Post on 24-Jun-2020
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Qualitätsleitbild für Deutschland
Qualität „Made in Germany“Empirische Erkenntnisse zum Stand und zur Zukunft des Qualitätsstandorts Deutschland
2 Qualität „Made in Germany“
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Inhalt
1. Zur Studie ............................................................................................................................................................................................ 4
2. Einleitung ............................................................................................................................................................................................ 6
3. Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung .............................................................................................................................. 7
3.1 Facetten von Qualität ........................................................................................................................................................................ 7
3.2 Erweiterung des Qualitätsbegriffs ................................................................................................................................................. 7
3.3 Qualität und Management – Chancen und Herausforderungen für die Entscheider .......................................................... 8
3.4 Makroökonomische Aspekte von Qualität ................................................................................................................................... 9
3.5 Qualität im gesellschaftlichen Wandel ........................................................................................................................................ 10
3.6 Internationaler Qualitätswettbewerb........................................................................................................................................... 12
3.7 Qualität „Made in Germany“ – heute und morgen .................................................................................................................... 13
4. Fazit und Ausblick........................................................................................................................................................................... 14
4 Qualität „Made in Germany“
Qualität „Made in Germany“
1. Zur Studie
Das vorliegende Manuskript stellt eine Zusammenfas-
sung der aktuell umfassendsten Studie zum Qualitäts-
standort Deutschland dar. „Qualität – Made in Germany:
Empirische Erkenntnisse zum Stand und zur Zukunft
des Qualitätsstandorts Deutschland“ ist eine Studie der
Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ). Für die
Erhebung wurde das Institut der deutschen Wirtschaft
Köln (IW Köln) beauftragt.
Im ersten Schritt wurden durch das rheingold Institut
16 qualitative Tiefeninterviews durchgeführt, mit dem
Ziel die Relevanz und das Verständnis von Qualität sowie
die Perspektive auf Qualität in der deutschen Wirtschaft
zu klären. Hier standen die Treiber und Bedrohungen von
Qualität für die Zukunft im Vordergrund.
Auf Basis der Ergebnisse der Tiefeninterviews wurden
drei Befragungen durchgeführt, um die Ergebnisse auf
eine breite Basis zu stellen. An der Befragung haben sich
Abb.1: Ergebnisse der Tiefeninterviews
Empirische Erkenntnisse zum Stand und zur Zukunft des Qualitätsstandorts Deutschland
Qualität „Made in Germany“ heute und in Zukunft
Bedrohungen für Qualität „Made in Germany“
Treiber und Chancen für Qualität „Made in Germany“
• Werte • Bewährtes bewahren • Nachhaltigkeit
• Mittelstandsorientierung • Sozialpakt (Tarifpartner ziehen an einem
Strang) • Verfassung • Offene Gesellschaft
• Hohe Fähigkeit, Muster zu erkennen, zu analysieren + weiterdenken
• Systemisches, analytisches Denken • Komplexität managen können
• Produzierende Unternehmen mit Innovationen
• Unternehmensführung mit Weitsicht und Unabhängigkeit
• Expertenwissen • Hohe industrielle Wertschöpfung • Qualitäts-Versprechen • Zuverlässigkeit • Stabilität • Lokalität
für Qualität „Made in Germany“ • Bildung • Gute Ausbildung • Kitas Frühförderung • Bildungspolitik • Duale Bildung • Unis / FH • Forschungseinrichtungen
FHG, Max Planck • Gute Bildung
(Allgemeinwissen) der Bevölkerung
• Ausbildungsniveau
• Leistung • Leidenschaft • Innovation • Hang zur Über-Reglementierung
• Deutsche Fokussierung nur auf Leistung (eindimensionales Qualitätsverständnis)
• Bildungspolitik • Keine Förderung der akademischen Elite • Ausbildung in Schulen,
Naturwissenschaften • Niveau in Schulen
• Demographischer Wandel • Rasch ändernde Märkte
• Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen
• Einzelkind-Verhalten • Überzogenes Anspruchsdenken • Selbstzufriedenheit • Misstrauens-Gesellschaft
• China • Indien
• Verwechselbarkeit • Kopierbarkeit
• Technikfeindlichkeit • Forschungsverbote • Stillstand, Resistance to change • Rechtfertigungsmentalität • Detailverliebtheit
• Overengineering • Zertifikate-Flut
• Medienberichterstattung – bad news = good news/ Betroffenheitsjournalismus
• + schlecht recherchiert! Manipulation – an den Pranger stellen
• Kein Experten-Know-how hinzuziehen
• Kunden besser verstehen • EU-Gesetze • Wirtschaftspolitik • Populäre, umfrageabhängige kurzfristige
Politik insgesamt (anstatt weitsichtig)
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1.214 Entscheider aus Unternehmen beteiligt. Zusätzlich
wurden 251 Interviews mit Entscheidern aus öffentlicher
Verwaltung, Interessenverbänden, Wohlfahrtsorganisati-
onen, Gewerkschaften und Kirchen (im folgenden Stake-
holder) geführt. Letztlich haben sich weitere 689 Teilneh-
mer an Veranstaltungen der DGQ Regionalkreise – und
damit Qualitäts-Fachkräfte aller Hierarchiestufen – an der
Studie beteiligt.
