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UNIVERSALISD A S A L A N U S M A G A Z I N
07 // März 2016 // www.alanus.edu
Kostenlos ABONNIERENwww.alanus.edu/ universalis
„IST DAS SCHON PUBERTÄT?“Seite 10 // Wenn Kinder den „Rubikon“ erleben
LEBENSLANG POTENZIALE ERWEITERNSeite 15 // Flexiblere Studienmöglichkeiten durch das Projekt STUDICA
Titelthema
WEICHEN STELLENSeite 6 – 17 // Richtungswechsel in der persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung
BESTE BESTE PIZZA!Pizza, die über den Tellerrand
hinausragt. Auf Wunsch gleich mit zwei unterschiedlich belegten Hälften.
Und köstliche Pasta d‘amore.
Düren | Fehlender Feld 4 | 52353 Düren
Troisdorf | Junkersring 1 | 53844 Troisdorf
Bornheim | Carl-Benz-Straße 11 | 53332 Bornheim
Köln | Hahnenstr. 37 | 50667 Köln
Bonn | Portlandweg 4 | 53227 Bonn
Hürth | Luxemburger Straße 146 | 50354 Hürth
losteria.de
Sonett – soandersÖ K O L O G I S C H K O N S E Q U E N T
Wie anders? Ganz anders! ImVergleich mit anderen Wasch- undReinigungsmitteln werden Sonett-Produkte völlig anders herge-stellt. In einem Oloïd-Mischer (rechts)werden Gold, Weihrauch, Myrrhe, Oli-venöl, Lorbeer und Rosenblütensalzerhythmisiert. Sonett-Produkte werdendamit „geimpft“. Sie sind daher einzig-artig, wertvoll und vollwertig biolo-gisch-dynamisch. Sonett-Produkte sindfrei von petrochemischen Tensiden, En-zymen, synthetischen Duft-, Farb- undKonservierungsstoffen und sie sind zu vegansociety.com reddot-awardiF-design-awardecogarantie.eu stop-climate-change.decse-label.org
100 % biologisch abbaubar. Alle Ölestammen aus kontrolliert biologischemoder biologisch-dynamischem Anbau.Sonett-Produkte werden ohne Gentech-nik, Nanotechnologie und ohne Tierver-suche hergestellt. Mehr Information:www.sonett.eu Sonett – so gut.
Sonett-Oloid_210x135 09.02.16 14:59 Seite 1
3Editorial
„Weichen stellen“ kennen wir von der Bahn: Eine Weiche ändert die Richtung eines Zuges.
In der Biografie eines Menschen vermögen etwa eine Situation, eine zufällige Begegnung
oder ein Freund eine solche Richtungsänderung zu bewirken. Manchmal nehmen wir
einen Richtungswechsel vor oder er passiert ohne ein bewusstes Zutun. Weichenstel-
lungen erleben wir in der Schullaufbahn, im Studium, im Privatleben, am Arbeitsplatz
und ganz allgemein sprechen wir von Weichenstellungen in der Geschichte und in der
Politik, manchmal auch in einer Institution. Für Millionen Flüchtlinge sind solche rich-
tungsändernde Ereignisse der Krieg und die Verfolgung. Und auch in den Gesellschaf-
ten, in denen sie Schutz suchen, wird ihr Kommen zu einem einschneidenden Ereignis.
Bei der Bahn sind Weichenstellungen eindeutig und programmiert. Sie ändern den Weg
in kontrollierter Weise. Das Leben ist aber kein Schienennetz, es ist unkalkulierbar und
tiefgründig. Mancher Flüchtling aus der Wüste befindet sich nun im hohen Norden, in
einer Gegend, von der er möglicherweise zuvor nicht einmal wusste, dass es sie gibt.
Die Menschen und die Menschheit müssen sich wandeln, um bestehen zu können, sich
neu erfinden.
Ob persönlich oder gesamtgesellschaftlich – das Leben duldet keinen Stillstand, es ist
stets in Bewegung. Der Mensch war und ist als Wanderer unterwegs, durch einen inne-
ren Drang oder durch äußere Umstände getrieben. Seine Herausforderung besteht in der
Richtungssuche und der Richtungsfindung.
Woher die Orientierung im Leben erwächst, ist geheimnisvoll und rätselhaft. Sicher hängt
sie von den Menschen selbst und den Situationen ab, doch das ist es nicht allein. Die
Orientierung findet sich auf dem Weg selbst, im Unterwegssein und aus der Bewegung
heraus. Oder, wie Gott Mephistopheles, den Meister der Verwirrung, in Goethes Faust
wissen lässt: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges
wohl bewusst.“ Der gute Mensch ist einer, der den Stillstand scheut und den Halt in der
Bewegung sucht.
In dieser Universalis-Ausgabe gehen wir den Themen Weichenstellungen und Wandel
nach. Wir interessieren uns für diejenigen Veränderungen, denen wir in unserem Lebens-
lauf zwangsläufig begegnen, beispielsweise in der Pubertät oder in der Ausbildung, und
solche, die wir bewusst fokussieren, um unser Leben zu gestalten oder gesellschaftliche
Veränderungen zu erzielen. Sie lesen in dieser Ausgabe auch, wie wir in unübersichtli-
chen Zeiten unseren Weg finden können, zum Beispiel mit Hilfe der Kunsttherapie oder
ein neues Verständnis von Arbeit entstehen kann.
Ihr Prof. Dr. Marcelo da VeigaRektor der Alanus Hochschule
LIEBE LESERINNEN
UND LESER,
BESTE BESTE PIZZA!Pizza, die über den Tellerrand
hinausragt. Auf Wunsch gleich mit zwei unterschiedlich belegten Hälften.
Und köstliche Pasta d‘amore.
Düren | Fehlender Feld 4 | 52353 Düren
Troisdorf | Junkersring 1 | 53844 Troisdorf
Bornheim | Carl-Benz-Straße 11 | 53332 Bornheim
Köln | Hahnenstr. 37 | 50667 Köln
Bonn | Portlandweg 4 | 53227 Bonn
Hürth | Luxemburger Straße 146 | 50354 Hürth
losteria.de
Sonett – soandersÖ K O L O G I S C H K O N S E Q U E N T
Wie anders? Ganz anders! ImVergleich mit anderen Wasch- undReinigungsmitteln werden Sonett-Produkte völlig anders herge-stellt. In einem Oloïd-Mischer (rechts)werden Gold, Weihrauch, Myrrhe, Oli-venöl, Lorbeer und Rosenblütensalzerhythmisiert. Sonett-Produkte werdendamit „geimpft“. Sie sind daher einzig-artig, wertvoll und vollwertig biolo-gisch-dynamisch. Sonett-Produkte sindfrei von petrochemischen Tensiden, En-zymen, synthetischen Duft-, Farb- undKonservierungsstoffen und sie sind zu vegansociety.com reddot-awardiF-design-awardecogarantie.eu stop-climate-change.decse-label.org
100 % biologisch abbaubar. Alle Ölestammen aus kontrolliert biologischemoder biologisch-dynamischem Anbau.Sonett-Produkte werden ohne Gentech-nik, Nanotechnologie und ohne Tierver-suche hergestellt. Mehr Information:www.sonett.eu Sonett – so gut.
Sonett-Oloid_210x135 09.02.16 14:59 Seite 1
4 Inhalt
Titelthema: Weichen stellen 6 WIE EIN PUZZLE, DAS GESTALT ANNIMMT
Weichen stellen mit Kunsttherapie
10 „IST DAS SCHON PUBERTÄT?“ Wenn Kinder den „Rubikon“ erleben
12 „REVOLUTION IM INNEREN – EVOLUTION IM ÄUSSEREN“ Gespräch mit Götz E. Rehn und Niels Pfläging
über sich selbst führende Organisationen
15 LEBENSLANG POTENZIALE ERWEITERN Flexiblere Studienmöglichkeiten durch das Projekt
STUDICA
16 „GESUCHT WIRD MEIST DIE JULIA“ Intendantenvorsprechen mit Schauspielabsolventin
Nina Karimy
Campus18 MIT BAMBUS BEGEGNUNGEN BAUEN
Studentenprojekt bringt Menschen zusammen
21 FORSCHUNGSFELD FLÜCHTLINGE Wie minderjährige Flüchtlinge pädagogisch
betreut werden
22 EINE BRACHE BLÜHT AUF Architektur-Wettbewerb des Bio-Händlers Alnatura
24 EURYTHMIE TRIFFT ZEITGENÖSSISCHEN TANZ Bei Veranstaltungen begegnen sich Tänzer
verschiedener Richtungen
26 UNTER STOCK UND STEIN Kooperationsprojekt des Studiengangs Kunst-
Pädagogik-Therapie mit der Stadt Daun
28 FREIHEIT UND ORIENTIERUNG Gespräch mit Studenten des Studiengangs
„Philosophy, Arts and Social Entrepreneurship“
und des Orientierungsstudiums
2610
5Inhalt
Forschung30 PRESTIGE VOR PROFIT?
Warum Unternehmen nachhaltig wirtschaften
32 „IM GESUNDHEITSWESEN ZÄHLEN HARTE FAKTEN“ Über das neue Forschungsinstitut für künstlerische
Therapien
Alanus Werkhaus34 „AM WERKHAUS WIRD KUNST GEMACHT!“
Über die Tätigkeit als Bildungsreferent
im Bereich Bildende Kunst
Menschen36 SUSANNE BLAZEJEWSKI – DIE PROFESSORIN,
DIE WIRTSCHAFT UND KUNST VEREINT
38 ABSOLVENTEN, DIE VERBINDUNGEN SCHAFFEN
Der besondere Ort39 DER BACHLAUF AM CAMPUS II
40 Kurz & Knapp
42 Terminvorschau
43 Impressum Alle abgebildeten Werke sind Arbeiten, die im Kontext der Alanus Hoch-schule oder des Alanus Werkhauses entstanden sind.
32 39
6 Titelthema: Weichen stellen
WIE EIN PUZZLE, DAS GESTALT ANNIMMTWeichen stellen mit Kunsttherapie
7Titelthema: Weichen stellen
Es sind Expeditionen in unwegsames Gelände, die therapeuti-sche Prozesse kennzeichnen: Existenzielle Herausforderungen bergen stets das Risiko, sich zu verirren, Umwege zu gehen, im Kreis zu laufen oder in Sackgassen zu geraten. Wie kann Kunsttherapie dazu beitragen, in unübersichtlichen Zeiten den richtigen Weg zu finden?
8 Titelthema: Weichen stellen
Anders als gesprächs- oder verhaltensorien-
tierte Verfahren verwandelt die Arbeit am Bild
bedeutsame Lebensereignisse in anschau-
liches Material, das sich formen, verändern
und neu bewerten lässt. Dass bildhafte Selbst-
akzentuierungen den Moment ihrer Entstehung
überdauern und auch nach Abschluss einer
Behandlungssequenz Orientierung vermitteln,
stellt einen wesentlichen Mehrwert künstleri-
scher Therapien dar. Wie beim Zusammenle-
gen eines komplizierten Puzzles wächst aus
anfänglichem Chaos eine geschlossene Ge-
stalt, deren Bedeutung sukzessiv an Plausi-
bilität gewinnt.
Was vor den eigenen Augen entsteht, betrach-
tet und berührt werden kann, lässt sich zu-
nehmend besser verstehen, in Worte fassen
und dem biografischen Selbstgefühl zuschrei-
ben. Bildsprachliche Äußerungen sind also kein
Platzhalter für unzugängliche Formen verba-
ler Kommunikation; vielmehr bereichern sie
die therapeutische Arbeit durch eine Reihe
spezifischer Möglichkeiten. In seinem Buch
„Wie Bilder Sinn erzeugen“ schreibt Gottfried
Boehm: „Unter der ‚Logik der Bilder‘ verstehen
wir eine ihnen eigentümliche, nur ihnen selbst
abzulesende Weise, Sinn zu erzeugen. Wir ar-
beiten also mit der Prämisse, dass Bilder un-
serer Sprache, den Begriffen und dem Wissen
Wichtiges hinzufügen, das nur auf diesem Weg
zu erfahren ist.“
BEISPIELE AUS DER PRAXIS
Wie sich das erkenntnisfördernde Potenzial
der Bildsprache in der Kunsttherapie als
„Kompassfunktion“ variabel nutzen lässt,
veranschaulichen die folgenden Beispiele. In
unterschiedlichen Lebensphasen verortet –
Kindheit, Lebensmitte, Abschied und Übergang
– konfrontieren sie übereinstimmend mit per-
sönlichen Krisen und deuten zugleich mögliche
Lösungswege an.
BILDER IN DER KINDERTHERAPIE
Abbildung 1 ist in einer Traumaambulanz ent-
standen und zeigt eine Zehnjährige auf dem
Weg zu ihrer neuen Pflegefamilie. In den
Signal farben Rot und Orange leuchtet das
noch unbekannte Zuhause klein am Rand der
rechten oberen Bildecke. Häuser symbolisieren
das Bedürfnis nach einem sicheren Ort, nach
verlässlichen Beziehungen und schützenden
Selbstanteilen. Der Weg dorthin ist mühsam
und beschwerlich, das Ziel weit entfernt. Auf
halber Strecke blockieren Bäume den Weg. Ein
schwerbeladener Schlitten erscheint denkbar
ungeeignet, um im schneefreien Gelände zügig
voran zu kommen. Eindrücklich enthüllt die
Spontanzeichnung den Konflikt des Mädchens:
Ehe sich die Wirkung des von Ambivalenzge-
fühlen überschatteten Abschieds von der Her-
kunftsfamilie zugunsten hoffnungsvoller Per-
spektiven auflösen lässt, müssen in der The-
rapie Ängste, Trauer und Zweifel ausgehalten
und überwunden werden.
Nach C.G. Jung steht der Mensch in der Le-
bensmitte vor der Aufgabe, bisher Erreichtes
kritisch zu bilanzieren. Stehen Partnerschaft
und Beruf, Werte und Haltungen in Einklang
mit den Werdemöglichkeiten des Individuums?
Maltherapeutische Selbsterfahrungsgruppen
Patientenarbeit aus der Kindertherapie (Abb. 1) Bilder aus der Maltherapeutischen Selbsterfahrung (Abb. 2 und 3)
9Titelthema: Weichen stellen
bieten die Chance, den eigenen Individuations-
prozess neu auszurichten. Im Rahmen eines
themenzentrierten Settings werden arche-
typische Motive gestaltet.
MALTHERAPEUTISCHESELBSTERFAHRUNG
Nachdem eine beruflich belastete Teilnehmerin
verschiedene Entwicklungsoptionen erkundet
hat, fällt ihr Blick in die obere Bildregion (Abb.
2): „Der rechte Weg ist heller, sandiger Boden,
er verheißt etwas Neues, Verlockendes. Obwohl
ich nicht genau weiß, was auf mich zukommt,
möchte ich diese Richtung einschlagen. Der
Weg in den Wald ist mir gut bekannt und an-
genehm, der linke nicht bedrohlich, aber lang-
weilig. Die purpurfarbene Spirale macht mich
neugierig“.
Wiederholt taucht dieses Motiv in den aktuel-
len Bildern auf, um die Malerin schließlich an
ein Meeresufer zu leiten (Abb. 3): „Mit ausge-
breiteten Armen stehe ich am Wasser, spüre
den Wind, höre das Rauschen der Wellen und
freue mich am klaren Blau des Sommerhim-
mels“. Das Gefühl hoher Beanspruchung findet
Ausgleich in erholsamen Fantasien und dem
Appell, gut für sich zu sorgen.
THERAPEUTISCHE BEGLEITUNG STERBENDER
Wenn in Phasen finaler Erkrankung die Kräfte
schwinden, können Bilddiktate eine Möglich-
keit sein, sich auf Wesentliches zu besinnen.
Letzte Bilder können der Selbstvergewisse-
rung dienen und zugleich eine Vermächtnis-
funktion übernehmen. Abbildung 4, entstan-
den in einem Zentrum für Palliativmedizin,
visualisiert die Sehnsucht der Patientin nach
einem Pferdebild. Die Kunsttherapeutin Elvi-
ra Schmitz malt für die Todkranke, was diese
nicht mehr zu gestalten vermag, jedoch klar
benennen kann. Im Rahmen eines geduldi-
gen dialogischen Miteinanders werden Farben
ausgesucht, Details abgestimmt, Proportionen
optimiert. Enkelin und Schwiegertochter sind
gemeinsam unterwegs: „Die Mutter überlässt
dem Kind die Zügel, denn sie hält es sicher in
den Armen. Eine starke Geste“, kommentiert
die Therapeutin. Denkbar sei, dass sich die
Patientin wenige Tage vor ihrem Tod im Bild
präsente Eigenschaften wie Stärke, Selbst-
ständigkeit und Eigensinn anverwandeln und
so gelassen Abschied nehmen konnte.
Therapeutische Bilder machen sichtbar, was
ansonsten oft unerkannt bleibt. Sie stimulie-
ren, spiegeln und regulieren Gefühle, trösten
oder provozieren, helfen, neue Perspektiven
zu entdecken. Bildnerische Prozesse erneuern
beschädigte Handlungskompetenz, verbinden
Erinnerungen zu kohärenten Sinneinheiten und
dokumentieren biografische Wendepunkte.
