hemmend auf die Einführung des
Frauenstimmrechts und die Durchsetzung der Gleichstellung der Frauen in sozialen, politischen und
zivilrechtlichen Belangen wirkten.
Stereotypische Vorstellungen der Geschlechter, Eltern- und Mutterschaft waren (und sind) in den Köpfen der
Menschen und den gesellschaftlichen Strukturen verankert und nicht einfach zu verändern.
Auftrag: Fasse in der Tabelle auf dem Nebenblatt (NB 1) Argumente, Symbole und Reaktionen, die im Umfeld der
Einführung des Frauenstimmrechts und der kantonalen Fachstelle für Gleichstellung verwendet wurden,
zusammen. Kreuze jeweils an, ob die Argumente pro oder contra verwendet wurden, ob sie von einem
Mann/Männern oder einer Frau/Frauen gemacht wurden (nur wenn es ersichtlich ist) und auf welchen oder
welche der drei Lebensbereiche Familie, Arbeitswelt, Politik sie sich beziehen.
Gehe dazu folgendermassen vor:1) Schau das Interview anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des kantonalen Frauenstimmrechts mit Aline Auer,
die für das Frauenstimmrecht in Appenzell Ausserrhoden kämpfte, an. https://www.youtube.com/watch?
v=yHCEDV4Pp3o&feature=youtu.be
2) Suche im Comic nach weiteren Argumenten, Symbolen und Reaktionen und ergänze die Tabelle.
3) Tragt anschliessend eure Ergebnisse im Plenum zusammen und diskutiert sie anhand folgender Fragen:
- Welche Argumente sind häufig zu finden? Auf welchen Bereich (Familie, Arbeitswelt, Politik) beziehen sie
sich?
- Was kann man bezüglich der Befürworter- bzw. Gegnerschaft feststellen?
- Welche Gründe könnten hinter der Haltung der jeweils argumentierenden Personen stecken?
- Welche geschlechtsspezifischen Rollenvorstellungen treten zum Vorschein?
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen NB 1
1. Gleichberechtigung gestern
Tabelle: PRO und CONTRA Gleichberechtigung und Frauenstimmrecht
Argumente/Symbole/Reaktionen pro
cont
ra
Frau
/Fr
auen
Man
n/M
änne
r
Fam
ilie
Arb
eits
-w
elt
Polit
ik
Bsp.: Das Recht ist nicht teilbar (Comic, S. 21)X X X X X
Argumente/Symbole/Reaktionen pro
cont
ra
Frau
/Fr
auen
Man
n/M
änne
r
Fam
ilie
Arb
eits
-w
elt
Polit
ik
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen A 2.1
2. Gleichberechtigung heute
2.1 Gleichstellung heute in Familie, Ausbildung und Arbeit1981 sagten Volk und Stände Ja zur Verankerung der Gleichberechtigung in der Bundesverfassung. Im Artikel 4,
Absatz 3 steht: „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche
Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für
gleichwertige Arbeit.“ (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Stand am
23. September 2018, https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html#a8vor)
Trotz dieser rechtlicher Grundlagen und diverser Veränderungen ist die Gleichstellung der Geschlechter im realen
Alltag heute noch immer nicht erreicht. So stellt Pfütze im Comic (S. 22) fest: „Gleicher Lohn für alle?! Da sind wir
aber heute noch weit davon entfernt.“
Aufträge: Studiere die zwei unten aufgeführten Informationsquellen bezüglich der aktuellen Situation der Gleichstellung von
Mann und Frau und bringe sie in Bezug zueinander.
Notiere dir Antworten zu folgenden Fragen und diskutiert anschliessend im Plenum:
1) Zu welchen Bereichen des Themas Gleichstellung nehmen die Quellen Bezug?
2) Was sagen sie über den Stand der Gleichstellung aus?
3) Was lässt sich über die Entwicklung in der Berufs- und Studienfachwahl sagen?
