Post on 20-Jan-2015
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Marketing ist Chefsache –
auch in der Abteilungsführung
von Stefan Krojer und Manfred Amedick
veröffentlicht im Buch "Abteilungsmanagement für Leitende Ärzte",
Kapitel 9, S. 204 – 245
(Herausgeber Wolfgang Hellmann, Holger Baumann, Michael Leonhard
Bienert, Daniel Wichelhaus)
siehe: http://www.amazon.de/Abteilungsmanagement-Leitende-Ärzte-Wolfgang-
Hellmann/dp/3870815256/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1241019059&sr=
1-1
2
Über den Autor
Stefan Krojer war langjährig bei einem
Klinikbetreiber und einem Beratungsunternehmen
für Klinikentätig. Nun berät er als selbstständiger
Consultant Unternehmen der
Gesundheitswirtschaft speziell im Bereich
Sachkostensenkung und Erlössteigerung.
Mehr zum Autor erfahren Sie unter:
http://www.krojer.de
http://stefankrojer.blogspot.com
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Inhaltsverzeichnis
7. Marketing ist Chefsache - auch in der Abteilungsführung ..........4
7.1 Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen
Abteilungsmanagement .......................................................................................... 4
7.2 Besonderheiten des Krankenhausmarketings.............................................. 6
7.2.1 Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes ........................ 6
7.2.2 Werbung: Rechtliche Hürden meistern ................................................. 7
7.3 Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien.......................... 12
7.3.1 Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute? ................................. 12
7.3.2 Ziele definieren, Strategien entwickeln................................................ 19
7.3.3 Die Marketingpolitik............................................................................. 27
7.3.4 Die richtige Organisation für das Klinikmarketings – wer macht
was? 31
7.4 Patientenmarketing .................................................................................... 33
7.4.1 Die Bausteine des Erfolgs................................................................... 33
7.4.2 Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen.................... 35
7.4.3 Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt....................... 37
7.4.4 Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge..................... 42
7.4.5 Besondere Patienten, besondere Anforderungen ............................... 44
7.5 Patientenströme sichern durch Einweisermarketing................................... 45
7.6 Mitarbeiter zu Marketing-Akteuren machen................................................ 51
7.7 Positionierung als Experte – PR-Beispiele ................................................. 53
7.8 Zusammenfassende Übersicht strategischer Tipps und Erfolgsfaktoren
für das Abteilungsmarketing.................................................................................. 56
4
7. Marketing ist Chefsache - auch in der
Abteilungsführung
7.1 Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen
Abteilungsmanagement
Makrotrends wie Kostenexplosion, Patientenemanzipation, selektive
Vertragsvereinbarungen, Spezialisierung, Qualitätstransparenz sowie Ambulantisierung
stellen die Krankenhäuser vor enorme Herausforderungen. Sowohl das Krankenhaus als
auch die einzelne klinische Abteilung muss sich, will es als modernes
Dienstleistungsunternehmen mittelfristig erfolgreich sein, in Zukunft dem Markt und
folglich auch der Konkurrenz in immer stärkerem Maße stellen. Das lang praktizierte
reaktive und passive Verhalten gegenüber Kunden sollte der Orientierung am
Management-Gedankengut im Sinne von aktivem Planen, Entscheiden, Handeln und
Kontrollieren weichen. Zunehmend bestimmen Marktregeln - Mechanismen von Angebot
und Nachfrage - die Entwicklungen im Gesundheitswesen. Für die Krankenhäuser
bedeutet dies ein geeignetes Instrumentarium zu finden, welches proaktiv an der
Gestaltung seiner eigenen Zukunft und insbesondere an einer positiven
Kundenausrichtung mitwirkt.
Mit dem Managementinstrument „Marketing“ steht hierbei den Verantwortlichen in den
Kliniken ein machtvolles Werkzeug zur Verfügung, das jedoch bislang nur zaghaft und
unstrukturiert eingesetzt wird. Marketing ist eine Konzeption der Unternehmensführung,
die zur Erreichung der betrieblichen Ziele alle Aktivitäten auf die Erfordernisse des
Absatzmarktes bzw. der Kunden ausrichtet. Marketing ist also mehr als bloße Werbung.
Es beantwortet die zentralen Fragen der Marktforschung und Selbstanalyse („Was sind
die Trends im Markt?“, „wie komme ich bei meiner Zielgruppe an?“, „was sind die
Ursachen für mögliche Auslastungsprobleme?“), zeigt Lösungswege zur Erreichung von
Marketingzielen auf („Auf welchem Weg erreiche ich eine Auslastungssteigerung am
effektivsten?“) und wählt zur Strategie passende Maßnahmen aus. Abschließend wird
der Marketingerfolg kontrolliert und gemessen (Abb. 1).
5
Ziele
Strategie
Konzept
Marketing- Mix
Marketing- Controlling
Analyse
Abb. 1: Vierstufiger Marketingprozess
Quelle: eigene Darstellung
Die Zeiten, in denen Ärzte nur Spezialisten für Gesundheit waren, sind schon lange
vorbei. Wer als Mediziner heute Erfolg haben will, der muß lernen, Marketing zu
betreiben. Was in anderen Worten heißt, sich und seine Arbeit zu „ver-markten“.
Gerade für leitende Krankenhausärzte, betont der Ärztliche Direktor und Chef-Chirurg
des Krankenhauses in Altötting, Professor Hartwig Bauer1, seien das fachliche Können,
die operativ-technischen Fähigkeiten, heute nicht mehr hinreichend für eine "gute
Medizin“. Man müsse sich als Abteilungschef der Verantwortung nicht nur für den
Bestand, sondern auch für die Weiterentwicklung seiner Abteilungen stellen und, so
schwer es auch sein mag, im Patienten einen Kunden sehen. Viele Experten sind sich
einig: Der Erfolg des Klinikarztes entscheidet sich zunehmend außerhalb der OPs. So
verwundert es auch nicht, dass heute in zahlreichen Stellenzeigen - neben der
fachlichen Qualifikation - von einem leitenden Arzt auch Managementkompetenzen und
in zunehmendem Maße „Kundenorientierung“ verlangt werden. Deshalb kommt dem
Abteilungsmarketing - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Trends zur Spezialisierung
und Zentrenbildung - eine neue Rolle zu. Leitende Ärzte müssen sowohl intern ihre
Abteilung vermarkten als auch extern für eine richtige Platzierung ihrer „Produkte“
einstehen.
1 Schwing, C.: Marketing für Führungskräfte im Krankenhaus, 2000.
Untersuchung Planung Umsetzung Überprüfung
6
Doch mit welchen Erfolgshebeln können leitende Ärzte ihre Marketingziele am besten
erreichen? Und wie könnte eine ideale Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und
Ärzten aussehen? Der vorliegende Beitrag gibt Antworten auf diese Fragen. Zahlreiche
Fallbeispiele verdeutlichen die Übertragung in die Praxis.
7.2 Besonderheiten des Krankenhausmarketings
7.2.1 Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes
Wer geht schon gerne ins Krankenhaus? Eigentlich möchten wir erst gar nicht krank
werden und uns einen Klinikaufenthalt lieber ersparen. Wenn ein Patient dann doch
notwendigerweise ins Krankenhaus muss, ist dies meist mit Angst und Sorge behaftet.
„Komme ich geheilt wieder heraus?“. „Bekomme ich die bestmögliche Behandlung?“. Die
Tatsache, dass einem Krankenhausaufenthalt kein frei gewählter Kundenwunsch
vorausgeht, ist eines von vielen besonderen Charaktermerkmalen des
Krankenhausmarktes. Weitere besondere Merkmale sind:
a) Fragmentierung der Kundenfunktion
Eine Aufspaltung der Kundenfunktion in hauptsächlich drei Anspruchsgruppen erschwert
die Produkt- und Kundenorientierung für das Krankenhaus. Empfänger der Kernleistung
ist der Patient, Verträge werden mit seiner Versicherung abgeschlossen, die
Konsumentenentscheidung wird oft nicht souverän getroffen, sondern unter Mitwirkung
eines Dritten – dem Arzt als Einweiser – mit entschieden.2
b) Begrenzung bei Leistungsplanung und Preisbildung
Der stationäre Krankenhausmarkt ist des Weiteren geprägt durch eine Beschränkung
der selbstbestimmten Leistungsplanung durch die Leistungserbringer. Neue „Produkte“
oder neue Geschäftseinheiten (Abteilungen) können nur in Ansprache mit den
Kostenträgern und der Krankenhausplanungsstelle festgesetzt werden.