Von: Stefan Reichelt // Professor
für Kunsttherapie, Psychotherapeut für
Kinder und Jugendliche
Abb. 3 Therapeutisches Bild aus der Palliativmedizin (Abb. 4)
10 Titelthema: Weichen stellen
Manchmal findet man in Internetforen verzwei-
felte Eltern, die ihre neun- oder zehnjährige
Tochter seit Neuestem unausstehlich finden:
Sie kapselt sich ab, zieht sich aus familiären
Aktivitäten zurück, kritisiert alles und jeden
und ist manchmal unerklärlich traurig; fragt
die Mutter dann nach einem Grund für das
Tränenrinnsal, das sich über die Wange zieht,
kommt vielleicht ein Satz wie: „Dumme Frage,
das weiß ich auch nicht!“ Es gibt dann Eltern,
die ihren geplagten Mitstreitern zurückschrei-
ben und ihnen erklären, das sei noch nicht die
Pubertät, aber Anthroposophen würden das
„Rubikon“ nennen. Und tatsächlich hat die-
ser Begriff inzwischen eine weite Verbreitung
erlangt. Mit dem Rubikon bezeichnete Rudolf
Steiner einen Entwicklungspunkt, der in der
Spanne ungefähr zwischen dem neunten und
dem elften Lebensjahr liegt. Als Namensgeber
diente der norditalienische Grenzfluss Rubico-
ne, den Julius Cäsar 49 v. Chr. entgegen den
Weisungen des Römischen Senats mit seinem
Heer überschritt. Das Überschreiten bedeutete
eine Kriegserklärung, nach der es kein Zurück
mehr geben konnte – was Cäsar mit den be-
rühmten Worten „alea iacta est!“ (Latein für
„Der Würfel ist geworfen worden“) kommen-
tierte.
ATEMREIFE UND ERSTE IDENTITÄTSSUCHE
Einen inneren dramatischen Abgrenzungsim-
puls sieht Steiner bei Kindern diesen Alters.
Sie ringen mit biologisch-rhythmischen Ver-
änderungsprozessen und dieses aufrührende
Geschehen spiegelt sich im seelischen Erleben
wider. Als Beleg dafür führen Mediziner das
sich verändernde Verhältnis von Atmung und
Blutzirkulation an: Ein stabiles Gleichgewicht
(ungefähr 18 Atemzüge zu ca. 72 Pulsschlägen
bei Erwachsenen) bildet sich in der mittleren
Kindheit erst heran. Das innere Gleichgewicht
wird also in einem Prozess erst langsam aus-
tariert. Im Innenbereich der Seele wird das wie
eine Krise erlebt. Ähnlich sucht das etwa zehn-
jährige Kind in seinem Verhältnis zur sozialen
Mitwelt ein neues Gleichgewicht. Die vertraute
Basis familiärer Zusammenhänge betrachtet
es jetzt mit einem befremdenden Blick; es be-
ginnt ein Hinterfragen alles Gewohnten und es
macht nicht einmal Halt vor sich selbst: „Seid
ihr wirklich meine Eltern oder wurde ich ver-
sehentlich nach der Geburt vertauscht?“ Im
Rubikon vollzieht sich also ein neuer Schritt
in der Identitätsbildung. Dabei variieren die
Ausdrucksformen stark. Oftmals sind es aber
die „großen Fragen“, welche mit ungeahnter
Wucht das kindliche Erleben berühren; es sind
Fragen nach Leben und Tod, nach der eigenen
Zukunft und „Bestimmung“.
WAS ELTERN TUN KÖNNEN
Den Eltern kommt hier eine wichtige wahr-
nehmende und begleitende Funktion zu. Den
Kindern widerfährt so etwas wie ein inneres
Naturereignis; entsprechend ist nicht ein ra-
„ IST DAS SCHON PUBERTÄT?“
Wenn Kinder den „Rubikon“ erleben
11Titelthema: Weichen stellen
tionales „Wegerklären“ angebracht, sondern
ein Übersetzen der kindlichen Ausdrucksfor-
men beziehungsweise ein vorsichtiges Erkun-
den seiner Bedürftigkeit, auch dann, wenn
alles auf Abwehr gestellt ist. Kinder in diesem
Alter wünschen sich oft ein eigenes Zimmer
oder sie wollen den Zutritt zum Kinderzimmer
selbst regeln. Ihr zart aufscheinendes Selbst
will ein „eigenes Haus“ – das sollten Eltern
durchaus unterstützen.
DEN RUBIKON ERFORSCHEN
Die von Steiner beschriebenen Phänomene
des Rubikon, die bisher kaum systematisch
untersucht wurden, lassen sich heute gut
mit entwicklungspsychologischen Ansätzen
in Verbindung bringen. So weisen die aktuel-
len Forschungen zur Mitte der Kindheit (circa
acht bis zwölf Jahre) auf eine präpuberale Aus-
schüttung von Sexualhormonen hin. Und die
Veränderungen im kindlichen Verhalten deuten
Psychologen gegenwärtig als Symptome eines
entwicklungsrelevanten Übergangs (juvenile transition) von der Kindheit zur Pubertät.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Uni-
versität Witten/Herdecke in Kooperation mit
der Kinderklinik der Universität Tübingen und
der Alanus Hochschule geht ein Forscherteam
den Fragen nach, ob der Rubikon bei allen
Kindern stattfindet, wenn ja, zu welcher Zeit,
wovon er beeinflusst wird und ob es Faktoren
gibt, die diesen Entwicklungsschritt fördern
oder hemmen. In der Studie sollen bis zu 1.000
Eltern befragt werden.
FORSCHUNGSPROJEKT RUBIKONDas Forscherteam bietet an Schulen jahr-gangsübergreifende Elternabende an, bei denen das Projekt eingeführt wird. Die Eltern nehmen im Anschluss an drei Befragungen im Abstand von mehreren Monaten teil. Wei-tere teilnehmende Eltern werden gesucht. In-formationen und Kontakt: axel.foeller-mancini@alanus.edu
Von: Axel Föller-Mancini // Junior -
pro fessor für qualitative Methoden in der
Bildungsforschung
12 Titelthema: Weichen stellen
Herr Rehn, Herr Pfläging, was verste-hen Sie unter einer sich selbst führen-
den Organisation?REHN: Das Prinzip der selbstführenden Or-
ganisation besagt, dass die Mitglieder dieser
Organisation selbstverantwortlich und frei im
Austausch miteinander das Unternehmen ge-
stalten. Dabei unterwerfen sie sich gewissen
Regeln, wie sie miteinander umgehen wollen,
informieren sich sehr gut wechselseitig und
haben ein gemeinsames Bild von dem, was sie
zusammen erreichen wollen. Die Kunst besteht
darin, Verhältnisse zu schaffen, die diesen
Entwicklungen im Unternehmen Raum geben.
Nur so kann Selbstführung gelebt werden.
PFLÄGING: Aus der Systemtheorie habe ich
gelernt, dass der Gegensatz zur Selbstfüh-
rung die Fremdsteuerung ist. Fremdsteuerung
hat im Industriezeitalter recht gut funktioniert
– heutzutage versagt sie. Organisationen sind
darum auf Selbstführung angewiesen.
Herr Pfläging, können Sie die Ent-wicklung von der Fremdsteuerung zur
Selbstführung genauer erklären?PFLÄGING: Im Industriezeitalter entstanden
explosiv wachsende Massenmärkte und damit
gewaltiges Standardisierungspotenzial. Die Lö-
sung zur Organisation effizienter Wertschöp-
fung lag in einem einfachen Prinzip: der strik-
ten hierarchischen Trennung des Denkens vom
Handeln sowie der konsequenten Steuerung des
Unten durch das Oben. Wir nennen diese Idee
und die dazugehörige Sozialtechnologie „Ma-
nagement“ und sie war ein Riesenerfolg. Seit
dem Aufkommen des Wissenszeitalters ab den
1970er-Jahren sind Unternehmen jedoch wieder
hoher Dynamik ausgesetzt. Wir müssen sie als
die hoch-komplexen Systeme betrachten, die
sie sind. Es reicht nicht mehr aus, sie wie kom-
plizierte Maschinen zu steuern. Genau das tun
jedoch die allermeisten Unternehmen. Es wird
weiterhin mit„Management-Methoden“ gere-
gelt, Performance-Management betrieben und
planwirtschaftlich über Linien- oder Matrixor-
ganisation zu steuern versucht. Bei komplexen,
überraschenden Problemen helfen Pläne, Re-
geln, Weisung und Methoden aber nicht mehr
weiter. Steuerung versagt, wir brauchen Ideen.
Ideen kriegt man aber nur von Menschen, die
selbstgeführt kreativ agieren – und so für ihre
Organisationen dynamische Probleme lösen.
Herr Rehn, Sie sagten, es sei wichtig, Verhältnisse zu schaffen, in denen
Selbstführung gelebt werden kann. Wie setzen Sie bei Alnatura Prinzipien der Selbstführung um?REHN: Die Tagung des Instituts für Sozialor-
ganik * war für uns der Auftakt, um Selbst-
„ REVOLUTION IM INNEREN – EVOLUTION IM ÄUSSEREN“
Dialogorientierte Zusammenarbeit statt strikter Hierar- chien – die Idee sich selbst führender Organisationen bewegt Götz E. Rehn, Leiter des Instituts für Sozialorganik, und Niels Pfläging, der als Organisationsberater Managern rät, auf Planung und Steuerung zu verzichten: Ein Gespräch über eine neue Bedeutung von Führung und das Streben der Menschen nach Selbstgestaltung.
?
??
13Titelthema: Weichen stellen
führung grundsätzlicher im Unternehmen zu
verankern. Wir haben im nicht-wirtschaftlichen
Kontext ganz viele Räume, in denen die Mit-
arbeiter lernen, sich selbst zu organisieren.
Wir fördern eigene Initiativen von Mitarbeitern
sehr stark. Beim „Alnatura wirkt-Tag" hat zum
Beispiel jeder Mitarbeiter die Möglichkeit, sich
einen Tag für ein soziales Projekt zu engagie-
ren. Das ist eine gute Voraussetzung, um das
Prinzip der Selbstführung zu erproben. Natür-
lich gibt es auch Unternehmensbereiche, in
denen die Mitarbeiter bereits selbstorgani-
sierter arbeiten, zum Beispiel in der Logistik.
Herr Rehn, Sie sprechen auch von den vier Prinzipien evolutionärer Zusam-
menarbeit. Was verstehen Sie darunter?REHN: Unternehmen sind keine steuerbaren
Maschinen, sondern lebendige, soziale Orga-
nismen, die von Menschen als geistig-schöp-
ferischen Individuen aktiv gestaltet werden.
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für
eine evolutionäre Form der Zusammenarbeit
ist ein ganzheitliches Menschenbild und ein
Sinnziel der Organisation. Zunächst muss eine
Revolution im Inneren stattfinden, dann eine
Evolution im Äußeren. Erst ein neues, wirk-
lichkeitsgemäßes Denken bildet die Basis für
eine nachhaltige und evolutionäre Gestaltung
der Wirtschaft. Diese sollte sich nach den vier
Prinzipien, der Selbstführung, Ganzheitlichkeit,
Sinnhaftigkeit und Kundenorientierung richten.
Herr Pfläging, Sie sind Organisati-onsberater. Wird Führung also über-
flüssig?PFLÄGING: Führung wird nicht überflüssig
und auch Manager nicht – die Sozialtechnolo-
gie Management und die Managementmetho-
den des Industriezeitalters gehören jedoch ins
Museum. Budgetierung, Strategische Planung,
Anreizsysteme, Mitarbeiterbeurteilungen, Or-
ganigramme, Kostenmanagement und so wei-
ter – all das ist heute schädlich und dysfunk-
tional. Mitarbeiter und Teams müssen nicht
gesteuert oder verbessert werden – stattdes-
sen gilt es für wirksame Organisationsent-
wicklung, die Prinzipien zu hinterfragen, nach
denen Wertschöpfung und Arbeit heute ticken.
Um unsere Organisationen in komplexen Zei-
ten neu zu gestalten bedarf es anderer Denk-
werkzeuge und eines geeigneten Umgangs mit
Veränderung. Das brachliegende Potenzial der
Menschen in einer Organisation für die Wert-
schöpfung nutzbar zu machen – darin liegt für
mich der große Reiz. Das ist die große Heraus-
forderung für Unternehmensführung unserer
Zeit. Natürlich auch für die Alanus Hochschu-
le, die zukünftige Führungsarbeiter ausbildet.
Herr Rehn, wie werden die Unterneh-mer der Zukunft an der Alanus Hoch-
schule ausgebildet?REHN: Der BWL-Studiengang an der Alanus
Hochschule verknüpft die klassische BWL – er-
gänzt um Themen der Nachhaltigkeit und der
Sozialorganik – mit Praxisphasen und Kunster-
fahrung. BWL-Studenten machen gemeinsam
mit Kunststudenten Projekte, um die Phantasie
weiter zu entwickeln. Das ist genau die Denk-
fähigkeit und Kreativität, die man für eine sich
selbst führende Organisation braucht.
In den Medien liest man zurzeit oft, dass Menschen auch außerhalb des Ar-
beitsplatzes den Wunsch nach Eigengestal-tung ausleben. Warum kommt das Thema gerade jetzt auf?REHN: Ich selbst warte da schon seit vielen
Jahren drauf, denn ich habe das Unternehmen
Alnatura genau auf dieser Grundlage aufge-
baut. Interessant finde ich, dass gerade im
Zeitalter der Digitalisierung, die den Menschen
vieles abnimmt, sich eine Gegenbewegung hin
zur Eigengestaltung entwickelt. Die Digitalisie-
rung führt zu einem scheinbar paradiesischen
Umfeld. Viele Informationen und Leistungen
sind verfügbar und kommen zu mir, wenn ich
sie über meinen digitalen Doppelgänger, das
Smartphone, anfrage. Der Gegentrend ist,
dass die Menschen ein echtes Naturerlebnis
haben, etwas Schöpferisches erleben, einen
echten Menschen treffen wollen. Ich denke, es
ist eine Reaktion auf das, was uns immer mehr
als virtuelle Welt umgibt. Viele Menschen ver-
bringen viele Stunden vor ihrem PC oder vor
ihrem Smartphone und kommunizieren letzt-
lich über ihn beziehungsweise über es mit an-
deren. Aber es ist etwas anderes, wenn ich
mein Gegenüber nicht „zwicken“ kann. Viele
Menschen fangen an zu kochen, zu gärtnern
und dann ihrem Bedürfnis nach Individualisie-
* Die Tagung des Instituts für Sozialorganik widmete sich 2015 dem Thema „Kollektive Wertschöpfung – die sich selbst führende Organisation“. Ein Rückblick findet sich unter www.alanus.edu/sozialorganik.
Am 28. Juni und 2. November 2016 finden weitere Tagungen des Instituts statt.
Götz E. Rehn: „Unternehmen sind keine steuerbaren Maschinen.“
Niels Pfläging: „Die Managementmethoden des Industriezeitalters gehören ins Museum.“
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14 Titelthema: Weichen stellen
rung und schöpferischer Gestaltung nachzuge-
hen. Dabei geht es nicht um Erfolg und Profit,
sondern um die Dinge, die mir wichtig sind,
und darum, Orientierung zu finden und mich
durch eigene Taten zu verwirklichen.
PFLÄGING: Es gibt aktuell zwei populäre Er-
klärungsansätze, warum Selbstführung gerade
jetzt zum Thema wird: Der Eintritt der Gene-
ration Y in den Arbeitsmarkt und die Digitali-
sierung. Ich halte beide Erklärungen für viel
zu kurz. Die Generation Y will von Unterneh-
men als Arbeitgebern nichts anderes als an-
dere Generationen. Weil sie gerade jetzt auf
den Arbeitsmarkt rückt, schreibt man ihr be-
stimmte Eigenschaften zu, die vorangegange-
ne Generationen von Arbeitssuchenden schon
beinahe genauso formulierten. Ähnlich verhält
es sich mit der digitalen Transformation. Es
gibt sie schon seit zwanzig oder vierzig Jahren
– je nachdem wie man rechnet. Statt einzelne
Symptome des Zeitenwandels wie die Genera-
tion Y oder die Digitalisierung zu überhöhen,
scheint es mir hilfreicher anzuerkennen, dass
die Welt sich zwischen dem Industriezeitalter
und dem Wissens- oder Informationszeital-
ter insgesamt dramatisch verändert hat. Nur
hinken Organisationsmodelle, unsere Sozial-
systeme oder das Bildungswesen dieser Zei-
tenwende hinterher: Es gibt das Neue bereits
– aber nur in einigen selbstgeführten Pionier-
Unternehmen. Durch sie entsteht auf manchen
Märkten ein Wettbewerb der Organisationsmo-
delle: Wo die beiden Modelle aufeinandertref-
fen, wird es für bürokratische, hierarchische
Wettbewerber schnell sehr eng. Das konnte
man gut am Wettbewerb zwischen dm-droge-
rie markt und Schlecker beobachten. Schle-
cker hatte trotz seiner Größe gegen dm keine
Chance: Das lag nicht an den Produkten, es
lag am Organisationsmodell. Die wesentliche
Frage, die sich daraus für Unternehmen stellt
ist: Wie geschickt nutzen sie das menschliche
Potenzial – oder lassen sie es einfach liegen?
REHN: Ich würde es etwas anders ausdrücken.
Es geht nicht so sehr um den Nutzen, sondern
darum, dass sich jeder Einzelne wirklich gerne
einbringt. Wie kann ich Lebens- und Arbeits-
welten schaffen, in denen ich wirklich gerne
mit anderen etwas gestalte? SST
Götz E.Rehn // Gründer und Geschäfts-
führer von Alnatura, Leiter des Instituts
für Sozialorganik an der Alanus Hoch-
schule — Niels Pfläging // Organisa-
tionsberater und Autor
Wie muss eine Bank sein, damit man sie liken kann? Konsequent grün, fair und transparent! Das ist die erste sozial-öko-logische Bank. www.gls.de
I like my Girokonto
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15Titelthema: Weichen stellen
STUDICA – STUDIEREN À LA CARTEInteressenten können ab Frühjahr 2016 Veran-staltungen der Alanus Hochschule im Rahmen von STUDICA besuchen. Weitere Informatio-nen unter www.alanus.edu/studica
Wie können Hochschulen zu lebenslanger Bil-
dung und mehr Chancengleichheit beitragen?