Informationsquelle 1: Zusammenstellung des Bundesamtes für Statistik (BFS) vom Mai 2019, die die aktuelle
Situation der Gleichstellung von Frau und Mann bezüglich der wirtschaftlichen und sozialen Situation der
Bevölkerung zusammenfassend darstellt. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-
soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann.assetdetail.8288368.html
Informationsquelle 2: Medienmitteilung des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und
Frau (EBG, im September 1988 eingesetzt) vom Juni 2019 mit dem Titel Gleichstellung: Staatenbericht weist
jüngste Erfolge und bestehende Probleme aus:
https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/das-ebg/nsb-news_list.msg-id-75322.html
Gleichstellung: Staatenbericht weist jüngste Erfolge und bestehende Probleme aus Bern,
06.06.2019 - Mit Blick auf den 25. Jahrestag der Deklaration von Peking nächstes Jahr zieht die Schweiz
zuhanden der UNO Bilanz über die Fortschritte und Lücken in der Gleichstellung von Frau und Mann.
Erfolgen wie der Pflicht zur Lohnanalyse für Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden und der gezielteren
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen stehen Defizite in der Lohngleichheit und damit verbundene
tiefere Frauenrenten sowie Herausforderungen etwa bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
gegenüber.
Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden müssen künftig ihre Lohnpraxis auf Lohngleichheit hin überprüfen.
Ende letzten Jahres beschloss das Parlament eine entsprechende Revision des
Gleichstellungsgesetzes. Frauen in der Schweiz sind besser vor Gewalt geschützt. Mit dem 2018 in Kraft
getretenen Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) und den Änderungen im Zivil- und Strafrecht wie der
elektronischen Überwachung von Rayon- oder Kontaktverboten wird Gewalt gegen Frauen
wirkungsvoller bekämpft. Und seit 2003 fördert der Bund die familienergänzende Kinderbetreuung
finanziell und hat dabei die Schaffung von gut 60'100 Betreuungsplätze für Kinder unterstützt.
Trotz solcher wichtigen Erfolge bestehen weiterhin Probleme: Frauen verdienen nach wie vor
durchschnittlich 18% weniger Lohn als Männer, wodurch ihre Renten 37% tiefer sind. Traditionelle
Rollenbilder prägen immer noch stark die Berufs- und Studienwahl von Mädchen und Buben. Arbeit und
Familie sind auch heute noch schwer zu vereinbaren, stehen doch in der familienergänzenden
Kinderbetreuung weiterhin zu wenige Plätze zur Verfügung. Der Anteil der Frauen im Schweizer
Parlament stagniert seit 2007. Und rund alle 2 Wochen endet häusliche Gewalt tödlich.
Diese Bilanz zieht die Schweiz knapp 25 Jahre nach der 4. Weltfrauenkonferenz von 1995 in Peking
zuhanden der UNO. Damals verabschiedeten 189 Staaten, darunter die Schweiz, eine Deklaration mit
visionären Forderungen sowie die sogenannte Beijing-Aktionsplattform zu deren konkreten Umsetzung.
Mit dem Bericht kommt die Schweiz dem Aufruf der UNO nach, jüngste gleichstellungspolitische
Meilensteine aufzuzeigen und den aktuellen Handlungsbedarf auszuweisen. Die weltweiten Fortschritte
und Lücken in der Geschlechtergleichstellung seit 1995 stehen im Zentrum der 64. Sitzung der UNO-
Kommission für die Stellung der Frau (CSW), die nächstes Jahr in New York stattfinden wird.
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen A 2.2
2. Gleichberechtigung heute
2.2 Berufswahl und Gleichstellung in der SchülerschaftDie Ursachen von Lohnungleichheiten hängen mit den stark verankerten Geschlechtsstereotypen zusammen.
Sogenannte frauentypische Berufe werden z. B. hinsichtlich der Leistung tendenziell tiefer bewertet und
dementsprechend entlohnt.