Unternehmensstrategien sowie Marketingstrategien müssen sich am
Versorgungsauftrag orientieren. Zahlreiche gesetzliche Restriktionen verhindern die
Entwicklung eines freien Markts. Auch der Bewerbung von Krankenhausleistungen sind
2 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004.
7
Grenzen gesetzt. Eine Preisbildung geschieht fremdbestimmt in Form fixer
Fallpauschalenpreise.
c) Asymmetrische Informationslage
Asymmetrische Information bezeichnet den Zustand, in dem zwei Vertragsparteien bei
Abschluss und/oder Erfüllung eines Vertrags nicht über dieselben Informationen
verfügen. Der Patient vermag i. d. R. weder die Handlungen des Arztes genau
einzuschätzen, noch kann er die Wirkung der Leistungen des Arztes genau einordnen.
In einer Arzt-Patient-Beziehung liegt der Informationsvorteil beim Arzt. Die in anderen
Märkten selbstverständliche Vergleichbarkeit der Produkte und Informiertheit der
Konsumenten gilt für den Klinikmarkt nicht. Selbst im Zeitalter des Internets herrscht
nach wie vor ein großes Informationsgefälle zwischen Arzt und Patient.
Professionelle Marketingarbeit im Krankenhaus berücksichtigt oben beschriebene
Spezifika und passt klassische Marketinglehren, die vornehmlich aus der Industrie oder
anderen freien Märkten entstammen, hinreichend an.
7.2.2 Werbung: Rechtliche Hürden meistern
Um die so genannten „unmündige Patienten“ in ihrer schwachen, informationsdefizitären
Position gegenüber dem medizinischen Leistungserbringer zu schützen, wurden in der
Vergangenheit vom Gesetzgeber zahlreiche rechtliche Hürden aufgebaut. Ziel ist der
Schutz des Laien vor falschen Vorstellungen, Erwartungen und Ängsten. Drei
Rechtswerke bestimmen die Spielräume im Krankenhausmarketing: Das
Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
und die Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä). Insbesondere § 11 und § 12 des HWG
regeln mit einer Fülle von Einzelverboten die öffentliche Werbung außerhalb von
Fachkreisen. Eine Aufstellung über erlaubte und verbotene Werbeaktionen gibt folgende
Übersicht (Tab. 1).
8
Tab. 1: Übersicht der wichtigsten rechtlichen Hürden
GESETZ ZULÄSSIG UNZULÄSSIG
§ 3 HWG Irreführende
Werbung
§11 HWG
Verbot der Werbung mit
Äußerungen Dritter,
insbesondere mit Dank-
Anerkennungs- oder
Empfehlungsschreiben; mit
Gutachten, wissenschaftlichen
zeugnissen; mit Angaben, dass
eine Behandlung oder ein
Arzneimittel ärztlich empfohlen
oder geprüft oder abngwendet
wird
MBO §2 7
Sachliche Darstellung,
"Imagewerbung" im
Krankenhaus Informationen
über neue Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden
- Wartezimmer-TV
- Zeitungsanzeigen
- Werbespots, Kurzfilme
- Tag der offene Tür
- Sponsorings
- Kunstausstellungen
- Ortstafeln
- Broschüren
- Poster
Anpreisende Darstellung,
Verwendung von Superlativen,
reklamehafte Darstellung,
Blickfangwerbung, Eigenlob,
unangemessenes Vergleichen
Verweise oder Links auf
Empfehlungsschreiben, Gutachten
wissenschaftlichen oder
Fachveröffentlichungen, Zeugnissen,
Produkte, Gewinnspiele,
Freizeitangebote, gewerblich tätige
Firmen aus dem Gesundheitsbereich
(ggf. damit auch virtuelle
Gästebücher)
§ 9 HWG
Werbung für Fernbehandlung
allgemeine Tipps an einen
unbestimmten Personenkreis
"Ferndiagnosen", Therapieberatung
ohne persönlichen Kontakt
§ 11 Nr. 4 HWG Verbot der
bildlichen Darstellung von
Personen in Berufskleidung
oder bei der Ausübung der
Tätigkeit von Angehörigen der
Heilberufe
Abbildungen Räumlichkeiten,
Gebäude
Ausschließliche Abbildung eines
Arztes in Form eines Portrait-
resp Passfotos in "Zivil"
"Weißkittelverbot": Fotos von Ärzten
oder medizinischen Hilfspersonal,
insbesondere bei der Ausübung ihrer
Tätigkeit, z.B. mit OP-Kittel,
Mundschutz, Haube etc., Arbeit im
Labor, im Patienten-Gespräch, als
OP-Team usw.
Diese Vorschrift soll das Ausnutzen
der Suggestivwirkung der fachlich-
medizinischen Autorität auf das
Laienpublikum verhindern und war in
der Vergangenheit Gegenstand
zahlreicher Abmahnungen. Heute ist
eine Abbildung von Ärzten im
Weißkittel implizit erlaubt.
§ 11 HWG
Verbot der Werbung mit
Darstellung des
Leistungsspektrums (zum
Veröffentlichung von
Krankengeschichten oder
9
Krankengeschichten Beispiel einer Klinik) Danksagungen
§ 11 Nr. 6 HWG
Verbot der Werbung mit fremd-
oder fachsprachlichen
Bezeichnungen
Schwerpunkt-
bezeichnungen, Qualifikationen
Irreführung durch fachfremde Titel,
Bezeichnung etwa als "ärztlicher
Spezialist", Verwendung von
unbekannten fremd- oder
fachsprachlichen Begriffen
§ 27 MBO Interviews
Wenn in einem Presseartikel die
sachliche Unterrichtung im
Vordergrund steht, so ist ein
werblicher Nebeneffekt für den
jeweiligen Arzt oder
Krankenhaus im Interesse der
allgemeinen Infomationsfreiheit
der Presse hinzunehmen,
Person des Arztes darf nicht in
den Vordergrund treten
Freie Meinungsäußerung (Urteil
des Europäischen
Gerichtshofes)
Umgehung der Werbeverbote durch
die Einschaltung der Presse
(Drittveröffentlichungen),
Veröffentlichungen ohne vorherige
Prüfung von medizinischen Aussagen
eines Interviews, Manuskripts oder
eines Berichts
Keine Weitergabe von
Patientendaten
Quelle: Broschüre „Werbung durch das Krankenhaus“, 2003
Im Klinikalltag zeigt sich jedoch immer wieder, dass die gesetzlichen Regeln übergangen
werden und teilweise sogar dem Wunsch des Patienten nach umfassender Information
entgegenstehen. Dies belegt eine FOCUS Patientenumfrage im Oktober 20003. 71% der
dort befragten Patienten befürworten die Aufhebung des Werbeverbots für Ärzte.
Möglicherweise wird diese Patientenforderung in einigen Jahren Realität werden. Das
folgende Fallbeispiel zeigt jedoch, dass bei Überschreitung geltender Gesetze rechtliche
Folgen drohen.
Fallbeispiel: Werbung in der Bildzeitung
Ein großes Krankenhaus im Saarland ist wegen umstrittener Werbe-Anzeigen in der
"Bild-Zeitung" heftig in die Kritik geraten.4 Eine Unterlassungserklärung musste die
Klinik-Leitung bereits unterschreiben. Die beteiligten Ärzte stehen im Verdacht, gegen
die Berufsordnung verstoßen zu haben. Das Klinikum hat in ganzseitigen Anzeigen in
3 www.aerzteblatt.de, Suchbegriff „Grenzen der Werbung“. 4 www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Klinik-Werbung sorgt im Saarland für Wirbel“.
10
der "Bild-Zeitung" geworben - und zwar auch im bekannten Stil des Boulevard-Blattes,
mit knalligen Überschriften und Geschichten über Menschen in der Klinik. "Brustkrebs ist
heilbar", versicherte etwa der Gynäkologie-Chef, "von 100 Frauen können heute 70 bis
80 geheilt werden. Das zeigen wir in unserem Klinikum jeden Tag aufs Neue". Und über
den Chefarzt der Orthopädie durften die Patienten in der "Bild-Zeitung"-Werbung
schwärmen: "Ihm vertraue ich blind." Die Klinik-Geschäftsführerin verteidigte die
Anzeige: "Das war eigentlich gar nicht als Werbung, sondern als Information der
Bevölkerung gedacht". Inzwischen hat die Klinik allerdings bei der Zentrale zur
Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Wird
die "Bild"-Reklame wiederholt, sind jetzt 8.000 Euro Strafe fällig. Für die
Wettbewerbshüter war die Werbung ein klarer Verstoß gegen das
Heilmittelwerbegesetz. "Solche Werbemethoden haben doch Gefährdungspotential", so
die Anwältin der Zentrale. "Hier geht es ja nicht um ein Pfund Butter, sondern um
Operations-Verfahren."
