Post on 17-Sep-2018
Grosspeter Tower | Burckhardt+Partner AG | PRIXFORIX 2017/18 | 1/4
Neubau | 2017
Bürogebäude und Hotel Grosspeter Tower
Grosspeteranlage 25 / Grosspeterstrasse 44
4052 Basel
Bauherr |
PSP Real Estate AG
Seestrasse 353
8038 Zürich
reception@psp.info
Architekt |
Burckhardt+Partner AG
Dornacherstrasse 210
4002 Basel
marketing@burckhardtpartner.ch
Baumanagement |
Dietziker Partner Baumanagement AG
Hebelstrasse 7
4056 Basel
info@dietziker-bm.ch
Tragwerkplaner |
ZPF Ingenieure
Kohlenberggasse 1
4051 Basel
info@zpfi ng.ch
Fassadenplaner |
Neuschwander + Morf AG
Innere Margarethenstrasse 26
4051 Basel
info@nm-ag.ch
Solarplaner |
energiebüro ag
Hafnerstrasse 60
8005 Zürich
info@energieburo.ch
Fassadenbauer |
Hevron SA
Case postal 62
2852 Courtételle
info@hevron.ch
Solarunternehmer |
Planeco GmbH
Tramstrasse 66
4142 Münchenstein
info@planeco.ch
Situation
Grosspeter Tower | Burckhardt+Partner AG | PRIXFORIX 2017/18 | 2/4
Grosspeter Tower
Text: Katharina Marchal Fotos: Adriano Biondo
Das erste «voll-solarifizierte Hochhaus» der Schweiz beschreitet neue
Wege in der Solararchitektur. Ohne technoid zu wirken, sind die kun-
den- und projektspezifisch gefertigten Solarmodule des Grosspeter
Towers in Basel integraler Bestandteil der Fassade und bilden ein
architektonisches Gesamtkonzept. Um den Innenraum im Hochhaus
möglichst effizient und uneingeschränkt nutzen zu können, integrier-
ten Burckhardt+Partner AG das Tragwerk in die Fassadeebene. Trotz
des komplexen Prozesses bei der Umsetzung entstand hier ein zu-
kunftsweisendes Projekt.
Fassaden sind das prägende Element eines Gebäudes; im Stadtbild gelten
sie als Gesichter des Hauses und geben den ersten wichtigen Eindruck für
Nutzer und Passanten. Mit der Energiewende stehen alle beteiligten Planer
vor einer gestalterischen Herausforderung: Wie können saubere Energie-
produktion und Architektur zusammenfinden? Die Photovoltaik (PV) spielt
dabei eine zentrale Rolle. Im Gebäudebereich haben sich PV-Module auf
dem Dach durchgesetzt. Als Fassadenelement überzeugten die herkömm-
lichen PV-Module bis dato selten. Ihre technische Anmutung und der dun-
kel-kristalline Glanz wirken abweisend und liessen Architekten wenig Ge-
staltungsspielraum. Neben den höheren Kosten etwa im Vergleich zu einer
einfach verputzten Fassade, stellt der Unterhalt, die Haptik und auch die
bauliche Integration den Architekten und Bauherren vor weitere Heraus-
forderungen. Um den Gestaltungsspielraum für die Architekten zu erwei-
tern, entwickelte die Industrie flexiblere Produkte und stellte Solarmodule
projektspezifisch her. Ein vorbildliches Beispiel, dass das architektonische
Potenzial der PV-Module erkannt hat, steht in Basel nicht weit vom Bahnhof
SBB. Die Architekten von Burckhardt+Partner AG zeigen mit dem Gross-
peter Tower auf, wie Solarenergie nicht nur als Materialthema behandelt
werden kann, sondern zum architektonischen Thema wird.
Vorgaben und Ideen
Mehr für den Klimaschutz zu investieren, ist ein Hauptbestreben des Bau-
herren, PSP Real Estate Zürich. Von Anfang setzten sie klare Vorgaben
beim Bau des Hochhauses Grosspeter Tower in Basel, der Büroflächen und
ein Hotel aufnimmt. Eine wichtige Prämisse war, die transparenten Fassa-
denteile auf 50% der Fassadenfläche zu limitieren und die andere Hälfte als
gedämmte Fassadenkonstruktion auszubilden. Mit weniger Wärmelasten
müssen weniger Kälte produziert werden und der Komfort wird verbessert.
