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5/25/2018 NIETZSCHE KGA Darstellung Der Antiken Rhetorik [SS 1874]
Nietzsche Online
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Vorbemerkung
Vorlesungsaufzeichnungen (WS 1871/72 WS 1874/75)
KGW II/4, Nietzsche Werke. Kritische Gesamtausgabe
Author(s): Friedrich Nietzsche
Editor(s): Fritz Bornmann
Contributor(s): Fritz Bornmann, Mario Ca rpitella
Walter de Gruyter (Berlin, New York) 1995
Type: Philologica
DOI: 10.1515/NO_W013912_0006
Darstellung der antiken Rhetorik
[SS 1874]
. 1. B egriff der Rhetorik
Page: 0415
002 Die auerordentliche Entwicklung derselben gehrt zu den
003 spezifischen Unterschieden der Alten von den Modernen: in
004 neuerer Zeit steht diese Kunst in einiger Nichtachtung [1], und005 wenn sie gebraucht wird, ist auch die beste Anwendung unserer
006 Modernen nichts als Dilettantismus und rohe Empirie. Im Allge-
007 meinen ist das Gefhl fr das an sich Wahre viel mehr entwik-
008 kelt: die Rhetorik erwchst aus einem Volke, das noch in mythi-
009 schen Bildern lebt, u. noch nicht das unbedingte Bedrfni nach
010 historischer Treue kennt: es will lieber berredet als belehrt sein
011 und auch die Nothdurft des Menschen in der gerichtlichen Be-
012 redsamkeit soll zur freien Kunst entfaltet sein. Sodann ist es eine
013 wesentlich republikanische Kunst: man mu gewohnt sein die
014 fremdesten Meinungen u. Ansichten zu ertragen und sogar ein
015 gewisses Vergngen an ihrem Widerspiel emp finden: man mu
016 ebenso gerne zuhren als selbst sprechen, man mu als Zuhrer
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001 ungefhr die aufgewandte Kunst wrdigen knnen. Die B ildung
002 des antiken Menschen kulminirt gewhnlich in der Rhetorik: es
003 ist die hchste geistige Bethtigung des gebildeten po litischen
004 Menschen ein fr uns sehr befremdlicher Gedanke! Am deut-
005 lichsten spricht Kant Kritik der Urtheilskraft p. 203. die re-
006 denden Knste sind Beredsamkeit und Dichtkunst. Beredsamkeit
007 ist die Kunst ein Geschfte des Verstandes als ein freyes Spiel der
008 Einbildungskraft zu betreiben, Dichtkunst ein freyes Spiel der
009 Einbildungskraft als ein Geschfte des Verstandes auszufhren.
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010 Der Redner also kndigt ein Geschft an und fhrt es so aus, als
011 ob es blo ein Spiel mit Ideen sei, um den Zuhrer zu unterhal-
012 ten. Der Dichter kndigt blo ein unterhaltendes Spiel mit Ideen
013 an und es kommt doch so viel fr den Verstand heraus, als ob
014 er blo dessen Geschfte zu treiben die Absicht gehabt htte.
015 Damit ist das Spezifische des hellenischen Lebens charakterisirt:
016 alle Geschfte des Verstandes, des Lebensernstes, der Noth,
017 selbst der Gefahr noch a ls Spiel aufzufassen. Die Rmer sind
018 lange Zeit in der Rhetorik Naturalisten, vergleichsweise trocken
019 und derb. Aber d ie aristokratische Wrde des rmischen Staats-
020 manns, seine vielseitige juridische Praxis geben die Farbe: ge-
021 whnlich waren ihre groen Redner mchtige Parteifhrer,
022 whrend die griech. Redner im Interesse von Parteien sprachen.
023 Das Bewutsein der individuellen Wrde ist rmisch, nicht grie-
024 chisch. Auf ihre Auffassung der Rhetorik pat mehr, was Scho -
025 penhauer W. als W. u. V. II 129 sagt Beredsamkeit ist die
026 Fhigkeit, unsere Ansicht einer Sache oder unsere Gesinnung
027 hinsichtlich derselben, auch in Anderen zu erregen, unser Gefhl
028 darber in ihnen zu entznden und sie so in Sympathie mit uns
029 zu versetzen: dies alles aber dadurch, da wir, mittelst Worten,
030 den Strom unserer Gedanken in ihren Kopf leiten, mit solcher
031 Gewalt, da er den ihrer eigenen von dem Gange, den sie bereits
032 genommen, ablenkt u. in seinen Lauf mit fortreit. Dies Meister-
033 stck wird um so grer sein, je mehr der Gang ihrer Gedanken034 vorher von dem unserigen abwich. Hier wird das beherr-
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001 schende bergewicht der Einzelnen Persnlichkeit betont, im
002 Sinn der Rmer, bei Kant das freie Spiel bei Geschften des Ver-
003 standes, im Sinn der Griechen.
004 Im Allgemeinen aber sind alle Neueren in ihren Definitionen
005 ungenau, whrend durch das ganze Alterthum hindurch der
006 Wetteifer um die richtige Definition der Rhetorik geht, und zwar
007 unter Philosophen u. Rednern. Alle chronolog isch zusammenge-
008 stellt von Spengel Rhein. Mus. 18 p. 481. Darnach bei Rich.
009 Volkmann Rhetorik Berlin 1872. Diejenigen, welche der Strenge
010 der Definition auswichen, suchten wenigstens das officium
011 des Redners zu bestimmen. Dies ist das , dicendo p ersua-
012 dere, es war schwierig dies in den aufzunehmen; denn
013 die Wirkung ist nicht das Wesen der Sache: u. zudem bleib t das
014 berreden bei den besten Reden mitunter aus. Die Sikuler Korax
015 und Tisias sagen : bei den
016 Dorern hat da s Wort eine hhere Bedeutung a ls bei den Ioniern
017 Schpferin Walterin: die hchsten obrigkeitl. Personen in
018 den dorischen Staaten heien so (dort nur Gewerbe trei-
019 bende.) Ebenso Gorgias und Isocrates, der es mit
020 prosaischer umschreibt.
021 Plato hat einen groen Ha a uf sie: er bezeichnet sie als eine022 Geschicklichkeit -
023 u. ordnet sie zusammen mit der Kochkunst der
024 Putzkunst u. Sop histik der unter (Gorgia s
025 p. 462) Dagegen giebt es auch Spuren einer anderen Auffassung
026 der Rh. Rud Hirzel ber das Rhetorische u. seine Bedeutung
027 bei Plato Leipzig 1871. Im Phaedr. p. 239 E ff. wird gefordert,
028 der Redner solle mit Hlfe der Dialektik ber alle D inge klare
029 Begriffe erwerben, damit er im Stande ist, dieselben immer
030 zweckdienlich darzustellen. Er soll sich in den Besitz des Wahren
031 setzen, um auch ber das Wahrscheinliche zu gebieten u. so seine
032 Hrer tuschen zu knnen. Dann wird gefordert, da er d ie Lei-
033 denschaften seiner Hrer erregen und dadurch ber sie zu herr-
034 schen verstehe. Dazu msse er eine genaue Kenntni der
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001 menschl. Seele haben u. die Wirkung aller Redeformen auf das
002 menschliche Gemth kennen. Die Bildung einer wirklichen Re-
003 dekunst setzt also eine sehr tiefe u. umfassende Vorbildung vor-
004 aus: dabei ndert sich nichts an der Voraussetzung, da es die
005 Aufgabe des Redners sei mit Hlfe des Wahrscheinlichen seinen
006 Hrer zu berreden. Freilich erklrt Sokrates 273 E da wer ein-
007 mal diese Hhe des Wissens erreicht hat, sich nicht mit der nied-
008 rigen Aufgabe begngen wird: das hhere Ziel ist dann Mitthei-
009 lung des erworbenen Wissens an Andere. Der Wissende kann
010 also sowohl als sein. Das eine Ziel ist nur
011 viel hher: doch soll nicht jede Anwendung der Rhetorik ausge-012 schlossen sein: nur ja nicht ernsthafter Lebensberuf! Im Politikos
013 304 D spricht er die der Rhetorik ab u. weist ihr die
014 Aufgabe zu u. zu berreden. So
015 schildert Plato nun auch den Wahren Philosophen Sokrates, bald
016 wissenschaftlich belehrend, bald pop ulr-rhetorisch. Der my-
017 thische Bestandtheil der Dia loge ist der rhetorische: der Mythus
018 hat das Wahrscheinliche zum Inhalt: also nicht den Zweck zu
019 belehren, sondern nur bei den Zuhrern zu erregen, also
020 zu . Die Mythen gehren zur : die rheto-
021 rischen ebenso wie die schriftl. Compositionen sind nur zum Ver-
022 gngen angefertigt. Die Wahrheit lt sich weder in schriftl.
023 noch in rhetorischer Form a ussprechen. Das Mythische u. da s
024 Rhetorische wird angewandt, wenn die Krze der Zeit keine wis-025 senschaftliche Belehrung zult. Das Anrufen von Zeugen ist ein
026 rhetorischer Kunstgriff, ebenso werden die platonischen Mythen
027 durch Berufung auf Zeugen eingefhrt. Hchst merkwrdig Re-
028 publ. 376 E: hier unterscheidet er zwei Arten von Reden, solche
029 die die Wahrheit enthalten u. solche welche lgen: zu letzteren
030 gehren die Mythen. Er hlt sie fr berechtigt u. tadelt Homer
031 und Hesiod nicht deshalb da sie gelogen, sondern da sie es
032 nicht in der rechten Weise gethan. Ebenso spricht er 38 9 B gera-
033 dezu aus, da die Lge unter Umstnden den Menschen ntze u.
034 es den Herrschern erlaubt sein msse sich ihrer zum Wohl ihrer
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001 Mitbrger zu bedienen. So fhrt er III 414 B einen vo llstndigen
002 Mythus ein, um eine bestimmte Ansicht in den Seelen seiner Br-
003 ger zu begrnden u. er scheut zu diesem Zweck die Lge als
004 rednerisches Mittel nicht. Die Po lemik Platos gegen das Rheto-
005 rische richtet sich einmal gegen die schlechten Zwecke der popu-
006 lren Rhetorik, sodann g egen die g anze rohe u. ungengende
007 unphilosophische Vorbildung der Redner. Auf philosophischer
008 Bildung ruhend zu guten Zwecken dh. zu Zwecken der Philoso-
009 phie verwendet lt er sie gelten.
010 Wir haben nur zwei alte Werke ber Rh., alle andern meh-
011 rere Jahrhunderte spter; die eine, die rhetorica ad Alexan-
012 drum, hat nichts mit Aristoteles zu thun, sondern wohl das
013 Werk des Anaximenes s. Spengel Philolog. 18, p. 604. Sie ist rein
014 zu praktischem Gebrauche, ganz unphilosophisch, im Wesentli-
015 chen nach der Lehre des Isocrates. Keine Definition der Rheto-
016 rik, nicht einmal der Name .