Folgende Kernaussagen wurden in der vorliegenden
Studienzusammenfassung aus den Untersuchungsergeb-
nissen der Entscheiderbefragung herausgearbeitet (Fokus:
Unternehmensperspektive):
> Qualität ist das Fundament des Erfolgs der deutschen
Wirtschaft
> Qualität hat Verwandte bekommen, d.h. Kriterien wie
Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit oder Individuali-
sierung von Produkten werden zunehmend wichtiger
> Nachfrageseitige Aspekte von Qualität: Frühzeitiges
Erkennen von Technologie- und Markttrends sowie Ver-
ständnis der Kundenwünsche sichern den langfristigen
Erfolg der Organisationen
> Angebotsseitige Aspekte von Qualität: Prozessoptimie-
rung und Ressourcen-/Kosteneffi zienz sind von großer
Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit
> Optimale Rahmenbedingungen wie Standortqualität
und ein angemessenes (Arbeits-)Kostenniveau sind ent-
scheidend für die Qualitätsfähigkeit der Unternehmen
und Organisationen in Deutschland
> Nachlassende Zahlungsbereitschaft für Qualität ist eine
der Hauptbedrohungen für deutsche Unternehmen
> Rückgang der Bereitschaft zur Übernahme von Verant-
wortung hemmt Qualität und Erfolg
> Die abnehmende Verbreitung von Tugenden wie Fleiß,
Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit greifen das
Fundament aus Qualität und Leistung in Deutschland
nachhaltig an
> China, Polen und Indien sind die wichtigsten Qualitäts-
wettbewerber auf dem Weltmarkt
> „Made in Germany“ gewinnt in den nächsten 20 Jahren
weiter an Bedeutung
Die Befragungen wurden Ende 2013 durchgeführt. Für
die vorliegende Studienzusammenfassung wurden
ausschließlich die Ergebnisse der Unternehmensbefra-
gung berücksichtigt. Außerdem wurden die Angaben in
Prozent und nicht die Mittelwerte verwendet. Bei weiter-
führendem Interesse an der Gesamtstudie, können die
Detail-Ergebnisse bei der DGQ angefragt werden.
Abb.2: Vorgehensweise (Überblick)
„Was muss passieren, damit Qualität auch in 20 Jahren noch zentrales Differenzierungsmerkmal
und entscheidendes Erfolgsprinzip der deutschen Wirtschaft am Weltmarkt ist?“
Leitfrage DGQ
Unternehmens-befragung
1.214 Interviews durch IW Köln
Befragung im DGQ Netzwerk
689 Interviews durch DGQ
Aktuell größte Studie zum Qualitätsstandort Deutschland
DGQ
Treiber und Bedroher von Qualität
Tiefeninterviews durch rheingold Institut
Stakeholder Befragung
251 Interviews durch IW Köln
6 Qualität „Made in Germany“
2. Einleitung
„Welcome to the German Century” titelt Newsweek in
seiner Ausgabe vom 25. Juli 2014. Auch andere interna-
tionale Publikationen sind voll des Lobes über Deutsch-
land – und es geht nicht in erster Linie um den Gewinn
der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Der ehemals
„kranke Mann Europas“ ist mittlerweile Klassenbester
unter den Volkswirtschaften der Welt. Deutschland ist ein
Qualitätsstandort. Dabei bezieht sich Qualität zum einen
auf Leistungen wie Produkte und Dienstleistungen, zum
anderen auf Rahmenbedingungen, die die Qualitätsfähig-
keit von Unternehmen und Organisationen sicherstellen.