Sind die bestehenden Angebote flexibel und
praxisnah genug für Berufstätige? Diese Fra-
gen bewegen Michael Brater, Professor für
Bildungsforschung. Der Soziologe entwickelt
seit einigen Jahren ein Studienformat, das es
erlaubt, Angebote der Hochschule individuell
zu kombinieren – unabhängig von Studiengän-
gen, die Inhalte und Verläufe vorschreiben und
unabhängig von Schulabschlüssen, die über
den Zugang zur Hochschule entscheiden. „Alle
sollen von wissenschaftlichem Wissen profi-
tieren und an akademischen Methoden und
Theorien teilhaben“, erläutert Brater sein Ziel.
Weit entfernt von der Umsetzung seines Vor-
habens in die Praxis ist der Professor nicht: Ab
Frühjahr 2016 bietet die Alanus Hochschule ein
Studienprogramm an, bei dem aus dem brei-
ten Angebot an Seminaren, Vorlesungen und
Übungen ausgewählt werden kann. Teilnehmer
schreiben sich nicht in einen Studiengang ein,
sondern entscheiden sich für einen oder meh-
rere Kurse, die inhaltlich und vom Umfang her
zu ihren Fragestellungen und Bedürfnissen
passen – auch fächerübergreifend.
FLEXIBILITÄT UND OFFENHEIT
Vorausgegangen ist eine dreijährige For-
schungs- und Entwicklungsphase, in der
Brater und sein Team das Konzept „STUDI-
CA – Studieren à la carte“ ausgearbeitet und
erprobt haben. Es ist vor allem auf die Bedin-
gungen Berufstätiger ausgerichtet. Das zeigt
sich nicht nur in der Möglichkeit, Studienin-
halte „à la carte“ – also nach individuellen
Wünschen – zu wählen und zu kombinieren,
sondern auch in einem umfassenden Bera-
tungssystem sowie Angeboten zur Einfüh-
rung ins wissenschaftliche Arbeiten, die Teil-
nehmern den Neu- oder Wiedereinstieg in die
Hochschule erleichtern sollen.
PRAXISORIENTIERTE AUSWAHL
STUDICA spricht insbesondere Menschen an,
die im Beruf vor neuen Herausforderungen
stehen oder Impulse für ihre persönliche oder
berufliche Entwicklung suchen. Brater erklärt:
„Eine Floristin, die in ihrem Betrieb Menschen
mit Behinderung beschäftigen und ausbilden
möchte, kann zum Beispiel aus dem Heilpäd-
agogik-Studium Kurse zur Inklusion belegen
sowie aus der Berufspädagogik Seminare zur
Erwachsenenbildung.“ Damit könne die Teil-
nehmerin sich darüber hinaus dafür qualifizie-
ren, das Thema „Inklusion im Betrieb“ lehrend
zu vermitteln, zum Beispiel an Fachschulen, so
Brater. Der konkreten Auswahl vorgeschaltet
ist eine intensive Beratung, in der die Kompe-
tenzen der Teilnehmerin analysiert und darauf
aufbauend Empfehlungen für passende Kurse
gegeben werden.
CHANCENGLEICHHEIT
Rektor Marcelo da Veiga ist ebenfalls Pro-
jektleiter des Vorhabens, das vom Bundesfor-
schungsministerium mit insgesamt knapp drei
Millionen Euro gefördert wird. Da Veiga ver-
tritt die hochschulpolitische Seite: Er möchte
den Transfer des Studienkonzeptes auf ande-
re Hochschulen voranbringen. „Unser Ziel ist
es, STUDICA als übertragbares Modell der Be-
teiligung von Hochschulen am lebenslangen
Lernen zu etablieren“, resümiert der Profes-
sor. Damit hat das Prinzip STUDICA das Po-
tenzial, Wissenschaft flächendeckend für alle
zugänglich zu machen und so einen wesentli-
chen Beitrag zur Chancengleichheit in unserer
Gesellschaft zu leisten. TF
LEBENSLANG POTENZIALE ERWEITERN
Flexiblere Studien- möglichkeiten für Menschen mit Lebens- und Berufserfahrung
16 Titelthema: Weichen stellen
Das Licht geht an. Nina Karimy steht allein
auf der Bühne, so nah vor der ersten Reihe,
dass die Zuschauer sie berühren könnten. In
ihrem Gesicht spiegeln sich alle Emotionen
ihrer Rede wider. Sie ist gerührt und sanft-
mütig, aufgewühlt und flehentlich, schließlich
ernst und selbstsicher. Sie ist Lady Milford
aus Schillers „Kabale und Liebe“. Nach knapp
fünf Minuten endet ihr Monolog. Das Licht geht
aus. Zehn Minuten Zeit, um sich in ihre nächs-
te Rolle zu verwandeln.
Nina Karimy ist Schauspielstudentin im Ab-
schlussjahr. An diesem Nachmittag steht sie
mit ihren acht Kommilitonen auf der Bühne des
Rheinischen Landestheater Neuss, um Thea-
terintendanten von ihrem Können zu überzeu-
gen, die auf der Suche nach neuen Gesichtern
für ihre Produktionen sind. „Du hast vier Jahre
studiert. Die Intendantenvorsprechen sind die
letzte Hürde, die du nehmen musst. Danach
wartet vielleicht ein Jobangebot auf dich“, er-
klärt Nina Karimy.
SCHMERZVOLLE ENTSCHEIDUNGEN
Genau anderthalb Stunden haben die Studen-
ten Zeit für rund zwanzig Monologe, Dialoge
und Lieder – und jeder will sich ausreichend
präsentieren können. Das Programm haben die
Studenten zuvor an der Hochschule gezeigt,
jetzt müssen sie es für jedes Intendantenvor-
sprechen neu zusammenstellen, denn die zur
Verfügung gestellte Zeit variiert von Theater zu
Theater. Nicht immer ein einfaches Vorgehen,
wie Fachgebietsleiter René Harder aus vielen
Jahren Erfahrung weiß: „Da müssen manchmal
schmerzvolle Entscheidungen getroffen wer-
den. Ein Monolog von zwei Minuten lässt sich
nicht beliebig kürzen, da fällt auch mancher
aus Zeitgründen einfach weg“.
Sich schnell auf Neues einstellen – das gehört
zum Alltag der Schauspielstudenten. Nur eine
Stunde haben sie vor ihrem Auftritt in Neuss
Die Intendantenvorsprechen markieren für die Schau-spielstudenten den Übergang vom Studium ins Berufsleben. Nina Karimy ist eine von neun Studenten des Abschlussjahr-gangs, die vor Theaterinten-danten ihr Können zeigen, um ein Engagement zu bekommen.
„ GESUCHT WIRD MEIST DIE JULIA“
Nina Karimy als moderne Lady Milford aus Schillers „Kabale und Liebe“
17Titelthema: Weichen stellen
Zeit, um sich mit dem Spielort vertraut zu ma-
chen. Nicht viel Zeit, um ihre Rollen in der un-
gewohnten Umgebung zu proben, denn auch
die Auf- und Abgänge müssen koordiniert wer-
den. Auch nach dem Auftritt bleiben den Nach-
wuchsschauspielern nur ein paar Minuten, um
die Bühne mitsamt Requisiten und Kostümen
zu verlassen, denn gleich nach ihnen präsen-
tieren sich Absolventen einer anderen Schau-
spielschule.
EIN GROSSER TAG
Vor welchem Publikum sie spielen, wissen die
Studenten und Dozenten nur von der Liste am
Theater-Eingang, in die sich die zuschauenden
Intendanten eingetragen haben. Nach dem Ab-
schiedsapplaus sind diese schnell verschwun-
den. Harder, der die angehenden Schauspieler
heute begleitet, meint dazu: „Leider gucken
sich manche der Intendanten heute nicht alle
Hochschulen an. Das ist schade, da es für un-
sere Studenten ein großer Tag ist.“ Meistens
besuchen die Intendanten die Vorsprechen,
um die passende Besetzung für die kommen-
de Spielsaison zu finden. „Manchmal kommt
es aber auch vor, dass unsere Studenten di-
rekt auf das Vorsprechen hin engagiert wer-
den“, führt der Professor für Schauspiel mit
Schwerpunkt Szenenstudium und Projektent-
wicklung weiter aus. Kurzfristige Engagements
können sich ergeben, wenn jemand aufgrund
von Krankheit oder Schwangerschaft ausfällt.
Viele Engagements ergeben sich über die ZAV-
Künstlervermittlung, eine Service-Einrichtung
der Bundesagentur für Arbeit, die darstellende
Künstler vermittelt. Alle Schauspielabsolven-
ten der Alanus Hochschule werden in deren
Verzeichnis aufgenommen. Auch in Neuss
sind Mitarbeiter der ZAV vor Ort, um sich einen
Eindruck von den jungen Talenten zu machen.
Wenn die Intendanten später bei ihnen einen
bestimmten „Typ“ für eine Rolle anfragen, wis-
sen die Vermittler, wer die gesuchten Anforde-
rungen erfüllt.
KEINE TYPISCH DEUTSCHE SCHAUSPIELERIN
Das Studienjahr von Nina Karimys und ihren
Kommilitonen läuft noch bis zum Sommer. Als
praktische Diplomprüfung werden sie erneut
das Stück „Shoot / Get Treasure / Repeat“ auf
die Bühne bringen. Außerdem steht die Jobsu-
che an. „Im vierten Jahr haben die Studenten
viele Freiheiten im Stundenplan, denn einige
bekommen bereits jetzt Engagements ange-
boten und nehmen an Einzelvorsprechen teil“,
erklärt Harder.
Wie es für Nina Karimy nach dem Abschluss
weitergeht? Sie weiß es nicht. „Wenn Inten-
danten jemanden für ihr Ensemble suchen,
suchen sie meist die Julia, aber keine Lady
Milford“,meint die 28-Jährige und erklärt un-
verdrossen. „Ich bin älter als die meisten mei-
ner Kommilitonen und habe einen Migrations-
hintergrund. Ich bin nicht die typische deut-
sche Schauspielerin.“ An Schauspielschulen
wies man sie früher oft mit dem Argument
ab, dass sie einen Akzent habe und man nicht
wisse, ob der jemals ganz verschwindet. „Ich
habe mich deswegen lange unsicher gefühlt.
Ich musste erst lernen zu akzeptieren, dass
mein Akzent zu mir gehört und mich unver-
wechselbar macht.“, erzählt die Deutsch-Kur-
din aus dem Iran, der man ihren Akzent jedoch
kaum anmerkt.
Wieder geht das Licht an. Nina Karimy steht
noch einmal auf der Bühne – als Mutter, der
die Nachricht überbracht werden soll, dass ihr
Sohn im Krieg gefallen ist. Im Schlafanzug, mit
Lockenwicklern im Haar, redet sie ununterbro-
chen, um von dem Ereignis abzulenken. Als sie
die Soldaten endlich zu Wort kommen lässt
und die schreckliche Nachricht ausgesprochen
ist, will sie sich die Trauer nicht anmerken las-
sen: „Waren das die Worte? Nicht so schlimm
wie ich dachte“ – das gilt auch für das heu-
tige Vorsprechen. Ein Engagement hat Karimy
bereits: Im Februar und März 2016 steht sie in
der Inszenierung „Nathan der Weise“ im The-
ater Bonn auf der Bühne. SST
Nina Karimy spielt eine Mutter, die erfahren hat, dass ihr Sohn im Krieg gefallen ist
18 Campus
MIT BAMBUS BEGEGNUNGEN BAUEN
19Campus
Ein sonniger Herbsttag in der Bonner Innenstadt, auf der Poppelsdorfer Allee flanieren Hundebesitzer, Eltern mit Kinderwagen und Senioren. Sie schauen interes-siert zum Grünstreifen in der Mitte der Allee, Studenten radeln zur Uni, recken die Hälse, wären fast vorbei ge-fahren und bleiben dann doch neugierig stehen: Auf der Wiese baut eine Gruppe von rund vierzig Leuten eine filigrane offene Kuppel. Beim näheren Hinsehen erkennt man, dass sie aus Bambusstangen besteht.
Ein Stapel Bambusrohre liegt im Gras. An
jedem Bambus-Pfeiler steht eine Person, ver-
sucht die Konstruktion im Gleichgewicht zu
halten, andere biegen die Stangen zu Bögen
Richtung Boden, befestigen sie mit rosa
Schnur. Zieht einer zu stark oder lässt nach,
kippt das schwankende Gefüge.
Am Rand steht die Kunststudentin Miriam
Nolte und erklärt den ganzen Tag lang den
Passanten geduldig das Projekt, das sie ge-
meinsam mit ihrem Kommilitonen Loïc Devaux
entwickelt hat. Sie laden die Neugierigen ein
mitzumachen: Fünf Tage lang wollen die bei-
den gemeinsam mit Anwohnern, Studenten
und Flüchtlingen eine Bambusskulptur bauen
und durch die Gemeinschaftsaktion Begegnun-
gen ermöglichen. „In den Medien sind Flücht-
linge eine große abstrakte Masse, wir wollen,
dass Flüchtlinge und Bonner zusammen etwas
erschaffen und sich dabei auf Augenhöhe als
Menschen kennenlernen“, erklärt Nolte. Die
künstlerische Aktion soll dafür den Freiraum
bieten. Eine gemeinsame Sprache scheint für
die Aktion nicht nötig zu sein: An der einen
Ecke steht Bashar aus Syrien, an der anderen
Ali aus Nordafrika, dazwischen Steffi und Tim.
Alle schaffen es, sich bei der Arbeit mit Gesten
zu verständigen.
OHNE PLAN UND BAUHERR
Vor einem halben Jahr haben Nolte und Devaux
mit ihrem Projekt begonnen, das gleichzeitig
ihre Masterarbeit ist: Sie haben eine Projekt-
skizze geschrieben, Kontakte geknüpft, För-
derer und Partner gesucht und ihre Idee in
zahlreichen Bonner Flüchtlingsunterkünften
vorgestellt. Nun, während der Realisierung
verstehen sie sich selbst nur als Impulsgeber:
Sie haben keinen Bauplan vorgegeben und
nicht gesagt, wie es richtig ist. „Am Anfang
trauten sich die Akteure noch nicht so recht.
Da mussten wir noch eine Idee für den Start
vorgeben, damit der Prozess in Schwung kam“,
erinnert sich Devaux. Allmählich verselbstän-
digt sich die Sache jedoch, im gemeinsamen
Tun entwickeln einzelne Gruppen eigene Ideen.
Oben: Miriam Nolte und Loïc Devaux, die Initiatoren
Mitte: Gemeinsame Mahlzeiten schaffen zusätz-liche Verbindungen.
Unten: Die Skulptur wird zum Ort für Gespräche und Begegnungen.
20 Campus
Neben der großen Skulptur entstehen Tunnel,
wächst eine Blume und ragt eine Rakete in
den blauen Himmel. „Genau das wollten wir:
es sollte sich jeder einbringen können und sich
die Skulptur zu eigen machen“. Etwas stärker
gelenkt war eine Laternenaktion am Vortag:
mit Glasreiniger, Staubwedel und Leitern aus-
gestattet putzten rund dreißig Freiwillige die
Laternen rechts und links der Allee und be-
klebten sie mit farbigen Folien. In der Dämme-
rung wird nun die gesamte Schneise zwischen
Bahnhof und historischem Schloss einschließ-
lich der Bambusskulptur von einem rot-grünen
Lichtband umrahmt.
ESSEN VERBINDET
Wer nicht mitbauen will, kann sich auch an-
ders einbringen: Jeden Tag wird für alle Helfer
gekocht. Die Evangelische Studentengemein-
de hat ihre Küche zur Verfügung gestellt. Hier
kocht heute eine syrische Familie: Vier Män-
ner und vier Frauen bereiten Spezialitäten aus
ihrer Heimat zu. An vielen Tischen, die zu einer
langen Tafel zusammengestellt sind, wird ge-
meinsam auf der Wiese neben der wachsen-
den Skulptur gegessen: „Essen ist etwas stark
Kulturelles,“ begeistert sich Devaux. Und die
gemeinsamen Mahlzeiten geben dem Projekt
eine zusätzliche soziale Komponente, die „den
Austausch fördert und die Menschen zusam-
menbringt.“
GEGLÜCKTE BEGEGNUNGEN
Zwei Monate später sitzen die beiden Studen-
ten vor dem Laptop und sortieren Fotos für
ihre Dokumentation: „Das hier finde ich rich-
tig schön, und das hier“. Loic Devaux zeigt auf
verschiedene Bilder. Eine Frau mit Kopftuch
und eine ältere Dame lachen sich an, gesti-
kulieren, scheinen sich zu unterhalten. Zwei
Männer machen sich über Bambusstangen
hinweg Zeichen beim gemeinsamen Arbei-
ten. Während des Bauens war er selbst viel
zu sehr mit der Organisation beschäftigt, um
solche Momente wahrzunehmen. Wenn er jetzt
die Fotos dieser Begegnungen sieht, erfüllt ihn
das mit Freude. Nolte bleibt bei den Fotos des
Abschlussfestes hängen: Menschen tummeln
sich auf der Wiese, essen, tanzen, unterhalten
sich. Dann entdeckt sie den syrischen Vater,
der mit seiner Familie auch für das Fest ge-
kocht hat. „Herzlich Willkommen“ hatte er ge-
sagt und damit die Feier eröffnet. „Das war
ein sehr schöner Moment, weil sich die Situati-
on umgekehrt hat, die geflüchteten Menschen
wurden zu Gastgebern.“ CZ
Oben: Die Bambusskulptur vor dem Poppelsdorfer Schloss wächst in alle Richtungen.