017 Rein philosophisch u. hchst einflureich fr alle sp teren
018 Begriffsbestimmungendie Rhetorik des Aristoteles. 019 ,
020 alles mg liche Wahrscheinliche und berzeugende. Also we-
021 der noch , sondern die aber zu einer
022 erhoben werden knne. Nicht das sondern das,
023 was man fr eine Sache vorbringen knne: gleich einem Arzt,
024 der einen Unheilbaren pflegt, knne auch der Redner eine mi-
025 liche Sache verfechten. Alle sp teren Definitionen halten an d ie-
026 sem fest. (Gegen d ie sicilische De-
027 finition) Sehr wichtig das universale , auf alle D is-
028 ciplinen anwendbar. Eine rein formale Kunst. Endlich wichtig
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029 das : darauf hat man den Vorwurf gemacht, er habe
030 nur die inventio, nicht elocutio dispositio memoria nicht pronun-
031 tiatio a ufgenommen. Aristotel. will wahrscheinlich den Vortrag
032 nicht als essentiell, sondern nur als Accidenz betrachtet wissen:
033 denn er denkt an da s Rhetorische in Bchern (wie er auch die
034 Wirkung des Dramas von der Auffhrung unabhngig denkt u.
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001 deshalb nicht das sinnliche Erscheinen auf der Bhne in die Defi-
002 nition aufnimmt) Es gengt . zu erkennen, zu003 schauen: da dies Erkannte irgendwie darzustellen ist, liegt be-
004 reits im : nun ist selbst jedes Kunstmittel der pro-
005 nuntiatio aus diesem abhngig zu machen. Nur eben
006 das ist nicht nothwendig.
007 Nun kommen Jahrhunderte erbitterten Schulkampfes in den
008 Rhetoren- u. Philosophenschulen. Die Stoiker bezeichnen Laert.
009 D. 7,42
010 (ausfhrlich)
011
012 . Wichtig diese Verwandtschaft der Rhetorik u. der Dia -
013 lektik: gleichsam eine ausgedehnte Eristik, obwohl dieser Begriff
014 zu eng ist. Aristot. Topik I, 12 sag t, man behandle eine Sache
015 philosophisch nach der Wahrheit, dialektisch nach dem Schein
016 oder Beifall, nach der Meinung der Anderer. Dasselbe liee
017 sich von der Rhetorik aussagen. Beide unter den Begri ff zu fas-
018 sen: die Kunst Recht zu behalten in Rede und Unterre-
019 dung: !
020 Das l t sich gegen d ie Aristot. Definition einwenden: die
021 Dialektik erscheint als eine Unterrubrik der Rhetorik. Man
022 bemht sich nun eine Defin. zu finden, in der die Theile der
023 Beredsamk. zu erkennen sind, da man Arist. vorwarf, er be-
024 zeichne nur die inventio. Inventio und elocutio, als die wichtig-
025 sten Faktoren vereinigt Quintil. 2, 15, 37 qui recte sentire et
026 dicere rhetorices putaverunt. ( ).
027 Die d ispositio () hinzugefgt bei Rufus 028 . Theodorus Gadar-
029 eus bei Quint. 2, 15, 21 hat 4 Theile ars inventrix et iudicatrix
030 decente ornatu (griechisch wohl
031 ) Endlich alle fnf Quintil.
032 5, 10 , 54 id aut universum verbis complectimur ut Rhetorice est
033 recte invenienedi et d isponendi scientia aut per pa rtes ut Rheto-
034 rice est recte invienendi et disponendi et eloquendi cum firma
Page: 0421
001 memoria et cum dignitate actionis scientia. Man sieht, wie das
002 der Stoiker allmhlich umschrieben wird. Sodann
003 wurde an Stelle des Aristot. , wie es scheint durch004 den hchst einflureichen Hermagoras (nicht lange vor Cicero
005 lebend) gesetzt: : um philosoph. Untersu-
006 chungen, sowie speziell fachwissenschaftl. auszuschlieen. Dar-
007 unter werden verstanden die allen Menschen innewohnenden Be-
008 griffe von dem, was gut recht u. schn ist, die einer besonderen
009 Lehre nicht bedrfen: im Gegensatz eines speziel-
010 len Studiums oder Handwerks. Der platon. Protagoras giebt
011 Aufschlu, was man unter der eines Mannes
012 verstand.
013 Nach d en zwei griechischen Lehrbchern des Anaximenes u.
014 des Aristoteles folgen latein. Bearbeitungen der Rhetorik: auctor
015 ad Herennium u. Ciceros Schriften. Als Ersterer gilt jetzt Cornifi-
016 cius: in seinen Thatsachen berhrt er nur die sullanische Zeit
017 (Kaysers Ausgabe) Ciceros d e inventione II Bcher eine
018 Jugendarbeit ganz nach griech. Quellen: der auctor ad H. hier
019 viel benutzt, doch macht Cic. im Allgem. alles schlechter als je-
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020 ner. Die in spterem Alter (698) g eschrieb. Bcher de oratore
021 hlt er nach Form u. Inhalt fr sehr wichtig: die Hauptpersonen
022 Crassus u. Antonius, drcken nur die berzeugung des Verf. aus.
023 Er eifert gegen die trivialen gewhnl. Lehrbcher (darunter zB.
024 der auct. ad H. gehrt) In der Person des Antonius belehrt er
025 uns, wie er seine Reden technisch ausarbeitete: in der des Crassus
026 entwirft er das hhere Bild des philo sophischen Redners (etwa
027 das Idealbild Platons). Aber er hat nie den Gegensatz des wahren
028 Philosophen u. des Redners begriffen, gegen Aristoteles ist sein
029 Buch roh und unersprielich. Der Brutus ist eine
030 Charakterzeichnung der berhmten Redner031 Roms, unschtzbar. Der Orator behandelt nur einen Theil der
032 Rhetorik: C. findet den perfectus orator in der elocutio. Die To-
033 pik eine Gelegenheitsschrift an den Trebatius, geht aber ber ihr
034 Ziel, eine Topik zu sein, hinaus. Fr die Geschichte der Bered-
Page: 0422
001 samkeit u. Aufzhlung a ller vo rhandenen Schriften Anton
002 Westermann Gesch. der Bered. in Gr. u. Rom Leipzig 1833.
003 Dann die sive artium scriptores von Spengel
004 (Stuttgart 1828). Dann Rich. Volkmann Hermagoras oder Ele-
005 mente der Rhetorik Stettin 1865 und umgearbeitet Berlin 1872.
006 Die griechischen Rhetores herausgegeben von Spengel, dann die007 Walzische Sammlung (mit den Commentatoren des Hermogenes)
008 dann die Rhetores latini minores von Halm herausgegeben, die
009 rhetorischen Schriften des D ionys von Halicarnass, Quintil. in-
010 stitutio oratoria, der Rhetor Seneca u. der dialogus de oratori-
011 bus. Commentar von Spengel zu Anaximenes u. Aristoteles Rhe-
012 torik, Kaysers Commentar zu Cornificius. Smmtl. rhetorische
013 Schriften vereinigt Rhetores graeci ed. Chr. Walz 9 voll. Stuttgart
014 u. Tbingen 183236. ex recognit. L. Spengel 3 voll. Leipzig
015 185356.
. 2. Eintheilung der Rhetorik u. der Beredsamkeit
018 Die ltesten , vor Isocrates, enthielten nur Anleitung
019 zur Abfassung von Prozessreden. Diese Beschrnkung auf d ie
020 gerichtl. Beredsamkeit tadelt Isocra tes in orat XIII 19 . u. fgt die
021 berathende Beredsamkeit hinzu. Diese beiden Gattungen kennt al-
022 lein Anaximenes. Aristoteles fgt das genus demonstrativum -
023 hinzu, zum deliberativum und iudiciale. Dem Stoffe
024 nach zerfllt die Beredsamkeit also in drei genera causarum genus
025 (auch u.
026 genannt) Die gerichtliche will anklagen oder ver-
027 theidigen, die berathende will zu etwas antreiben oder von etwas
028 abmahnen, die epideiktische hat zu loben oder zu tadeln.
029 Groer Kampf dagegen: als Suasorien u. Controversien auf-
030 kamen, gab es zwei Arten der Beredsamkeit. Thatschlich
Page: 0423
001 in nego tiis u. in ostentatione
002 positum. Beide v ier Unterarten (wirkliche oder
003 fingirte Controversien, wirkliche in
004 Rathsversammlung oder vor dem Volk gehaltene berathende
005 oder imitirte Suasorien, Lob- und Tadelreden -
006 (mit den invectivae)u. Gelegenheitsre-007 den, namentlich Begrungs- und Abschiedsreden. Andre stell-
008 ten als viertes genus das dazu: wohl gemeint die rheto-
009 risirende Geschichtsschreibung, wie sie durch die Schule des
010 Isocrates namentlich bei Theopo mp hervortritt. Auf diesem
011 Wege weitergehend zhlten einige an 30 Gattungen auf (Einthei-
012 lung der gesammten kunstmigen Prosa)
013 Die Philosophen haben eingetheilt in u. . Er-
014 stere betrachtet die Sache an sich u. ganz allgemein, letztere wie
015 sie unter gegebenen Umstnden in die Erscheinung tritt. Das All-
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016 gemeine zu bestimmen ist Sache der Philosophie, das Spezielle
017 fllt der Rhetorik anheim. Die drei genera haben die Philosophen
018 der untergeordnet. Nur die Stoiker setzen das demon-
019 strativum unter die , das nmlich macht die grte Mhe
020 u. der gemeinen Praxis ist es sehr unbequem. Die Stoiker theilen
021
024 Das sind die Gattungen der Reden. In allen diesen Gattungen
025 hat nun der Redner eine fnffache Thtigkeit zu zeigen 1) Er-
026 findung inventio 2) Anordnung dispositio 3)
027 Ausdruck elocutio 4) Gedchtni memoria 5)
028 Vortrag pronuntiatio oder actio . Erst allmhlich ist
029 diese Wahrheit allgemein anerkannt worden: jedenfalls erst
030 nach Anaximenes u. Aristoteles. Bei ihnen fehlen u.
031 (bei Aristot, ganz consequent, da er die Leserede als Ty
Page: 0424
001 pus anerkennt) Vor allem aber war die stoische Eintheilung zu
002 berwinden intellectio inventio dispo
003 sitio; etenim caussa p roposita primum intellegere debemus, cuius
004 modi caussa sit, deinde invenire quae apta sint caussae, tum in
005 venta recte et cum ratione disponere. Streit darber ob es
006 oder seien. Quint 3, 3, 11.
007 wird erklrt intellegendum primo lo co est, thesis sit an
008 hypothesis; cum hypothesin esse intellexerimus, i. e. controver
009 siam, intellegendum erit an co nsistat; tum ex qua specie sit;
010 deinde ex quo modo; deinde cuius status; postremo cuius figu
011 rae. Zur gehrt nun u. . Zur
012 gehrt u. . Die lteste Theilung scheint
013 aber die Zweitheilung zu sein zB. bei Isocrates: die Auffindung
014 oder enthymematische Umformung des gegebenen Stoffes und
015 die Darstellung d ieser eigenen . Also inventio u. elo
016 cutio. Dionys v. Halikarna der sich o ft an Isocrates anschliet
017 hat die Zweitheilung: und Form und (meistens ge
018 gebener) Inhalt. Bei seiner Beurtheilung der Autoren unterschei
019 det er den vom u. spricht von
020 und . Der zer
021 fllt in (wie ) und (als
022 ), der zerfllt in d ie
023 u. die . Die je zweiten
024 Abschnitte handeln also von Anordnung () und Com
025 position () der Rede u. sind die wichtigeren.
026 Die Herrschaft ber die 5 Theile der Rede kommt durch drei-
027 erlei zu Stande, durch natrliche Anlage, durch
028 theoretische Anleitung, oder bung. D iese
029 Dreiheit zuerst von Protago ras aufgestellt. Vereinigt im Anfange
030 von pro Archia poeta: Si quid est in me ingenii iudices, quod
031 sentio quam sit exiguum, aut si qua exercitatio dicendi, in qua
032 me non infitior med iocriter esse versatum aut si huiusce rei ra tio
033 aliqua ab optimarum artium studiis ac d isciplina p rofecta, a qua
034 ego nullum confiteor aetatis meae tempus abhorruisse usw.