Aber Deutschland steht auch im Wettbewerb mit anderen
Top-Qualitätsstandorten. Wie eine Studie des World Eco-
nomic Forum über die Wettbewerbsfähigkeit in internati-
onalen Märkten zeigt, holen andere Länder auf – daraus
lässt sich zwar kein struktureller Trend zur Verschlech-
terung der Wettbewerbsfähigkeit ableiten, es zeigt sich
aber, dass Deutschland am langfristigen Erfolg arbeiten
muss. Was aber sind die Gründe für den wirtschaftlichen
Erfolg Deutschlands und können wir den Erfolg konser-
vieren?
Um diese Fragen zu beantworten hat die DGQ anlässlich
ihres 60-jährigen Jubiläums 2012 die Initiative „Qualitäts-
leitbild für Deutschland” ins Leben gerufen. Ziel des Leit-
bildes für Qualität ist es, die herausragende Bedeutung
dieses Erfolgsfaktors für Deutschland herauszustellen.
Unter der Leitfrage „Was muss passieren, damit Qualität
auch in 20 Jahren noch zentrales Differenzierungsmerk-
mal und entscheidendes Erfolgsprinzip der deutschen
Wirtschaft am Weltmarkt ist?“ stieß die DGQ einen brei-
ten Diskurs in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an. Be-
gleitend untersuchte das IW das Thema im Rahmen einer
umfassenden Studie. Außerdem hat die DGQ gemeinsam
mit dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam im Rahmen
eines Design-Thinking-Workshops vier Fokusthemen aus-
gearbeitet, die zu den wichtigsten Handlungsfeldern für
die Zukunftsfähigkeit von Qualität gehören. Das Leitbild
zur Zukunft von Qualität erscheint im November 2014
und soll Wirtschaft, Gesellschaft und Politik neue Im-
pulse für Qualität in Deutschland liefern.
Abb.3: Einzigartige Produkte und Prozesse als Wettbewerbsvorteil
„What is the competitive advantage of your country’s companies in international markets based upon?“ | Skala von „1: Low-cost labor or natural resources“ bis „7: Unique products and processes“ | Hier wird nicht die Punktzahl dargestellt, sondern der Rang.
Quelle: World Economic Forum, 2014
Finnland
Deutschland
Japan
Schweiz
0
1
2
3
4
5
6
7 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Rang
7
Abb.4: : Facetten von Qualität (Unternehmen)
3. Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung
3.1 Facetten von Qualität
Die Studie zeigt, dass Qualität in Deutschland noch im-
mer eine Leuchtturm-Funktion hat. Sie ist ein Faktor, der
für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten Sicherheit und
Vertrauen schafft. Dieser Aussage stimmen 93 Prozent
der Unternehmen zu. Außerdem trifft die Aussage „Qua-
lität ist das Fundament der deutschen Wirtschaft“ mit 88
Prozent auf eine fast uneingeschränkte Zustimmung. Die
Bedeutung von Normen und Spezifi kationen als Qualitäts-
facette spaltet die Befragten: 59 Prozent der Unterneh-
men erachten diese Facette als wichtig. Um im Qualitäts-
wettbewerb einen der vorderen Plätze zu belegen, gilt es
für deutsche Organisationen aber auch, Normenexzesse
zu vermeiden. Die Einhaltung von Normen und Spezifi ka-
tionen ist wichtig, wird aber als gegeben vorausgesetzt.
