Post on 06-Jul-2015
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34 MANAGEMENT & KARRIERE Social Media
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Social-Media-Richtlinien schaffen hier Klarheit
– und sie fördern beim Arbeitnehmer ein akti-
ves Bewusstsein über den richtigen Umgang
mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten.
Den Arbeitgeber schützen sie andererseits vor
unkontrollierten Veröffentlichungen und nega-
tiver Publizität. Weiter kann damit das Risiko
von Schadenersatzansprüchen Dritter verrin-
gert werden. Denn unter gegebenen Vorausset-
zungen wird ein Unternehmen bekanntlich
haftbar für die Handlungen seiner Arbeitneh-
mer. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Arbeit-
nehmer, die für mögliche rechtliche Risiken
sensibilisiert worden sind, bewusster und vor-
sichtiger mit sozialen Medien umgehen.
VON OLIVER STAFFELBACH
�Die Diskussion, ob und inwieweit Arbeit-
nehmer soziale Medien nutzen dürfen,
ist längst im Gang. Sie wird in der
Schweiz jedoch selten umfassend ge-
führt, sondern beschränkt sich in der Regel auf
Teilaspekte wie die Nutzung von Facebook wäh-
rend der Arbeitszeit. Eine neuere Tendenz be-
steht darin, dass Unternehmen soziale Medien
für eigene Zwecke nutzen, indem sie beispiels-
weise Werbekampagnen auf Twitter durchfüh-
ren. Die Bedeutung der Internetplattformen als
Kommunikationskanal und Marketinginstru-
ment für Unternehmen nimmt rasant zu, ein
Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Es
lohnt sich, bei der Nutzung von sozialen Medien
auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Im
Gegensatz zu anderen Ländern, beispielsweise
Deutschland, wurde diesem Thema in der
Schweiz bis anhin nur wenig Beachtung ge-
schenkt.
SOCIAL-MEDIA-RICHTLINIEN
Dürfen Arbeitnehmer soziale Netzwerke wäh-
rend der Arbeitszeit verwenden? Dürfen sie in
Netzwerken oder Blogs Informationen über ih-
ren Arbeitgeber verbreiten? Wenn ja, welche?
Ist es erlaubt, seinen Arbeitgeber in Blogs zu
kritisieren? Vielfach ist für die Mitarbeiter nicht
restlos klar, wo genau in diesen Bereichen die
Grenzen gezogen werden.
Soziale Medien und RechtDem Einfluss von Blogs, Facebook, Twitter und Co. können sich auch Unter nehmen nicht mehr entziehen. Dass bei der Nutzung von sozialen Medien rechtliche Vorgaben bestehen, wird oft übersehen. So reduzieren Sie die Risiken.
35Computerworld 4/25. Februar 2011
www.computerworld.ch
Je nach Branche, Unternehmenskultur sowie
Mitarbeiter- und Kundenstruktur sind die
Social-Media-Richtlinien eines Unternehmens
sehr unterschiedlich auszugestalten. Es ver-
steht sich von selbst, dass eine Grossbank an-
dere Richtlinien braucht als ein mittelgrosses
Industrieunternehmen.
DER ARBEITNEHMER ALS RISIKO
Der Arbeitnehmer hat in den sozialen Medien
unzählige und teilweise recht effektive Möglich-
keiten, seinen Arbeitgeber zu schädigen. Von
besonderer Bedeutung sind Beeinträchtigungen
des guten Rufs des Arbeitgebers. In Blogs, Foren
und sozialen Netzwerken verbreitete Unwahrhei-
ten können Unternehmen nachhaltig schädigen.
Branchenkenner sind überzeugt, dass schon
heute ein beträchtlicher Teil der öffentlichen
Meinungsbildung in sozialen Medien erfolgt.
Die Risiken einer negativen Publizität kann
der Arbeitgeber reduzieren, indem er seinen
Arbeitnehmern die bestehenden Grenzen durch
entsprechende Richtlinien möglichst präzise
aufzeigt. Denn die Arbeitnehmer wollen den
Arbeitgeber meist nicht bewusst schädigen,
sondern sind sich der Folgen von unbedachten
Äusserungen schlechthin nicht bewusst. Im
Falle von komplexen Richtlinien können Schu-
lungen und Kontrollen das Präventionsma-
nagement des Arbeitgebers abrunden. Weiter
kann es Sinn machen, bestimmte Verstösse an
schwerwiegende Folgen wie beispielsweise eine
Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu knüpfen
und dies den Arbeitnehmern auch klar zu kom-
munizieren. Wenig erfolgversprechend sind bei
Rufschädigungen demgegenüber Schaden-
ersatzprozesse. Denn der aus der Rufschädi-
gung resultierende finanzielle Schaden muss
vor Gerichten substantiiert und bewiesen wer-
den, was sich regelmässig als schwierig erweist.
VERWENDUNG FREMDER INHALTE
Sofern bei Auftritten in sozialen Medien fremde
Texte, Grafiken, Bilder, Musik oder Videos erfor-
derlich sind, muss abgeklärt werden, ob diese
rechtlich geschützt sind. Relevant sind insbe-
sondere das Urheberrecht, das Persönlichkeits-
recht und das Markenrecht. Ist dies der Fall,
muss grundsätzlich die Einwilligung der Be-
rechtigten eingeholt werden. Die Einwilligung
kann mündlich, sollte aus Gründen der Beweis-
barkeit jedoch besser schriftlich erfolgen.