Unten: Die Skulptur bei Nacht: Klebefolien auf den Straßenlaternen tauchen die gesamte Allee in farbiges Licht.
sKULpTUR Allee
Masterarbeit Bildende Kunst von Loïc Devaux und Miriam Nolte
Ziel: Begegnung zwischen Bonner Bürgern und Flüchtlingen schaffen
Bauzeit: 5 Tage, Vorbereitung: 9 Monate
Material: 1000 Bambusrohre, unzählige helfende Hände
Unterstützt von: Globus Stiftung, Univer-sität Bonn, Evangelische Studierendenge-meinde Bonn, Alanus Forum e. V., Stadtwerke Bonn und zahlreichen weiteren Institutionen und Privatpersonen
21Campus
In ihrem beruflichen Kontext haben sie alle
Kontakt zu Flüchtlingen, da wundert es nicht,
dass sich die angehenden „Pädagogischen
Praxisforscher“ Sara Ismail, Oliver Möller und
Stefan Puchberger für ein gemeinsames Lehr-
forschungsprojekt unter der Leitung von Dozent
Alexander Röhler zusammengefunden haben.
Ziel ist es, herauszufinden, welche Rolle die
pädagogische Arbeit bei der Ankunft geflüch-
teter minderjähriger Kinder und Jugendlicher in
Deutschland spielt.
Das Team hat sich darüber verständigt, narra-
tive Interviews durchzuführen, die es ermögli-
chen auf die Biographie des Befragten im De-
tail einzugehen. Die Interviewpartner wurden
gebeten, von ihrem Leben zu erzählen, mit
einem besonderen Fokus auf die Zeit ihrer An-
kunft in Deutschland. „Wir wollten, dass sie in
eine Situation kommen, in der sie ihr damali-
ges Empfinden nachfühlen und mit ihrer heu-
tigen Lebenssituation in Verbindung bringen“,
erläutert Sara Ismail die Vorgehensweise. „Das
Interview sollte größtmögliche Freiräume las-
sen und nicht konkret nach der pädagogischen
Betreuung fragen, um analysieren zu können,
inwiefern dieser Aspekt zu einem Schlüsselas-
pekt geworden ist“, ergänzt Oliver Möller. Die
Gesprächspartner sind Flüchtlinge, die seit bis
zu 20 Jahren in der Bundesrepublik leben, als
Kinder oder Jugendliche eingereist sind und
Deutsch sprechen. „Ich habe meinen Inter-
viewpartner über eine Fernsehsendung gefun-
den. Es wurde ein ehemaliger Flüchtling inter-
viewt, der vor 15 Jahren als Jugendlicher nach
Deutschland kam. Über den Redakteur konnte
ich den Kontakt zu ihm herstellen“, berichtet
Puchberger.
Den angehenden Forschern ist klar, dass
eine solche Studie mehr Interviews umfassen
müsste, um verallgemeinerbare Schlüsse dar-
aus zu ziehen. Im Rahmen des Studienprojek-
tes geht es jedoch zunächst darum, erste Er-
fahrungen in der Forschung zu sammeln. „Aber
auch in dieser Größenordnung finden wir span-
nende Beispielbiographien. Wir können und
wollen hier nicht mit Zahlen argumentieren,
denn es geht vor allem darum, unterschiedli-
che Muster zu entdecken“, meint Puchberger.
Im Verlauf der Untersuchung zeigt sich, „dass
sich die von uns gebildeten ,Auswertungsty-
pen‘ auf die heutige Situation übertragen las-
sen“, so Ismail. „Es gibt zum Beispiel solche,
die sich als Opfer sehen und solche, die großes
Glück empfinden.“ Bei aller Unterschiedlichkeit
konnte die Studentengruppe Kernaspekte der
Ankunftsphase identifizieren. „Pädagogische
Gesichtspunkte sind vor allem: Die Hinführung
zur deutschen Sprache, das Vorhandensein
pädagogisch ausgebildeter Ansprechpartner,
aber auch die Möglichkeit, zum frühestmög-
lichen Zeitpunkt arbeiten zu dürfen“, fügt die
Studentin hinzu. Das allerwichtigste – noch
bedeutender als der Spracherwerb – sei die In-
tegration und die damit verbundene Anerken-
nung im Arbeitsleben und zwar in adäquater
Stellung. „Zu arbeiten bedeutet, als gleichwer-
tig anerkannt zu sein – der Aufwand, dorthin
zu kommen, ist für einen Flüchtling allerdings
ungleich größer als unter ,normalen‘ Bedingun-
gen“, betont Möller.
Eine Schlussfolgerung der Studenten ist: Men-
schen bringen die unterschiedlichsten Horizon-
te mit und an dieser Stelle müssen sie abge-
holt werden. „Diese Menschen wünschen sich
Frieden und eine Aufgabe. Wir können zu Er-
möglichern werden“, meint Ismail.
Nicht zuletzt – so zeigt die Erfahrung, die die
Jungforscher während der Durchführung ihrer
Erhebungen machten – sind es die Flüchtlinge,
die etwas zurückgeben. „Ganz besonders war
für mich, dass ich bei der Durchführung der
Interviews Dankbarkeit dafür erfahren habe,
dass man sich interessiert – denn eigentlich
war ich doch dankbar dafür, dass ich das In-
terview für meine Studienarbeit durchführen
durfte“, erinnert sich die Studentin. JWD
FORSCHUNGSFELD FLÜCHTLINGE Wie minderjährige Flüchtlinge
pädagogisch betreut werden
FAZIT„Aus diesen Ergebnissen des Lehrforschungs-projektes kann für die aktuelle Situation ge-schlussfolgert werden, dass es wichtig ist, die Identitätskrise ankommender Flüchtlinge zu begleiten. Dabei spielen die vielen Ehren-amtlichen, die praktisch helfen und sich um eine lebendige ‚Willkommenskultur‘ bemühen, eine zentrale Rolle. Im weiteren Verlauf des Ankommens müssen wir den Flüchtlingen Bil-dungs-, Qualifikations- und Freizeitangebote bieten, die ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen entsprechen.“ (Dr. Alexander Röhler)
Stefan Puchberger Sara Ismail
22 Campus
Geschwungene Elemente aus Bambus, be-
spannt mit einem aus Hanffasern gewebten
Stoff bilden die Basis des Konzepts von Da-
ryan Raphael Knoblauch und Felix Dehn. Ihr
Pavillonentwurf „Lotos“ belegte den ersten
Platz des Wettbewerbes, der 2015 Gegenstand
eines Praxisseminars für Architekturstudenten
im zweiten Semester an der Alanus Hochschule
war. Initiiert wurde er von dem Bio-Handels-
unternehmen Alnatura, dem für das Gelände
seines geplanten neuen Firmensitzes noch ein
Pausenpavillon fehlte.
NEUER RAUM FÜR ENTWICKLUNG
Alnatura, langjähriger Förderpartner der Hoch-
schule, ist in den vergangenen Jahren gewach-
sen. Aus diesem Grund soll Mitte des Jahres
in Darmstadt der Spatenstich für den Neu-
bau des Firmensitzes des Naturkosthändlers
gesetzt werden. Auf einer Fläche von 50.000
Quadratmetern entsteht auf einem brachlie-
genden, früher vom US-Militär genutzten Ge-
lände der neue Alnatura Campus. Wo früher
Panzer gewartet wurden, baut man jetzt neue
Bürogebäude, einen Kindergarten sowie einen
Alnatura Supermarkt und eine „Bio-Erlebnis-
farm“. Durch den Umbau und die neue Nut-
zung kommt wieder Leben auf das Gelände
und es werden Impulse für eine ökologische,
nachhaltige Stadtentwicklung gesetzt. Das
Grundkonzept für den Alnatura Campus stand
also, was noch fehlte war ein Pavillon für Mit-
arbeiter, Kunden und neugierige Besucher des
öffentlich zugänglichen Campusgeländes, zum
Verschnaufen, Entspannen und für die Rau-
cherpause.
Unter dem Arbeitstitel „Upcycling Alnatura –
ein Pavillon für den Alnatura Campus“ stellten
sich die 22 Architekturstudenten um Benedikt
Stahl, Professor für Architektur und Stadt-
raum, dieser Herausforderung. Es galt, einen
zehn bis fünfzehn Quadratmeter großen Raum
auf dem Gelände zu schaffen, der vor Wind
und Wetter schützt und in seiner Gestaltung
EINE BRACHE BLÜHT AUFEin Pavillon, der einen besonderen Bezug zur Natur hat – diesen zu entwerfen war die Kernaufgabe eines Wett bewerbes, den der Bio-Händler Alnatura eigens für Architektur Studenten der Alanus Hochschule ausgelobt hatte.
DER LOTOS PAVILLON Felix Dehn & Daryan Raphael Knoblauch
Einführung in das Entwerfen / Architektur und Städtebau / Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft / Prof. Benedikt Stahl & Ramona Metje / FS 2015 / 01.07.2015
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Zeichnungen des Gewinnerentwurfes von Daryan Raphael Knoblauch und Felix Dehn
23Campus
sowie der Materialwahl einen Schwerpunkt auf
Nachhaltigkeit legt. Die Standortwahl inner-
halb des Campus war den Studenten freige-
stellt. In Zweierteams entwickelten, skizzier-
ten, zeichneten und bauten die Studenten ihre
Konzepte, die sie schließlich Alexander Link,
Mitglied der Geschäftsleitung bei Alnatura
sowie dem betreuenden Architekten Martin
Haas, Inhaber des Architekturbüros haascook-
zemmrich vorstellten. „Ich war von der Zusam-
menarbeit positiv überrascht“ so Haas. „Die
Studenten hatten sehr fundierte Vorkenntnis-
se, gerade was Raumempfindung und Materi-
al angeht.“ Vor allem schätze er die Inhaltli-
che Auseinandersetzung und das Nachdenken
über den Kontext. „Die Entwürfe sind wirklich
passend für den Raum und das Projekt konzi-
piert“, so der Architekt.
FOKUS AUF NATÜRLICHE MATERIALIEN
Haas und sein Team entwickelten das Kon-
zept und die Entwürfe für das neue Alnatu-
ra Firmengelände. Ihr besonderes Augenmerk
lag dabei auf der Verwendung nachwachsen-
der Baustoffe wie Holz und Lehm, dem Ein-
satz wiederverwertbarer Materialien und
einer hohen Energieeffizienz der entstehen-
den Gebäude. Diese Aspekte sollten sich auch
in dem von den Studenten entworfenen Pa-
villon wiederspiegeln. „Bei unserem Entwurf
haben wir uns von der Anatomie der Lotosblü-
te inspirieren lassen“ so Architektur-Student
Knoblauch über seinen Gewinnerentwurf. Das
geschwungene Grundgerüst aus Bambus des
vier mal drei Meter hohen Pavillons ist durch
ein Betonfundament im Boden verankert, der
flexible Bezugsstoff aus Hanf mit Harz imprä-
gniert. Damit hält der Pavillon trotz seiner fili-
granen Anmutung auch rauen Wettereinflüssen
stand. „Die schwungvolle dynamische Energie
der „Blütenblätter“ erzeugt eine geheimnisvol-
le Atmosphäre, durch ihre Form und Anordnung
ist aber auch ein optimaler Schutz gegen Wind
gewährleistet“, erklärt Knoblauch. Sein Profes-
sor Benedikt Stahl ergänzt: „Es waren mehrere
sehr gute Entwürfe dabei. Letztendlich haben
wir uns für das „Lotos“-Konzept entschieden,
da es vom Motiv her sehr schön ist und der
Standort in der Nähe des Teiches auf dem Ge-
lände gut gewählt war. Die Studenten haben es
geschafft, ein eigentlich sehr symmetrisches
Konstrukt durch die einzelnen gitterförmigen
Elemente dynamisch aufzulösen.“ Nicht zu-
letzt durch den Einsatz der natürlichen Mate-
rialien passe es zudem gut in das Gesamtkon-
zept des Alnatura Campus.
INTENSIVER PROZESS UNTER REALEN BEDINGUNGEN
Allen zehn eingereichten Entwürfen ging ein
intensiver dreimonatiger Arbeitsprozess vor-
aus. Dabei standen zunächst die inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem Konzept des
Campus, dem Zweck des Pavillons und das
Nachdenken über Material, Größen und Pro-
portionen im Fokus. Ein Bild von dem Gelände
konnten sich die Studenten durch eine aus-
führliche Präsentation des Architekturbüros
und Gespräche mit dem Architekten machen.
Danach galt es, mehrere Ideenansätze zu ent-
wickeln und in Diskussionen mit den Team-
partnern und der Gruppe festzulegen, welche
Idee letztendlich verfolgt werden sollte. „Diese
Diskussionen sind ein wichtiger Bestandteil
des Lern- und Arbeitsprozesses und eine ide-
ale Vorbereitung auf die realen Arbeitsbedin-
gungen später. Meist arbeitet man im Berufs-
leben in Teams zusammen. Wie man da mit
kleineren Reibereien umgeht, lernt man am
besten schon vorher“ erzählt Benedikt Stahl,
der neben seiner Professur auch als Architekt
tätig ist. Dem folgten Skizzen und das Bauen
von Modellen, einige Studenten hielten ihre
Gedanken in Texten fest, die sie in der Grup-
pe präsentierten. Langsam näherte man sich
dem finalen Entwurf. „Besonders das Arbeiten
mit Modellen und dass nicht direkt alles digital
bearbeitet wird, habe ich als sehr sinnvolle Ar-
beitsweise empfunden“, betont auch Architekt
Martin Haas. Weiter führt er aus: „Insgesamt
halte ich das Ausbildungskonzept des Studi-
enganges für ein gutes Format. Anhand eines
realen Projektes mit einem realen Bauherrn
zu arbeiten, ist für die Studenten sicherlich
ein wichtiger Impuls in ihrer Ausbildung. Ich
hatte das Gefühl, mit Menschen zusammenzu-
arbeiten, die wirklich eine Leidenschaft für die
Architektur haben.“ Dem kann Student Knob-
lauch nur beipflichten „Was uns am meisten
getragen hat, war die Leidenschaft für das
Projekt. In seiner Einzigartigkeit kann es nur
an einem Ort stehen – und das ist auf dem
Alnatura Campus.“ SK
Die Studenten mit Architekturprofessor Benedikt Stahl, Architekt Martin Haas und Alexander Link, Geschäftsleitung Alnatura (Mitte v.l.n.r)
24 Campus
Die Trennung zwischen Eurythmie und Tanz
ist für Melaine MacDonald ein rein historisch
begründetes „Überbleibsel“. Die Eurythmie-
professorin spricht auch lieber von „euryth-
mischer Arbeit“ als von Eurythmie als einer
fertigen Kunstform. Sie meint damit „den
forschenden Umgang mit Bewegung, der Er-
lebnisse der eigenen Innenwelt oder Sinnes-
eindrücke aufspürt und sie in körperlichen
Ausdruck verwandelt“. Die Bewegungskunst,
für die Rudolf Steiner Anfang des letzten Jahr-
hunderts den Grundstein legte, hat aus Sicht
von MacDonald das Potenzial zu der facetten-
reichen zeitgenössischen Tanzszene beizutra-
gen: „Wenn wir Tanz definieren, als künstleri-
sche Aussage, die sich durch Bewegung zeigt,
dann ist das Eurythmische mittendrin“, meint
die Professorin.
BEGEGNUNGEN ERMÖGLICHEN
Um ihren Platz in der heutigen Tanzlandschaft
zu finden, müssen Tänzer die aktuellen Ent-
wicklungen beobachten, wissen was in der Be-
wegungsszene los ist, und sich mit anderen
austauschen. Als Plattformen für die Begeg-
nung zwischen Tänzer aus der Eurythmieszene
und anderen zeitgenössischen Tanzströmun-
gen hat die Professorin Melaine MacDonald
daher vor mehr als fünf Jahren gemeinsam
mit ihrem Kollegen Alexander Seeger das Eu-
rythmieFestival und das EurythmieLabor ins
Leben gerufen. Über 25 Künstler aus Europa
und Übersee waren beim ersten Eurythmie-
Festival im Jahr 2010 auf der Bühne zu sehen:
An vier Tagen präsentierten sie an der Alanus
Hochschule zeitgenössischen Tanz, Perfor-
mance-Aktionen und Eurythmie in ihrer aktu-
ellen Bandbreite. Seither findet die Veranstal-
tung in lockerem Wechsel mit dem Eurythmie-
Labor statt – ein Format, das weniger durch
die Fülle der Aufführungen, dafür aber durch
EURYTHMIE TRIFFT ZEITGENÖSSISCHEN TANZ
Die vor über hundert Jahren von Rudolf Steiner entwickelte
Bewegungskunst im Dialog mit der heutigen Performance-Szene
„Der Farbfänger“, Performance von Kollewijn Welmoed, Absolventin der Alanus Hochschule, und Lisza Loidl, EurythmieLabor 2013
„Lamb“, Performance der Absolventin Miranda Markgraf, EurythmieLabor 2015
25Campus
die Intensität des Austauschs besticht: „Hier
geht es darum, zusammen zu arbeiten“, betont
die Initiatorin. Nach jeder Präsentation finden
offene Gesprächsrunden mit Tänzern und Pu-
blikum statt, zum Teil werden Aufführungen
auch wiederholt, um sie erneut aus einem
anderem Blickwinkel analysieren zu können.