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Kommentar:
In diesem Fall drohte eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 Euro. Die rechtliche Folgen
eines Verstoßen gegen die gesetzlichen Vorschriften können aber auch deutliche
schwerer ausfallen: Ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 3 HWG erfüllt den Straftatbestand
nach § 14 HWG. Eine Geldstrafe oder gar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr kann
drohen. Ein fahrlässiger Verstoß gegen § 3 HWG oder Verstoß gegen andere
Vorschriften des HWG sind als Ordnungswidrigkeiten (§ 15 HWG) einzustufen und mit
einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro zu belegen.
Auch viele Klinikgruppen überschreiten mit ihren Image-Videos im Internet klar die
Grenzen des erlaubten. Sie zeigen nach § 11 HWG verbotene Patientengeschichten.
Dabei zeigt sich aber auch eine Unschärfe bei der Abgrenzung nach § 11 HWG. Danach
darf mit Krankengeschichten nicht geworben werden. Ein Presseartikel, in dem über das
Leiden eines Patienten und seine erfolgreiche Behandlung im Krankenhaus berichtet
wird, ist aber aufgrund der Pressefreiheit erlaubt. Wird darin jedoch die Leistung des
behandelnden Arztes deutlich betont, kann dies einen Verstoß gegen das ärztliche
Berufsrecht darstellen.5 Doch entscheidend ist der Gesamteindruck des Textes und die
Tatsache, ob der Arzt den Journalisten aktiv unterstützt hat. Die Preisfrage lautet im
Falle eines Prozesses: Wer entscheidet über den Gesamteindruck, nach welchen
5 Hamdad, H.: Marketing im Krankenhaus - Richter lockern langsam die Fesseln, 2004.
11
objektiven Kriterien, und wie hätte der Arzt den Artikel verhindern können bei
gleichzeitigem Respekt vor der Pressefreiheit?
Tatsächlich ist aber seit einigen Jahren eine Lockerung der rechtlichen Fesseln zu
beobachten. Kaum eine Klinik verzichtet etwa auf die Abbildung ihrer Klinikärzte in
Berufskleidung. Und das ohne rechtliche Folgen. Die Rechtssprechung entscheidet
jedoch differenziert.6 Während die Untergerichte immer noch oft eine restriktive
Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes praktizieren, ist beim Bundesverfassungsgericht
eine liberalere Auffassung zu erkennen. Dies liegt vor allem an der zunehmenden
Harmonisierung mit dem Europarecht. Dort gilt der heutige Patient bereits als
aufgeklärter Bürger. Eine Klinik kann deshalb ihre Leistungen immer umfassender
darstellen und bewerben. Die Tendenz in der Verbotspolitik deutscher Gerichte lässt
sich mit folgendem Satz beschreiben: Eingriffe in die Werbung der Kliniken sind nur
dann gerechtfertigt, wenn die Werbung so beschaffen ist, Patienten unsachlich zu
beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu
bewirken. Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung kann beispielsweise dann eintreten,
wenn ein Patient zur selbständigen Einnahme eines Medikaments angeregt wird.
Zusammenfassende Empfehlungen:
• Sachgemäße Werbung ist Ärzten und Kliniken erlaubt und sollte deshalb auch
eingesetzt werden
• Übertriebene, reißerische Werbung ist verboten, wirkt unseriös und kann mit
Strafengeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden
• Empfehlenswert ist Werbung mit beweisbaren Aussagen (z.B. objektive BQS-
Indikatoren oder Veröffentlichungen Dritter wie etwa das „Focus Ranking“ und
Klinikvergleiche sowie Presseberichte renommierter Tageszeitungen)
• Es ist darauf zu achten, dass der Gesamttext einen nicht zu starken,
offensichtlich werblichen Charakter besitzt
• Die Abbildung von Ärzten in Berufskleidung ist zwar laut HWG nicht zulässig.
Wird aber von nahezu jeder Klinik heute praktiziert und von Gerichten häufig
nicht mehr angefochten
• Filme oder Berichte über Patientengeschichten, z.B. im Internet, sind nach HWG
verboten und sollten deshalb (noch) nicht eingesetzt werden. Die rechtlichen
Folgen in der Praxis sind noch ungeklärt. Eine Auflockerung auch in diesem
Bereich ist aber zu rewarten
6 Mühlnikel, I.: Heilmittelwerberecht Spiel mit dem Feuer, 2005.
12
7.3 Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien
7.3.1 Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute?
Neben einer funktionierenden Aufbau- und Ablauforganisation aller „Marketingträger“
(siehe Kapitel 7.3.3) ist die Analyse der eigenen Istsituation Voraussetzung für die
Generierung passgenauer Strategien und Maßnahmen. Nachfolgende Übersicht zeigt
die in der Krankenhauslandschaft etablierten Analyse-Modelle. Für die Durchführung
dieser Analysen ist die Marketingabteilung hauptverantwortlich. Oftmals werden
alternativ oder additiv externe Berater eingeschaltet, die auf Fragestellungen der
Marktforschung spezialisiert sind. Empfehlenswert für die klinische Abteilungsführung ist
es, sich im Vorfeld der Analysen, zum Beispiel in Form einer Teilnahme an einem
Workshop und an der Ergebnispräsentation aktiv mit einzubringen. Denn die
Abteilungsführung verfügt über wichtige Kenntnisse zum Einweiserverhalten,
medizinische Trends, eigene Stärken und Schwächen, fachliches Know how der
Wettbewerber etc. Nur durch die Kombination von Teilwissen wird eine treffende
Analyse gelingen.
Überblick Analysemodelle: 7
Einzugsgebietanalyse
Woher kommen wie viele meiner Patienten, wie genau sieht mein lokales, ggf.
überregionales Einzugsgebiet aus? Wo gibt es Versorgungsschwerpunkte, aus welchen
Bereichen kommen (zu) wenige oder keine Patienten? Wie sieht das differenziert für
einzelne Schwerpunkte oder Hauptdiagnosen aus?
Potentialanalyse
Welche Patientenpotenziale sind im Einzugsgebiet meiner Klinikabteilung überhaupt
vorhanden? Wie unterscheiden sich die Potenziale zwischen den einzelnen
Fachgebieten bzw. Hauptdiagnosen? Wo reicht diese Potenzialbasis für die
Angebotskapazitäten aus? Wo besteht die Gefahr einer Überversorgung? Wo gibt es
noch freie Potenziale?
Wettbewerberanalyse
Wer sind die Hauptwettbewerber in meinem Fachgebiet? Wie stark sind diese jeweils in
7 Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004.
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der stationären und ambulanten Versorgung? Welche Behandlungsschwerpunkte und
Fallzahlen haben diese Wettbewerber? Wie ist deren Produktivität im Vergleich zum
meiner Fachabteilung?
Marktanteilsanalyse
Wie werden die vorhandenen Marktpotenziale meiner Fachabteilung derzeit
ausgeschöpft? Wie gut gelingt es meiner Fachabteilungen, ihre spezifischen
Versorgungspotenziale zu realisieren? Wo gibt es noch freie Potenziale und wo herrscht
bereits starker Verdrängungswettbewerb?
Einweiseranalyse
Wie sieht meine Einweiserstruktur aus? Zu wie vielen Einweisern hat das Krankenhaus
insgesamt und meine Abteilung aktiven Kontakt? Wer sind die Haupt-Einweiser? Von
welchen potenziellen Einweisern im Marktgebiet werden selten oder gar keine Patienten
überwiesen? Gibt es gefährliche Abhängigkeiten von wenigen großen Einweisern?
Markt- und Umfeldanalyse
Welche Krankheitsbilder nehmen in den nächsten Jahren zu oder ab? Welche
ambulanten Leistungen ersetzen zunehmend Leistungen meiner Abteilung? Welche
Auswirkungen haben gesetzlichen Veränderungen für meine Abteilung?
Portfolioanalyse
Wie lässt sich meine Abteilungen und deren einzelne Leistungen (DRGs) hinsichtlich
des Marktwachstums und relativem Marktanteil einteilen und vergleichen? Welche
Abteilung oder Leistung ist im Vergleich zum Wettbewerb oder klinikintern besonders
ertragsstark, welche schwach? Welche strategisch wichtigen Abteilungen können durch
andere Abteilungen mitfinanziert werden? Herrscht ein ausgewogenes Verhältnis
zwischen abnehmenden und wachsenden Leistungsbereichen?