. 3. Verhltni des Rhetorischen zur Sprache.
Page: 0425
002 Rhetorisch nennen wir einen Autor, ein Buch, einen Stil, wenn
003 ein bewutes Anwenden von Kunstmitteln der Rede zu merken
004 ist, immer mit einem leisen Tadel. Wir vermeinen, es sei nicht
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005 natrlich u. mache den Eindruck des Absichtlichen. Nun
006 kommt sehr viel auf den Geschmack des Urtheilenden an u. dar-
007 auf, was ihm gerade natrlich ist. Im Allgemeinen erscheint
008 uns, die wir rohe Sprachempiriker sind, die ganze antike Littera-
009 tur etwas knstlich u. rhetorisch, zumal die rmische. Das hat
010 auch darin seinen tieferen Grund, da d ie eigentliche Prosa des
011 Alterthums durchaus Widerhall d er lauten Rede ist u. an deren
012 Gesetzen sich gebildet hat: whrend unsere Prosa immer mehr
013 aus dem Schreiben zu erklren ist, unsere Stilistik sich als eine
014 durch Lesen zu percipirende giebt. Der Lesende und der H-
015 rende wollen aber eine ganz andre Darstellungsform u. deshalb016 klingt uns die antike Litteratur rhetorisch: dh. sie wendet sich
017 zunchst ans Ohr, um es zu bestechen. Auerordentliche Ausbil-
018 dung des rhythmischen Sinnes bei den Griechen u. Rmern, im
019 Hren des Gesprochenen, bei ungeheurer fortwhrender bung.
020 Es steht hier hnlich, wie bei der Poesie wir kennen Littera-
021 turpoeten, die Griechen wirkliche Poesie ohne Vermittlung des
022 Buches. Wir sind viel blasser und abstrakter.
023 Es ist aber nicht schwer zu beweisen, da was man, als Mittel
024 bewuter Kunst rhetorisch nennt, als Mittel unbewuter
025 Kunst in der Sprache u. deren Werden thtig waren, ja da die
026 Rhetorik eine Fortbildung der in der Sprache gelege-
027 nen Kunstmittel ist, am hellen Lichte des Verstandes. Es giebt
028 gar keine unrhetorische Natrlichkeit der Sp rache, an d ie man
029 app elliren knnte: die Sprache selbst ist das Resultat von lauter
030 rhetorischen Knsten die Kraft, welche Aristot. Rhetorik nennt,
031 an jedem Dinge das heraus zu finden u. geltend zu machen was
032 wirkt u. Eindruck macht, ist zugl. das Wesen der Sprache: diese
033 bezieht sich, ebensowenig wie d ie Rhetorik, auf das Wahre, auf
Page: 0426
001 das Wesen der Dinge, sie will nicht belehren, sondern eine sub-
002 jektive Erregung u. Annahme auf andere bertragen. Der sprach-
003 bildende Mensch fat nicht Dinge oder Vorgnge auf, sondern
004 Reize: er giebt nicht Empfindungen wieder, sondern sogar nur
005 Abbildungen von Empfindungen. Die Empfindung durch einen
006 Nervenreiz hervorgerufen, nimmt das Ding nicht selbst auf: diese
007 Empfindung wird nach auen hin durch ein Bild dargestellt: es
008 fragt sich ab er berhaupt, wie ein Seelenakt durch ein Tonbild
009 darstellbar ist? Mte nicht, wenn vo llkommen genaue Wieder-
010 gabe stattfinden sollte, vor allem das Material, in welchem wie-
011 dergegeben werden soll, dasselbe sein, wie dasjenige ist, in dem
012 die Seele a rbeitet? Da es nun aber ein Fremdes ist der Laut
013 wie kann da genaueres herauskommen als ein Bild? Nicht die
014 Dinge treten ins Bewutsein, sondern die Art, wie wir zu ihnen
015 stehen das . Das volle Wesen der Dinge wird nie erfat.
016 Unsere Lautuerungen warten keineswegs ab, bis unsere Wahr-
017 nehmung u. Erfahrung uns zu einer vielseitigen irgendwie re-
018 spektablen Erkenntni der Dinge verholfen hat: sie erfolgen so-
019 fort, wenn der Reiz empfunden ist. Statt der Dinge nimmt die
020 Empfindung nur ein Merkmal auf. Das ist der erste Gesichts-
021 punkt: die Sprache ist Rhetorik, denn sie will nur eine ,
022 keine bertragen.
023 Als wichtigstes Kunstmittel der Rhetorik gelten die Tropen,
024 die uneigentlichen Bezeichnungen. Alle Wrter aber sind an sich
025 u. von Anfang an, in Bezug auf ihre Bedeutung Tropen. Statt026 des wahren Vorgangs stellen sie ein in der Zeit verklingendes
027 Tonbild hin: die Sprache drckt niemals etwas vollstndig aus,
028 sondern hebt nur ein ihr hervorstechend scheinendes Merkmal
029 hervor. Wenn der Rhetor Segel statt Schiff Welle statt
030 Meer sagt, so ist das die Synekdoche, ein Mitumfassen tritt
031 ein, aber da sselbe ist doch wenn Schlange heit, eigentl.
032 die glnzend blickende oder serpens die kriechende, aber
033 warum heit serpens nicht auch Schnecke? Eine einseitige Wahr-
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034 nehmung tritt ein fr die ganze u. vol le Anschauung. In anguis
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001 bezeichnet der Lateiner die Schlange a ls constrictor, die Hebrer
002 nennen sie die Zischelnde oder d ie Sichwindende oder die Ver-
003 schlingende oder die Kriechende. Die zweite Form des Tropus
004 ist die Metapher. Sie schafft die Wrter nicht neu, sondern deu-
005 tet sie um. zB bei einem Berg redet sie von Koppe Fuss Rcken
006 Schlnde Hrner Adern. Gesicht, mit das Vor-
007 dertheil, Lippen, mit Fluufer, Zunge,008 auch Mundstck der Flte. Brust, auch Hgel. Die Meta-
009 pher zeigt sich in der Bezeichnung des Geschlechtes, das genus
010 im grammatischen Sinn ist ein Luxus der Sprache u. reine Meta-
011 pher. Dann bertragung vo m Raum auf die Zeit zu Hause,
012 Jahraus, von der Zeit bertragen auf Causalitt qua ex re.
013 hinc inde ; Eine dritte Figur ist die Metonymie
014 Vertauschungen von Ursach u. Wirkung; wenn zB. der Rhetor
015 Schwei fr Arbeit sagt, Zunge statt Sprache. Wir sagen
016 der Trank ist bitter statt er erregt in uns eine Empfindung
017 der Art; der Stein ist hart als ob hart etwas anderes wre als
018 ein Urtheil von uns. die Bltter sind grn. Auf Metonymie
019 zurck geht die Verwandtschaft von u. lux luceo. co lor
020 (Decke) u. celare. mensis mnt ist der Messende, nach021 einer Wirkung benannt. In summa: die Tropen treten nicht
022 dann u. wann an die Wrter heran, sondern sind deren eigenste
023 Natur. Von einer eigentlichen Bedeutung, die nur in speziellen
024 Fllen bertragen wrde, kann gar nicht die Rede sein.
025 Ebensowenig wie zwischen den eigentl. Wrtern u. den Tro-
026 pen ein Unterschied ist, giebt es einen zwischen der regelrechten
027 Rede und den sogenannten rhetorischen Figuren. Eigentlich
028 ist alles Figuration, was man gewhnliche Rede nennt. Die Sp ra-
029 che wird geschaffen von den einzelnen Sprachknstlern, festge-
030 stellt aber dadurch da der Geschmack der Vielen eine Auswahl
031 trifft. Die einzeln Wenigen reden , ihre virtus vor Vielen.
032 Dringen sie nicht durch, so beruft sich Jeder ihnen gegenber auf
033 den usus u. spricht von Barba rismen u. Solcismen. Eine Figur,
034 welche keine Abnehmer findet, wird Fehler. Ein von irgend ei-
Page: 0428
001 nem usus angenommener Fehler wird eine Figur. Die Freude an
002 Gleichklngen gilt auch bei den , , zu
003 denken an die des Gorgias. Aber ber das Ma ist
004 groer Streit: der Eine ist da entzckt, wo der andere widrige
005 Fehler empfindet. Luther tadelt als neue Wrter beherzigen, er-
006 sprielich. Sie sind durchgedrungen, ebenso wie furchtlos seit
007 Simon Dach, empfindsam seit der bersetzung von Yoriks
008 empfinds. Reise 17 68. Umsicht als bersetzung vo n circum-
009 spectio von 1 794, Leidenschaft erst seit Ch. Wolf nach .
010 Aber die Formen der Enallage Hypallage Pleonasmus sind bereits
011 im Werden der Sprache, des Satzes thtig, die gesammte Gram-
012 matik ist da s Produkt dieser sog. figurae sermonis. Ausfhrliche
013 Sammlungen in diesem Sinne gemacht bei Gustav Gerber die
014 Sprache als Kunst Bromberg 1871.
. 4. Reinheit, Deutlichkeit und Angemessenheit der elocutio.
017 Von Reinheit ist nur die Rede bei einem sehr entwickelten
018 Sprachsinn eines Volkes, der vor allem in einer groen Soc iett,
019 unter den Vornehmen u. Gebildeten sich festsetzt. Hier entschei-
020 det sich, was als provinziell, als Dialekt u. was als normal gilt
021 dh. Reinheit ist dann positiv der durch den usus sanktionirte
022 Gebrauch der Gebildeten u. der Gesellschaft, Unrein alles, was023 sonst in ihr auffllt. Also das Nicht Auffllige ist das Reine.
024 An sich giebt es weder eine reine noch eine unreine Rede. Sehr
025 wichtiges Problem, wie sich das Gefhl fr die Reinheit allmh-
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026 lich b ildet u. wie eine gebildete Gesellschaft whlt, bis sie da s
027 ganze Bereich umschrieben hat. Offenbar verfhrt sie hier nach
028 unbewuten Gesetzen u. Analogien: eine Einheit, ein einheitli-
029 cher Ausdruck wird erreicht: wie einem Volksstamm ein Dialekt
030 genau entspricht, so einer Societt ein als rein sanktionirter
Page: 0429
001 Stil. In Perioden eines Sprachwachsthums ist von Reinheit
002 nicht die Rede: nur bei einer abgeschlossenen Sprache. Barbaris-
003 men hufig wiederholt gestalten endlich die Sprache um: so bil-004 det sich die , spter die byzantinische
005 , endlich das gnzlich barbarisierte Neu-Griechisch.006 Wie viel Barbarismen haben daran gearbeitet, um aus dem Latei-
007 nischen die Romanischen Sprachen zu bilden. Und durch diese
008 Barba rismen u. Solcismen kam es zu gutem, sehr gesetzmi-
009 gem Franzsisch!
010 Das allgemeines Erforderni: nicht nur
011 grammatische Correktheit, sondern auch richtige Wahl der
012 Worte. Aristot. Rhet. III 5 sagt .
013 Die spteren Redner gehen im reinen Atticismus bis zur Ma-
014 nierirtheit. Bei Cornific. IV 12, 17 wird ebenso die latinitas be-
015 tont welche die Rede freihlt von Soloecismen (syntaktischen
016 Versten) und Barbarismen Versten gegen die Formenlehre
017 (Das Wort von der athenischen Colonie in Cilicien, beson-
018 ders schlechtes Griechisch Strabo 14 p. 663) Die Barbarismen
019 sind folgende: 1. zB. fr , relli-
020 quiae als adjectio litterae. 2. statt ,
021 pretor fr praetor als detractio litterae. 3. zB. -
022 fr als immutatio litterae, si litteram aliam pro
023 alia pronuntiemus ut arvenire pro advenire 4.