Auch im Winter steigt die Behaglichkeit, weil weniger Glasflächen weni-
ger Kälteabfall bedeuten. Mit den 50% entsteht somit eine gute Balance
zwischen Tageslichtnutzung und gutem Raumklima. Als sichtbarer Beweis
für die ökologischen Bestrebungen dient die Photovoltaik-Fassade, dessen
Module in die geschlossenen Fassadenflächen integriert sind.
«Als wir den Entwurf für die Fassade starteten, kam eine wichtige Ent-
wicklung auf dem PV-Markt uns sehr entgegen» erinnert sich Andreas
Kaufmann, Projektarchitekt des Neubaus. Die bis anhin ausschliesslich in
Standardabmessungen gelieferten Solarmodule, können seit 2014, auch
kunden- und projektspezifisch gefertigt werden; in verschiedensten Variati-
onen, u.a. auch mit Dünnfilm-Solarzellen. «Der Entwurfsprozess für die Fas-
sade war deshalb nicht wesentlich anders als bei anderen Projekten» betont
Kaufmann. Die tragende gestalterische Idee des Entwurfs und damit auch
der Fassade geht auf die städtebaulichen Analyse und die Nutzung des Ge-
bäudes zurück. Die Parzelle des Hochhauses ist eine von sechs Baufeldern
auf dem 17’450 m2 grossen Grosspeter-Areal, das zwischen Gleisfeldern
des nahegelegenen SBB-Bahnhofs und der verkehrsreichen Grosspeter-
strasse aufgespannt wird. Um das Areal baulich besser auszunutzen, ver-
folgte die Stadt eine städtebauliche Neuausrichtung und Umzonung. Das
Konzept für den Bebauungsplan stammt von Miller & Maranta Architekten
Basel. In Zukunft werden die Neubauten das fehlende Angebot an Bas-
ler Hotels erweitern und hochwertige Büroflächen bieten. Der Grosspeter
Turm, der ebenfalls als Hotel und für Büros genutzt wird, liegt am südöst-
lichsten Rand des Grosspeter-Areals, direkt neben dem Autobahnzubringer
der A2/A3; durch seine Lage und Grösse bildet das 78 Meter Hochhaus
mit 18’000 Quadratmeter Nutzfläche einen neuen Landmark in der Stadt.
Als Referenz und Inspiration für das Fassadenkonzept nennen die Archi-
tekten das Kunstwerk «PermanentModell» von Monadnok aus Rotterdam.
Basierend auf dieser Struktur erscheint die Gebäudehülle in den unteren
Geschossen noch als Lochfassade; mit steigender Gebäudehöhe löst sich
diese zugunsten grösserer Fassadenöffnungen auf und wird oben im Turm
zur leichten Pfosten-Riegel-Konstruktion. «Dieses Konzept ist nicht ledig-
lich Formalismus, es entspricht auch der Nutzung» erklärt Kaufmann, «da
die unteren Geschosse mit dem Hotel nach mehr Privatsphäre verlangen
und in den Obergeschossen mit den Büros mehr Transparenz und Ausblick
möglich ist.» Die zwei ineinandergreifenden Volumen aus Turm und Sockel
nehmen die beiden Nutzungen auf. Im sechsgeschossigen Sockelbereich
sind Büroflächen und das Hotel mit grosszügigen, gemeinsam genutzten
Lobby-, Empfangs- und Konferenzräume angeordnet. Im fast quadratischen
Turm werden weitere 11’000 m2 Büroflächen angeboten.
Hülle und Kern
Um den Mietern den individuellen Ausbau ihrer Flächen zu ermöglichen, ist
das gesamte Gebäude ist im «Core and Shell»-Prinzip erstellt. Dabei wer-
den sämtliche Mietflächen vorerst nur im Grundausbau ausgeführt, das
heisst die Gebäudehülle (shell) und die zentralen Erschliessungskerne wie
Aufzüge, Treppenhäuser und Installationsschächte (core). Die Mieteinhei-
ten von 210 bis 880 m2 können vom Nutzer variabel ausgebaut, flexibel im
Grundriss disponiert und über mehrere Geschosse zusammengelegt wer-
den. Die Tragstruktur als Skelettbau mit Ortbetonflachdecken von 26 bis 30
cm Stärke ist die optimale Antwort auf diese Anforderung. Beim Turm sind
die Flachdecken mit einer Regelspannweite von bis zu acht Meter auf einer
ausbetonierten Stahlrahmenkonstruktion (Vierendeelträger) in der Fassa-
denebene und auf tragenden Wänden im Kernbereich gelagert. Der Riegel
bildet gleichzeitig die für Hochhäuser geforderte Brandschürze von 90 cm,
sodass auf Sprinkler verzichtet werden konnte.