Kostenträgeranalyse
Wie stellt sich die Kostenträger-Verteilung dar? Gibt es besondere Schwerpunkte?
Welche Kostenträger sind relativ schwach vertreten und warum? Wie hoch ist der Anteil
an Privatpatienten und Selbstzahlern?
Patientenbefragung
Wie ist die Gesamtzufriedenheit meiner Patienten? Welche Probleme gibt es? Was wird
besonders gelobt? Wo ist noch viel Potential vorhanden (im Vergleich zu anderen
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Klinikabteilungen und externen Wettbewerbern)?
Einweiserbefragung
Wie zufrieden sind die niedergelassenen Ärzte? Welche Schwachpunkte gibt es? In
welche anderen Kliniken weisen die Ärzte ein? Wie schneidet meine Abteilung
klinikintern ab?
Imageanalyse
Welchen Bekanntheitsgrad und welchen „Ruf“ hat die Abteilung in der Fachwelt und in
der Bevölkerung? Mit welchen Attributen wird die Abteilung beschrieben?
Stärken- / Schwächen-Analyse
Abgeleitet aus der Eigen- und Wettbewerberanalyse
Chancen- / Risiken-Analyse
Abgeleitet aus der Markt- und Umfeldanalyse
SWOT – Analyse
Kombination aus Stärken / Schwächen- und Chancen / Risiken-Analyse
Um zielgerichtetes Abteilungsmarketing betreiben zu können, muss die
Abteilungsleitung wissen, welche Rolle die eigene Abteilung derzeit und vor allem
zukünftig in der strategischen Leistungsplanung der gesamten Klinik und ggf. auch
innerhalb einer Klinikgruppe einnimmt. Denn Unternehmen können zur Sicherung des
Unternehmenserfolgs generell zwei alternative Strategien zur Marktbearbeitung
anwenden:8 Reduktionsstrategien und Wachstumsstrategien. Bei einer
Reduktionsstrategie werden selektiv gefährdete, nicht mehr konkurrenzfähige Teile des
Krankenhauses aufgegeben. Oder eine Abteilung passt einfach nicht mehr in die
geänderte Unternehmensstrategie, wie etwa im Zuge einer Spezialisierungsstrategie bei
der eine oder sogar einige Abteilungen geschlossen oder verkauft werden.
Wachstumsstrategien werden realisiert durch die Verstärkung der bisherigen
Marketingaktivitäten bei unverändertem Leistungsportfolio, durch die Etablierung neuer
Dienstleistungen und Leistungsinnovationen oder durch die Bearbeitung neuer Märkte
mit derzeitigen oder neuen Leistungen. Nachfolgendes Beispiel für eine
Reduktionsstrategie zeigt, wie wichtig es ist, zu den „führenden“ Abteilungen zu
8 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004.
15
gehören. Abteilungsmarketing kann hier zur Absicherung bzw. zum Ausbau der
aktuellen, klinikinternen Position dienen.
Fallbeispiel: Reduktionsstrategie
Ein Universitätsklinikum gab bekannt, dass es zehn akademische Abteilungen schließen
werde, weil sie nicht in die Strategie passen. "Uns geht es um die Konzentration auf das,
was wir eigentlich wollen", sagte der Vorstand9 So werde das Uniklinikum etwa die
Orthopädie nicht weiter betreiben und eine Lizenz an ein kirchliches Krankenhaus
verkaufen. Als Beispiele für spezielle und innovative Leistungen, die in Zukunft im
Vordergrund stehen werden, nannte der Vorstand die minimalinvasive Kinderchirurgie,
die Stammzelltransplantation nach Herzinfarkt und die virtuelle Endoskopie des
Mittelohrs.
Das Fallbeispiel zeigt, wie stark sich aktuelle Strategieüberlegungen der Klinikmanager
auf einzelne Fachabteilungen auswirken können. Ein Analysemodell zur Bestimmung
der sktuellen Position innerhalb des Klinikums ist die „Portfolioanalyse“.
Portfolio-Analyse
Bei der Portfolioanalyse werden Unternehmensbereiche hinsichtlich ihrer
Marktattraktivität und ihrem relativem Wettbewerbsvorteil verglichen. Eine in vier Felder
(genannt „Fragezeichen“, „Sterne“, „Milchkühe“, „arme Hunde“) aufgeteilte Matrix
veranschaulicht die unterschiedlichen Positionen, aus denen Normstrategien abgeleitet
werden können. Die Portfolioanalyse zeigt in wie weit eine Abteilung zum finanziellen
Betriebergebnis beiträgt oder wie ihr Marktanteil, ihre Marktattraktivität sowie ihre interne
strategische Bedeutung einzustufen ist. Differenziert kann diese Bewertung auch
innerhalb einer Abteilung – etwa nach Indikationsgebieten oder DRG`s – durchgeführt
werden, um z.B. geeignete DRG`s für eine mögliche Schwerpunktbildung zu
identifizieren. Folgendes Anwendungsbeispiel einer Portfolioanalyse visualisiert die
Verteilung einzelner Fachabteilungen auf die vier Quadranten (Abb. 2).
9 www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Uniklinik Hannover setzt künftig ganz auf innovative Medizin“.
16
Marktwachstum / Marktattraktivität
Relativer Wettbewerbsvorteil
Abb. 2: Portfoliomatrix
Quelle: eigene Darstellung
Fragezeichen (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Neurologie“)
Fragezeichen haben ein hohes Wachstumspotenzial, allerdings nur geringe
Marktanteile. Das Management steht vor der Entscheidung, ob es die Leistungen durch
Markt- oder Produktentwicklung ausbauen soll. Je nach strategischer Bedeutung der
Fachabteilung und Renditefähigkeit wird eine selektive Vorgehensweise vorgeschlagen.
Sterne (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Augenheilkunde“, „Chirurgie“)
Sterne sind Highlights des Unternehmens. Sie haben nicht nur einen hohen Marktanteil,
sondern auch ein hohes Marktwachstum. Den enormen Investitionsbedarf, der sich aus
dem hohen Marktwachstum oder z.B. Medizintechnik ergibt, decken sie allerdings
bereits mit hohem Cash-Flow. Dieser Bereich ist auch attraktiv für Wettbewerber,
Milchkühe arme Hunde
CHIR Neuro
Augen-heil-
kunde
Ortho-pädie
Fragezeichen Sterne
Innere
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weshalb eine offensive Marketingarbeit empfohlen wird. Die Normstrategieempfehlung
lautet: Investition.
Arme Hunde (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Orthopädie“)
Produkte, die keinen oder geringen Erfolg versprechen, bezeichnet man als arme
Hunde. Diese sind die Auslaufprodukte im Unternehmen. Sie haben ein geringes
Marktwachstum sowie einen geringen Marktanteil. Je nach strategischer Bedeutung für
das Krankenhaus und Versorgungsvertrag besteht hier die Gefahr einer
Desinvestitionsstrategie oder gar Abteilungsschließung durch das Management.
Milchkühe (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Innere Medizin“)
Melkkühe, haben den größten Marktanteil, jedoch ein geringes Marktwachstum. Sie
haben häufig eine dominante Stellung im Krankenhaus und sind Spitzenreiter im Cash-
Flow. Sie können deshalb ohne weitere Investitionen "gemolken" werden.
Kostensenkungsprogramme können hier im Rahmen einer Abschöpfungsstrategie
sinnvoll sein.
Bestimmung der Position von Fachabteilungen innerhalb der Portfolio-Matrix
Bei der obenstehenden Portfolioanalyse wurden beispielhaft die klinischen Abteilungen
„Neurologie“, „Chirurgie“, „Augenheilkunde“, „Orthopädie“ und „Innere Medizin“ anhand
einzelner Erfolgskriterien bewertet (Kategorien: relativer Wettbewerbsvorteil und
Marktattraktiviät). Die Erfolgskriterien wurden gewichtet, um die unterschiedliche
Bedeutung der Kriterien zu berücksichtigen (Tab. 2).10
Tab. 2: Berechnungsbeispiel „Relativer Wettbewerbsvorteil“
Hier: Fachabteilung „Chirurgie“
Kriterien Gewich-
tung
Chirurgie Wettbe-
werber 1
Wettbe-
werber 2
Wettbe-
werber 3
Marktanteil 0,20 2,1 1,4 2,0 1,3
Einweiser-
beziehung/
Befragung
0,2 3,5 3,0 2,2 2,2
BQS Ergebnisse 0,15 3,0 1,8 2,6 3,9
10 Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004. und Reisner, S.: Das integrative Balance-Scorecard-Konzept, die praktische Umsetzung im Krankenhaus, 2003.