Zudem bieten alle Künstler Workshops an, so
dass die Zuschauer deren Arbeit noch intensi-
ver kennen lernen.
OFFENEN AUSTAUSCH PFLEGEN
Die offene und produktive Arbeitsatmosphäre,
bei der Unterschiede zwischen den Stilen be-
wusst erlebbar sind und Begegnungen ermög-
licht werden, motiviert nicht nur die Organisa-
torin jedes Jahr aufs Neue, sondern überzeugt
auch das Publikum und die geladenen Gäste.
„Das Schöne am EurythmieLabor ist, dass es
den Raum bietet, Eindrücke auszutauschen“,
meint Nina Patricia Hänel, Dozentin für zeit-
genössischen Tanz an der Hochschule für
Musik und Tanz Köln, die bereits zwei Mal in
Folge bei einem EurythmieLabor aufgetreten
ist. Insbesondere die Gespräche mit dem Pu-
blikum im Anschluss an ihre Aufführung hat
sie als bereichernd empfunden. „Durch die Be-
obachtungen, die die Zuschauer an mich zu-
rückgemeldet haben, habe ich Dinge gesehen,
die mir vorher nicht bewusst waren. Ich habe
sehr, sehr viel für meine Arbeit mitgenommen“,
resümiert die Tänzerin. Positiv aufgefallen ist
ihr die ausgeprägte Beobachtungsgabe der
Studenten im Publikum und deren Fähigkeit,
Erfahrungen und Wahrnehmungen ausformu-
lieren zu können.
ZEITGENÖSSISCHER TANZ IM STUDIUM
Die Begegnung mit anderen Tanzströmungen
ist auch im Eurythmie-Studium Programm. Die
Studenten werden von externen Dozenten bei-
spielsweise in Contact Improvisation oder New
Dance unterrichtet. „Ich finde es spannend,
Elemente aus anderen Bewegungsdisziplinen
kennen zu lernen und zu schauen, wie diese
mit den Elementen der Eurythmie verknüpft
werden können, wo sich gar Überschneidun-
gen finden lassen und was das Besondere der
Eurythmie ist “, meint die Studentin Jaqueli-
ne Fette. Sie hat gerade ein Seminar zu New
Dance besucht, hat jahrelang Ballettunter-
richt genommen und tanzt privat zusätzlich
Salsa. Ihr ist es wichtig, ihren Bewegungs-
wortschatz mit neuen Elementen und Ideen
zu erweitern. CZ
„through grass towards the sea“, Performance von Absolventen, EurythmieLabor 2014
„embodied self“, Performance von Nina P. Hänel, EurythmieLabor 2014
26 Campus
Es ist kalt geworden in der Vulkaneifel. Über
den ungenutzten Teil des Dauner Friedhofes
zieht ein Schwarm Krähen hinweg. Ein Mann
mit orangefarbenen Arbeitshandschuhen
springt trotz seiner schweren Stiefel leichtfü-
ßig auf eine etwa ein Meter hohe Naturstein-
mauer. Sogleich beginnt er aus dem angren-
zenden, verwilderten Erdreich die Sträucher
und Gräser auszureißen. Eine junge Frau eilt
ihm zu Hilfe. Erst als ein großer moosbewach-
sener Stein freigelegt ist, hören die beiden
wieder auf. „Wer konnte so etwas ahnen!?
Das ist ja Klasse! Der muss auf jeden Fall da
bleiben“, bricht es aus der Professorin Diemut
Schilling heraus, die mit ihren Studentinnen
und Mitgliedern des Dauner Stadtrates auf der
Suche nach geeigneten Naturgegenständen für
zukünftige Grabstellen ist.
BESTEHENDE KONZEPTE ERWEITERN
Schon lange hat die Stadt Daun darüber nach-
gedacht, die ungenutzten Flächen des städ-
tischen Friedhofs „Wehrbüsch“ zu einer Na-
turbegräbnisstätte umzugestalten. Da auch in
Daun die Nachfrage nach klassischen Sarg-
beerdigungen in den letzten Jahren stetig zu-
rückgegangen ist, sind große Teile der hierfür
vorgesehenen Flächen ungenutzt geblieben.
Von einer Naturbegräbnisstätte unterscheidet
sich der klassische Friedhof gleich in mehreren
Aspekten. Gräber werden zum Beispiel nicht
künstlich nebeneinander angelegt. Viele Na-
turbegräbniskonzepte nutzen in speziell aus-
gewiesenen Waldgebieten Bäume als Grabstel-
len für die Urnen. Einige Konzepte sind aller-
dings markenrechtlich geschützt und dürfen
daher nicht ohne weiteres nachgeahmt wer-
den. „Auch unsere Ursprungsidee war es, den
Menschen hier aus der Region die Möglichkeit
zu geben, sich später einmal an den Wurzeln
eines Baumes bestatten zu lassen, wie man
es zum Beispiel von einem FriedWald kennt“,
erklärt Theresa Herzog, die in ihrem dicken
Wollmantel und dem großen Schal beim Frei-
legen des Steines ein wenig ins Schwitzen ge-
kommen ist. „Nun ist die Vegetation hier auf
dem Gelände zwar üppig, es gibt aber einfach
nicht viele und schon gar nicht große kräftige
Bäume. Wir haben uns daher gefragt, wieso
man die Begräbnisstellen derart auf Bäume
begrenzen muss“, berichtet die Studentin,
deren Atem sich beim Sprechen in der kal-
ten Morgenluft zu weißem Nebel verwandelt.
„In unserem Konzept sind auch Bestattungen
unter einem Busch oder einem anderen Natur-
gegenstand wie eben einem großen Stein oder
einer kräftigen Baumwurzel möglich“, erklärt
sie. Naturbegräbnisstätten sind auch deshalb
so beliebt, da sie weder an eine bestimmte
Glaubensrichtung gebunden sind, noch viel
Aufwand für die Hinterbliebenen bedeuten:
Die Grabpflege entfällt, da es keine Beete oder
die üblichen großen beschrifteten Grabsteine
UNTER STOCK UND STEIN Immer weniger Menschen entscheiden sich für eine klassische Beerdigung auf dem Friedhof. Auch die Stadt Daun folgt dieser Entwicklung und arbeitet nun mit dem Studiengang Kunst-Päda gogik-Therapie zusammen an der Errichtung einer Naturbegräbnisstätte.
Theresa Herzog nach dem Freilegen eines Steines
Der obere Abschnitt der zukünftigen Naturbegräbnisstätte
Die Gruppe erkundet das Gelände
2727Campus
gibt. „Auf Wunsch können die Angehörigen die
Naturgegenstände durch individuelle Objekte,
wie zum Beispiel ein kleines Schild mit Namen
oder einem Symbol kennzeichnen, ansonsten
belassen wir sie in ihrer natürlichen Form“,
führt Herzog aus. Durch persönliche Kontak-
te entstand Ende 2014 die Zusammenarbeit
zwischen der Stadt Daun und dem Studien-
gang Kunst-Pädagogik-Therapie an der Alanus
Hochschule.
DAS GELÄNDE NEU DENKEN
„Besonders am Anfang war die Teamarbeit
ganz wichtig. Wir haben gemeinsam ein maß-
stabsgerechtes Modell des Geländes erstellt,
uns überlegt, was überhaupt möglich ist, Ideen
gesammelt. Dann haben wir das Gelände in
Abschnitte unterteilt, von denen jeder einen
individuellen Gestaltungsschwerpunkt be-
kommt“, erklärt die Professorin, während sie
der Studentin ihre Hand beim Sprung von der
Mauer reicht. Das Projekt stellt gleich mehre-
re Anforderungen an die Gruppe: „Zum einen
müssen wir das komplette Gelände als Natur-
begräbnisstätte neu denken. Da tauchen dann
zum Beispiel Fragen nach der Wegführung
auf, nach Raumwirkungen je nachdem welche
Pflanzen blühen; bereits die Gestaltung des
Eingangstores kann ein wichtiger Aspekt bei
der Rauminszenierung sein“, erläutert Schil-
ling. Der Entwurf bedenke aber andererseits
auch, dass sich die Menschen noch zu Leb-
zeiten dort einen Platz aussuchen können. Au-
ßerdem sei wichtig, die Bedürfnisse der Hin-
terbliebenen zu berücksichtigen, ihnen jetzt
schon die zukünftige Wirkung der Umgestal-
tung nachvollziehbar zu vermitteln, berichtet
sie weiter und reiht sich in eine der Gruppen
ein, die sich mittlerweile am Rande einer grö-
ßeren Wiese gebildet hat. In den unterschied-
lichen Gruppen diskutieren die Studentinnen
gerade mit den Mitgliedern des Stadtrates
verschiedene Themen zu Wegebelägen, einem
Müllsystem und der Realisierbarkeit von ent-
worfenen Gestaltungselementen.
SYNERGIEN NUTZEN
Die Studentin Marie Jennes hat sich zum Bei-
spiel das Semester über Gedanken zu einer
Mauer gemacht, die sie auf dem Gelände er-
richten möchte. Sie stelle sich eine Konstruk-
tion aus losem Naturstein vor, der geschichtet
wird. Die Mauer soll sich keiner festen Form
folgend über die gesamte Fläche schlängeln,
erklärt sie und deutet mit einer wellenartigen
Armbewegung von links nach rechts über das
Gelände. „Bedenken Sie aber auch, dass sich
jemand dagegen lehnen könnte und die Mauer
bei dieser Konstruktion nicht stabil genug
ist“, wirft der im Projekt beteiligte Revier-
förster Gerhard Herzog ein. „Vielleicht könnte
man dahinter eine Stützmauer errichten. Oder
den Naturstein außen um ein feststehendes
Mauerwerk arbeiten“, ergänzt sein Mitarbeiter,
Forstwirtschaftsmeister Hendrik van Schoo-
ten. „Es ist beispielhaft“, findet Bürgermeister
Martin Robrecht, „wie sich die Stadt Daun und
die Alanus Hochschule hier ergänzen. Beson-
ders beeindruckend ist es aber auch zu sehen,
mit welchem Engagement und welcher Kreati-
vität sich die Studentinnen sowie die Profes-
sorin dieser Aufgabe stellen.“
RAUM FÜR ÜBERRASCHUNGEN
Nach der Begehung weiterer Geländeabschnit-
te entdecken die Projektteilnehmer auf einer
verwilderten Fläche aus verwelkter Schaf-
garbe, Brombeerbüschen und Gräsern einen
jungen Baum, der sich auf Grund seiner Le-
bensdauer und der Lage als mögliche Begräb-
nisstelle eignet. Sofort ist der Förster mit den
orangefarbenen Arbeitshandschuhen zur Stelle
und bahnt sich seinen Weg durch den Wild-
wuchs zu dem jungen Stamm. Nachdem er ihn
mit einer roten Langzeitsprühfarbe markiert
hat, legt er beim Beschneiden der umliegenden
Pflanzen einen ungeahnten Panoramablick auf
den tiefer gelegenen Stadtkern von Daun frei.
Erneut bricht es aus der Professorin heraus:
„Wer konnte so etwas ahnen!? Das behalten
wir gleich bei!“ NK
PROJEKTAUSBLICKDie Umbauarbeiten auf dem Gelände des städtischen Friedhofs „Wehrbüsch“ in Daun haben begonnen. Im Laufe des Jahres sollen die ersten Begräbnisstellen für die Öffentlich-keit zugänglich gemacht werden. In Zusam-menarbeit mit dem Fachbereich Architektur der Alanus Hochschule ist zudem der Bau einer Andachtsstätte auf dem Gelände in Pla-nung.
Eine Gruppe Studentinnen nach ersten Umbauarbeiten
28 Campus
Ihre Studienangebote sind zum Herbstsemester 2015 neu an der Hochschule gestartet. Wieso haben Sie sich dafür entschieden?
MENZEL: Ich habe nach etwas gesucht, das mir zeigt, in welche Rich-
tungen ich nach der Schule gehen kann. Eine Freundin, die hier Eu-
rythmie studiert, hat mir dann vom Orientierungsstudium erzählt. —
CACCECE: Ich wollte schon immer Philosophie studieren, aber nur Phi-
losophie war mir zu wenig praxisorientiert. Meine Freundin, mit der ich
bereits in Alfter wohnte, hat mir dann von dem Studiengang ‚Philosophy,
Arts and Social Entrepreneurship‘ erzählt. Ich fand das interessant und
habe gemerkt, dass das genau das ist, was ich gesucht habe.
Was haben Sie vor dem Studienstart im Herbst 2015 gemacht?CACCECE: Ich habe Jugend- und Heimerzieher gelernt und zwei-
einhalb Jahre in dem Beruf gearbeitet. Ich habe den Job sehr gerne ge-
mocht, nur der Rahmen, in dem man arbeitet, war mir persönlich zu eng.
Er passte nicht zu meiner Persönlichkeit. Ich hätte gerne sehr viel freier
gearbeitet und mehr Mitspracherecht gehabt. — MENZEL: Nach dem
Abitur war ich ein Jahr in Argentinien und habe dort ein freiwilliges Jahr
an einer Waldorfschule gemacht. In der zweiten Klasse habe ich einzelne
Kinder mit Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten intensiv begleitet
und selbst Deutsch- und Werkunterricht gegeben. Nachmittags haben
wir mit Lehm und Stroh weiter an dem Schulgebäude gebaut.
Was waren die bisherigen Highlights in Ihrem Studium?MENZEL: Mir gefiel der Chor am besten. Er ist ein schöner Aus-
gleich zum Theoretischen. Auch ein Poesie-Seminar aus der Zeit der
FREIHEIT UND ORIENTIERUNG
Emanuel Caccece studiert den neuen Bachelorstudiengang „Philosophie, Arts and Social Entrepreneurship“. Cassandra Menzel hat im Herbstsemester das Orientierungsstudium besucht, in dem sie ein bis zwei Semester Einblicke in
verschiedene Bachelorstudiengänge erhielt. Im Interview erzählen sie von der Freiheit im Studium und zu vielen Plänen.
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Frühromantik hat mir gut gefallen. Das deckt
sich mit meiner persönlichen Leidenschaft.
— CACCECE: Man kommt nicht umhin Ver-
bindungen zwischen den Seminaren zu zie-
hen. Wir hatten zum Beispiel ein Seminar über
Goethes Autobiographie und ein Seminar über
Grundbegriffe der Sozialforschung am Beispiel
Familie. Wenn man dann sieht, wie Goethe in
seiner Familie heranwächst und man denkt an
den Begriff der ‚Triade‘ aus der Familienfor-
schung, dann verbinden sich diese weit ent-
fernten Themengebiete plötzlich miteinander.
Würden Sie Ihr Studium als „frei“ be-zeichnen?
CACCECE: Es fühlt sich sehr frei an. Ich konn-
te mir alle meine Veranstaltungen selbst zu-
sammenstellen. Das Selbstständige ist etwas
Grundlegendes in unserem Studiengang. Wir
werden auch ganz viel gefragt, was uns gefällt
und was man verbessern könnte. Unfrei ist es
natürlich in dem Sinne, dass es Richtlinien und
Kreditpunkte gibt, da am Ende ein Bachelorab-
schluss steht. — MENZEL: Wir haben sogar
noch mehr Freiheiten. Wir streben ja keinen
Bachelorabschluss, sondern nur ein Zertifikat
an und müssen daher auch nur weniger Leis-
tungspunkte zusammenbekommen. Vor allem
können wir uns aus allen Bachelorstudiengän-
gen unseren Stundenplan zusammenstellen.
Das ist eine noch größere Vielfalt. Unfrei sind
wir nur in dem Punkt, dass manche Studien-
gänge nicht so viele Kurse öffnen können, was
die Auswahl beschränkt. Die Schauspieler stu-
dieren zum Beispiel in kleinen Jahrgängen in
sehr intensivem Austausch. In manchen Kur-
sen könnten neue Personen dann die Gruppen-
dynamik stören.
Inwiefern glauben Sie, dass sich Ihr Studium von anderen unterscheidet?
CACCECE: Man wird in diesem Studium stär-
ker dazu angehalten, sich selbst zu organisie-
ren. So ist es später im Berufsleben auch. Man
muss schauen, welche Bereiche einem liegen
und wo man sich einbringen kann. Das ist für
mich ein Grund gewesen, diesen Studiengang
zu studieren und für andere genau nicht. Am
Ende steht eben nicht der eine bestimmte
Beruf. Außerdem bekommen wir Einblicke in
viele unterschiedliche Bereiche und lernen,
verschiedene Denkweisen zu verstehen. Wenn
man sich mit verschiedenen Weltanschauun-
gen beschäftigt, die in sich schlüssig sind,
sich aber gegenüberstehen, lernt man, diese
immer wieder zu hinterfragen. Wir haben eine
wahnsinnige Spezialisierung in unserer Ge-
sellschaft und viele Wissenschaften verste-
hen sich untereinander nicht. Es wäre schön,
wenn die Wissenschaften wieder näher zusam-
menrücken und sich fragen: Was machen wir
hier gerade eigentlich zusammen für die Ge-
sellschaft? — MENZEL: Das Orientierungs-
studium dient zum Ausprobieren verschiede-
ner Pläne. Wir sind kein eigenständiger Stu-
diengang. Jeder besucht die Kurse, die ihn
interessieren. Dadurch entsteht kein richtiges
Gruppen- oder Zusammengehörigkeitsgefühl.