024 fr transmutatio litterae Evandre statt Evander. 5. -
025 statt bei Menander, weil die Crasis
026 nur das Neutrum betreffen kann. 6. zB.
027 statt 7. zB. fr
028 . 8. zB. steteruntque comae 9.
029 zB. fr . omo fr homo chorona fr co-
030 rona. Dann 2te Gattung Soloecismen[2], 3te Gattung die -
Page: 0430
001 Verste gegen d ie Synonymik. Die Unterscheidung geht
002 auf die Stoiker zurck.
003 Die ist die Hauptsnde gegen d ie Deutlichkeit,
004 dadurch da sie die proprietas der Worte vernachlssigt. Unter
005 proprietas im rhetorischen Sinne der Ausdruck zu verstehen, der
006 eine Sache am vollstndigsten bezeichnet quo nihil inveniri pos-
007 set significantius Besonders Lysias wird gerhmt, er habe seine
008 Gedanken stets durch 009 ausgedrckt u. doch, beim Vermeiden des Tropus, sei-
010 nem Gegenstand Schmuck Flle u. Wrde erwiesen habe. Die
011 Dunkelheit entsteht durch Gebrauch veralteter Wrter u. Aus-
012 drcke[3] , auch entlegener termini technici, durch unbersichtli-013 che Lnge, durch verschrnkte Wortstellung, durch Einschiebsel
014 u. Parenthesen, , die (wo hinter klaren
015 Worten ein ganz andrer versteckter Sinn liegt. Der Redner mu
016 nicht nur dafr sorgen da man ihn verstehen kann, sondern
017 da man ihn verstehen mu. Schopenhauer Parerga II 436 Dun-
018 kelheit u. Undeutlichkeit ist allemal u. berall ein sehr schlimmes
019 Zeichen. Denn in 99 Fllen unter 100 rhrt sie her von der Un-
020 deutlichkeit des Gedankens, welche selbst wiederum fast immer
021 aus einem ursprngl. Miverhltni Inconsistenz und a lso Un-022 richtigkeit desselben entspringt. Die welche schwierige dunkele
023 verflochtene zweideutige Reden zusammensetzen wissen ganz ge-
024 wi nicht recht, was sie sagen wollen, sondern haben nur ein
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025 dumpfes nach einem Gedanken erst ringendes Bewutsein da -
026 von; oft auch wollen sie sich selber und Andren verbergen, da
027 sie eigentlich nichts zu sagen haben. Wie jedes berma einer
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001 Einwirkung meistens das Gegentheil des Bezweckten herbeifhrt,
002 so dienen zwar Worte, Gedanken falich zu machen; jedoch
003 auch nur bis zu einem gewissen Punkte. ber diesen hinaus ange-
004 huft machen sie die mitzutheilenden Gedanken wieder dunkler
005 u. immer dunkler. Jedes berflssige Wort wirkt seinem Zweck006 entgegen: wie Voltaire sagt, das Adjektiv ist der Feind des Sub-
007 stantivs Das Geheimni langweilig zu sein ist alles zu sagen.
008 Immer noch besser etwas Gutes wegzulassen, als etwas Nichtssa-
009 gendes hinzuzusetzen. Alles Entbehrliche wirkt nachtheilig.
010 Das dritte Erforderni der Darstellung ist Angemessenheit
011 des Ausdrucks oratio probabilis eine Rede, die nicht weniger
012 noch mehr sei als recht ist; die msse sein sagt
013 Arist. Rh. III 2. Vermeidung gewisser Fehler nthig 1. -
014 od er (durch zufllige Trennung oder Verbin-
015 dung von Silb en kommen Oscenitten zum Vorschein cum notis
016 hominibus loqui, cum Numerio fui. 2. oder humili-
017 tas durch die die Gre oder Wrde einer Sache beeintrchtigt
018 wird saxea est verruca in summo montis vertice. Ein Mrder
019 darf nicht als nequam, jemand der mit einer Hetre ein Verhlt-
020 ni hat, nicht als nefarius bezeichnet werden. 3. die hier
021 fehlt etwas an der Vollstndigkeit 4 die die Wieder-
022 holung desselben Wortes oder desselben Begriffes 5 die -
023 die Wiederholung des eben Gesagten mit andern Ausdrk-
024 ken. 6 die Mangel jeglicher Abwechslung, Monoto-
025 nie 7. die longior quam oportet sermo. 7. Pleonas-
026 mus cum supervacuis verbis o ratio oneratur (Zum Pleonasmus:
027 Unser Flickwort ist . Cicero redet bei den asiat.
028 Rednern von complementa numerorum.) 8 superva-
029 cua o perositas 10 eine verkehrte Affektation, der Stil
030 erscheint als gemacht (das was wir rhetorische oder poeti-
031 sche Prosa nennen), entsteht aus der Neigung den Stil blhend
032 zu machen: dahin gehrt aber auch das Frostige Rhet.
033 Arist. III 3 im Gebrauch dichterischer Compo sita, glossemat.
034 Ausdrcke, berflssiger Epitheta u. zu weit hergeholter Meta-
Page: 0432
001 phern. 11 schlecht disponirt 12
002 schlecht angewandte Figuren 13 schlecht gestellt.
003 Der ist Vermischung der Dialekte (Attisch mit Do-
004 risch Ionisch Aeolisch) Dann d ie Vermischung der Stilarten,
005 des erhabenen mit niedrigem, alten mit neuem, poetischen mit
006 Gewhnlichem. Um passend zu sprechen, mu man nicht nur
007 auf das sehen, was ntzt, sondern auch auf das, was sich ge-
008 ziemt. Apologie des Sokrates darnach zu beurtheilen! Manche
009 von d iesen vitia kommen nun auch a ls Zierden, als Steigerungen
010 spter, unter Rubrik des ornatus, vor.
011 Es kommt ferner darauf an, fr wen u. bei wem man spricht,
012 zu welcher Zeit, an welchem Ort, fr welche Sache. Anders der
013 bejahrte Redner, anders der junge Mann. Bewundernswerth Ly-
014 sias, sich bei seinen Reden nach dem Charakter der Redenden
015 zu richten, ebenso nach den Zuhrern u. dem Gegenstande. Dio-
016 nys. de Lysia iudic. 9 p. 245. Manche an sich lobenswerthe Ei-
017 genschaften knnen unpassend erscheinen in einem Proze auf
018 Leben u. Tod ist zu groe Sorgfalt des Stils u. Kunst der Kompo-
019 sition nicht erlaubt. Die ep ideiktische Bereds. verlangt v iel mehr020 Schmuck als die gerichtliche. Die scharfe Scheidung der genera
021 im Ausdruck fhrte sogar zur Manier: Quint. III 8, 58 klagt da
022 einige Deklamatoren bei der Suasoria einen schroffen Anfang
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023 affektiren, eine eilige u. aufgeregte Rede, im Ausdruck den cultus
024 effusior, um in allen Stcken von der Gerichtsrede abzuweichen.
025 Also in summa: Reinheit u. Deutlichkeit berall; alles aber
026 modi ficirt nach dem Charakteristischen von Ort Gelegenheit
027 Sprechenden Zuhrenden d as Stilgefhl, welches in jedem Falle
028 einen modifizirten Ausdruck verlangt: etwa wie in der Musik der
029 gleiche Rhythmus eines Tonstcks durchgeht, unverletzt: inner-
030 halb desselben aber die zartesten Modifikationen nthig sind.
031 Der charakteristische Stil ist das eigentliche Kunstbereich des
032 redners: hier bt er eine freie p lastische Kraft, die Sprache ist
033 fr ihn ein bereites Material. Hier ist er nachahmender Knstler,034 er redet hnlich wie die Schauspieler aus einer fremden Person
Page: 0433
001 oder einer ihm fremden Sache heraus: hier liegt der Glaube zu
002 Grunde da Jeder in seiner eigensten Manier seine Sache am be-
003 sten fhrt dh. am berzeugendsten wirkt. Dabei empfindet der
004 Zuhrer die Natrlichkeit dh. die unbedingte Angemessenheit
005 u. Einheitlichkeit: whrend er, bei jeder Abweichung da von, d ie
006 Knstlichkeit empfindet u. dann mitrauisch gegen die vertre-
007 tene Sache wird. Die Kunst des Redners ist, nie eine Knstlich-
008 keit merken zu lassen: daher der charakteristische Stil, der aber
009 erst recht ein Produkt der hchsten Kunst ist: wie die Natrlich-010 keit des guten Schauspielers. Der wahre Redner redet aus dem
011 der von ihm vertretenen Person oder Sache heraus. Er erfin-
012 det die besten Apo log ien u. Argumente (wie sie gewhnlich nur
013 der Egoismus findet), die berredendsten Worte u. Manieren: das
014 Merkwrdige an ihm ist, da er durch Kunst, durch ein Vertau-
015 schen der Personen u. durch darber schwebende Besonnenheit,
016 alles das findet u. sich zu Nutze macht, was der beredteste An-
017 walt jedes Menschen u. jeder Partei, der Egoismus nur zu finden
018 vermag. Es ist eine Vertauschung des ego , wie bei dem Drama ti-
019 ker. Goethe betont da a lle bei Sophokles auftretenden Personen
020 die besten Redner sind, denn wenn jetzt gesprochen, hat man
021 immer den Eindruck, da ihre Sache die gerechteste u. beste sei.
022 Das ist eben die Wirkung des charakteristischen Stils, durch den023 Sophokles, zur Reife gelangt, sich auszeichnete, nach seinem ei-
024 genen Zeugni.
. 5. Die charakteristische Rede im Verhltni zum Schmuck der Rede.
027 Im Munde dessen, der fr sich oder eine Sache redet, mu
028 die Rede ganz angemessen und natrlich erscheinen: man mu
029 also an die Kunst der Vertauschung nicht erinnert werden, weil
030 sonst der Zuhrer mitrauisch wird und berlistet zu werden
Page: 0434
001 frchtet. Es giebt also, auch in der Rhetorik, eine Nachahmung
002 der Natur, als Hauptmittel zu berzeugen: nur wenn der Spre-
003 chende und seine Sprache einander adquat sind, glaubt der Zu-
004 hrer an den Ernst u. die Wahrheit der vertretenen Sache, er
005 erwrmt sich fr den Redner u. gla ubt an ihn nmlich da er
006 selbst, an seine Sache g laubt, also redlich ist. Die Angemes-
007 senheit geht also auf einen moralischen Effekt hinaus, Deutlich-
008 keit (u. Reinheit) auf einen intellektuellen: verstanden will man
009 werden, als redlich will man gelten. Die Reinheit ist schon eine
010 halb knstlerische Beschrnkung des Charakteristischen; denn in
011 dem Munde vieler wrden, zur vollen Tuschung, auch Solcis-
012 men u. Barbarismen nthig sein (zu erinnern an die Art, wie
013 Shakespeare Pfrtner u. Ammen auftreten lt, in den
014 Choephoren) Das Charakteristische wird also einmal gebrochen
015 durch bertragung in d ie geb ildete Sprachsphre. Zweitens
016 durch das allgemeine Erforderni vom Schmuck der Rede.