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Hotelkomponente
u. Service
0,10 4,1 2,0 2,3 4,1
Med.techn.
Ausstattung
0,10 4,7 4,8 4,7 3,0
Know how
Personal
0,15 3,6 3,2 2,8 4,2
Marketing
Aktivitäten
0,10 3,9 2,6 5,0 3,9
Gesamt 1,00 3,6 2,7 3,1 3,4
Quelle: in Anlehnung nach Bienert, M. L., 2003
Tab. 3: Berechnungsbeispiel „Marktattraktivität“
Kriterien Gewich-
tung
Chirurgie Neuro Augen Ortho-
pädie
Lebenszyklus-
phase
0,1 3,6 3,8 4,6 3,9
Profitabilität 0,3 4,2 3,2 2,8 2,9
Strategische
Bedeutung
0,2 5,0 4,8 3,7 3,0
Schutzgrad vor
Markteintritten
0,1 3,6 4,9 4,8 3,0
Schutzgrad vor
Rivalität
0,1 4,3 4,1 3,6 3,1
Grad des Sub-
stitutionsschutzes
0,2 3,7 4,5 4,2 2,9
Gesamt 1,00 4,2 4,3 3,8 3,2
Quelle: in Anlehnung an Bienert, M. L., 2003
Die durchgeführte Portfolio-Analyse zeigt, dass die Abteilung „Orthopädie“ das
„Sorgenkind“ der Klinik ist. Um eine mögliche Schließung zu vermeiden, sollte die
Abteilungsführung ihre Marketingarbeit verstärken. Wie eine zielgerichtete
Marketingarbeit aussehen kann, zeigt folgendes Kapital.
19
7.3.2 Ziele definieren, Strategien entwickeln
Wie Kapitel 7.2.1 aufzeigte, ist die Kundenfunktion im Krankenhaus in drei Teile
aufgespaltet (Leistungsabnahme: Patient; Einweisungsentscheidung: Einweiser-Patient;
Bezahlung: Kostenträger). Diese drei Akteure stellen gleichzeitig die wichtigsten
Zielgruppen für das Krankenhausmarketing dar. An den Zielgruppen richten sich alle
Marketingüberlegungen aus:
Zielgruppen einer Klinikabteilung
• Patienten und Angehörige
• Einweiser
• Kostenträger
• Öffentlichkeit
• Mitarbeiter
• Selbsthilfeorganisationen und Patientenverbände
Noch bevor Strategien entwickelt werden, ist es zunächst wichtig, Ziele zu definieren, wo
man eigentlich hin will. Marketingziele leiten sich aus den Unternehmenszielen ab oder
sind teilweise mit diesen deckungsgleich. Laut „Krankenhausbarometer 2007“ des
Deutschen Krankenhausinstituts (DKI)11 sind die wichtigsten vier Unternehmensziele
deutscher Krankenhäuser.
Die wichtigsten Ziele von Krankenhäusern:
1. eine hohe Patientenzufriedenheit
2. eine hohe Qualität der Leistungserbringung
3. ein gutes Image des Hauses in der Öffentlichkeit
4. Verstärkung der Einweiserbindung
Diese Aufstellung der wichtigsten Unternehmensziele zeigt, wie elementar mittlerweile
marktorientierte Ziele für deutsche Kliniken geworden sind, neben den rein finanziell
orientierten Zielstellungen. Vor allem die Unternehmensziele 1., 3. und 4. sind
schwerpunktmäßig Marketingziele. Erhöhung des Marktanteils, Erhöhung des Umsatzes
oder eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit (internes Marketing) sind weitere Ziele im
11 Blum, K., Offermanns, M., Perner, P.: Krankenhaus Barometer Umfrage 2007, 2007
20
Marketing. Je nach Dringlichkeit und Wichtigkeit - die sich aus den Ergebnissen der Ist-
Analyse ableitet - werden Marketingziele ausgewählt und gewichtet.
Fallbeispiel: Ziele definieren
Eine geriatrische Akut- und Rehabilitationsklinik in Süddeutschland verzeichnet seit den
letzten Jahren einen Patientenrückgang. Die Patientenzufriedenheit wird in der Klinik
stetig gemessen und zeigt keine Veränderung. Eine Einweiserbefragung offenbart
jedoch, dass die niedergelassenen Ärzte unzufrieden sind. Als Hauptgrund wird die
schlechte Zusammenarbeit und eine mangelnde Kommunikation angegeben. Zudem
weisen die Ärzte ihre Patienten immer häufiger dem neuen Wettbewerber im
Nachbarkreis zu. Die Klinik legt deshalb innerhalb der Marketingziele den Schwerpunkt
auf die Einweiserbindung und Einweisergewinnung.
Sind die Marketingziele ausgewählt, folgt die Kreation bzw. Prüfung von
Marketingstrategieoptionen; also auf welchen Wegen die zuvor definierten
Marketingziele erreicht werden sollen. Strategieoptionen positionieren einerseits die
Leistung einer Klinikabteilung). Das heißt sie besetzt idealerweise eine
Positionierungslücke und schafft somit eine eigene Identität, indem sie die
Klinikabteilung von Anderen klar unterscheidbar macht. Andererseits dient die
Marketingstrategie dazu, den Einsatzrahmen der Marketingpolitik (Marketing-Mix)
festzulegen (Abb. 3).
Abb. 3: Die Grundelemente der Marketingstrategie12
Quelle: Thill, K.-D., 1999
12 Thill, K.-D.: Kundenorientierung und Dienstleistungsmarketing für Krankenhäuser, Theoretische Grundlagen und Fallbeispiele, 1999.
Identität erzeugen
Ziele erreichen
Marketingstrategie
Positionierung
Marketing-Mix
Erfolg
21
Positionierung
Die Positionierungsfindung als Teilprozess der Marketingstrategiebildung basiert auf der
Verbindung von Positionierungsgrundelementen, Faktoren und Techniken (Abb. 4).
Abb. 4: Positionierungsfindung13
Quelle: Thill, K.-D., 1999
Differenzierung
Diese Methode orientiert sich an der Frage, was das Angebot einer
Krankenhausabteilung von dem der Konkurrenz maßgeblich unterscheidet. Besitzt eine
Abteilung z.B. ein sehr spezialisiertes Leistungsangebot und gibt es im konkurrierenden
Umfeld kaum Vergleichbares, ist die Technik der Differenzierung besonders geeignet.
Weitere Differenzierungsmerkmale können sein: Innovative Behandlungsmethoden und
OP-Techniken, medizin-technische Ausstattung, alternative Heilmethoden. Die
13 ebenda
Differenzierung
Versorgungs-auftrag
Leistungs-schwerpunkte
Entwicklungs-perspektive
Nutzen
Assoziation
Tec
hn
iken
Markt & Umwelt
Kunden
WettbewerberF
akto
ren
Grundelemente
Positionierungs-
findung
22
Differenzierungstechnik bietet sich besonders für Abteilungen in Spezialkliniken oder
auch Universitätskliniken an.
Nutzenvermittlung
Hier wird auf den Nutzen abgehoben, den die Dienstleistung für die Kunden des
Krankenhauses hat. Dabei kann es sich z.B. um den Nutzen „medizinische Qualität“,
„Komfort“, „Aufklärung“ oder „Zuwendung/Sozialkompetenz“ handeln. Das Thema
„Qualität“ als Nutzenvermittlung gewinnt im Zuge einer immer besseren Vergleichbarkeit
von Klinikleistungen (Stichwort Qualitätsberichte, BQS Indikatoren) an Bedeutung. Wenn
etwa die Behandlungsqualität einer Klinik im Vergleich zu den Wettbewerbern sich
nachweislich abhebt, könnte eine Marketingstrategie mit der Überschrift „Transparenz“
passen. Das Offenlegen möglichst vieler Behandlungsergebnisse unterstützt die
Wirkung der Strategie.
Assoziation
Sind die beiden oben genannten Gestaltungstechniken nicht einsetzbar, kann das
Prinzip der Assoziation verwendet werden. Hierbei wird versucht eine Beziehung zu
einem ausgewählten Merkmal herzustellen, das nur mittelbar in Verbindung mit der
Krankenhausleistung steht.