Entgegen der teilweise heftig geführten öffentlichen Dis-
kussion ist geplante Obsoleszenz für deutsche Unterneh-
men kein Thema. Lediglich 13 Prozent der Unternehmen
stimmen der Aussage zu, dass Produkte heutzutage nicht
mehr so lange halten müssen wie früher. Langlebigkeit ist
nach wie vor ein wesentliches Qualitätskriterium, auch in
einer Zeit kürzer werdender Produktlebenszyklen.
3.2 Erweiterung des Qualitätsbegriffs
Qualität steht nicht für sich allein. Mit der Erweiterung
unseres Qualitätsverständnisses wird aktuellen Anforde-
rungen Rechnung getragen: 86 Prozent der Unternehmen
DGQ Monitor 2014 Qualitätsleitbild für Deutschland
08/2014 |
DGQ e.V. | Markt & Information 3
Qualität ist… (Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?)
13%
32%
35%
53%
59%
65%
69%
72%
75%
75%
78%
82%
88%
93%
Stimme zu
…ein Faktor, der für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten Sicherheit und Vertrauen schafft.
…das Fundament des Erfolgs der deutschen Wirtschaft.
…bei uns ein wichtiges, strategisches Management-Thema.
…ein Gedanke, den unsere Mitarbeiter verinnerlicht haben.
…eine Einstellung / eine Geisteshaltung.
…ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal bzw. Verkaufsargument unseres Unternehmens.
…als Leitprinzip in unserer Unternehmens-DNA verankert.
…das, was als hochwertig wahrgenommen wird.
…etwas, für das die Kunden zu zahlen bereit sind.
…Übereinstimmung mit Spezifikationen und Normen.
…das, was unsere Klientel darunter versteht.
… heutzutage für unsere Klientel schwieriger zu beurteilen als früher, weil sie nur noch von Experten erkannt werden kann.
…mehr eine Frage der Wahrnehmung bzw. des Images und weniger ein Merkmal tatsächlicher Produkteigenschaften.
… heutzutage weniger wichtig als früher, weil alles kurzlebiger geworden ist.
(1.201 n 1.206)
Qualität ist…(Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?)
8 Qualität „Made in Germany“
nennen Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sowie
die Individualisierung von Produkten als die wichtigsten
Aspekte bei der Ergänzung des Qualitätsbegriffes. Darauf
folgt Innovativität mit 82 Prozent Zustimmung. Die Le-
bensdauer von Produkten sowie der Themenblock Social
Responsibility werden laut Wahrnehmung der Befragten
in den kommenden Jahren weniger relevant sein.
Diese Tendenzen betreffen Organisationen auf allen
Ebenen der Wertschöpfungskette: Einkauf, Produktion,
Logistik aber auch Kommunikation und Service. Ein
Bewusstsein für Nachhaltigkeit bedeutet für die meisten
Organisationen auch eine Veränderung der Unterneh-
menskultur.
3.3 Qualität und Management – Chancen und Herausfor-
derungen für die Entscheider
Was müssen Deutschlands Entscheider leisten, um in 20
Jahren noch erfolgreich zu sein? Auf den ersten Blick
scheinen die Antworten trivial und wären wahrscheinlich
vor 40 Jahren ähnlich beantwortet worden: 1.) Kunden-
wünsche verstehen 2.) Prozesse optimieren 3.) Trends
frühzeitig erkennen 4.) Ressourcen effi zient einsetzen.
Die Herausforderungen gestalten sich heute jedoch kom-
plexer: Das Erkennen von Trends und das Verständnis der
Kundenwünsche hat eine zeitliche Komponente bekom-
men – fi rst-to-market entscheidet heute oft über die
Finanzierung und damit den Erfolg einer Organisation,
unabhängig von Qualität und Produkteigenschaften. Auch
der effi ziente Einsatz von Ressourcen im Hinblick auf
Trends ist eine Herausforderung für Entscheider: wie viel
Marketingressourcen soll meine Organisation beispiels-
weise auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken
verwenden und welche anderen Aktivitäten reduziere ich
dafür?