Ab dem ersten Obergeschoss kragt das Hochhaus um rund neun Meter
über der neuen Zufahrtsstrasse aus. Eindrücklich wie dem Hochhaus ein
beträchtlicher Teil seiner Standfläche entzogen wurde, ohne dass zusätzli-
che statische Elemente die schlichte Eleganz der Fassade stören. Mit dem
statischen Konzept der tragenden Fassade als übereinandergestellte Vie-
rendeelträgern konnten die Kräfte bei der Auskragung elegant zurückge-
bunden werden.
Solarkraftwerk
Mit der PV-Fassade wird nicht nur die Bestrebung sichtbar, ein nachhaltiges
Gebäude zu entwickeln, sondern sie erfüllt auch Marketingzwecke. Indem
die PV-Fassade einen Grossteil des Stroms für den Grundausbau liefert,
trägt sie zu einem nahezu CO2 freien Grundbetrieb des Gebäudes bei. Die
rund 10’000 Fassaden-Solarmodule mit einer Leistung von 440 kWp ge-
nerieren zusammen mit dem Dach-Solarkraftwerk (mit einer zusätzlichen
Leistung von 100 kWp) eine erwartete Stromproduktion von rund 260’000
kWh/a. Damit wird ein Grossteil des Grundstrombedarfs gedeckt.
Innerhalb der PV-Fassade variieren die Solarmodulgrössen stark: Zum Ein-
satz kamen rund 450 verschiedene, massgeschneiderte und kundenspe-
zifische Dünnfilm-Solarmodul-Typen in allen opaken Fassadenflächen des
Hochhauses und des Sockels, was auch ein ausgeklügeltes Verschaltungs-
konzept erforderte. Die unterschiedlich «ertragreichen» Fassadenseiten –
ob Süd-, West, Ost-, Nordseite oder auf dem Dach – konnten so miteinander
verknüpft werden und ein einheitliches Fassadenbild erreicht werden. Eine
Spezialanforderung an die Optik der Solarmodule betrifft die Anordnung der
aktiven Flächen, heisst die sichtbaren Solarpatches auf den Solarmodulen.
Die maximalen Abmessungen dieser Patches richten sich nach den pro-
duktionstechnischen Möglichkeiten. Für eine geordnete und ausgewogene
Wirkung in der Gesamtfassade haben die Architekten jeden einzelnen So-
larmodul-Typ zusammen mit den Solarplanern des Zürcher «energiebüro»
designt.
Ebenfalls einen zentralen Bestandteil der Fassade, des damit zusammen-
hängenden Raumklimas und somit auch des Energieverbrauchs bildet der
wirksame äussere Sonnenschutz. Lamellenstoren mit feiner Lochung er-
möglichen eine angepasste Nutzung je nach Tageslicht und gleichzeitig
eine freie Aussicht auch bei Sonnenschein. Bei der Wärmeerzeugung ent-
schied sich der Bauherr für die Erdsonden, weil über das Fernwärmenetz
keine Kälte bezogen werden kann und die Kühlung hinsichtlich Leistung
und Energieverbrauch gegenüber der Heizung von Bürogebäuden immer
bedeutender wird. Ein Erdwärmesondenfeld mit 52 Sonden versorgt die
Wärmepumpe mit geothermischer Energie die gleichermassen zur Wärme-
wie auch zu Kälteerzeugung dient. Mit diesem bivalenten System kann die
im Erdreich gespeicherte Abwärme des Sommers für die Heizung im Winter
benutzt und umgekehrt im Sommer gekühlt werden.