„Traditionelle Rollenbilder prägen immer noch stark die Berufs- und Studienwahl von Mädchen und Buben“, heisst
es in der genannten Medienmitteilung vom Juni 2019 des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann
und Frau (vgl. A 2.1). Andererseits zeigt die Zusammenstellung des Bundesamtes für Statistik vom Mai 2019 (vgl.
A 2.1), dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die geschlechtsspezifische Berufs- und Studienfachwahl
aufgeweicht hat.
Aufträge:Welche Berufe favorisieren deine Mitschülerinnen und Mitschüler? Ist eure Berufswahl deiner Ansicht nach
geschlechtsspezifisch ausgerichtet? Sind Aufweichungen feststellbar?
Erstellt eine Liste und vergleicht das Ergebnis mit der folgenden Grafik. Sie zeigt, für welche berufliche
Grundbildung (Lehre) sich die Jugendlichen in Appenzell Ausserrhoden am häufigsten entschieden haben und
auch das geschlechtsspezifische Wahlverhalten (Stand 2019).
Geschlechtsspezifische Berufswahl in Appenzell Ausserrhoden (Stand 2019)
Medizinische/-r Praxisassistent/-in EFZDentalassistent/-in EFZ
Fachmann/-frau Hauswirtschaft EFZHotelfachmann/-frau EFZ
Drogist/-in EFZCoiffeur/Coiffeuse EFZ
Fachmann/-frau Gesundheit EFZAssistent/-in Gesundheit und Soziales EBA
Fachmann/-frau Betreuung EFZ Restaurationsfachmann/-frau EFZ
Detailhandelsassistent/-in EBA Detailhandelsfachmann/-frau EFZ
Laborant/-in EFZ Kaufmann/-frau EFZ
Zeichner/-in EFZFleischfachmann/-frau EFZ
Koch/Köchin EFZFachmann/-frau Betriebsunterhalt EFZ
Schreiner/-in EFZ Logistiker/-in EFZ
Elektroinstallateur/-in EFZSanitärinstallateur/-in EFZ
Konstrukteur/-in EFZElektroniker/-in EFZ
Produktionsmechaniker/-in EFZTextiltechnologe/-in EFZ
Gärtner/-in EFZ Informatiker/-in EFZ
Schreinerpraktiker/-in EBA Landmaschinenmechaniker/-in EFZ
Maurer/-in EFZMontage-Elektriker/-in EFZ
Landwirt/-in EFZAutomobil-Fachmann/-frau EFZ
Polymechaniker/-in EFZZimmermann/Zimmerin EFZ
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
1932
12121014106
1754
8132611
9820
627
2844121111
100000000
111217
417
35
105
6416
627
104225359
1810101011
301112151619203639
männlich weiblich
Quelle: Zahlen des Amtes für Mittel- und Hochschulen und Berufsbildung Appenzell Ausserrhoden.
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen A 2.3
2. Gleichberechtigung heute
2.3 Frauen in der PolitikMargrit Gmünder übernahm 2003 die Stelle als Gleichstellungsbeauftragte in Appenzell Ausserrhoden. Sie stellte
sich die Frage, wo denn die Frauen in der Politik sind und beschloss, genauer hinzuschauen (vgl. Comic, S. 53).
Sie startete ein Projekt zur Erhebung einer Statistik über „Frauen in der Politik“ (ebd., S. 60).
Seit 2003 werden in Appenzell Ausserrhoden jährlich Erhebungen zum Frauenanteil in der Politik gemacht.
Aufträge: Studiere die Grafik bezüglich der Verteilung von Männern und Frauen in politischen Ämtern im Kanton für das
Jahr 2019. Sie ist zu finden unter dem Link
https://www.ar.ch/verwaltung/departement-gesundheit-und-soziales/amt-fuer-soziales/abteilung-
chancengleichheit/gleichstellung-frauen-maenner/politische-partizipation/ (Seite „Politische Partizipation“, unten
im Akkordeon „Verteilung der Geschlechter in politischen Ämtern“).