Mittlere Bedeutung wird den Aspekten „kürzer werdende
Produktlebenszyklen“ (33 Prozent), „Vermeidung von
‚Overengineering‘“ (32 Prozent) und „Übertragung der
eigenen ‚Qualitätskultur‘ auf eigene ausländische Stand-
orte“ (19 Prozent) beigemessen. Aus Sicht der Befragten
werden diese Kriterien nicht als große Herausforderungen
für die Zukunft angesehen. Das heißt jedoch nicht, dass
sie keine Bedeutung haben. Vielmehr wird der langfristige
Handlungsbedarf im Vergleich zu anderen Aspekten als
geringer eingeschätzt.
Abb.5: Trend bei verwandten Aspekten (Unternehmen)
Wohin geht der Trend Ihrer Ansicht nach: Werden die folgenden Aspekte in den kommenden 20 Jahre wichtiger oder unwichtiger?
46%
60%
60%
62%
72%
72%
82%
86%
86%
Wird wichtiger
Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
Individualisierung/Anpassung von Angeboten an spezifische Kundenwünsche
Innovativität (Fähigkeit Innovationen hervorzubringen bzw. innovative Lösungen zu finden)
Korruptionsschutz und „Compliance“
Verhalten von Zulieferern, z.B. deren Arbeitsschutz und Umweltverträglichkeit der Produktion, Logistik und Produkte
Einfachheit
„Social Responsibility“, also Berücksichtigung aller auch indirekt betroffenen Gruppen
Transparenz und Verfügbarkeit von Informationen
Robustheit und Lebensdauer von Produkten
(1.192 n 1.196)
9
3.4 Makroökonomische Aspekte von Qualität
Optimale Rahmenbedingungen sind entscheidend für die
Qualitätsfähigkeit von Unternehmen und Organisationen
in Deutschland. Standortqualität ist somit ein wesent-
licher Wettbewerbsfaktor. Unternehmen und andere
Organisationen können vor allem dann Qualität liefern
und langfristig erfolgreich sein, wenn die Rahmenbe-
dingungen stimmen. Bei welchen Aspekten hinsichtlich
der Standortqualität Deutschlands sehen die Befragten
Handlungsbedarf, damit sie in 20 Jahren noch erfolgreich
sein können?
Folgende Facetten von Standortqualität wurden beleuchtet:
> Staat: u.a. Ordnungsrahmen, Regulierung, Bürokratie,
politische Stabilität
> Infrastruktur: Logistik (Straßen-, Schienen-, Wasser- und
Luftverkehr), Kommunikationsinfrastruktur (Internet-/
Breitbandanschlüsse), sozioökonomische Infrastruktur
> Wissen: Bildungsstand der Bevölkerung, Verfügbarkeit
von Forschungspersonal und hochqualifi zierten Fach-
kräften, Forschungs- und Entwicklungsumfeld
> Ressourcen: Verfügbarkeit von Rohstoffen und deren
effi ziente Nutzung (Energieeffi zienz und Materialeffi zi-
enz), Kreditverfügbarkeit
> Kosten: Kapitalkosten, Exportkosten, Treibstoffkosten,
Höhe der Unternehmenssteuern, Arbeitskosten
> Markt: Tiefe und Breite der Wertschöpfungskette, nach-
fragerelevante Aspekte wie Bevölkerungswachstum,
Außenhandel
Abb. 6: Herausforderungen für das Management (Unternehmen)
Abb. 12
Inwieweit stellen die folgenden Aspekte und Aufgaben für Ihr Unternehmen Herausforderungen dar, die angegangen werden sollten, damit es in 20 Jahren noch erfolgreich sein kann?