017 Dieser ist aus der agonalen Neigung d er Alten zu erklren
018 alles ffentliche Auftreten des Individuums ist ein Wettkampf:
019 dem Kmpfer aber geziemen nicht nur starke, sondern auch
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020 glnzende Waffen. Nicht nur angemessen, sondern schn mu
021 man d ie Waffen handhaben nicht nur zu siegen, sondern ele-
022 gant zu siegen ist Erforderni bei einem ag onalen Volke. Auer
023 dem Eindruck der Redlichkeit soll auch der Eindruck der
024 berlegenheit, in der Freiheit, Wrde, Schnheit der Form des
025 Kampfes, hervorgebracht werden. Das eigentliche Geheimni
026 der rhetorischen Kunst ist nun das weise Verhltni beider
027 Rcksichten, auf das Redliche und auf das Knstlerische. ber-
028 all, wo die Natrlichkeit nackt nachgeahmt wird, fhlt sich
029 der knstlerische Sinn der Zuhrer beleidigt, wo dag egen rein
030 ein knstlerischer Eindruck erstrebt wird, wird leicht das morali-
031 sche Zutrauen des Hrers gebrochen. Es ist ein Spiel auf der
032 Grenze des sthetischen u. des Moralischen: jede Einseitigkeit
033 vernichtet den Erfolg. D ie aesthetische Bezauberung soll zu dem
034 moralischen Zutrauen hinzukommen, beide sollen sich nicht a uf-
Page: 0435
001 heben: die admiratio des Kmpfers ist ein Hauptmittel des -
002 . Cicero schreibt an Brutus, nam eloquentiam quae admira-
003 tionem non habet, nullam iudico. Er sagt de orat. III 14 Nie-
004 mals ist ein Redner darum bewundert worden, weil er lateinisch
005 sprach: kann er das nicht, so wird er ausgezischt u. kaum fr
006 einen Menschen, geschweige fr einen Redner gehalten. Noch
007 Niemand hat den gepriesen, der so redete, da d ie Anwesenden
008 ihn verstehen konnten, sondern den verachtet, der das nicht
009 konnte. Wer also erschttert die Menschen? Wer fesselt die
010 staunenden Blicke? Wem tnt lauter Beifall? Wer ist sozusagen
011 der Gott unter den Menschen? Wer deutlich, wer zusammenhn-
012 gend, wer mit reicher Flle u. strahlender Pracht der Sachen u.
013 der Worte redet u. dabei fast in dichterischen Rhythmen sich
014 bewegt das ists was ich schn nenne. Wer zugleich sich so weit
015 migt als es die Wrde der Sachen u. Personen verlangt von
016 dem sage ich da er das Lob eines angemessenen Vortrags ver-
017 dient. (Cic. de orat. III 14 nemo enim unquam est oratorem,
018 quod Latine loqueretur, admiratus. Si est aliter, irrident; neque
019 enim oratorem tantummodo sed hominem non putant. Nemo ex-
020 tulit eum verbis, qui ita dixisset ut qui adessent, intellegerent quid
021 diceret sed contempsit eum, qui minus id facere potuisset. In quo
022 igitur homines exhorrescunt? quem stupefacti dicentem intuen-
023 tur? in quo exclamant? quem deum ut ita dicam inter homines
024 putant? Qui distincte, qui explicate, qui abundanter, qui illumi-
025 nate et rebus et verbis dicunt et in ipsa ratione quasi quendam
026 numerum versumque conficiunt id est quod dico ornate qui
027 idem ita moderantur ut rerum ut personarum dignitates ferunt, ii
028 sunt in eo genere laudandi laudis, quod ego aptum et congruens
029 nomino.) Hier erscheint das Charakteristische fast als eine
030 Einschrnkung des Schnen[4]: whrend gewhnlich das Schne
Page: 0436
001 als Einschrnkung des Charakteristischen betrachtet wird. Sehr
002 schn sagt der autor des Dialogs de oratoribus c. 22 Ich ver-
003 lange vom Redner, wie von einem wohlhab enden u. stattlichen
004 Hausvater, da das Haus, in dem er lebt, nicht nur gegen Regen
005 u. Wind schtze, sondern auch Sinne u. Augen erfreue, da er
006 sich ein Hausgerthe schaffe, nicht nur zur Befriedigung der
007 nchsten Bedrfnisse, sondern da auch Gold u. Edelgestein in
008 seinen Schrnken liege, das man b isweilen in die Hand nehmen
009 u. anschauen mag. (Dial. de orator. 22 ego autem orationem,
010 sicut locupletem ac lautum patrem familiae, non tantum eo volo
011 tecto tegi quod imbrem ac ventum arceat, sed etiam quod visum
012 et oculos delectet: non ea solum instrui supellectile quae necessa-013 riis usibus sufficiat, sed sit in apparatu eius et aurum et gemmae,
014 ut sumere in manus ut aspicere saepius libeat). Die Abwesenheit
015 jedes Schmuckes wird c. 23 keinesfalls a ls Zeichen voller Ge-
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016 sundheit angesehen; es gebe trbselige u. von jeder Anmuth ent-
017 blte Redner, die ihre geistige Frische, von der sie so viel Wesens
018 machen, nicht aus einer starken Organisation sondern durch eine
019 Hungerkur gewinnen. Den rzten gefllt ab er das p hysische Da-
020 sein einer Gesundheit nicht, die man d urch ngstliche Sorgsam-
021 keit erwirbt; nicht krank sein gengt durchaus nicht: wacker lu-
022 stig froh soll der Mensch sein. Wo man nur das Wohlbefinden
023 zu rhmen wei, da ist die Krnklichkeit nicht ferne. (Dial. de
024 orat. c. 23 adeo maesti et inculti illam ipsam quam iactant sani-
025 tatem non firmitate sed ieuiunio co nsequuntur. porro ne in cor-
026 pore quidem valetudinem medici probant quae animi anxietate027 contingit; parum est aegrum non esse: fortem et laetum et alac -
028 rem volo. prope abest ab infirmitate, in quo sola sanitas lauda-
029 tur.). Die Schnheit gilt ihm gewissenmaen als die Blthe der
030 Gesundheit c. 21 es ist mit der Rede wie mit dem menschlichen
031 Krper: sie ist nur da nn schn, wenn die Adern da ran nicht her-
032 vortreten, die Knochen nicht zu zhlen sind, wenn vielmehr ge-
033 sundes gutes Blut die Glieder fllt, schwellende Muskeln bildet
034 u. auch ber d ie Nerven die Rthe breitet u. alles schn dar-
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001 stellt. (Dial. de orat. c. 21 oratio autem sicut corpus hominis,
002 ea demum pulchra est, in qua non eminent venae nec ossa nume-003 rantur, sed temperatus ac bonus sanguis implet membra et exsur-
004 git toris ipsosque nervos rubo r tegit et decor commendat.). An-
005 drerseits macht Cicero de o ratore III 25 darauf aufmerksam, wie
006 an d ie grte Sinnenlust der grte berdru a ngrenzt: es sei
007 also groe Gefahr mit dem ornatus verknpft. Die Rede mu
008 Schatten u. Ruhepunkte darbieten, einmal damit keine Abstump-
009 fung eintrete, sodann damit die Lichtseiten hervortreten (wie Ha-
010 mann sag t Deutlichkeit ist die richtige Vertheilung vo n Licht u.
011 Schatten)
012 Die a llgemeinen Eigenschaften des ornatus beschreibt Quin-
013 til. VIII c. 3, 61: ornatum est, quod perspicuo ac probabili plus
014 est also eine Steigerung (oder Mo difikation) der Eigenschaften
015 des Deutlichen u. des Angemessenen. Die grammat. Correktheit
016 lt sich nicht steigern, aber mod ificiren, durch Ausdruckswei-
017 sen, die von der herkmmlichen zwar abweichen, aber doch be-
018 rechtigt sind u. angenehme Abwechslung bringen (zB. alterthm-
019 liche Formen u. Ausdrcke) Die sogenannt. grammat. Figuren
020 gehren hierher. Dann Abweichen von der proprietas durch d ie
021 Tropen. Die Deutlichkeit zu steigern durch Anwendung von B il-
022 dern u. Gleichnissen, od er ausdrucksvolle Krze oder Amplifika-
023 tion. Dann Sentenzen u. Figuren als Kunstmittel der Rede, zur
024 Verstrkung des Angemessenen. Aber aller Schmuck mu
025 mnnlich krftig u. wrdig sanctus sein, frei von weibischer
026 Leichtfertigkeit u. falscher Schminke. Obwohl hier das Grenzge-
027 biet zwischen Tugenden u. Fehlern sehr klein ist. Dies gilt beson-
028 ders im Betreff der numeri o rationis: die Alten verlangten auch
029 fr die ungebundene Rede fast Verse: zum Athemholen nmlich
030 Schlupunkte, die nicht nach Ermdung, nicht nach Interpunk-
031 tionszeichen, sondern nach dem numerus einzufgen seien. Diese
032 numeri stehen wieder in Verbindung mit der modula tio der
033 Stimme. Dab ei gilt aber ein wirklicher Vers durcha us als Fehler.
034 Damit hngt dann wieder der Bau der Periode zusammen. Beson-
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001 ders wichtig sind die Anfnge u. d ie Schlsse der Perioden, diese
002 fallen am strksten ins Ohr.
003 Der Schmuck also verlangt die bertragung des Angemesse-004 nen in eine hhere Sphre von Schnheitsgesetzen, er ist Verkl-
005 rung des Charakteristischen, einmal durch Ausscheidung des
006 minder Edlen im Charakterist., sodann Steigerung des Edlen u.
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5/25/2018 NIETZSCHE KGA Darstellung Der Antiken Rhetorik [SS 1874]
007 Schnen; der groen Zge des Charakteristischen. Er ist hhere
008 Natur, im Gegensatz zu einer gemeinen Natrlichkeit, Nach- und
009 Umbildung, im Gegensatz zur Nachahmung u. Nach ffung.
. 6. Modifikation der Reinheit.
011 Da die Dichter (sagt Aristot. Rhet. III 1) trotz gewhnl. Ge-
012 danken durch den Reiz ihrer Sprache zu solchem Ruf gelangt zu
013 sein scheinen, deswegen war die erste Rede eine poetische u.