Es sind jedoch längst nicht alle Inhalte
rechtlich geschützt. So sind Texte und Grafiken
unter Umständen zu banal, um urheberrecht-
lichen Schutz zu erlangen, und auch unkünstle-
rische Fotografien weisen oft nicht das hierfür
erforderliche Mass an individueller Gestaltung
auf. Zudem bestehen in den Gesetzen diverse
Ausnahmebestimmungen, die dazu führen kön-
nen, dass an sich rechtlich geschützte Inhalte
im konkreten Fall ohne Einwilligung des Berech-
tigten verwendet werden dürfen. Längst nicht
jedes Abmahnschreiben eines angeblichen
Rechteinhabers ist begründet und gibt die kor-
rekte Rechtslage wieder. Sowohl im Hinblick auf
mögliche Werbekampagnen in sozialen Medien
als auch bei Abmahnschreiben lohnt es sich
also, die Rechtslage sorgfältig prüfen zu lassen.
VERBOTENE MASSENWERBUNG?
Spannend und in der Schweiz noch kaum dis-
kutiert ist die Frage, inwieweit die Vorschriften
über Massenwerbung (Art. 3 lit. o des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb) auch beim
Werben in sozialen Medien
zur Anwendung kommen.
Darf beispielsweise ein Un-
ternehmen auf Xing allen
seinen Kontakten Nachrich-
ten mit Werbeinhalten zu-
kommen lassen? Oder darf
ein Unternehmen über Twit-
ter seine Follower über die Direct Messages mit
Informationen über seine Produkte versorgen?
Massenwerbung ist in der Schweiz nur unter
restriktiven Voraussetzungen zulässig. Sie muss
nach Einwilligung des Kunden gesendet wer-
den, einen konkreten Absender enthalten und
einen Hinweis auf eine Ablehnungsmöglichkeit
aufführen. Bei bestehenden Kunden gilt zudem
eine Sonderregel: Wer für einen Kauf seine
Adresse angegeben hat, muss sich gefallen las-
sen, dass seine Adresse vom Verkäufer für Mas-
senwerbung genutzt wird, sofern er dies nicht
abgelehnt hat, nachdem er auf die Ablehnungs-
möglichkeiten hingewiesen worden ist. Werden
diese Regeln vorsätzlich nicht eingehalten,
kann dies Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren
oder Geldstrafen zur Folge haben.
Die geltenden schweizerischen Vorschriften
zur Massenwerbung können auch bei sozialen
Medien zur Anwendung kommen. Bei Massen-
mitteilungen ist also Vorsicht geboten. Zudem
werden Werbeaktivitäten in sozialen Medien oh-
nehin oft durch die Nutzungsbedingungen der
Plattformbetreiber eingeschränkt. Vor Werbe-
kampagnen in sozialen Medien sollte also stets
geprüft werden, inwieweit diese zulässig sind.
BEZUG ZUM AUSLAND
Bei Aktivitäten in sozialen Medien besteht oft
ein Bezug zum Ausland, beispielsweise wenn
einige der potenziellen Kunden, die angegan-
gen werden, ihren Wohnsitz ausserhalb der
Schweiz haben oder ein Produkt international
vertrieben werden soll. In solchen Fällen kann
die Zuständigkeit ausländischer Gerichte
begründet werden und sind neben schweizeri-
schen Bestimmungen meist auch ausländische
Bestimmungen zu beachten. Diese können im
Vergleich zum schweizerischen Recht abwei-
chende oder ergänzende rechtliche Vorgaben
enthalten.
In der EU besteht im Gegensatz zur Schweiz
beispielsweise die Pflicht, in Onlineveröffent-
lichungen ein Impressum zu führen. Vor allem
in Deutschland wird derzeit rege diskutiert, ob
die Vorschriften betreffend Impressumspflicht
auch beim Werben in sozialen Medien zur
Anwendung kommen. Dies wird klar bejaht, was
zu absurden Konsequenzen führen kann. So
wird beispielsweise vertreten, dass Profilseiten
von Unternehmen auf Twitter, die der Werbung
dienen, mit einem Impressum ausgestattet
sein müssen.
«Nicht jedes Abmahn-schreiben ist begründet. Prüfen Sie die Rechtslage»Oliver Staffelbach
Mit den folgenden Verhal-
tensweisen können Sie
rechtliche Risiken bei der
Nutzung von sozialen Me-
dien verringern:
In sozialen Medien kön-
nen die Vorschriften über
Massenwerbung zur Anwen-
dung kommen. Die Verlet-
zung dieser Vorschriften
kann strafrechtliche Konse-
quenzen haben.
In der Regel dürfen bei
Auftritten in sozialen Me-
dien fremde Texte, Grafiken,
Bilder und Videos nicht
ohne Einverständnis des
Berechtigten verwendet
werden. Es bestehen jedoch
gewichtige Ausnahmen zu
diesem Grundsatz.
Bei Aktivitäten in sozialen
Medien mit Auslandbezug
sollte abgeklärt werden,
inwieweit damit die Zustän-
digkeit ausländischer Ge-
richte begründet werden
kann und ausländisches
Recht zur Anwendung
kommt.
Für Unternehmen macht
es vielfach Sinn, den Um-
gang der Arbeitnehmer mit
sozialen Medien klar festzu-
legen. Dies geschieht in der
Regel durch Social-Media-
Richtlinien, deren Inhalt von
Unternehmen zu Unterneh-
men stark variieren.
Durch Schulungen, Kont-
rollen sowie die Festlegung
konkreter Sanktionsfolgen
bei Verstössen kann die
Wirksamkeit der Richtlinien
verbessert werden.
Vorsichtsmassnahmen im Unternehmen
Oliver Staffelbach ist auf IT-Recht spezialisierter
Rechtsanwalt bei Wenger & Vieli aus Zürich
www.wengervieli.ch