(1.184 n 1.194)
Verständnis von Kundenwünschen
Optimierung von Prozessen
Frühzeitiges Erkennen von gesamtgesellschaftlichen Trends (u.a. auf technologischer Ebene)
Ressourcen-/Kosteneffizienz
Individualisierung von Produkten/Anpassung von Produkten an Kunden
Management von Komplexität/systemisches, geordnetes Denken
Durch Innovationen Trendsetter sein
Verknüpfung von physischen Produkten und Dienstleistungen
Übertragung der eigenen „Qualitätskultur“ auf Zulieferer
Kürzer werdende Produktlebenszyklen
Vermeidung von „Overengineering“, d.h. der Tendenz, das tech-nisch Machbare wichtiger zu nehmen als die Kundenwünsche
Übertragung der eigenen „Qualitätskultur“ auf eigene ausländische Standorte 19%
32%
33%
42%
43%
52%
59%
62%
66%
69%
72%
74%
Gilt als Herausforderung
10 Qualität „Made in Germany“
Bei allen Aspekten der Standortqualität sehen die be-
fragten Unternehmen Handlungsbedarf – insbesondere
im Bereich Wissen, d.h. bei Bildung und Qualifi zierung
sowie bei der Bereitstellung eines zukunftsfähigen
Forschungs- und Entwicklungsumfelds. Auch der Faktor
Kosten spielt eine große Rolle. China und Indien werden
zunehmend als Qualitäts-Wettbewerber wahrgenommen –
und profi tieren darüber hinaus von ihrer Kostenführer-
schaft.
Dieser Handlungsbedarf kann auch als Appell für die
Politik gesehen werden, um die Standortqualität für eine
langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Markt
und Ressourcen schneiden im Ranking zwar am besten
ab, grundsätzlich sehen die Befragten hier jedoch auch
Raum zur Optimierung.
3.5 Qualität im gesellschaftlichen Wandel
Die „Geiz-ist-geil-Mentalität“ hinterlässt ihre Spuren.
Abnehmende Zahlungsbereitschaft der Kunden für Qua-
lität ist aus Sicht der Wirtschaft ein besonders kritischer
gesellschaftlicher Trend (73 Prozent sehen Bedrohungs-
potentiale). Auch andere Entwicklungen in der Gesell-
schaft sind problematisch. So attestieren die befragten
Unternehmen, dass Tugenden wie Fleiß, Zuverlässigkeit
und Gewissenhaftigkeit an Bedeutung verlieren. Auch
die abnehmende Bereitschaft, Verantwortung zu über-
nehmen, sehen die befragten Organisationen als Bedro-
hung an. Zunehmende Risikoaversion und abnehmender
Unternehmergeist werden wahrgenommen und als etwas
geringere, aber immer noch spürbare Bedrohung bewer-
tet. Doch wie kann Qualität vor diesem Hintergrund auch
Abb. 7: Handlungsbedarf bei Facetten der Standortqualität (Unternehmen)
Damit Unternehmen Qualität liefern und erfolgreich sein können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Bei welchen der folgenden Facetten sehen Sie in Deutschland Handlungsbedarf, damit Ihr Unternehmen in 20 Jahren noch erfolgreich sein kann?
Wissen
Kosten
Staat
Infrastruktur
Markt
Ressourcen 54%
55%
58%
65%
71%
73%
Besteht Handlungsbedarf (1.201 n 1.204)
11
in 20 Jahren noch als zentrales Differenzierungsmerkmal
und Erfolgsprinzip der deutschen Wirtschaft erhalten
werden? Deutschland darf sich nicht auf den Lorbeeren
der vergangenen Jahre ausruhen, sondern sollte die Chan-
cen nutzen, die die Befragten in weiteren gesellschaft-
lichen Entwicklungen sehen. Allen voran der zunehmende
Wunsch nach Umweltschutz (57 Prozent), gefolgt von
stärker werdender Datensensibilität (34 Prozent) und ei-
ner gesteigerten Sensibilisierung für Freizeitorientierung
und Work-Life-Balance (22 Prozent). Aspekte wie Innova-
tivität, das frühe Erkennen von Marktrends und die Einbe-
ziehung von Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
müssen noch stärker in das Handeln einbezogen und mit
bereits Vorhandenem kombiniert werden, um langfristig
Qualität im Sinne des Kunden zu produzieren.
Abb. 8: Gesellschaftliche Faktoren (Unternehmen)
08/2014 |
DGQ e.V. | Markt & Information
In der Gesellschaft gibt es eine Reihe von Trends bzw. Einstellungen, die eine Bedeutung dafür haben können, inwieweit Ihr Unternehmen Qualität liefern und erfolgreich sein kann. Wie sehen Sie das – sind die folgenden Aspekte für Ihr Unternehmen eher eine Chance oder eher eine Bedrohung?