Außerdem bin ich zwar Gast in vielen Kursen,
aber kann nirgendwo richtig eintauchen. Die
Architekturstudenten sind bei ihren Projekten
mit voller Leidenschaft dabei, aber ich nehme
es nur oberflächlich wahr. Bei den Architek-
ten bin ich einmal einen ganzen Tag geblieben,
damit ich sehe, woran sie arbeiten. So etwas
hilft eher herauszufinden, was man selbst stu-
dieren möchte, als wenn man einfach nur eine
Vorlesung besucht.
Haben Sie schon Pläne, wie es nach dem Studium weitergehen soll?
MENZEL: Mein Orientierungsstudium von
einem Semester endet nach dem Herbstse-
mester 2015/2016. Hier habe ich für mich
persönlich keine passende Studienrichtung
gefunden, daher möchte ich jetzt die medizi-
nische Richtung ausprobieren und ein Prakti-
kum im Krankenhaus machen. Ich hatte schon
länger den Wunsch Psychologie zu studieren,
wollte mich bisher aber noch nicht festlegen.
— CACCECE: Ich schreibe sehr gerne und
möchte gerne viel publizieren. Dies nebenher
zu tun wäre mein Wunsch. Was ich gerne als
Praxisprojekt umsetzen und eventuell auch
nach dem Studium machen möchte ist, als
freier Dozent oder Referent arbeiten. Ich möch-
te zum Beispiel das 12-Sinne-System von Ru-
dolf Steiner für Kinder und junge Erwachsene
praktisch erfahrbar machen. Ich möchte auf
jeden Fall nicht rein theoretisch arbeiten und
auch eine Festanstellung vermeiden. SST
Emanuel Caccece // Jahrgang 1993,
kommt aus Wangen vom Bodensee und
studiert „Philosophy, Arts and Social
Entrepreneurship“ im 1. Semester.
Cassandra Menzel // Jahrgang 1995,
kommt aus Hamburg und hat im Herbst-
semester 2015 / 2016 das Orientie rungs -
studium besucht.
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30 Forschung
PRESTIGE VOR PROFIT?WARUM UNTERNEHMEN
NACHHALTIG WIRTSCHAFTEN
Das primäre Ziel eines Unternehmens ist die Profitmaximierung – diese Kernaussage neoliberalen Denkens trifft jedoch nicht
auf das Nachhaltigkeitsmanagement zu. Eine Untersuchung, an der Jacob Hörisch aus dem Fachbereichs Wirtschaft mitgewirkt hat, zeigt,
dass Unternehmen in erster Linie nachhaltig handeln, um ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen.
31Forschung
„Es kann keine nachhaltige Entwicklung ohne
nachhaltige Unternehmen geben.“ – unter die-
ser Annahme untersucht das Nachhaltigkeits-
management als Teildisziplin der Betriebs-
wirtschaftslehre, wie Unternehmen zu einer
nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft
beitragen können. In der akademischen Li-
teratur gibt es zwei einschlägige Diskurse,
warum Unternehmen versuchen, nachhaltig
zu wirtschaften: die Logik der Profitsteige-
rung und die der Legitimitätssicherung. Die
erste besagt, dass der einzige Grund, warum
Unternehmen Verantwortung für Umwelt und
Gesellschaft übernehmen, die Möglichkeit ist,
den Profit zu erhöhen. Die zweite Logik geht
davon aus, dass Unternehmen nicht nur nach
Gewinn, sondern auch nach gesellschaftli-
cher Akzeptanz streben müssen, damit Kun-
den bei ihnen kaufen und Mitarbeitende gerne
bei ihnen arbeiten. Im Englischen wird diese
Logik auch als „licence to operate-Ansatz“
bezeichnet.
NACHHALTIGKEITSMANAGEMENT FÜR DIE GESELLSCHAFTLICHE LEGITIMITÄT
Für beide Logiken gibt es eine große Menge
akademischer Literatur, aber nur wenige
praktische Untersuchungen. Diese Lücke füllt
jetzt eine empirische Untersuchung der Ala-
nus Hochschule und der Leuphana Universität
Lüneburg. Jacob Hörisch, Juniorprofessor für
Sustainable Innovation und Entrepreneurship
an der Alanus Hochschule, und Stefan Schal-
tegger, Professor für Nachhaltigkeitsmanage-
ment an der Leuphana Universität Lüneburg,
haben die 500 größten Unternehmen Deutsch-
lands zu ihrem Nachhaltigkeitsmanagement
befragt. In einem zweiten Schritt wurde die
gleiche Erhebung auch in Großunternehmen
weiterer Länder durchgeführt. Das Ergebnis
blieb gleich: Unternehmen betreiben Nachhal-
tigkeitsmanagement in erster Linie, um ge-
sellschaftliche Legitimität zu erlangen oder zu
erhöhen. Das Hauptaugenmerk unternehmeri-
schen Nachhaltigkeitsmanagements liegt nicht
auf der Gewinnmaximierung.
„Wir wollten nicht nur wissen, warum Unter-
nehmen Nachhaltigkeitsmanagement betrei-
ben, sondern auch, wie sie es umsetzen und
was sie damit erreichen wollen“, erklärt Hö-
risch, der sich bereits in seiner Dissertation,
die mit dem Leuphana Nachwuchspreis für
Forschung ausgezeichnet wurde, mit Nach-
haltigkeitsmanagement beschäftigt hat. Die
Erhebung untersucht, aus welchen Gründen
Unternehmen Nachhaltigkeitsmanagement be-
treiben und wie sie dies in ihr Alltagsgeschäft
integrieren. Die Antworten wurden entweder
der profit- oder der legitimitätsorientierten
Perspektive zugeordnet. Die Auswertung zeigt,
dass sich in jedem Unternehmen Ansätze bei-
der Perspektiven finden. Im Durchschnitt aller
Unternehmen überwiegt jedoch die legitimi-
tätsorientierte Perspektive. Daraus ergeben
sich neue Sichtweisen auf Unternehmen, be-
tont Hörisch: „Die Untersuchung zeigt, dass
Unternehmen nicht nur nach der Profit-Logik
funktionieren.“ Man müsse sich daran gewöh-
nen, dass es weitere Logiken in Unternehmen
gibt, die Entscheidungen in Unternehmen be-
einflussen.
ALLE ABTEILUNGEN MIT INS BOOT HOLEN
Die Forscher fragten unter anderem, welche
Stakeholder, also Anspruchsgruppen, unter-
nehmerische Nachhaltigkeit am stärksten
unterstützen. Dabei zeigte sich, dass Stake-
holder, die nicht direkt zum Profit, sondern
vor allem zur Sicherung der Legitimität des
Unternehmens beitragen, eine wesentlichere
Rolle spielen als Stakeholder, die vor allem aus
Sicht der Profitorientierungslogik von Bedeu-
tung sind. Ähnlich verhält es sich mit der Im-
plementierung von Methoden des Nachhaltig-
keitsmanagement. Unternehmen nutzen dafür
eher Methoden, welche die Reputation verbes-
sern oder die Motivation der Mitarbeitenden
stärken – zum Beispiel Nachhaltigkeitsbericht-
erstattung, Sponsoring, Stakeholder-Dialoge
–, als Methoden, die darauf abzielen, Kosten
zu sparen oder Einnahmen zu erhöhen – zum
Beispiel Umweltkostenrechnung oder eine Öko-
Effizienz-Analyse. Auch bei den Abteilungen,
die sich am stärksten mit dem Nachhaltig-
keitsmanagement befassen, liegen legitimi-
tätsorientierte Abteilungen, wie die Kommuni-
kations- und Rechtsabteilung, insgesamt vor
den Finanz- und Controlling-Abteilungen. Hö-
risch weiß: „Eine konsequente Umsetzung un-
ternehmerischer Nachhaltigkeit erreicht man
nur, wenn man alle Abteilungen mit ins Boot
holt und Nachhaltigkeit im Kerngeschäft des
Unternehmens verankert wird. Damit Nachhal-
tigkeit zum Profit beitragen kann, müssen die
Finanzabteilung und das Controlling stärker
eingebunden werden.“ SST
DIE STUDIEDie quantitative Erhebung „In search of the Dominant Rationale in Sustainability Manage-ment: Legitimacy- or Profit-Seeking?“ ist im Oktober 2015 im Journal of Business Ethics des Springer-Verlags erschienen. Die Forscher haben dafür Datenmaterial aus dem Corpo-rate Sustainability Barometer 2012 des Center for Sustainability Management ausgewertet.
32 Forschung
Ein Wohnmobil voll mit Farben, Stiften, Papier
und Musikinstrumenten, das als rollendes The-
rapiezentrum zu Schwerkranken nach Hause
kommt, die ihre letzten Tage in vertrauter Um-
gebung verbringen möchten. Der Therapeut
bittet den Patienten entweder an den Tisch
des Wohnmobils oder nimmt das Therapiema-
terial mit in die Wohnung. Hier arbeitet er mit
dem Kranken an Themen, die dieser vor dem
Tod noch abschließen will, unterstützt beim
Abschied nehmen und bei der Bewältigung
der Krankheitssymptome.
Noch ist dieser mobile Service eine Vision, er
könnte jedoch im Rahmen eines Forschungs-
projekts Wirklichkeit werden: Sabine Koch, seit
November 2015 Leiterin des Forschungsinsti-
tuts für Künstlerische Therapien an der Alanus
Hochschule, möchte gemeinsam mit Kollegen
aus der Palliativmedizin des Universitätskli-
nikums Bonn die Wirkung künstlerisch-thera-
peutischer Methoden in der ambulanten Be-
gleitung Sterbender untersuchen. „Dass man
mit Musiktherapie Schmerzen reduzieren kann,
ist bereits belegt, für die anderen Therapie-
formen – Kunsttherapie, Bewegungstherapie,
Theater- oder Schreibtherapie – ist dies jedoch
noch offen“, erklärt die Professorin die mögli-
che Forschungsfrage.
FORSCHUNGSPROJEKTE ENTWICKELN
Dies ist nur eins von drei derzeit geplanten
Projekten des Instituts. Mit dem Institut für
integrative Medizin der Universität Witten/
„ IM GESUNDHEITSWESEN ZÄHLEN HARTE FAKTEN“
Ein neues Forschungsinstitut soll die Wirksamkeit der künstlerischen Therapien untersuchen und zur Etablierung dieser Therapieformen beitragen.
ihrer bisherigen Forschungspraxis. Sie hat an
der Universität Heidelberg verschiedene größe-
re Studien entwickelt und durchgeführt, etwa
zur Körpersprache von Tanz- und Bewegung
und zur Auswirkung von Bewegungstherapie
auf Affektausdruck und Interaktionsverhalten
bei Autismus und Schizophrenie.
EMPIRISCHE STUDIEN DURCHFÜHREN
Wichtig für die Anerkennung der künstleri-
schen Therapieformen sind, so Koch, „harte
Maße und Zahlen“. Die Wirkungen der Therapie
müssen anhand biologischer Parameter, wie
etwa der Veränderung des Herzrhythmus oder
der Hormonausschüttung, gemessen werden.
Denn wer im Gesundheitssystem bestehen will,
muss den Kriterien evidenzbasierter Forschung
genügen, muss also in großen, möglichst ran-
domisierten und kontrollierten Studien über
einen langen Zeitraum Daten erheben. Erst
wenn die Wirksamkeit einer Behandlung em-
pirisch nachgewiesen ist, wird sie in medizi-
nische Leitlinien aufgenommen. Diese legen
fest, welche Behandlung bei welcher Erkran-
kung empfohlen und finanziert wird. „Solan-
ge dies der Goldstandard in den Gesundheits-
wissenschaften ist, müssen wir solche Studien
beisteuern“, erklärt die Wissenschaftlerin.
„Zum Glück konnten die bisherigen Forschun-
gen meistens auch zeigen, dass die künstle-
rischen Therapien sehr wirksam sind“, freut
sich Koch. Wichtig sei nun, für alle wichtigen
Krankheitsbilder, bei denen sich diese Thera-
pieformen in der Praxis als erfolgreich erwie-
sen haben, geeignete Studien auf die Beine
33Forschung
Herdecke plant Koch außerdem eine Studie
zum Einsatz der künstlerischen Therapien bei
der Behandlung von Krebspatienten. Ein inter-
nationales Projekt soll mit Forscherinnen aus
Israel Methoden zur Erfassung künstlerisch-
therapeutischer Prozesse ergründen.
Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit verwen-
det die ausgebildete Psychologin und Tanz-
therapeutin momentan darauf, passende
Forschungsausschreibungen zu finden, mit
möglichen Kooperationspartnern im In- und
Ausland zu sprechen und Anträge zu schrei-
ben, um die benötigten Forschungsgelder zu
bekommen. Das ist aufwendig und „die Ableh-
nungsquoten liegen bei 7 zu 1“, weiß Koch aus
DAS FORSCHUNGSINSTITUT Das Research Institute for Creative Arts Therapies (RIArT), gegründet im November 2015 an der Alanus Hochschule, wird geför-dert von der Software AG-Stiftung. Koope-rationspartner ist die Universität Witten/Herdecke.
Institutsleitung: Sabine C. Koch, Professorin für Empirische Forschung in den Künstleri-schen Therapien.
zu stellen – dazu möchte das Institut einen
Beitrag leisten.
NACHWUCHSWISSENSCHAFTLER AUSBILDEN
Es gibt allerdings bisher nur sehr wenige Men-
schen, die die notwendige Forschung in dem
erforderlichen Umfang leisten können. Das In-
stitut hat sich daher zur zweiten große Auf-
gabe den Aufbau eines Promotionsprogramms
gemacht: Gemeinsam mit Kollegen der Alanus
Hochschule und der Universität Witten/Herde-
cke entwickelt Koch derzeit die Struktur und
das Curriculum des Promotionsstudiengangs,
der im Jahr 2017 starten soll. Ein wichtiger
Teil wird die Schulung der Studenten in quan-
titativen Forschungsmethoden sein, damit
diese zur evidenzbasierten Forschung beitra-
gen können. Ihr eigenes Forschungsprojekt
könnten die Doktoranden dann zum Beispiel
am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
durchführen. „Dort gibt es viele Patienten-
gruppen, mit denen man arbeiten und sinn-
volle Daten erheben könnte“, ist die Forscherin
überzeugt. CZ
Arbeiten einer Patientin zum Thema „Begegnungen“
34 Alanus Werkhaus
35Alanus Werkhaus
Am Weiterbildungszentrum auf dem Johan-
nishof ist Martin Mohr bereits heimisch, denn
hier ist er schon seit 2009 als freier Kunstdo-
zent aktiv. Dabei fiel ihm von Anfang an der
wertschätzende Umgang mit den Dozenten,
mit den Kursteilnehmern und nicht zuletzt mit
der Kunst angenehm auf. Viele gute Gründe
für ihn, Teil des 14-köpfigen Werkhaus-Teams
werden zu wollen.
VIELFÄLTIGE AUFGABEN
Seit November 2015 arbeitet der 42-Jährige
nun am Alanus Weiterbildungszentrum und
genießt die Vielfältigkeit seines Aufgaben-
bereichs. Nach seinem Studium der Visuellen
Kommunikation studierte Mohr Freie Kunst an
der Universität der Künste Berlin. Er war (und
ist) bereits seit vielen Jahren erfolgreich als
Maler sowie als freier Dozent in verschiedenen
Bildungseinrichtungen tätig. Als Bildungsre-
ferent ist er nun verantwortlich für die Pla-
nung des umfangreichen Kursprogramms zur
bildenden Kunst, pflegt die Kontakte zu den
jeweiligen Kursdozenten, kümmert sich um die
Programmkonzeption und ist weiterhin lehrend
tätig – unter anderem in der Studienvorberei-
tung, dem sogenannten „Mappenkurs“, der auf
die Bewerbung für Kunst- und Designstudien-
gänge vorbereitet, sowie im Jahr 2016 in den
Kursen „Alchemie der Malerei“ und „Großfor-
matige Malerei“.
KUNST ALS ENTWICKLUNGSRAUM
Angesprochen auf den Kurs zur großformatigen
Malerei holt er aus und erklärt lebhaft, dass
Malerei Fläche braucht, um sich entwickeln zu
können und dass der Freiraum in einem Bild
einen Entwicklungsraum darstellt. Dieses Prin-
zip findet sich seiner Meinung nach ebenfalls
im Weiterbildungszentrum, das er auch „Re-
fugium“ nennt: Hier wird Kunst gemacht von
Menschen, die Kunst leben; hier öffnet sich
die Kunst, geht nach außen und hier erlebt er
die Kunst als Entwicklungs- und Gestaltungs-
raum – sowohl auf persönlicher als auch auf
gesellschaftlicher Ebene. Es reizt ihn, sich an
dieser Stelle einzubringen. So möchte er als
Bildungsreferent in der Zukunft gerne neue Im-
pulse und Ideen im Kursprogramm umsetzen
und denkt dabei an Angebote beispielsweise
zum „künstlerischen Sehen“, zum Aufbrechen
von „Schubladendenken“ in angewandter und
freier Kunst oder zur Selbstvermarktung von
Künstlern unter Einbeziehung neuer Medien.
MIT UND IN DER KUNST FRAGEN STELLEN
In der Kombination seiner Aufgaben entstehen
für Martin Mohr anregende Synergien: Als Bil-
dungsreferent und Dozent hat er die Möglich-
keit, aus dem persönlichen „Künstlerkosmos“
herauszutreten und gedanklich beweglich zu
sein und zu bleiben. Jede seiner unterschied-
lichen Tätigkeiten stellt für den Künstler eine
Form des Austausches dar und bietet den Rah-
men für spannende Begegnungen. In den un-
terschiedlichen Rollen ist er jeweils gleicher-
maßen aktiv für die Kunst. Das ist wichtig für
ihn, denn mit und in der Kunst möchte Martin
Mohr, so erklärt er nachdrücklich, „Fragen stel-
len, keine Antworten geben“. Es sind Fragen an
sich selbst, an jeden einzelnen, an die Malerei,
an die Kunst und an die Gesellschaft. KS
„ AM WERKHAUS WIRD KUNST GEMACHT!“Das war es unter anderem, was Martin Mohr dazu bewog, beim Alanus Weiterbildungs-zentrum als Bildungsrefe-rent für den Bereich Bildende Kunst tätig zu werden.