014 auch jetzt noch gla uben die meisten Ungebildeten, da d iese Art
015 Redner am schnsten sprchen. Gorgias wollte der Rede einen
016 hnlichen Reiz verleihen, wie ihn die Dichter besaen: er er-
017 kannte das Gesetz des Isocrates nicht an, da sie sich nur der
018 gewhnlichen Rede zu bedienen htten. Er wurde der Erfinder
019 der groartigen u. poetisirenden Redegattung: die besonders von
020 Thucydides ausgebildet wurde. Thucydides liebt, nach Dionys.
021 v. Halic die u. . Seine Spra-
022 che ist die fr ffentl. Verhandlungen damals in Athen nicht
023 mehr gebruchliche: er hielt sich an das Verschwindende, wie an
024 den a ltattischen Dia lekt mit seinem , ,
025 usw. Thuc. fhlte da die gemeine Sprache weder ihm noch sei-
026 nem Thema angemessen sei. In neuen u. eigenthmlichen For-
027 men, in ungebruchlichen Construktionen thut er seine Herr-
028 schaft ber die Sprache dar. Bei Rednern, die durch ihre Reinheit
029 u. Schlichtheit berhmt sind, ist der Gebrauch veralteter Worte
030 sehr selten, ebenso der der Neubildungen
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001 u. Composita oder . Werden sie gebraucht, dann
002 an gehobenen Stellen. Es verrth eine mangelhafte technische
003 Durchbildung, wenn seltene Wrter beliebig , ohne bestimmten
004 Zweck, wie bei Andocides verwendet werden: der Stil wird bunt-
005 scheckig. (Hier finden sich Reminszenzen an die Sprache der Tra-
006 giker) Sehr viel Bewutsein hat Antiphon, der Wrde erstrebt,
007 auch durch Alterthmlichkeit zB. : whrend schon Pericles
008 sich dem mo dernen Dialekt in ffentl. Reden anbequemte u. die
009 Komdie beweist, wie man zu Antiphons Zeiten ffentlich im
010 Volke sprach. In seiner waren Vorschriften ber Bildung
011 neuer Worte gegeben. Innerhalb der Grenze der Deutlichkeit
012 schmckt er die Rede mit allen Reizen des Neuen u. Ungewhnli-
013 chen. Viele . Dann die Substantivirung der Neu-
014 tra von Participien u. Adjektiven. Bei den Rmern beginnt die
015 Neigung zum archaistischen Ausdruck mit der Kaiserzeit, nach-
016 dem Sa llust das Beispiel gegeben hat, und steigert sich sehr
017 schnell. Schon Augustus macht (Sueton. Aug. 86) dem Tiberius
018 in einem Briefe Vorwrfe ut exoletas interdum et reconditas vo-
019 ces aucupa nti. Seneca sagt von seinen Zeitgenossen ep. 114, 13
020 multi ex alieno saeculo petunt verba, duodecim tabulas loquun-
021 tur, Gracchus illis et Crassus et Curio nimis culti et recentes sunt,
022 ad Appium usque et ad Coruncanium redeunt. Es war ein Reiz-
023 mittel fr einen verdorbenen Geschmack. Cicero wurde a ls Sch-
024 diger der chten latinitas angesehen: das Harmonische war ver-
025 hat. Sehr wichtige Periode fr die Erkenntni des Archaischen:
026 viel aus Gellius zu gewinnen. Fronto ist der dmmste u. frechste
027 Vertreter. Von dieser krankhaften Phase ist ganz das Verhltni
028 zum Archaischen in der klassischen Periode zu unterscheiden.
029 Die festen termini sind: latinitas (ausgeschieden das Auerlatei-
030 nische), urbanitas (ausgeschieden a lles Plebejische u. Prov inzielle
031 im Lateinischen). Die patavinitas, die Asinius Pollio dem Livius
032 vorwarf, war ein Fehler gegen die urba nitas. Im Allgemeinen
033 wird jedes insolens verbum gemieden: Csar (nach Ma crobius I
034 5, 2) tamquam scopulum sic fuge insolens verbum. Cicero de
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001 oratore III 25 moneo ut caveatis ne exilis ne inculta sit oratio
002 vestra, ne vulgaris, ne obsoleta. Varro bewahrt mit Bewutsein
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003 das Archaische, Sallust mit Affektation. Cicero de o rat. III 38 ,
004 der sehr vom Archaischen in der Rede warnt, sagt aber doch,
005 am rechten Orte gebraucht gebe es der Rede einen groartigen
006 Anstrich, er werde sich nicht scheuen zu sagen qua tempestate
007 Poenus in Italiam venit oder proles suboles oder fari nuncupare,
008 non rebar opinabar [5] . Verstndig Quintil. I, 6, 39 eine Rede sei009 fehlerhaft si egeat interprete, daher seien verba a vetustate repe-
010 tita zwar sofern sie Majestt mit Neuheit verbinden, vortrefflich,
011 aber opus est modo ut neque crebra sint haec neque manifesta,
012 quia nihil est odiosius affectatione, nec utique ab ultimis et iam
013 obl itteratis repetita temporibus, qualia sunt topp er (geschwind)
014 et antegerio (wie oppido sehr) et exanclare (erschpfen) et prosa-
015 pia (Sippschaft) et Saliorum carmina vix sacerdotibus suis satis
016 intellecta. Das Wort kommt vor bei Dionys. de com-
017 pos. verbor. c. 22 Dann auch -
018 , auch .
019 Die Neubildungen , nova fingere. Cicero
020 hat de orat. III 38 inusitatum verbum ac novatum, und im orator
021 c. 24 nec in faciendis verbis audax et parcus in priscis. Neologis-
022 mus ist kein griech. Wort, ebensowenig wie Monolog, Biogra-
023 phie. Die Griechen waren viel freier u. khner darin. Quintil.
024 sagt Graecis magis co ncessum est qui sonis etiam et affectibus
025 non dubitaverunt nomina aptare, non alia libertate quam qua
026 illi primi homines rebus appellationes dederunt. Bei den Rmern
027 war es bedenklich. Celsus verbot es dem Redner ganz. Cicero
028 hatte Glck mit den bertragungen philosophischer termini. be-
029 atitas u. beatitudo von ihm gebildet de nat. deor. I 34 mit den
030 Worten utrumque omnino durum, sed usu mollienda nobis verba
031 sunt. Sergius Flavius hat ens u. essentia gebildet, doch beruft sich
032 wegen des zweiten Wortes Seneca ep. 58,6 auf Cicero u. Papirius
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001 Fabianus. Reatus (Verklagt sein) ist zuerst von Messalla, munera-
002 rius (Geschenke oder Schauspiele betreffend (libellus m.)) von
003 Augustus aufgebracht, bald im allgemeinen Gebrauch. piratica
004 fanden die Lehrer Quintilians noch anstig. Cicero hielt favor
005 u. urbanus fr neu, er tadelte piissimus (von Antonius gebraucht
006 (ganz geb ruchlich in der silbernen Latinitt) breviarium statt
007 summarium erhlt in der Zeit Senecas Eingang. obsequium hielt
008 Cicero fr eine Neubildung d es Terenz (doch schon bei Plautus
009 u. Naevius) Cervix singularisch zuerst von Hortensius. Quinti-
010 lian giebt dann die Vorschrift: si quid periculosius finxisse vide-
011 bimur, quibusdam remediis praemuniendum est ut ita dicam
012 Si licet dicere Quodam modo Permittite mihi sic uti. Nach
013 welchen Grnden sich die Aufnahme von Neologismen entschei-
014 det, ist nicht zu bestimmen. Horaz a rs poet. 60 vergleicht den
015 Wandel der Wrter mit dem Wechsel des Lebens, ja es scheint
016 noch willkrlicher u. zuflliger zuzugehen v. 70
017 multa renascentur quae iam cecidere, cadentque
018 quae nunc sunt in honore vocabula, si volet usus,
019 quem penes arbi trium est et ius et norma loquendi.
020 Bei den sp teren Griechen berwuchern besonders die Nachb il-
021 dungen von Compositionen. Lobeck redet darber im Phryni-
022 chos p. 600 Der wunderbare Proze einer Auswahl der Sprach-
023 formen geht immer fort. Man hat gefunden, da unter den wil-
024 den u. rohen Volksstmmen Sibiriens, Afrikas u. Siams schon
025 zwei oder drei Generationen hinreichen, um das ganze Aussehen
026 ihrer Dialekte zu verndern. Missionre in Centralafrika ver-
027 suchten die Sp rache wilder Stmme niederzuschreiben u. mach-
028 ten Sammlungen aller Wrter. Nach zehn Jahren zurckkehrend
029 fanden sie dieses Wrterbuch veraltet u. unbrauchbar. In Littera-
030 rischen Zeiten geht es langsamer, doch mu Goethe, whrend
031 seines langen Lebens, eine auerordentliche mehrmalige Neufr-
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032 bung u. Abndrung des Stils gemerkt haben. Wir stehen jetzt
033 unter dem Einflusse des bermigen Zeitungswesen, besonders
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001 nach dem Jahre 1848. Man mu sorgsamer als je sein, wenn
002 unsere Sprache nicht allmhlich den Eindruck der Gemeinheit
003 machen soll.
. 7 . Der tropische Ausdruck.
005 Cic. de orat. III 38 sag t, die metaphorische Redeweise ist006 von der Nothwendigkeit im Drang der Armut und Verlegenheit
007 erzeugt, nachmals aber gesucht worden wegen ihrer Anmuth.
008 Wie die Kleidung zuerst um die Klte abzuwehren erfunden,
009 nachmals a uch zum Schmuck und zur Veredlung des Krpers
010 gebraucht wurde, so entsprang der Tropus aus Mangel u. wurde
011 hufig gebraucht, wenn er ergtzte. Selbst die Landleute reden
012 von den Augen der Reben ( ) gemmare
013 vites, luxuriem esse in herbis, laetas segetes, sitientes agri. Meta-
014 phern sind gleichsam geliehenes Gut, das man a nderwrts
015 nimmt. weil man es selbst nicht hat. Gegensatz der
016 und der . Oder proprie-
017 tas u. improp rium (). Quintil. VIII 2, 5 bezeichnet einmal
018 als proprietas die niedere volksmige, von der man nicht immer019 abweichen knne, da man nicht fr alles passende Ausdrcke
020 habe zB. msse man iaculari auch sagen, wenn pilis geworfen
021 werde, lapida re wenn glebis oder testis. Dergleichen abusio oder
022 sei nothwendig. Sodann ist ihm proprietas auch die
023 Urbedeutung der Wrter zB. vertex sei eigentlich contorta in se
024 aqua, dann quidquid aliud similiter vertitur, dann die pars
025 summa capitis (propter flexum capillorum), dann id, quod in
026 montibus eminentissimum. Die eigentl. Bedeutungen erscheinen
027 so als die lteren, schmucklosen. Dagegen richtig Jean Paul Vor-
028 schule der Aesthetik Wie im Schreiben Bilderschrift frher
029 war, als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher,
030 insofern sie Verhltnisse u. nicht Gegenstnde bezeichnet, das
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001 frhere Wort, welches sich erst allmhlich zum eigentl.
002 Ausdrucke entfrben mute. Das Beseelen und Beleiben fiel
003 noch in Eins zusammen, weil noch Ich u. Welt verschmolz. Da-
004 her ist jede Sprache in Rcksicht geistiger Beziehungen ein Wr-
005 terbuch erblater Metaphern. Die Alten konnten sich die Kunst
006 nur als eine bewute vorstellen; die nichtknstlerischen Meta-
007 phern in quo proprium deest, schrieben sie (wie Quintil.) den
008 indoctis ac non sentientibus zu. Obwohl auch der feine Mann
009 sich oft nicht zu helfen wei. ( silberne
010 Hufeisen) Also aus Verlegenheit u. Dummheit entstehen die
011 volksthmlichen Tropen, aus Kunst u. Wohlgefallen die redneri-012 schen. Ganz falscher Gegensatz. In gewissen Fllen ist die Spra-
013 che zu bertragungen gezwungen, weil Synonyma fehlen, in an-
014 dren Fllen sieht es aus als triebe sie Luxus: dann vornehmlich
015 wenn wir die bertragungen mit den eher gebruchlichen Aus-
016 drcken vergleichen knnen, erscheint die bertragung als freies
017 Kunstschaffen, die usuelle Bezeichnung als das eigentliche
018 Wort.
019 Als Bezeichnung fr bertragungen hatten die Griechen zuerst
020 (zB. Isocrates) , auch Aristoteles. Hermagoras sagt,
021 da bei den Grammatikern noch heie, was d ie Rhe-
022 toren nannten. Bei den Rmern ist tropus angenommen,
023 bei Cicero noch translatio immutatio, spter auch motus mores
024 modi. ber Zahl und Unterarten der Tropen gab es erbitterte
025 Streitigkeiten: man kam zu 38 u. mehr Arten. Wir besprechen
026 Metapher, Synecdoche Metonymie Antonomasie Onomatopoiie
027 Katachrese Metalepsis Epitheton Allegorie Ironie Periphrasis
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028 Hyperbaton Anastrophe Pa renthesis Hyperbel. ber d ie log ische
029 Berechtigung dieser Arten will ich nichts sagen, man mu aber
030 die Ausdrcke verstehen.