Fallbeispiele: Positionierung
Differenzierung
Die Fachabteilung für Orthopädie eines 500 Betten Hauses sieht seine Stärke in der
Leistung „Endoprothetik“. Da diese Fachabteilung über ein sehr spezialisiertes
Leistungsspektrum verfügt und es im nahen Umfeld keinen ähnlich aufgestellten
Wettbewerber gibt, stellt die Positionierung eben auf das Besondere der
Krankenhausdienstleistung ab, der „Spezialklinik für Endoprothetik“.
Eine Berliner Spezialklinik hat sich ganz auf die minimal invasive OP-Technik
spezialisiert. In dem vom Berliner Tagesspiegel im Jahr 2006 veröffentlichten
Klinikvergleich belegt die Klinik bei fast allen operativen Eingriffen vordere Plätze. Die
Klinik hat sich klar spezialisiert und bedient Patienten, die auf eine schmerzfreiere Post-
OP-Phase und Reduzierung der Narbenbildung Wert legen.
Einen noch höheren Spezialisierungsgrad hat eine Münchner Klinik. Diese konzentriert
sich innerhalb der minimal invasiven Chirurgie auf die Bereiche Knie, Wirbelsäule und
Schulter. In diesen Bereichen ist die Klinik eine der führenden Anbieter in Deutschland.
23
Nutzenorientiert
Eine Brandenburgische Klinik geht einen anderen Weg. In Abgrenzung zu innovativen
OP-Techniken oder einer medizintechnischen Hightech-Ausstattung, konzentriert sich
die Klinik auf anthroposophische und erweiterte Heilkunst. Die Abteilungen der Klinik
sind zudem geprägt durch besonders sozialkompetentes Personal. Die Strategie geht
auf. Die Klinik ist bei den Patienten sehr beliebt, wie eine Umfrage der Techniker
Krankenkasse aus dem Jahre 2007 zeigt.
Eine bayrische Rehabilitationsklinik wirbt mit dem Slogan „Gesundwerden und
Wohlfühlen in traumhafter Lage“. Tatsächlich befindet sich diese in bester Lage, mitten
in einer bayrischen Erholungsregion mit herrlichem Bergpanorama. Die Klinik stellt somit
vor allem auf den Patientennutzen ab, in diesem Fall die „Lage“.
Eine große Klinikgruppe verfolgt mit ihrem transparenten Umgang der
Qualitätsergebnisse die Nutzen-Strategie „medizinische Qualität“ (medizinische
Qualitätsführerschaft)
Assoziation
Ein Berliner Krankenhausbetreiber nutzt für sein Marketing die Alternative der
„Assoziationstechnik“. Aufgrund der dominierenden regionalen Stellung im Berliner
Krankenhausmarkt eignet sich die Vermarktung eines Merkmals, das mit der
eigentlichen Krankenhausleistung nichts zu tun hat, jedoch die regionale Verbundenheit
des Unternehmens zum Ausdruck bringt: Mit dem Slogan „Medizin für Berlin“, wirbt die
Klinik auf zahlreichen Werbeplakaten und Buswerbungen in Berlin und naher
Umgebung.
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Kommentar:
Alle Kliniken haben für ihre eingeschlagene Spezialisierungsausrichtung eine Markt-
bzw. Positionierungslücke im regionalen bzw. wettbewerbsrelevanten Umfeld gefunden.
Bei einer Spezialisierung der Klinik - oder auch innerhalb einer Abteilung der Klinik - ist
es außerordentlich wichtig möglichst wenig ähnlich aufgestellte Wettbewerber zu haben,
um eine erfolgskritische Fallzahl auf dem Spezialgebiet zu erreichen.
24
Krankenhaus-Marketing bedeutet, sich auf seine Stärken zu besinnen und
zielgruppenspezifische Angebote zu entwickeln. Die Zeiten in denen jede Klinik alles
anbot sind vorbei. Qualität der Leistungserbringung bedeutet nicht nur, die Dinge richtig
zu tun, sondern auch die richtigen Dinge zu tun. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund von
Mindestmengen und BQS-Transparenz hat das Festhalten an alten Strukturen und
weniger gut erbrachten Leistungen eine fatale Konsequenz. Die Patienten wandern ab.
Viele Krankenhäuser scheuen sich noch, ihre Spezialisierungen bzw. das, was sie
besonders gut können, in den Vordergrund zu stellen. Häufig ist damit die Angst
verbunden, der Kunde könnte assoziieren, andere Krankheiten würden weniger gut
behandelt werden. Am liebsten würde man die breite Palette aller möglichen
Erkrankungen auf Fachabteilungsebene abdecken. Dies ist jedoch unrealistisch. Klare
Differenzierung hilft, sich unverwechselbar zu machen. Devise ist: Stärken in den
Vordergrund zu stellen und alle Kundenkontakte zu nutzen, um diese Stärken zu
kommunizieren.
Die Megatrends in der Gesundheitsversorgung von heute heißen Spezialisierung und
Zentrenbildung. Leistungen, die nicht selbst erbracht werden können, jedoch im Hinblick
auf ein sinnvolles „Gesamtpaket“ dem Patienten von großem Nutzen sind, werden mit
Hilfe der „Netzwerkbildung“, dem dritten Megatrend, realisiert. Verknüpfungen zwischen
Sektoren, im Sinne einer Schnittstellen optimierten, integrierten Versorgung, werden
weiter zunehmen. Strategische Vernetzung zu bilden heißt, gemeinsam mit der
Klinikführung nach geeigneten Partnern zu suchen, diese auszuwählen und
einzubinden.
Die aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis einer Strategiebildung.
Wo ist die Abteilung stark, wo schwach im Vergleich zum Wettbewerber? Was kann das
Haus besonders gut? Was passt zu uns? Was unterscheidet uns von den
Wettbewerbern? Wo möchten wir stehen? Wo sind die Zukunftschancen am größten?
Treffen die Stärken auf die Chancen des Marktes? Wo besteht derzeit noch eine
Positionierungslücke, die man besetzten kann?
Natürlich sind nicht alle Formen der Spezialisierung auf jedes beliebige Haus
übertragbar und sinnvoll. Sie müssen zum Unternehmen passen. Zur Vermarktung
eignen sich nur tatsächlich vorhandene Stärken der Abteilung. Künstlich erzeugte oder
schwache Alleinstellungsmerkmale wie etwa eine „kirchliche Trägerschaft“, die per se
eine Zuwendungsstarke Klinik implizieren soll, reichen nicht aus. Versorgungsauftrag,
25
Tradition, ärztliche Leitung sowie personelle, technische oder finanzielle Ressourcen
beeinflussen die Richtung bzw. beschränken die Bandbreite der Strategieoptionen.
Aus Fachabteilungen werden Kliniken
Eine Strategie zur besseren Befriedigung immer differenzierterer Kundenanforderungen
unterschiedlichster Patienten- bzw. Indikationsgruppen, kann die Erstellung eines
differenzierteren Angebots sein. Da einzelne Fachabteilungen immer „Teil des Ganzen“
im Krankenhaus sind (gleiches Gebäude, gleiche Hygiene, gleiche Führung für alle
Abteilungen), bestehen Grenzen einer differenzierten Angebotserstellung. Mehr
Möglichkeit zu einer Gestaltung des Profils bietet eine Herauslösung der Abteilung aus
der Krankenhausorganisation oder des Klinikgebäudes. Folgende Fallbeispiele
verdeutlichen die Strategie:
Fallbeispiele: Fachabteilung werden Einzelmarken
Um die Reputation und den überregionalen Erfolg der orthopädische Abteilung im
Bereich Endoprothetik weiter zu fördern, lagerte das süddeutschen Klinikum die
Abteilung aus und gründete eine Tochterklinik für Endoprothetik. Die Spezialklinik für
Gelenkersatz firmiert nun unter dem Dach der Mutterklinik, aber mit einem eigenen, zum
Leistungsangebot passenden Markennamen. Ein eigener Webauftritt unterstreicht die
Eigenständigkeit der Marke. Durch die Konzentration der Klinik auf die Leistungen der
Endoprothetik, die im eigenen Hause entwickelten Behandlungsmethoden und eine
erfolgreiche Kombination von routiniert-bewährten Vorgehensweisen, mit stetiger
Integration neuer Erkenntnisse sowie technischer Innovation, unterscheidet sich die
Klinik von ihren direkten Mitbewerbern.