KUNSTKURSE MIT MARTIN MOHRGroßformatige Malerei 23.09. – 25.09.2016
Die Alchemie der Malerei 18.11. – 20.11.2016
Studienvorbereitung Mappenkurs 24.10.2016 – 24.03.2017
36 Menschen
Anfang der 90er-Jahre: Susanne Blazejewski
hat gerade ein duales Studium der Betriebs-
wirtschaftslehre begonnen und sitzt in der
Einführungsveranstaltung ihres Partnerun-
ternehmens. Der Vortragende, Manager eines
großen Automobilherstellers, erklärt den Erst-
semestern, dass ihre Identifikation mit dem
Unternehmen so stark sein müsse, dass sie
sich freiwillig das Firmenlogo auf der Stirn ein-
brennen lassen würden. Noch in der Probezeit
kündigt Blazejewski. „Meine erste Begegnung
mit der Unternehmenspraxis und der BWL war
desaströs“, konstatiert sie rückblickend.
Hätte man der damaligen Erstsemesterin er-
zählt, dass sie einmal selbst BWL unterrich-
ten würde, sie hätte wohl laut gelacht. „Den
Plan, zu promovieren und Professorin zu wer-
den, gab es in meinem Leben lange Zeit nicht“,
erzählt die gebürtige Niederrheinerin. Ander-
seits habe sie sich aber auch nie vorstellen
können, das wissenschaftliche Arbeiten an der
Universität aufzugeben. Nach dem ersten un-
erfreulichen Kontakt mit der BWL studierte die
begeisterte Bücherliebhaberin zunächst Lite-
raturwissenschaften, doch geprägt von ihrem
Vater und seiner Laufbahn in einem großen IT-
Unternehmen, ließ sie der Gedanke nicht los,
etwas „Vernünftiges“ zu studieren, „damit ich
später nicht als Literatin auf der Straße ste-
hen würde.“ Daher entschied sie sich erneut
für die BWL, zunächst im Nebenfach, „quasi
als Absicherung“.
„EINE ABSURDE KOMBINATION"
„Literatur und BWL – Anfang der 90er-Jahre
eine völlig absurde Kombination“, die so auch
nicht vorgesehen war und die sie sogar beim
Ministerium beantragen musste. Ihr BWL-Pro-
fessor meinte, dass sie ihr Talent an die Lite-
ratur verschwenden würde, während ihre Kom-
militonen aus der Literaturwissenschaft nicht
verstanden, wie sie so etwas „Schnödes“ wie
BWL studieren konnte. „Zwei Wissenschaften
auf einem Campus, auch noch in Nachbarge-
bäuden, die eine Meinung voneinander haben,
aber nicht die geringste Ahnung, was der an-
dere eigentlich macht“, resümiert Blazejews-
ki, schüttelt energisch den Kopf und erzählt in
SUSANNE BLAZEJEWSKI –DIE PROFESSORIN,
DIE WIRTSCHAFT UNDKUNST VEREINT
Susanne Blazejewski lehrt unter dem Motto „Wirtschaft neu denken“ Betriebswirtschaftslehre in Kombination mit Kunst- oder Kulturwissenschaften: Eine einzigartige Verbindung, die die Professorin schon lange begleitet, die nicht für jeden so selbstverständlich ist, wie für sie.
37Menschen
ihrer schnellen Art weiter. Dass zwischen den
Fächern sehr wohl eine Verbindung besteht,
zeigte sie ihren Kritikern, indem sie mit Mar-
ketingmethoden die Kommunikationsstrate-
gien der katholischen Kirche in den Büchern
von Umberto Eco untersuchte oder interme-
diale Verknüpfungen von Bildern und Texten
in der Literatur und der Werbung gegenüber-
stellte. Am Ende lagen ihr beide Fächer so sehr
am Herzen, dass sie sowohl BWL mit Diplom
als auch Literaturwissenschaften mit einem
Magister abschloss.
IN MEHREREN WELTEN ZU HAUSE
Seit 2010 lehrt sie nun an der Alanus Hoch-
schule in einem BWL-Studiengang, der neben
klassischer Betriebswirtschaftslehre Kunst-
und Kulturwissenschaften beinhaltet. „In
meinem Leben musste ich oft die BWL vor der
Literatur und andersherum verstecken. Hier ist
ein Ort, an dem wir endlich Kunst und Wis-
senschaft miteinander verbinden“, erzählt sie
begeistert. Eine der ersten, die sie in ihrem
Ansatz bestärkte, war Gesine Schwan, die ehe-
malige Präsidentin der Europa-Universität Via-
drina in Frankfurt an der Oder. Als Blazejewski
dort Ende der 90er-Jahre einen MBA-Studien-
gang aufbaute und nach ihrer Promotion in Li-
teraturwissenschaft die Universität verlassen
wollte, bat sie die spätere Kandidatin für das
Amt des Bundespräsidenten zu bleiben. „Sie
sah es positiv, dass jemand in mehreren Wel-
ten zu Hause ist“, erinnert sich Blazejewski,
die sich gegen die einseitige Vereinnahmung
von Kunst für Zwecke des Managements wehrt
und meint: „Kunst lediglich als ein Mittel für
wirtschaftliche Ziele zu instrumentalisieren,
wird der Eigenart beider Disziplinen nicht ge-
recht. Gerade die Alanus Hochschule bietet
den Rahmen, beide Perspektiven in ihrer jewei-
ligen Logik zu verstehen und dabei trotzdem
wechselseitige Synergien zu erschließen.“ Die
leidenschaftliche Hobby-Fotografin ist über-
zeugt, dass „Kunst zum Menschen gehört“ und
wünscht sich einen noch stärkeren Kontakt zu
den anderen Fachbereichen, um das Potenzi-
al der Hochschule noch besser zu erschließen.
AUTHENTIZITÄT – PRIVAT UND BERUFLICH
Langweilig wird es der stellvertretenden Fach-
bereichsleiterin nie. Auf ihrem Tisch stapeln
sich Bücher, Seminararbeiten und Forschungs-
anträge. „Ich bin wie ein Jongleur mit vielen
Bällen. Das macht mir Spaß. Auch wenn es
nicht immer einfach ist, allen Anforderungen
gerecht zu werden – da hilft dann die hohe
Kollegialität im Fachbereich, gemeinsam die
Bälle in der Luft zu halten“, erzählt sie be-
geistert. Ihr Berufungsvortrag handelte von
Authentizität: davon, in Kunst und BWL eine
geistige Heimat zu haben, aber auch davon,
als alleinerziehende Mutter und Lehrstuhlinha-
berin tagtäglich zu bestehen. „Jeder hier weiß,
dass ich eine Tochter habe. Das ist von vorn-
herein akzeptiert worden. Keiner denkt sich
etwas, wenn Besprechungen so gelegt wer-
den, dass ich rechtzeitig meine Tochter vom
Kindergeburtstag abholen kann. So ein Umfeld
bietet wahrlich nicht jedes Unternehmen“, so
Blazejewski.
Menschen ganzheitlich sehen – das bewegt
sie auch in ihrem Forschungsschwerpunkt Or-
ganisationswissenschaft. Die Anthroposophie-
Sympathisantin weiß, dass „der Mensch mit
seiner ganzen Seele am Arbeitsplatz ist, nicht
nur mit seiner Kompetenz in seiner jeweiligen
Position“. Das will sie durch ihre Forschungs-
projekte zeigen, zum Beispiel mit dem vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
geförderten Projekt „enEEbler“, das dieses
Frühjahr abschließt. Darin hat sie untersucht,
wie Mitarbeiter, die sich privat für die Energie-
wende interessieren, dieses Engagement auch
am Arbeitsplatz einbringen können.
Herbst 2015: Ein großer Kongress in der
Stadthalle Heidelberg zur Führungsautorität.
Die Kollegin und Eurythmie-Professorin And-
rea Heidekorn führt mit dem Publikum Atem-
übungen durch, um es für seine eigene inne-
re und äußere Körpermitte zu sensibilisieren.
Während die allgemeine Verwunderung über
die inhaltliche Verbindung mit dem Thema der
Tagung steigt, beginnen Susanne Blazejew-
ski und Gabriele Oberreuter, Professorin für
Kunstgeschichte, die ebenfalls auf der Bühne
stehen, ihren Vortrag über die Zusammenhän-
ge von Kunst, Philosophie und Wirtschaft. Das
Publikum ist begeistert und Susanne Blaze-
jewski zufrieden. SST
38 Menschen
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten von einem
Studium zu profitieren, die über das Sammeln
von theoretischen Inhalten und den Besitz
eines akademischen Abschlusses hinausge-
hen. Das weiß und beweist Brigitte Kalden-berg. Sie arbeitet als Dozentin und stellver-
tretende Leiterin an der der „Höheren Fach-
schule für Heilpädagogik, Sozialpädagogik und
Sozialtherapie“ kurz HFHS in der Schweiz. Von
2012 bis 2015 absolvierte Kaldenberg berufs-
begleitend den Masterstudiengang Heilpäda-
gogik. „Es war für mich sehr naheliegend, an
der Alanus Hochschule zu studieren, da hier
die Theorien der Heil- und Sonderpädagogik in
Verbindung mit den anthroposophischen Per-
spektiven gebracht werden“, erklärt die Do-
zentin. Diesen Ansatz verfolge sie ebenfalls
in ihrem Job an der HFHS. Mit dem Studium
wollte sie ihr bisheriges Wissen ausweiten und
wissenschaftlich fundieren. Zum Ende ihres
Studiums hatte Brigitte Kaldenberg mehr als
einen Abschluss und theoretisches Wissen in
der Tasche: Durch das Beobachten und Er-
leben des Unterrichts ihrer Dozenten an der
Hochschule habe sie zusätzlich ganz prakti-
sches Wissen im Bereich Unterrichtsmetho-
dik gewonnen. Dies bringt sie nun in ihrem
Beruf zusammen mit ihrem erweiterten The-
oriewissen: „Wenn ich unterrichte, ist einer-
seits der Inhalt wichtig, aber auch die Art zu
unterrichten“. Darüber hinaus verfasste und
veröffentlichte Brigitte Kaldenberg gemein-
sam mit Rüdiger Grimm und Volker Frielings-
dorf, beide Professoren der Alanus Hochschule,
das Buch „Geschichte der anthroposophischen
Heilpädagogik und Sozialtherapie“. Die Autoren
fassen dafür umfassende Quellen zur Historie
der anthroposophischen Heilpädagogik und
Sozialtherapie zusammen, deren Grundlagen
und Entwicklung sie kritisch und konstruktiv
bewerten. Damit legen Kaldenberg und ihre
Kollegen eine einzigartige Gesamtdarstellung
der seit 90 Jahren bestehenden Bewegung vor.
Als Anaïs Röschke 2006 ihr Diplom in Male-
rei und Kulturpädagogik in der Tasche hatte,
war ihr schnell klar, dass sie „auf die andere
Seite wechseln“ und an der „Schnittstelle von
Kultur und Wirtschaft“ arbeiten wollte. Schon
während des Studiums an der Alanus Hoch-
schule hatte sie gemeinsam mit Kommilitonen
ihre Arbeiten regelmäßig öffentlich präsentiert:
Ausstellungsorganisation und Öffentlichkeits-
arbeit gehörten zum Kunststudium dazu. Und
das fand Röschke irgendwann spannender als
die Kunst selbst. Sie sattelte ein Masterstu-
dium in Kulturmanagement oben auf und ar-
beitete parallel zum Studium für die Art Basel
und die Art Basel Miami Beach, danach für das
art forum berlin, wo sie für Veranstaltungs-
organisation und Sponsorenbetreuung zustän-
dig war. Im Oktober 2015 gründet Röschke
dann gemeinsam mit einem Partner in Berlin
die Agentur für Kultursponsoring „THE ART
OF BUSINESS“. Hier bringt sie Kulturinsti-
tutionen und Wirtschaftsunternehmen zu-
sammen. Künstler wüssten oft nicht, „was sie
Tolles anbieten können“, Unternehmen hin-
gegen fehle es oft an Ideen, wie sie Kunden
und Mitarbeitern etwas Außergewöhnliches
bieten können. Hier setzen Röschke und ihr
Partner an: Ein Atelierdinner oder ein Besuch
hinter den Kulissen des Opernhauses kann
man nicht kaufen. Ein Sponsoring ermögli-
che aber den Zugang zu solchen besonderen
Erlebnissen „die einem nur Künstler geben
können“. Die beiden Agenturgründer haben
ein Matching-Portal entwickelt, das Unter-
nehmen mit passenden Kulturinitiativen zu-
sammenbringt und erstellen individuelle
Kultur sponsoring-Konzepte. SSC/CZ
ABSOLVENTEN, DIE VERBINDUNGEN SCHAFFEN
Anaïs Röschke gründete eine Agentur für Kultursponsoring, Brigitte Kaldenberg ist Dozentin für Heilpädagogik. Während Röschke zwischen Kultur und Wirtschaft vermittelt, bringt Kaldenberg Anthroposophie und Heilpädagogik zusammen.
Anaïs Röschke Brigitte Kaldenberg
39Der besondere Ort
„Panta rhei“ zu Deutsch „Alles fließt“ oder
auch „Man kann nicht zweimal in den selben
Fluss steigen“ – mit dieser Metapher sprach
der vorsokratische Philosoph Heraklit über Ver-
änderung und Vergänglichkeit. An der Alanus
Hochschule wird dieser Gedanke erlebbar.
Eine zehn Zentimeter tiefe und zwei Fuß brei-
te, gepflasterte Rinne erstreckt sich den Weg
entlang der Atelierhäuser über den Campus II.
Im Winter lagern sich Blätter und Schmutz in
ihr ab und von vorbei eilenden Studenten wird
die etwas Trist wirkende Steinfurche kaum
beachtet. Doch im Frühjahr ändert sich das:
Denn jedes Jahr, wenn die Temperaturen stei-
gen, beginnt glasklares Wasser durch diese
Rinne zu fließen und den Hochschulstandort
zu verzaubern.
„Das ganze wurde von den Architekten der
Freien Planungsgruppe 7 Stuttgart als – wie
sagt man so schön? – ‚Eye Catcher‘ geplant“,
berichtet Rolf-Dieter Böder, Leiter der Haus-
meisterei über den künstlich angelegten Bach-
lauf. Doch neben der ästhetischen Funktion
erfüllt dieser auch eine ganz praktische: Das
Bächlein ist in das Kühlungssystem des Ge-
bäudes integriert. Im Sommer wird über Brun-
nenpumpen in 30 Metern Tiefe Grundwasser
abgepumpt, in einen Wärmetauscher geleitet
und durch die Böden der Verwaltungs- und Se-
minarräume geschleust. Von dort aus gelangt
das kühle Nass nach außen, plätschert durch
den Bachlauf und erzeugt ein atmosphärisch-
idyllisches Erlebnis für alle Sinne, das nicht
nur die Kühlung des Gebäudes gewährleistet:
„Hier plantschen an heißen Tagen Nachbars-
kinder und manchmal auch Studenten“, erzählt
Böder. Schließlich wird das Wasser durch den
Fischteich vor der Mensa dem Grund zugeführt
und der Kreislauf schließt sich.
Wenn es kälter wird, versiegt der Bachlauf
wieder, da sich das Kühlungssystem mit Inbe-
triebnahme der Heizung abschaltet. Doch wer
das Aufblühen und die volle Pracht des Bäch-
leins einmal erlebt hat, wird es nur schwer
passieren, ohne sich an Heraklits „Panta
rhei“ zu erinnern und zu verstehen: Alles fließt.
SSC
DER BACHLAUFDER BESONDERE ORT:
40 Kurz & Knapp
STUDENTEN UNTERSTÜTZEN SICH GEGENSEITIG
Viele Studenten kennen den schmalen Grat
zwischen einer intensiven Auseinandersetzung
mit Studieninhalten und der Notwendigkeit das
eigene Leben finanzieren zu können. Die meis-
ten gehen daher neben ihren Vorlesungen noch
einem Job nach. Um besonders engagierte und
finanziell schlecht gestellte Kommilitonen in
dieser schwierigen Situation zu unterstützen,
haben Studenten der Alanus Hochschule den
Studien.Kunst.Fonds gegründet. Die Förderung
beträgt maximal 250 Euro pro Monat und be-
steht je zur Hälfte aus einer Schenkung und
aus einem zinslosen Darlehen. Die Unterstüt-
zer sind insbesondere die Alanus Stiftung, Pri-
vatpersonen und ehemalige Stipendiaten, die
ihre Darlehen zurück zahlen. Die engagierten
Studenten sind immer auf der Suche nach wei-
teren Förderern. Weitere Informationen unter:
studien.kunst.fonds@alanus.edu.