031 Die Metapher ist ein krzeres Gleichni, wie wiederum das
032 Gleichni als bezeichnet wird. Cicero
033 de o rat. III 40 findet es verwunderlich, da die Menschen bei
034 dem grten Reichthum an eigentl. Ausdrcken doch die Meta-
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001 pher lieber haben. Es rhre wohl daher, weil es ein Beweis von
002 Geistesstrke sei, das vor den Fen liegende zu berspringen u.
003 nach dem weit Entfernten zu greifen. Vier Flle werden unter-
004 schieden 1) von zwei belebten Dingen setzt man das eine fr das
005 andre (Scipio ist von Cato gewhnlich angebellt worden
006 Hund fr Mensch) Zweitens Unbelebtes fr anderes Unbelebte
007 Virgil Aen. VI, 1 classi immittit habenas Drittens Unbelebtes
008 fr Belebtes zB. wenn Achill genannt wird. Vier-
009 tens Belebtes fr Unbelebtes. zB. Cicero pro Ligario c. 3, 9. quid
010 enim tuus ille, Tubero, destrictus in acie Pharsalica gladius age-
011 bat? cuius la tus ille mucro petebat? qui sensus erat armorum
012 tuorum? Aristot. Poetik c. 21 unterscheidet dagegen: eine Meta-
013 pher ist die bertragung eines Wortes, dessen gewhnliche Be-
014 deutung eine andre ist, entweder von der Gattung auf die Art,
015 oder von Art auf die Gattung oder von der Art auf die Art oder
016 nach der Proportion ( ,
017 , ). bertragung von Ga ttung auf die
018 Art zB. dort ruht mir das Schiff (Odyss, 18 5
019 ), denn im Ankerplatz sein ist eine Art des Ruhens.
020 Von der Art auf die Gattung schon tausende vo n edlen Thaten
021 hat Odysseus verrichtet (Il. B 272
022 ), denn d ie tausende sind viele u. der D ichter gebraucht
023 hier jenen Ausdruck im Sinne viele. Von der Art auf die Art
024 mit dem Erze das Leben wegschpfend (
025 ) u. mit dem unverwstlichen Erze wegschneidend
026 ( ), hier steht wegschneiden fr schpfen,
027 dort schpfen statt wegschneiden, beides sind Arten des Wegneh-
028 mens. Nach d er Propo rtion wie das Alter zum Leben, so ver-
029 hlt sich der Abend zum Tage, also kann man den Abend das
030 Alter des Tages nennen u. das Alter den Abend des Lebens.
031 Streng g enommen bleibt nur diese vierte Art brig -
032 . Denn die Erste ist keine Metapher (das Ungenauere steht
033 fr das Genauere, nicht das Uneigentliche fr das Eigentliche),
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001 die dritte Art ist nicht klar. Die zweite Art hat es nur mit engeren
002 u. weiteren Begriffssphaeren eines Wortes zu thun.
003 Ein bermiger Gebrauch von Metaphern verdunkelt u. fhrt004 zum Rthselhaften. Soda nn da es der Vorrang der Metaphern ist
005 einen sinnlichen Eindruck zu machen, so mu man a lles Unan-
006 stndige meiden. Cicero giebt de orat. III 14 castratam morte
007 Africani rem publicam, stercus curiae Glauciam. Quintilian ta-
008 delt den Vers des Furius Bibabuculus Iuppiter hibernas cana
009 nive conspuit Alpes.
010 Synecdoche. Nach einem wesentl. Theile wird der Begriff von
011 domus bezeichnet, wenn man es tectum nennt: tectum aber ruft
012 die Vorstellung des domus hervor, weil in er Wahrnehmung auf
013 welcher diese Wrter beruhen, beide Dinge zugleich a uftreten:
014 cum res tota parva de parte cognoscitur, aut de toto pars. In
015 der Sprache sehr mchtig, wie ich schon ausfhrte. Bopp Vergl.
016 Grammat, Thl. II p. 417 vertheidigt die Ansicht da das griechi-
017 sche Augment urspr. identisch mit dem priva tivum sei dh. da
018 es die Gegenwart verneine u. so die Vergangenheit bezeichne.
019 Die Sprache drckt niemals etwas vollstndig aus, sondern hebt
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020 berall nur das am meisten hervorstechende Merkmal hervor:
021 freilich ist die Negation der Gegenwart noch keine Vergangen-
022 heit, aber die Vergangenheit ist wirklich eine Negation der Ge-
023 genwart. Ein Zahn-habender ist noch kein Elephant, ein Haar-
024 habender noch kein Lwe, u. dennoch nennt das Sanskrit den
025 Elephanten dantin, den Lwen kesin. Der Gebrauch ist natrlich
026 fr Dichter noch freier als fr Redner: die Rede vertrgt mucro
027 als Schwert, tectum als Haus, aber nicht puppis als Schiff. Am
028 meisten zulssig die freie Anwendung des numerus zB. Romanus
029 fr Romani. aes aurum argentum fr eherne goldene u. silberne
030 Gefe, gemma ein aus Edelstein gefertigtes Gef. 031 Fuchspelz totum pro parte, Elfenbein, Schild -
032 krot. (fr ) Oder
033 Choeph. 175 Chor Electra
034 . Dahin gehrt auch das von Ruhnken bezeich-
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001 nete genus loquendi quo quis facere dicitur, quod factum narrat
002 zB. Homerus Venerem saucia t sagitta humana .
003 Metonymia. Setzung eines Hauptwortes fr ein anderes, auch
004 . eius vis est, pro eo quod dicitur, causam propter
005 quam dicitur ponere. In der Sprache sehr mchtig: die abstrakten
006 Substantive sind Eigenschaften in uns u. auer uns, die ihren
007 Trgern entrissen werden, u. als selbstndige Wesen hingestellt
008 werden Die audacia bewirkt da Mnner audaces sind; im
009 Grunde ist das eine Personifikation, wie die d er rmischen Be-
010 griffsgtter Virtutes Cura usw. Jene Begriffe, die lediglich unserer
011 Empfindung ihr Entstehen verdanken, werden als das innere We-
012 sen der Dinge vorausgesetzt: wir schieben den Erscheinungen als
013 Grund unter, was do ch nur Fo lge ist. Die Abstrakta erregen die
014 Tuschung als seien sie jenes Wesen, welches die Eigenschaften
015 bewirkt, whrend sie nur in Folge jener Eigenschaften von uns
016 bild liches Dasein erhalten. Sehr lehrreich der bergang der
017 in bei Plato: hier ist die Metonymie, Vertauschung von Ur-
018 sache und Wirkung vollstndig. In der jetzigen Bedeutung von
019 alt ist Ursache u. Wirkung vertauscht, eigentl. gewachsen.
020 Pallida mors, tristis senectus, praeceps ira. Die erfundenen Dinge
021 werden nach ihren Erfindern, die unterworfenen nach ihren
022 Unterwerfern genannt Neptunus Vulcanus, vario Marte pugnare.
023 Homerische Helden als typische Reprsentanten ihrer Fertigkei-
024 ten. Automedon fr Fuhrmann, die rzte Machaones.
025 Antonomasia est dictio per accidens proprium significans.
026 Statt eines Eigennamens ein ihn kennzeichnendes Epitheton. Ro-
027 manae eloquentiae princeps fr Cicero, Africani nepotes als Be-
028 zeichnung der Gracchen. Onomatopoiia est dictio ad imitan-
029 dum sonum vocis confusae ficta, ut cum dicimus hinnire equos,
030 balare oves, stridere vaccas(?) et cetera his similia. Catachresis
031 wird nur als tropus betrachtet, wenn ihrer Einfhrung keine032 Noth besteht (wie bei silberne Hufeisen) Cicero fhrt an gran-
033 dis oratio pro longa, minutus animus pro parvo. Dann hufig in
034 der Vertauschung der S innesthtigkeiten Aesch.
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001 Sept. 99. Beispiele bei Lobeck Rhemat. p. 333 ff. -
002 bei Sop h., Il. 127
003 (das Brausen, das Geschrei). Soph. Aj. 785 .
004 Anders Hesiod Erg. 6112
005 . Metalepsis transsumptio sehr knstli-
006 cher tropus wie
007 wenn Odyss. 299 die heien. u.
008 ist synonym (nmlich ), homonym aber mit009 sind die . (die Spitzinseln in der Nhe Aetoliens)
010 Quintilian interpretirt est enim haec in metaleps natura ut inter
011 id q uod transfertur et in quod transfertur sit medius quidam
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012 gradus, nihil ipse significans, sed praebens transitum. Wenn Ci-
013 cero sus fr Verres sagt, so steht zwischen inne verres, nicht als
014 Name, sondern als Thier. Eustath. findet eine metalepsis Il.
015 164 fr . d enn
016 Mdchen u. Augapfel sind [syn] homonym, aber u.
017 synonym.
018 Epitheton. Die Dichter, sagt Quintil., bedienen sich der Epi-
019 theta in reichem Mae, ihnen ist es genug, wenn sie berhaupt
020 nur zu ihren Hauptwrtern passen, beim Reden drfen sie nur
021 angewandt werden, wenn ohne dieselben etwas fehlen oder we-
022 niger gesagt sein wrde. Allegoria inversio aut aliud verbis,
023 aliud sensu ostendit aut etiam interim contrarium: die erstere
024 Gattung die eigentl. Allegorie, die letztere die Ironie. Virg. Ge-
025 org. II 542 et iam tempus equum fumantia solvere colla dh. das
026 Gedicht zu beendigen. Oder Horaz od. 1,14 o navis refernt in
027 mare te nov i fluctus. Rein wird d ie Allegorie in der Rede selten
028 angewandt, meist mit apertis gemischt (mit nicht allegor. Be-
029 standtheilen), rein zB. Cic. hoc miror, hoc queror quemquam
030 hominem ita p essum dare velle, ut etiam navem perfret, in qua
031 ipse naviget. Cic. pro Murena 17, 35 quod enim fretum, quem
032 Euripum tot mo tus, tantas tam varias habere putatis agitationes,
033 commutationes, fluctus, quantas perturbationes et quantos ae-
034 stus habet ratio comitiorum? Man mu sich hten nicht aus dem
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001 Bilde zu fallen: viele sag t Quintil. fangen mit Sturm an. u. hren
002 mit Feuer oder Einsturz auf. Das Rthsel, eine ganz dunkle
003 Allegorie, ist der Rede unstatthaft. Das stehende Grammatiker-
004 beispiel mater me genuit, eadem mox gignitur ex me (Wasser Eis
005 Wasser) Ironia illusio: die Worte besagen gerade das Gegentheil
006 von d em, was sie zu besagen scheinen.
007 Als Arten der Ironie unterscheidet Quintil. (p lena
008 odio atque hostili irrisio -
009 mit zum grinsenden Lachen verzogenem Gesicht: lat. exa-
010 cerbatio) (eine witzige Selbstironie) u.011 die auf andere gerichtete Ironie. In der Form eines
012 leisen Spotts hatten sie den . Dann d ie
013 eine -
014 . Il. ,11
015 . Dazu gehrt der Euphemismus. Dann die
016 (der Kunstausdruck nur bei Servius Virg. Georg. 1 ,125 u. bei Ho-
017 razscholiasten. (ungefhr identisch mit der ) Oxy-
018 moron, Verbindung eines Subjekts mit einem sein Wesen negiren-
019 den Prdikat, . .