Beantworte folgende Fragen und diskutiert anschliessend im Plenum:
1) Was fällt dir allgemein auf?
2) Gibt es Unterschiede zwischen Gemeinde- und Kantonsebene? Gibt es Unterschiede zwischen den
verschiedenen Kommissionen und Gerichten?
3) Hast du Erklärungen für diese Zahlen?
Schau dir den Bericht der Sendung „10vor10“ vom 02. April 2019 zum Thema Frauen in der Politik – es werden
mehr an. Der Bericht wurde im Zusammenhang mit Kantonsparlamentswahlen im Frühjahr 2019 erstellt.
https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/fokus-frauen-in-der-politik---es-werden-mehr?id=39e5cb7f-8b6e-42fe-
b88f-cc4c5dd681de
Beantworte folgende Fragen:
1) Welche Massnahmen und Mittel ergreifen Parteien, Organisationen und Verbände, damit mehr Frauen
politische Ämter besetzen?
2) Wie wird die in der Sendung als „Lauf der Frauen“ bezeichnete Entwicklung erklärt?
Gleichstellung und Geschlechterrollen:
Gleichberechtigung – gestern, heute und morgen A 3
3. Gleichberechtigung morgen
Bei der Gleichstellung der Geschlechter wurden bereits diverse Fortschritte erzielt, die vollständige Gleichstellung
von Frauen und Männern ist jedoch noch nicht erreicht.
Laut dem Global Gender Gap Report von 2018, einer Studie des World Economic Forum (WEF), liegt die
Schweiz bei der Gleichstellung der Geschlechter im internationalen Vergleich an 20. Stelle. Nach den derzeitigen
Entwicklungen wird es noch über hundert Jahre dauern, bis die Lücke zwischen den Geschlechtern geschlossen
sein wird (vgl. NZZ-Artikel (18.12.2018): WEF-Studie: Gleichberechtigung kommt in der Schweiz und in
Deutschland nur langsam voran; https://www.nzz.ch/wirtschaft/wef-studie-gleichberechtigung-kommt-in-der-
schweiz-und-in-deutschland-nur-langsam-voran-ld.1445743).
Mit der Frage, wie im Jahr 2039 (also nach weiteren 20 Jahren „Fachstelle Gleichstellung Frau/Mann“ in
Appenzell Ausserrhoden) die Gleichstellungslandschaft aussehen könnte, haben sich Lernende Grafikerinnen
und Grafiker der Schule für Gestaltung St. Gallen auseinandergesetzt. Sie haben ihre Visionen graphisch
verpackt.
Aufträge:Betrachte die Plakate. Sie sind via dem Link https://www.ar.ch/verwaltung/departement-gesundheit-und-
soziales/amt-fuer-soziales/abteilung-chancengleichheit/jubilaeum-fachstelle-2019/,
auf der Webseite zum Jubiläum der Fachstelle, unten im Akkordeon „Vernissage Plakate Gleichstellung
Frau/Mann in 20 Jahren", einsehbar.
Beantworte folgende Fragen und tragt sie im Plenum zusammen:
1) Welche Visionen und Wünsche für die Gleichstellungslandschaft 2039 bringen die Gestalter und
Gestalterinnen zum Ausdruck? Welche Aspekte (Familie, Ausbildung, Arbeitswelt, soziale Struktur,
Politik) von Gleichstellung greifen sie auf?
2) Wie sieht eure Zukunftsvision von Familie, Berufsleben und gesellschaftlicher Rolle aus? Gibt es
Unterschiede zwischen euren Visionen und jenen der Grafikerinnen und Grafikern?
3) Gibt es innerhalb eurer Gruppe einen Unterschied bezüglich der Visionen der Geschlechter?
4) Ist ein Aufweichen der Geschlechterrollen eurer Meinung nach erstrebenswert? Welche Chancen und
welche Herausforderungen ergeben sich daraus?