(1.187 n 1.193)
Zunehmender Wunsch nach Umweltschutz, z.B. ressourcenschonende Herstellung
Zunehmende Datensensibilität
Zunehmende Freizeitorientierung
Zunehmende punktuelle Ablehnung von innovativen Technologien
Abnehmende Motivation zum Fortschritt
Zunehmende Regulierung von Produktmärkten (z.B. EU-Ebene)
Abnehmender Unternehmergeist
Abnehmende Leidenschaft zur Perfektion
Abnehmende MINT-Orientierung von Nachwuchskräften
Abnehmender Antrieb zur Verbesserung
Abnehmender Qualitätsanspruch
Abnehmende Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen
Abnehmende Verbreitung von „Grundtugenden“ wie Fleiß, Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit
Abnehmende Zahlungsbereitschaft der Kunden für Qualität 6%
10%
11%
10%
8%
4%
11%
10%
11%
9%
11%
22%
34%
57%
15%
12%
11%
19%
18%
20%
19%
19%
18%
22%
6%
33%
32%
22%
73%
71%
70%
66%
65%
64%
63%
62%
59%
59%
46%
35%
25%
12%
6%
8%
7%
6%
9%
13%
7%
9%
12%
10%
13%
9%
8%
10%
Ist eine Chance Teils/teils Ist eine Bedrohung keine Angabe
12 Qualität „Made in Germany“
3.6 Internationaler Qualitätswettbewerb
Eine wichtige Rolle bei der Beantwortung der Frage, was
wir tun müssen, damit Qualität „Made in Germany“ in 20
Jahren noch entscheidendes Erfolgsprinzip der deut-
schen Wirtschaft ist, spielen die Wettbewerber. Allen vo-
ran China, gefolgt von Polen, Indien und der Türkei. Aus
Sicht der Unternehmen werden diese Wettbewerber am
meisten aufholen, wenn es um die Position der Top-Quali-
tätsstandorte geht. Sie profi tieren von einer Kombination
aus Qualität und Kostenvorteilen, die im Auge behalten
werden muss. Die Studie zeigt, dass es insgesamt zu
einem „Trading-up“ kommen wird, beziehungsweise dass
sich bisherige Trends fortsetzen und verstärken. Vorran-
gig werden Länder in den Qualitätswettbewerb eintreten,
die von einer eher preisorientierten Strategie der Kosten-
führerschaft abrücken und sich zunehmend im Qualitäts-
segment etablieren.
Interessant ist die Aussage der Befragten, dass sich die
USA, Italien und Frankreich im Wettbewerb um die Top-
Qualitätsstandorte nicht verbessern oder zurückfallen
werden.
Um im sich verändernden Wettbewerb der Qualitätsstand-
orte die führende Rolle zu behalten, geht es im Bestreben
nach Qualität eben nicht nur darum, nicht nachzulassen,
sondern es gilt an allen Stellschrauben zu drehen, um
weiterhin den entscheidenden Schritt voraus zu sein.
Abb. 9: Entwicklung im internationalen Qualitätswettbewerb (Einschätzung der Befragten bezogen auf das jeweils eigene Wettbewerberfeld) (Unternehmen)
DGQ e.V. | Markt & Information
Wie schätzen Sie die Entwicklung in den nächsten 20 Jahren ein: Holen Ihre Wettbewerber aus den folgenden Nationen bei der Qualität auf, bleiben sie gleich oder fallen sie zurück?