020 Die circumlocutio circuitio circuitus loquendi gehrt
021 besser zu den rhet. Figuren u. nicht zu den Tropen. Rein zum
022 Schmuck zB. in , , -
023 . Das verbi transgressio Hervorhebung eines be-024 deutenden Wortes durch seine Stellung an Anfang oder Schlu
025 des Satzes. Die bei blo s zwei Worten zB. die Nach-
026 stellung der Prposition mecum quibus de rebus. Diacope oder
027 Tmesis Trennung eines Compositum durch ein da zwischen ge-
028 schobenes Wort septem subjecta trioni b ei Virg. Georg. III 381 .
029 Dialysis oder Parenthesis Einschaltung eines andren Satzesin030 einen Satz. Auch das Hyperbaton ist eigentl. kein Tropus. Die
031 sensuum ordo praeposterus das was man zuerst
032 sagen mte sagt man spter. Virgil. Aen. II 353 moriamur et in
033 media arma ruamus. Oder . Die
034 bertreibung der Wahrheit um eine Sache zu vergrern oder zu
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001 verkleinern. Verschiedene Weisen: man sagt entweder mehr als
002 geschehen kann od er geschehen ist Hor. od. 1, 1, 3 6 sublimi
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003 feriam sidera vertice. Oder wir heben die Dinge durch eine Ver-
004 gleichung Il. A 249
005 . Die Hyperbel sucht sich durch andere Tropen zu strken.
006 Die Gefahr der sehr gro.
8. Die rhetorischen Figuren.
008 Bei den Tropen handelt es sich um bertragungen: Wrter statt
009 anderer Wrter gesetzt: an Stelle des Eigentliches das Uneigent-
010 liche. Bei den Figuren giebt es keine bertragungen. Es sind
011 kunstmig genderte Fo rmen des Ausdruckes, Abweichungen
012 vom Usuellen, doch o hne bertragungen. Doch ist die Grenzbe-
013 stimmung sehr schwer. figura () sit arte aliqua novata
014 forma dicendi. formae et lumina sagt Cicero orat. 181 lumini-
015 bus, quae Graeci quasi aliquos gestus orationis vocant.
016 Varianten von Satzformationen, die ohne einen wesentl. Unter-
017 schied in d er Bedeutung nach ihrer Form theils als Vermehrung,
018 theils a ls Verminderung theils a ls Umnderung derjenigen Aus-
019 drucksmittel erscheinen, welche sonst regelmig u. usuell sind.
020 Mehreren Lautbildern u. Lautformationen kommt dieselbe Be-
021 deutung zu dh. die Seele wird zur Bildung derselben Vorstellung
022 angeregt. Mehr will Bedeutung nicht sagen: kein Ausdruck be-
023 stimmt u. umgrnzt eine Seelenbewegung ganz fest, da er als
024 die eigentliche Darstellung der Bedeutung angesehen werden
025 knnte. Jeder Ausdruck ist nur ein Symbol. Nicht d ie Sachen u.
026 Symbole knnen sich unter einander vertreten. Es bleibt eine
027 Wahl mglich. Eine Hufung von Ausdrucksmitteln (Pleonas-
028 mus) will die Vorstellung gleichsam zum Verweilen einladen, die
029 Weglassung von Wrtern (Ellipse) zeigt ein Streben nach Be-
030 schleunigung an u. erregt das Gemth, die Vertauschung von
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001 Wortformen (Enallage) u. Stellungsvernderungen (Hyperbaton)
002 zieht eine Erhhung der Aufmerksamkeit nach sich.
003 Schwer ist zu bestimmen ob es eine grammatische oder eine
004 rhetorische Figur ist: eine feste Grenzlinie zwischen der Art, wie
005 der Redende den Seelenmoment darstellt u. dem allg emeinen usus006 kann oft nicht gezogen werden. Die Sprache gestattet ja auch indi-
007 viduelle Formation u. nun hngt es von dem schwankenden Ur-
008 theil ber das Mehr oder Minder Gebruchliche ab, ob wir eine
009 Figur fr gramma tisch oder [historisch] rhetorisch nehmen.
010 Pleonasmus. 1) berflssige Ausdrcke im Satz, weil ent-
011 weder das, was sie bezeichnen, seinem Inhalte nach in d iesem
012 Satz schon g engsam bezeichnet ist (Pleonasmus im engeren Sinn)
013 oder weil sie eines bestimmt angebba ren Inhaltes ermangeln
014 (Parapleroma) Der Grammatiker Tryphon verglich die Expletiv-
015 conjunktionen
016 mit dem Werg, welches beim Einpacken gebrechlicher
017 Gefe verwandt wird. In sorgfltiger Rede wirken sie meistens
018 rhythmisch, als comp lementa numerorum. Isocrates gefllt sich
019 in Herbeifhrung musikal. Wirkungen durch Verwendung von
020 Fllwrtern. Mancherlei wird im Laufe der Zeit zu Pleonasmen
021 multo usu , , , homo
022 adulescentulus. Es sind unbeabsichtigte P leonasmen, berflssige
023 Genauigkeit, whrend die eigentl. rhetor. Pleonasmen ber die
024 gengende Feststellung des Sinnes hinaus Wirkungen indiv iduel-
025 ler Art beabsichtigen. Ursprnglich rhetorisch ist der P leonasm.
026 des Dativus ethicus. Oder wenn Substantive durch ein folg. p ro-
027 nomen wieder aufgenommen werden. (Epanalepsis) Dann wenn
028 ein Wort desselben Stammes dem verbum beigefgt wird
029 , . 2) Die zweite Art des pleonast.
030 Ausdrucks ist Perissologia nur um ein lngeres Verweilen der
031 Seele bei den dargestellten Moment auszudrcken. Wenn sich ein
032 bestimmter Begriff nicht einfach mit seinem Worte bezeichnet
033 findet, sondern umschrieben wird, so ist d ies periphrasis.
034 keineswegs nur eine wegen Wortaufwand tadelnswerthe
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001 Rede, sondern eine durch Flle ausgezeichnete. Eine gewisse be-
002 hagliche Ruhe, ferner gemessenes Abwgen, aber auch Wrde
003 u. Majestt finden durch d ie Perissologie ihren Ausdruck. Dazu
004 Epitheta od er Epexegesen die sich von selbst verstehen das
005 Epitheton ornans. Dann Hufung von synonymen Ausdrcken,
006 die Seele kann sich (wie beim Zorne) nicht gleich von einer Sache
007 freimachen. 3) d ie Tautolog ie das Gesagte nicht nur mit demsel-
008 ben S inn sondern denselben Worten wiederholt. 009 . ah Corydon Corydon in Vergil. Ecl. 2, 69. -
010 sub aqua sub aqua maledicere temptant von den in Fr-
011 sche verwandelten Bauern Ov. Met. VI 376. Mit Nachdruck fan-
012 gen mehrere Glieder der Rede mit demselben Worte an d ie
013 Epanaphora. Cic. Philipp. XII 12 sed credunt improbis, credunt
014 turbulentis, credunt suis. Das Gegentheil die Antistrophe. Cic.
015 Philipp. I, 10 de exilio reducti a mortuo, civitas data a mortuo,
016 sublata vectigalia a mortuo. Wiederholung derselben Anfangs-
017 u. Schluworte Symploke pro Milone 22 quis eos postulavit?
018 Appius. quis produxit? Appius. Dann kann das Schluwort eines
019 Satzes als Anfangswort des folgenden dienen. Cic. Catil. 1 ,1 hic
020 tamen vivit. Vivit? Immo vero etiam in senatum venit.
021 Die Ellipse. Im allgemeinen Auslassung von Worten in einem
022 Satze so da das Fehlende aus dem Zusammenhange ergnzt
023 werden kann. Die gramma t. Ell. ist so zum usus geworden, da
024 die ausgefllte Rede mifllt er hat den krzeren (Halm) gezo-
025 gen. Entstanden einmal aus phonetischen Grnden, damit der
026 Lautkrper gedrngter erscheine. Jungfr. v. Orl. II 2 ich liebe
027 (den) wer mir Guthes thut und hasse (den) wer mich verletzt u.
028 ists der eigne Sohn den ich gebo ren (welcher mich verletzt, so
029 ist er) desto hassenswerther. Dann ist der Inhalt Veranlassung,
030 welcher nicht vollstndig bezeichnet werden soll Wenn es aber
031 regnete? unbestimmte Ergnzung. Aposiopesis. Dann da s Asyn-
032 deton ich darf ihn hassen, (denn) ich hab ihn gebo ren. Mit
033 bezeichnen die Alten auch die Auslassung eines Buch-
034 stabens oder einer Silbe. Quintil. bezeichnet einmal dami t ein
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001 vitium detractionis, dann stellt er sie mit der Synecdoche zusam-
002 men, da mu bei ihr ein Wort aus andern ergnzt werden: end-
003 lich IX 3, 58 bespricht er die figurae quae per detractionem fiunt.
004 1) cum subtractum verbum aliquod satis ex ceteris intellegitur
005 2) in quibus verba decenter pudoris gratia subtrahuntur. 3) per
006 detractionem figura cui coniunctiones eximuntur ()
007 4) das sogenannte in qua unum ad verbum plures
008 sententiae referuntur, quarum una quaeque desideraret illud, si
009 sola poneretur zB. Cic. pro Cluentio 6, 15 vicit pudorem libido,
010 timorem auda cia, ra tionem amentia. Sehr verworrene Unter-
011 scheidung, grammatisch u. rhetorisch verwechselt. Ellipse ein
012 einfacher Satz es fehlt oder
013 . ( ), ( )
014 Dann fehlt die copula summum ius summa iniuria: nihil per vim
015 Milo Cic. Mil. 19. Ellipsen die nheren Bestimmungen des ein-
016 fach erweiterten Satzes treffend quae cum dixisset, finem ille (fe-
017 cit), nihil ad rem, dextra sinistra (manu), Soph.
018 El. 1415. Im Latein. lt man die einen Nachsatz einleitenden
019 Worte so sage ich so wisse aus Cic. ad Att. 3, 13 quod
020 scribis te audire me etiam mentis errore ex dolore affici mihi
021 vero mens integra est. Das Fehlen des Nachsatzes im Griech.
022 heit . Mit oder -
023 bezeichnet man die Weglassung vo n Worten, die beim zu-
024 sammengezogenen Satz eintritt; fr khnere Krzungen hatte
025 man den terminus . was einem von zweien zukommt,
026 wird auch auf den andern bertragen. Von diesen Ausdrcken
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5/25/2018 NIETZSCHE KGA Darstellung Der Antiken Rhetorik [SS 1874]
027 ist Zeugma im Gebrauch geblieben, hat aber die Bedeutung der
028 bekommen Tacit. annal. II 20 Germanicus quod ar-
029 duum sibi, cetera legatis permisit, zu sibi er behielt sich vor.
030 (Zeugma verwechselt, wie arsis u. thesis) Cic. Tusc. 5, 40 nostri
031 graece fere nesciunt, nec Graeci latine (sciunt)
032 Die Enallage. In der Sprache erscheinen viele synonyme
033 Schp fungen, der logische Verstand wrde vieles ausscheiden.
034 Die Wissenschaft der Synonymik sucht das Wesen der sinnver-
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001 wandten Sprachb ilder mit einer Schrfe festzuhalten, die das We-
002 sen der Sache nicht trifft. Um dieselben Beziehungen der Be-
003 griffe auszudrcken durch verschiedenartige Mittel, zur Sy