Die Umsetzung des Grosspeter Towers bot in Bezug auf Technik, Tragwerk
und Gestaltung mehrere Herausforderungen für alle Beteiligten. Neben
der Optik der Module, der elektrischen Netzeinbindung mussten auch die
Schnittstellen zwischen Fassadenbauer, PV-Unternehmer und Architekt
gemanagt werden. Der aufwendige Prozess hat sich gelohnt! Entstanden
ist ein Vorbild für weitere «voll-solarifizierte Hochhäuser» in der Schweiz und
im Ausland. Die Architekten von Burckhardt+Partner AG haben die hoch-
gesetzten Ziele des Bauherren erreicht, indem sie die Solarmodule in der
Fassade integrierten, ohne die Technik vor die Architektur zu stellen. Die
Fassade überzeugt in der Gestaltung, weil die Solarmodule kaum als solche
wahrgenommen werden. Hervorzuheben ist vor allem das Gesamtkonzept
aus Solartechnik, Architektur und Tragwerk.
Grosspeter Tower | Burckhardt+Partner AG | PRIXFORIX 2017/18 | 3/4
5 10mERDGESCHOSS
ANSICHT SÜD 0 10m5
5 10m21. OBERGESCHOSS
5 10m2. OBERGESCHOSS
Südfassade
Längsschnitt
Erdgeschoss
Sockelgeschoss
Towergeschoss
Grosspeter Tower | Burckhardt+Partner AG | PRIXFORIX 2017/18 | 4/4
9158 9158 58
4
Tragwerk
_ Vorfabrizierte, ausbetonierte Stahlrahmenkonstruktion (Vierendeelträger)
Fenster
_ Sturzhohe Fensterelemente aus hochwertig gedämmtem Aluminiumprofil-
system (Neuwerkzeug), Bautiefe 140 mm, gedämmte Paneelkonstruktion
im Sturzbereich, alle Elemente einfeldrig, unterschiedliche Grössen (Aus-
senabmessung) je nach Einbauort
_ Horizontales Riegelprofil im Sturzbereich mit integrierter, statischer Ver-
stärkung
_ Fest verglaste Einsatzelemente, SSG-Konstruktion mit Zusatzrahmen (für
Glasersatz wechselbar), in die Fensterrahmenkonstruktion eingebaut
_ Absturzsichernde 3-fach Isolierverglasung, unterschiedlich breite Stufen-
ausbildung (oben zum Paneel übergehend), farbig emailliert (angepasst an
die Farbe der transparenten Verglasung)
_ Elemente auf durchlaufender Stahlwinkelkonstruktion abgestellt, oben mit
örtlichen Einschieblingen (dilatierend) an Rohbaukonstruktion gehalten;
seitlich schliessen durchlaufende Stahlwinkel an Rohbaukonstruktion an
Stützenverkleidung
_ Lisenen mit Nute für Storenführungs-Schiene aus stranggepressten Alu-
miniumprofilen (Neuwerkzeug), seitlich an Rahmenprofilen der Fenster-
konstruktion befestigt
_ Rohbaubetonstütze mit Mineralwolledämmung belegt
_ Verkleidung mit PV-Modulen (VSG-Aufbau) auf Trägerplatten verklebt,
aussen bündig zur Lisene, im SSG-System (rückseitig verklebt) gehalten
Riegelverkleidung
_ Fensterbank aus stranggepressten Aluminiumprofil (Neuwerkzeug), unten
an Rahmenprofil der Fensterkonstruktion befestigt, Profil aussen als Ab-
tropfkante leicht vorstehend
_ Rohbaubetonriegel mit Mineralwolledämmung belegt, Wasserabweisfolie
und Trägerkonstruktion (Storenkastenausbildung) zwischen den Fens-
ter-Elementkonstruktionen laufend
_ Verkleidung mit PV-Modulen (VSG-Aufbau) auf Trägerplatten verklebt,
aussen bündig zur Lisene, im SSG-System (rückseitig verklebt) gehalten
Sonnenschutz
_ Verbundraffstoren mit gebördeltem und abgewinkeltem Lamellenprofil
90 mm, perforiert
Vertikalschnitt 1:20Horizontalschnitt 1:20
Fassadenkonstruktion
1 Vorfabrizierte, ausbetonierte Stahlrahmenkonstruktion (Vierendeelträger)
2 Fensterelemente
3 3-fach Isolierverglasung
4 Lisenen
5 Fensterbank
6 PV-Module
7 Verbundraffstoren
284
5151
240
3534
26
1
3
7
5
2
6
Fassadenaufbau
1 Vorfabrizierte, ausbetonierte Stahlrahmenkonstruktion (Vierendeelträger)2 Fensterelemente3 3-fach Isolierverglasung4 Lisenen5 Fensterbank6 PV-Module7 Verbundraffstoren