5%
6%
6%
10%
12%
12%
12%
12%
13%
23%
26%
28%
32%
35%
38%
42%
Holen auf
China
Polen
Indien
Türkei
Deutschland
Brasilien
Russland
Österreich
Schweden
Schweiz
Niederlande
Japan
USA
Italien
Frankreich
Sonstige (298 n 1.170)
13
3.7 Qualität „Made in Germany“ – heute und morgen
Spielt Qualität „Made in Germany“ in Zeiten globaler
Wertschöpfungsketten und zunehmend internationaler
Leistungserbringung noch eine Rolle oder lösen Be-
zeichnungen wie „Made by Bosch“ oder „Designed by
Mercedes“ das Label ab? Von einer abnehmenden Bedeu-
tung von „Made in Germany“ ist nichts zu spüren. 86 Pro-
zent der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen aller
Größen sagen, dass es sich um eine Weltmarke handelt,
deren Strahlkraft erhalten werden muss. Eine Verdrän-
gung durch Label wie „Designed in Germany“ ist aus Sicht
von 33 Prozent der Befragten allerdings denkbar. Global
aufgestellte Unternehmen handeln hier fl exibel. Sie set-
zen, je nach Region, die Bezeichnung „Made in Germany“
ein oder verwenden Label selektiv, die die eigene Marke
beinhalten.
Abb. 10: Facetten von Made in Germany
Die Bezeichnung „Made in Germany“…(Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?)
6%
25%
27%
28%
33%
57%
78%
84%
86%
Stimme zu
… ist eine Weltmarke, deren Strahlkraft wir erhalten müssen.
… sollte gestärkt und geschützt werden.
… ist ein Indiz für hohe Qualität.
… wird durch Anbieter aus Deutschland, die keine hohe Qualität liefern, gefährdet.
… wird in Zukunft vermehrt durch Bezeichnungen verdrängt, die nicht auf den Herstellungsort abstellen, z.B. „Designed in Germany“.
… wird in Zukunft vermehrt durch supranationale Bezeichnungen verdrängt, z.B. „Made by EU“.
… wird in Zukunft vermehrt durch unternehmensbezogene Bezeichnungen verdrängt, z.B. „Made by Bosch“.
… ist für uns irrelevant.
… ist nicht mehr zeitgemäß.
(1.195 n 1.198)
14 Qualität „Made in Germany“
Ihre AnsprechpartnerDeutsche Gesellschaft für Qualität e. V.Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Markt & InformationRolf Henning Malte Fieglerrh@dgq.de mf@dgq.deT +49(0)69-954 24 -170 T +49(0)69-954 24 -255
4. Fazit und Ausblick
Der Standort Deutschland profitiert in Bezug auf die Qua-
lität seiner Produkte und Dienstleistungen wie kaum ein
anderes Land von einer starken, historisch gewachsenen,
Reputation. Das Label „Made in Germany“ untermauert
diesen Ruf und steht weltweit für Langlebigkeit, Funktio-
nalität und Performance. Die Initiative „Qualitätsleitbild
für Deutschland“ beschäftigt sich mit der Frage: „Was
muss passieren, damit Qualität auch in 20 Jahren noch
zentrales Differenzierungsmerkmal und entscheidendes
Erfolgsprinzip der deutschen Wirtschaft am Weltmarkt
ist?“
Eine der zentralen Aussagen der Studie ist: Qualität ist
das Fundament der deutschen Wirtschaft und anderer
Organisationen aus Deutschland. Um dieses Fundament
zu erhalten gilt es, Chancen zu nutzen, die sich aus Qua-
litätstreibern, wie Bildung und Wissen, der Erweiterung
des Qualitätsbegriffs um Nachhaltigkeit, Innovativität
oder der Anpassung an Kundenwünsche ergeben. Im Um-
kehrschluss müssen die Qualitätsbedrohungen wie Over-
Engineering, Verschlechterung der Standortqualität oder
die nachlassende Zahlungsbereitschaft der Konsumenten
als solche erkannt und ernstgenommen werden.
Eine besondere Rolle kommt dabei dem Gesetzgeber
zu, der die Rahmenbedingungen für die Erhaltung des
Qualitätsstandortes setzt. Aber auch negativen gesell-
schaftlichen Trends, wie nachlassendes Verantwortungs-
bewusstsein, muss entgegengewirkt werden, wobei gleich-
zeitig Tugenden wie Fleiß und Zuverlässigkeit zu fördern
sind. Denn nur dann wird Qualität „Made in Germany“
auch in 20 Jahren noch zentrales Differenzierungsmerk-
mal und Erfolgsprinzip der deutschen Wirtschaft sein.