UNTERSTÜTZUNG FÜR WALDORF-BERUFS-KOLLEGSDie Forschungsstelle für Waldorf-Arbeitspäda-
gogik/Berufsbildung hat ihre Arbeit aufgenom-
men. Die Einrichtung berät Waldorf-Berufskol-
legs von Beginn der Gründung und begleitet
diese auch wissenschaftlich. Bei arbeits- und
berufspädagogischen Fragen stehen die Mitar-
beiter der Forschungsstelle als Ansprechpart-
ner zur Verfügung, unterstützen bei der Aus-
wertung von Praktika und Betriebseinsätzen
und bieten wissenschaftliche Weiterbildun-
gen an. Das Waldorf-Berufskolleg verbindet
betriebliche Praxis und berufliche Qualifizie-
rung mit kreativem und theoretischem Lernen.
Die Auszubildenden erlangen die Allgemeine
Fachhochschulreife und eine Grundqualifika-
tion in einem Berufsfeld. Jedes der inzwischen
bundesweit sieben Waldorf-Berufskollegs hat
einen eigenen Schwerpunkt. Angeboten wer-
den die Fachrichtungen Gestaltung, Gesund-
heit und Soziales, Technik sowie Wirtschaft
und Verwaltung.
Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universi-
tät Bonn und die Alanus Hochschule arbeiten
schon seit längerem in verschiedenen akade-
mischen und administrativen Belangen zusam-
men. Nun haben sie einen Kooperationsvertrag
geschlossen, der diesen bisherigen regen Aus-
tausch auf eine neue vertragliche Grundlage
stellt und zusätzlich vertiefen wird. So wirkt
die Alanus Hochschule beispielsweise regel-
mäßig bei der Bonner Wissenschaftsnacht und
anderen kulturellen Veranstaltungen aktiv mit,
während die Universität Bonn unter anderem
der Nachbarhochschule ihre Hilfe beim Ausbau
der wissenschaftlichen Fächer und der Lehrer-
bildung im Rahmen der Fakultät für Human-
und Gesellschaftswissenschaften zugesagt
hat. „Wir gehen mit erfolgreichem Beispiel für
gelebte Bildungsvielfalt in der Region voran“,
sagte Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Rektor der
Alanus Hochschule. Uni-Rektor Prof. Dr. Micha-
el Hoch betonte weiterhin: „Für die Zukunft der
Wissenschaftsregion Bonn/Rhein-Sieg wird es
essentiell sein, bestehende Interaktionen aus-
zubauen.“
NEUER MASTERSTUDIEN-GANG MIT SOZIALÄSTHE-TISCHEM SCHWERPUNKTDas Institut für Philosophische und Ästheti-
sche Bildung bietet seit dem Herbstsemester
2015 den Masterstudiengang „Philosophy of
Social Innovation“ an. Der erste englischspra-
chige Studiengang der Hochschule wird in Ko-
operation mit dem Crossfields Institute durch-
geführt. Als dreijähriger Teilzeit-Studiengang
in Form des „Blended Learning“, das heißt in
der Verknüpfung von E-Learning mit Block-
veranstaltungen als Präsenzphasen, ist der
Studiengang besonders geeignet für Berufs-
tätige. Die Studenten des Masterstudiengangs
können sich abhängig von ihrem Hintergrund
und ihren Qualifizierungszielen für einen der
beiden Studienschwerpunkte „Organisational
Analysis and Leadership“ oder „Reflective So-
cial Practice“ entscheiden. Der Studiengang
bietet die Gelegenheit, verantwortliches ge-
sellschaftliches und wirtschaftliches Handeln
auf Grundlage kultureller Bildung zu entwi-
ckeln.
CHANCEN SCHENKEN – MIT DEM DEUTSCH-LANDSTIPENDIUMUnterstützen Sie mit nur 150 Euro monat-
lich Studenten der Alanus Hochschule.
Sprechen Sie uns an: Véronique Chalvet
Tel. 0 22 22 . 93 21-17 41
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Die Rektoren bei der Unterzeichnung des Vertrags
KOOPERATIONSVERTRAG MIT DER UNIVERSITÄT BONN
setzung des Qualitätsmanagements auf allen
Ebenen. „Das Qualitätsmanagement des Bil-
dungswerks ruht auf sicheren Säulen und die
Mitarbeitenden arbeiten auf einem sehr hohen
Qualitätsniveau. Die Anforderungen der DIN
EN ISO 9001 und AZAV
werden voll und ganz er-
füllt“, so die CERTQUA-
Auditorin.
41Kurz & Knapp
HOHES QUALITÄTSNIVEAU ATTESTIERTDas Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus
ist erfolgreich durch die CERTQUA (Gesell-
schaft der deutschen Wirtschaft zur Förderung
und Zertifizierung von Qualitätssicherungssys-
temen in der beruflichen Bildung) rezertifiziert.
Einen ganzen Tag lang stand das Qualitätsma-
nagement des Weiterbildungszentrums gründ-
lich auf dem Prüfstand. Dabei wurden alle ge-
lenkten Prozesse, Dokumente und Formulare
genau unter die Lupe genommen, ausführli-
che Interviews mit den Mitarbeitern geführt
sowie eine ausgiebige Begehung vor Ort unter-
nommen. CERTQUA bescheinigt dem staatlich
anerkannten Bildungswerk Alanus Werkhaus
sowie dessen Mitarbeitern eine starke Kun-
denorientierung sowie eine hohe Identifikati-
on mit der Sache und eine überzeugende Um-
SCHAUSPIELSTUDENTEN BEIM SOMMERBLUT FESTIVAL
Das Stück „Mirandolina“ wurde nun zum Köl-
ner Kulturfestival Sommerblut eingeladen,
nachdem 2015 bereits Schauspielstuden-
ten der Alanus Hochschule mit Commedia
dell’arte-Inszenierungen beim Bajazzo Zelt-
festival in Hamburg und dem Fusion Festi-
val in Lärz Erfolge feiern konnten. Mit der
Wiederaufnahme des Stückes präsentiert die
Schauspielklasse unter Leitung von Micha-
el Schwarzmann und Diana-Maria Breuer die
Komödie über einen Wettstreit um das Herz der
selbstbewussten Wirtin Mirandolina. Das Fes-
tival findet vom 29. April bis zum 16. Mai statt.
An der Alanus Hochschule wird außerdem aus
dem aktuellen Commedia dell’arte-Repertoire
der Schauspielstudenten das Stück „Campiel-
lo“ präsentiert, welches bereits Ende Februar
seine Premiere feierte.
DAAD-PREIS VERLIEHENDie 25-jährige Taiwa-
nesin Yi-An Chien nahm
im Rahmen der letzten
Deutschlandstipendien-
feier den Preis des Deutschen Akademischen
Austauschdienstes (DAAD) für hervorragen-
de Leistungen ausländischer Studenten ent-
gegen. Überreicht wurde der Preis von Diana
Martínez-Fredriksson vom International Of-
fice der Hochschule sowie Ulrika Eller-Rüter,
Professorin für Kunst im gesellschaftlichen
Kontext. „Frau Chien ist sehr zielstrebig und
wissbegierig. Sie nutzt jede Gelegenheit, sich
weiter zu qualifizieren und Neues zu entde-
cken“, erklärte die Professorin. Derzeit absol-
viert die Preisträgerin den Masterstudiengang
Bildende Kunst an der Alanus Hochschule.
Der DAAD-Preis ist mit 1.000 Euro dotiert. Die
Bewerber mussten von einem Dozenten vorge-
schlagen werden.
PÄDAGOGIK-RING- VORLESUNG IM FRÜHJAHRSSEMESTERErziehung und Bildung stellen Eltern und Päd-
agogen immer wieder vor Herausforderungen.
Interessierte können sich hierzu Anregungen
bei der öffentlichen Ringvorlesung „Erzie-
hungsfragen und pädagogische Herausforde-
rungen der Gegenwart“ der Alanus Hochschule
in Zusammenarbeit mit dem Bonner General-
Anzeiger holen. Professoren der Hochschule
greifen zentrale pädagogische Fragestellun-
gen der Gegenwart auf und beleuchten sie vor
dem Hintergrund der erziehungswissenschaft-
lichen Forschung mit einem klaren Fokus auf
die Herausforderungen der Praxis. So beschäf-
tigt sich der Auftaktvortrag von Jost Schieren
am 5. April mit dem Thema „Wie ich das Kind
sehe, so erziehe ich es. Keine Pädagogik ohne
Menschenbild!“. Die Veranstaltungen finden
jeweils dienstagsabends am Campus II statt.
Weitere Informationen unter: www.alanus.edu/
veranstaltungen.
42 Termine
TERMINVORSCHAU19. März und 21. MaiTag des Waldorflehrers g Veranstaltung für Waldorflehrer und alle, die es werden möchten, Campus II
21. bis 24. MärzOsterwerkstatt g Ferienkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Alanus Werkhaus
22. März, 7. und 28. April, 17. Mai und 9. JuniHospitationstermine BWL g Der Fachbereich Wirtschaft stellt sich vor, Campus II
1. und 2. AprilEinige Nachrichten an das All g Diplom-inszenierung der Schauspielstudenten, Theater im Bauturm Köln
1. April bis 25. NovemberKunsttherapie, Medizin, Psychologie g Vortragsreihe im Rahmen der Fachfortbildungen des Fachbereichs Künstlerische Therapien, Campus II
5. April bis 28. JuniKinder, Kinder! Erziehungsfragen und pädagogische Herausforderungen der Gegenwart g Ringvorlesung des Fachbereichs Bildungswissen-schaft, Campus II
6. AprilStart von „Kunst to go“ g Offenes wöchent liches Malatelier, Alanus Werkhaus
8. AprilKomponistensymposium g Konzert und Eurythmieaufführung mit der dänischen Kom-ponistin Louise Alenius, Campus I
8. AprilTopografie der Freiheit g Ausstellungs-beteiligung von Studenten der Malerei-Klasse Eller-Rüter beim Kafka-Projekt in Kooperation mit der Kunstakademie Krakau, Kattowitz/Polen
8. und 9. AprilEinige Nachrichten an das All g Diplom-inszenierung der Schauspielstudenten, Campus I
9. AprilStudieninformationstag Mannheim g Informationen zu allen Bachelor- und Master-studiengängen, Studienzentrum Mannheim
bis 10. AprilSteinskulpturen g Ausstellung von Studenten der Bildhauerei, Baumschule Mohr Köln
16. AprilCampiello g Commedia de’ll arte-Aufführung von Schauspielstudenten, Campus I
20. AprilStart „Speakers‘ Corner“ g Offene wöchent liche Werkstatt für Stimme & Präsenz, Alanus Werkhaus
28. AprilCampiello g Commedia de’ll arte-Aufführung von Schauspielstudenten, Pantheon Theater Bonn
30. April bis 5. Junitestbetrieb g Veranstaltungsmonat verschie-dener Nutzungsformate begleitet durch den Fachbereich Architektur, Volkshaus Rotthausen Gelsenkirchen
5. Mai Kunstausstellung g Vernissage mit Arbeiten von Studenten der Malerei-Klasse Eller-Rüter, Istanbul/Türkei
7. und 8. MaiWeiterbildungsmesse Köln g Messestand des Alanus Werkhauses, Gürzenich Köln
10. MaiNachhaltigkeit und Stakeholder-Management in der ING-DiBA AG g Vortrag in der Reihe
"Social Banking", Campus II
13.MaiEs ist des Lernens kein Ende g Vortrag des Fachbereichs Bildungswissenschaft, Campus II
17. bis 20. MaiHospitationswoche g In den Studienalltag ein-tauchen, das Studium und den Campus kennen-lernen, Campus I und II
20. und 21. MaiWhat is Thinking? g Internationale, transdiszi-plinäre Konferenz des Instituts für philosophische und ästhetische Bildung, Campus II
20., 21., 24. und 25. MaiThe Beatles „Das weiße Album“ g Ein musi-kalischer Theaterabend mit Schauspielstudenten, Brotfabrik Bonn
24. MaiGelebte Nachhaltigkeit am Beispiel der DKM Darlehnskasse Münster eG g Vortrag in der Reihe "Social Banking", Campus II
27. bis 28. Mai Wahrnehmen – Verwandeln g Symposium für Eurythmie in sozialen Arbeitsfeldern, Berlin
30. Mai bis 5. JuniDeutsche Aktionstage Nachhaltigkeit g Betei-ligung des Fachbereichs Wirtschaft, Campus II
3. JuniBonner Wissenschaftsnacht g Die Alanus Hochschule präsentiert verschiedene Beiträge auf dem Gelände der Universität Bonn
9. und 10. Juni Werkstatt-Symposium g Die Arbeitsgemein-schaft „Baukultur konkret“ mit Professoren des Fachbereichs Architektur stellt die Forschungs-ergebnisse des Projekts zur Diskussion, Kloster Helfta Eisleben
9. und 10. Juni Woher will ich wissen, was ich will? g Berufs-orientierung für Jugendliche, Alanus Werkhaus
IMPRESSUM
Herausgeber Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft
Anschrift Villestraße 3 — 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-0 — info@alanus.edu www.alanus.edu
Träger Alanus Hochschule gemeinnützige GmbH
Geschäftsführung Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Dirk Vianden
V.i.S.d.P Dr. Julia Wedel
Idee und Konzept Dr. Julia Wedel, Elisabeth Höhnen, steinrücke+ich
Redaktionsleitung Dr. Julia Wedel, Elisabeth Höhnen
Redaktion Tatjana Fuchs (TF), Nina Kep (NK), Susanne Krause (SK), Karin Scherer (KS), Sandra Stempel (SST), Dr. Julia Wedel (JWD), Claudia Zanker (CZ)
Weitere Autoren dieser Ausgabe Prof. Dr. Axel Föller-Mancini, Prof. Dr. Stefan Reichelt, Svenja Schimmelpfennig (SSC)
Lektorat Barbara Milde-Schulz
Gestaltung Dirk Drevermann
Anzeigen Bettina Vogel
Werknachweise"Die Träume im Frühling" (Ausschnitt), 2015, Chong Zhang (Titelseite) -Rauminstallation, Studierende aus dem Bachelorstudiengang Architektur (S. 30)
Fotos und AbbildungenAlanus Hochschule (S. 5 re., 26, 28, 29, 36, 37, 39) — Bastian Böhm (S. 24 re., 25 o.) — Nola Bunke (S. 3, 21, 30, 40) — Thomas Fedra (S. 13 o.) — Charlotte Fischer (S. 4, 10, 11) — René Harder (S. 41 li.) — Helmut Hergarten (S. 24 li.) — Angelika Kehlenbach (S. 19) — Nikolai Knackmuss (S. 16 u., 17) — Daryan Raphael Knoblauch und Felix Dehn (S. 22) — Volker Lannert (S. 40 u.) — Katrin Marder (S. 4 li., 16 o.) — Ramona Metje (S. 23) — Lorena Mordhorst und Patrizia Falk (S. 18, S. 20) — Pujan Shakupa (S. 38 re.) — Diemut Schilling (S. 4 re., 27) — Britta Schüßling (Titelseite, S. 6-7, 15, 34, 35, 41 mi., 41 re.) — Niklas Stahlhammar (S. 25 u.) — Esther Kaiser (S. 38 li.)
Erscheinungsweise 2-mal jährlich
Druck und Auflage Media Cologne GmbH, Hürth — 5.000 Exemplare
In diesem Magazin wird aus Gründen der einfacheren Les-barkeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachform verzichtet. Sämtliche Bezeichnun-gen von Personengruppen gelten gleichgestellt sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form. Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung der Alanus Hochschule.
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17. bis 18. JuniBachelor-Abschluss Eurythmie g Aufführungen, Campus I
22. JuniKunstausstellung g Vernissage mit Arbeiten von Studenten der Malerei-Klasse Eller-Rüter, Kunstbunker Köln
25. Juni bis 3. JuliAbschlussausstellung g Bachelorstudenten der Bildenden Kunst präsentieren ihre Werke, Altes Pfandhaus Köln
1. bis 3. Juli Rundgang g Ausstellung in allen Ateliers des Fachbereichs Bildende Kunst
9. Juli bis 23. AugustMalereiausstellung g Studenten der Malerei-Klasse Eller-Rüter präsentieren ihre Werke, Kunstverein Wesseling
11. Juli bis 22. JuliSommerwerkstatt g Ferienkurse für Kinder und Jugendliche, Alanus Werkhaus
Anfang SeptemberFrei-Räume g Kunstaktion in Kooperation mit der Kunstakademie Krakau, Justizvollzugsanstalt Siegburg
16. bis 17. SeptemberEurythmiepädagogik g Symposium, Campus I
19. September10 Jahre Wirtschaft neu denken g Feier zum 10-jährigen Geburtstag des Fachbereichs Wirtschaft, Campus II
19. September bis 30. NovemberTeamleitung in sozialen Einrichtungen undSchulen g Berufliche Fortbildung, Alanus Werkhaus
19. September bis 24. März 2017Socially Responsible Finance g Berufliche Fortbildung, Alanus Werkhaus
17. bis 29. Oktober Wie wir leben g Kunstausstellungen und Inter-ventionen im öffentlichen Raum zum Jubiläum „20 Jahre UNO-Stadt Bonn“, an verschiedenen Plätzen in Bonn
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Alanus [aːlaːnʊs]: Die Alanus Hochschu-
le und das Alanus Werkhaus beziehen sich
in ihrem Namen auf den Universalgelehrten
Alanus ab Insulis (ca. 1120 bis 1202), der den
Beinamen „doctor universalis“ trug. Er lehrte
die Sieben Freien Künste in Paris und Montpel-
lier. Alanus ab Insulis vertrat die Vorstellung,
dass Studieren die Bildung des Menschen zum
Menschen durch Interdisziplinarität bedeutet
und über ein reines Fachstudium hinausgeht.
Angelehnt an Alanus ab Insulis ist ein wichti-
ger Teil des Konzepts der Alanus Hochschule
und des Werkhauses die Gemeinschaft und
Begegnung von Kunst und Wissenschaft.