Eine ähnliche Strategie verfolgt eine süddeutsche Uniklinik. Im Bereich der
Schönheitschirurgie wurde dort erkannt, dass die Abteilung für „plastische Chirurgie“ bei
den Patienten noch mehr Erfolg haben könnte, wenn sie die spezifischen Erwartungen
dieser Patientengruppe „Schönheitschirurgie“ hinsichtlich der damit verbundenen hohen
Erwartungen an Räumlichkeit und Ambiente erfüllt. So zog die Abteilung aus dem tristen
Universitätsbau aus und in einen neuen, eigenen Bau ein. Ein neuer Klinikname wurde
kreiert. Die neue Klinik ist nun eine hochmoderne Privatklinik für Ästhetisch-Plastische
Chirurgie. Dabei sind die leitenden Ärzte „Uniklinik-Abteilung für plastische Chirurgie“
gleichzeitig auch die Akteure der ausgelagerten Klinik. Es wurde also gezielt eine
exklusive Umgebung geschaffen, die zur Schönheitschirurgie passt. Diese hätte man im
eigentlichen Klinikum nicht erreichen können. Zusätzlich wurde eine Kooperation mit
ausgewählten Sterne-Hotels geschlossen, um Patienten neben einer fachgerechten
26
Behandlung einen gehobenen Service für die Nachbehandlungs- und Genesungsphase
anbieten zu können.
Zentrenbildung
Das Konzept der Zentrenbildung soll neben Synergie- und Einspareffekten im Kern eine
patientenorientierte Zusammenarbeit der einzelnen Fachabteilungen garantieren und
damit dem Marketingziel „Patientenzufriedenheit“ dienen. Die Zentren sollen sich an
Behandlungspfade ausrichten und dadurch einen reibungslosen und effizienten Ablauf
bei Therapie und Diagnostik gewährleisten. Durch die enge Fächerverzahnung und
Reduzierung der Schnittstellenprobleme wird gleichzeitig der wissenschaftliche
Austausch verstärkt. Für viele Kliniken besteht darin aber auch die Möglichkeit, die
eigene Kompetenz besser nach außen zu kommunizieren und so für Patienten und
Einweiser attraktiver zu sein. Aus unübersichtlichen und zahlreichen
Fachabteilungsbezeichnungen werden überschaubare, patientenverständlichere
Zentrumsbezeichnungen. Zudem suggeriert der Begriff „Zentrum“ dem Patienten eine
gewisse Exponiertheit gegenüber einer „normalen“ Fachabteilungsbezeichnung. Da der
Zentrumsbegriff nicht geschützt ist, kann er beliebig verwandt werden. Zu beachten ist
daher, dass sich die eigene Zentrumsbildung gemäß oben genannten
Qualitätsmerkmalen in Abgrenzung zu eventuellen „Mogelpackungen“ anderer Anbieter
hervorhebt.
Fallbeispiel: Zentrenbildung
Das zweitgrößte kommunale Krankenhaus Deutschlands, mit 23 Fachkliniken und 1751
Betten, hat die Fachabteilungen in acht Zentren zusammengefasst. Die Klinik versucht
die Zentrumsbildung offensiv nach außen zu vermarkten. Dazu erhalten die Zentren ein
jeweils individuelles, gestalterisches Erscheinungsbild (Corporate Design oder „CD“) in
Form eines Zentrumlogos inklusive „Zentrumsfarbe“, „Schrift“ etc. Teilweise verfügen die
Zentren sogar über eigene Website oder haben zumindest eine exponierte Position
innerhalb des Webauftritts. Durch diese Vermarktungstechnik werden die Zentren in der
Wahrnehmung des Patienten als bedeutende „Kompetenzzentren“ der Klinik
wahrgenommen. Neben dem Kliniklogo existieren nun eigene Produktlogos, die einen
produkt- und kundenorientierten Auftritt in Richtung einer echten Markenpolitik
unterstützen. Für folgende Zentren wurde ein eigenes „CD“ realisiert: Brustzentrum,
Herzzentrum, Kontinenzzentrum, Tumorzentrum, Wirbelsäulenzentrum, Kinderzentrum,
Sozialpädiatrisches Zentrum / Neuropädiatrie.
27
Abteilungsstrukturen befinden sich im Wandel, wie die Fallbeispiele zeigen. Ob ganze
Abteilungen vom Klinikum verschwinden, sich zu einer eigenen Marke weiterentwickeln
oder sich innerhalb einer Zentrumsbildung neu aufstellen. Die Abteilungsführung ist
gefordert den Trend hin zu einer mehr patientenorientierten Versorgung selbst
mitzugestalten.
7.3.3 Die Marketingpolitik
Nachdem die strategische Marketingplanung erarbeitet wurde, erfolgt die Umsetzung.
Hauptaufgabe der operativen Marketing-Planung besteht darin, die
Marketinginstrumente der Strategie entsprechend zu koordinieren und integrieren. Die in
Kapitel 7.2.1 aufgezeigten Besonderheiten des Klinikmarktes beeinflussen die
Instrumente und deren Anwendbarkeit innerhalb des klassischen Marketing-Mix
nachhaltig. Der Krankenhaus-Marketing-Mix ist im Wesentlichen auf zwei seiner vier
klassischen Bestandteile reduziert. Dies schränkt den Spielraum der Marketingpolitik
einer Klinikabteilung ein (Abb. 5).
Abb. 5: Der klassische Marketing-Mix ist im Krankenhaus nur eingeschränkt anwendbar
Quelle: eigene Darstellung
Ergänzt wurden diese vier klassischen Marketingfelder vor allem hinsichtlich des
Dienstleistungsmarketing um
• Personalpolitik
Welche sind die Kapazitäts-, Informations- und Qualifizierungsbedürfnisse für
das Personal (Quantität, Qualität, Schulungsbedürfnisse, interne Kommunikation,
Incentiveprogramme, Personalauswahl, -führung, -entwicklung)?
• Preis- und Konditionspolitik
• Distributionspolitik
• Leistungs- und Servicepolitik
• Kommunikationspolitik
Krankenhaus-Marketing-Mix
Voll anwendbar Nur teilweise anwendbar
28
• Prozesspolitik
Welche sind die relevanten Prozesse und wie sind die Prozesse gestaltet (von
der Anfahrt über die Parkplatzsituation bis hin zur Entlassung)?
• Ausstattungs- und Umfeldpolitik
Welche physikalische Ausstattung soll vorhanden sein (z. B. Art des Gebäudes,
Ambiente, Beschilderung, Patientenwarteraum, Patientenzimmer, Rezeption,
Geräte, Sauberkeit)?
Leistungs- und Servicepolitik
Die Leistungs- und Servicepolitik ist neben der Kommunikationspolitik das wichtigste
Marketinginstrument für Kliniken. Aufgabe der Leistungs- und Servicepolitik - auch
„Produktpolitik“ genannt - ist es, zu definieren, welche Leistungen überhaupt angeboten
werden sollen (Sortiment), ob neue Leistungen hinzukommen und ob Leistungen
verändert oder gar eliminiert werden sollen. Eine Anpassung an den Wettbewerb und
Neupositionierung des Krankenhauses kann mit einer Veränderung des
Leistungsspektrums, also der Fachabteilungsstruktur einhergehen. Vor dem Hintergrund
eines verstärkten Spezialisierungstrends im Krankenhauswesen können
Fachabteilungen ganz neu gebildet werden, aber auch organisatorisch derart nach
Schwerpunkten untergliedert werden, dass innerhalb bestehender Hauptabteilungen
neue Unterabteilungen, Leistungsbereiche o.ä. entstehen, die krankenhausintern ggf.
sogar als "Fachabteilung" bezeichnet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die
organisatorische Zusammenfassung von Fachabteilungen zu einer größeren Einheit
(siehe Zentrumsbildung). Mit einer Spezialisierung ist ebenfalls verbunden, wenn
Krankenhäuser eine nicht primär ihr Kernleistungsspektrum betreffende Fachabteilung
auflösen oder Abteilungen zusammenlegen oder umwandeln. Kernleistung des
Krankenhauses ist die medizinische und pflegerische Versorgung. Nebenleistungen sind
die Hotelkomponenten wie das Essensangebot, Zimmerausstattung etc. Weitere
Leistungsbereiche wie Wahlleistungen, Fahrdienst, Patientenveranstaltungen etc. bilden
die Serviceleistungen. Die beiden Elemente „Kernleistung“ und „Nebenleistung“ bilden
den Grundnutzen der Dienstleistung „Krankenhaus“. Die Serviceleistungen stellen den
Zusatznutzen dar. Bei identischer Erfüllung des Grundnutzens zweier Einrichtungen ist
bei der Klinikwahl oftmals das Vorhandensein von besonderen Serviceleistungen
(=Zusatznutzen) entscheidend.
29
Fallbeispiel: Leistungs- und Servicepolitik
Die Abteilung für Kardiologie einer bayrischen Herz- und Gefäßklinik stand kurz nach der
Markteinführung des medikamentenbeschichtete Stens vor der Überlegung, diesen auch
bei Kassenpatienten einzusetzen, gleichwohl eine Zusage zur Kostenübernahme seitens
der GKV nicht vorlag. Im Rahmen einer bereits vor Jahren definierten Qualitätsstrategie
zur Differenzierung gegenüber dem direkten Wettbewerber, entschied sich die Abteilung,
den Aufpreis der teureren Stents selbst zu übernehmen und damit die medizinische
Innovation/medizinischer Nutzen direkt und kostenlos an den Kunden weiterzugeben.
Die Entscheidung war die logische Konsequenz einer Leistungs- und Servicepolitik, die
sich aus der aktuellen Premium-Positionierung der Klinik ableitete.
Kommunikationspolitik
Kommunikationspolitik subsumiert alle zielgerichteten Maßnahmen, die zur Steuerung
von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen der Zielgruppen
eingesetzt werden. Durch die Kommunikationspolitik soll der Bekanntheitsgrad oder das
Produktwissen bei den Patienten gesteigert, ihr Empfinden gegenüber der Klinik und
deren Leistungen verbessert und schließlich das Verhalten nachhaltig beeinflusst
werden. Die Kommunikationspolitik nutzt folgende Instrumente: Werbung,
Verkaufsförderung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring, Messen und
Veranstaltungen. Zu den wichtigen Kommunikationsmedien gehören: Zeitung,
Zeitschriften, Folder, Broschüre, Buch, Brief, Plakat, Telefon, Film, Radio, Fernsehen,
Internet und eMail.
Fallbeispiel: Kommunikationspolitik (hier: Sponsoring)
Um im hart umkämpften regionalen Markt bestehen zu können und insbesondere das
angeschlagene Image zu verbessern, engagiert sich eine schwäbische Fachklinik für
Orthopädie bei einem der größten deutschen Mountainbike-Rennen mit über 2.000
Teilnehmern. Massen-Sportarten wie Fahrradfahren wecken Emotionen und passen
zum Profil einer orthopädischen Klinik, die auch viele Sportverletzungen behandelt. Als
Sponsorpartner ist die Klinik in allen Print- und Online Medien mit Logo und
Kurzbeschreibung über das Leistungsspektrum vertreten. Der Veranstalter erwartet
neben den über 2.000 Teilnehmern mehrere tausend Zuschauer aus dem relevanten
Einzugsgebiet der Klinik. Das Sponsoring Engagement der Klinik steigert den
Bekanntheitsgrad und lädt das sonst so negativ belegte Krankenhausimage positiv auf.
30
Distributionspolitik
Die Distributionspolitik befasst sich mit der Frage, auf welche Weise sowie auf welchen
Wegen die Produkte oder Leistungen zu den Käufern gelangen. Die Distributionspolitik
spielt bis dato in Kliniken eine untergeordnete Rolle. Denn Klinikleistungen sind
Dienstleistungen und werden an Ort und Stelle erbracht. Eine in Zukunft verstärkt
notwendige marktorientierte Ausrichtung weist jedoch neue Möglichkeiten in der
Distributionspolitik: 14 Transsektorale Produkte, ermöglicht durch die integrierte
Versorgung (IV), und die Begleitung vor allem chronisch kranker Menschen in den
verschiedenen Stadien und allen Krankenheitsphasen (DMP), bieten neue Chancen. So
wird die Dienstleistung komplexer und nicht mehr nur im Krankenhaus, sondern auch am
Wohnort des Patienten, im ambulanten Rehabilitationszentrum, während eines
Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege und beim Hausarzt nach einem einheitlichen Konzept
durch das Krankenhausunternehmen und seine Vertrags und Kooperationspartner
erbracht. Telemedizinische Verfahren und der Vormarsch der elektronischen
Kommunikation mit dem Patienten und seinen vielfältigen Behandlern lösen
Dienstleistungen vom physikalischen Ort. Die Installation einer (ausländischen)
Niederlassung kann zudem eine neue, interessante Absatzoption für
wachstumsorientierte Kliniken sein. Absatzmittler, in Form internationaler
Patientenagenturen, helfen Kliniken, zahlungskräftige ausländische Patienten zu
akquirieren.
Preis – und Konditionspolitik
Die Preis – und Konditionspolitik bestand in der Vergangenheit hauptsächlich aus den
Budgetverhandlungen. Auch in diesem Bereich eröffnen sich neue Horizonte. Die
Wahlleistungspreispolitik gewinnt seit Jahren immer mehr an Bedeutung. Zudem werden
die neuen Spielräume der Preisfestsetzung im Rahmen der Modelle zur Integrierten
Versorgung genutzt. Zwischen den Anbietern der Gesundheitsleistung und den
Kostenträgern können vertraglich gebundene Rabattsätze, Garantieleistungen oder
kostenlose Serviceleistungen, wie etwa ein Fahrdienst, festgesetzt werden. Für Kliniken,
die über ein hohes Aufkommen an ausländischen Patienten verfügen, kann sich die
Preispolitik auch ausserhalb der DRG-Preise bewegen. Möglich sind Formen von
Fixpreisen, die vom Fallverlauf unabhängig sind und dadurch den ausländischen
Patienten im Vorfeld einer Behandlung Sicherheit über den Endpreis geben.
14 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004.
31
7.3.4 Die richtige Organisation für das Klinikmarketings?
Marketing ist Chefsache. Dies gilt sowohl für die Administration der Klinik als auch für
leitende Ärzte. Dabei ist eine sinnvolle Organisation, Steuerung und Zusammenarbeit
zwischen den Marketingverantwortlichen besonders wichtig, um die gesteckten Ziele zu
erreichen. Marketing kann als Führungskonzept verstanden werden, das alle
Unternehmensfunktionen umspannt. Marketing kann also nicht von der
Marketingabteilung allein betrieben werden. Doch wie sind Marketingaufgaben
organisatorisch zu verteilen? Nur wenige Kliniken haben bisher das Marketing
organisatorisch in ihre Aufbauorganisation eingegliedert. Auch haben viele Kliniken
Mitarbeiter für die „Öffentlichkeitsarbeit“. Der Begriff „Marketing“ wird wenig verwendet
und oft auf die Funktion „Öffentlichkeitsarbeit“ reduziert. So erstaunt es auch nicht, dass
viele Gelder in ungeplante, unstrukturierte und aktionistische Maßnahmen einfliesen. Die
anschließenden hausinternen Diskussionen über die Wirksamkeit der Ausgaben sind
vorprogrammiert und „das subjektive Gefallen“ wird dann leider häufig zu unrecht der
Beurteilungsmaßstab.15 Abbildung 6 zeigt, welche Anspruchsgruppen zum erweiterten
Kreis der Marketingverantwortlichen gehören. Zwischen diesen Funktionen sind
strategische wie operative Marketingaufgaben zu verteilen, abzustimmen und zu
kontrollieren:
15 Bauer, J.: Marketingorganisation im Krankenhaus – vom Aktionismus zum professionellen Marketing, 2004.
Geschäftsführung / Verwaltungsleitung
Presse-Öffentlichkeitsarbeit Marketing
Produktmanager Praxisbetreuer
Ärztlicher Direktor
leitender Arzt
Pflegedienstleitung
externe Werbe-Agentur /
Beratung
Fallmanager
Konzern-Marketing
Sozialdienst
Patienten-verwaltung
Servicemanager/ Wahlleistungs-
manager
Qualitäts-management
32
Abb. 6: Marketing relevante Funktionen im Krankenhausbetrieb
Quelle: eigene Darstellung
Während die Geschäftsführung für die generelle strategische Stoßrichtung des
Klinikums verantwortlich ist, sind die oft in Stabstellen organisierten Mitarbeiter der
Marketingabteilung für das operative Marketing bzw. die Feinkonzeption und Umsetzung
der Marketingstrategie zuständig. Oft hilft eine externe Werbeagentur bei gestalterischen
oder textlichen Aufgabenstellung. Die ärztlichen Leitern sind für die
indikationsspezifische Medizinstrategie (insbesondere das Einweisermarketing) und
somit auch für produktpolitische Bereiche zuständig. Spezielle Aufgaben im
Kundenverhältnis übernehmen die Funktionen Patientenverwaltung, Fallmanager (siehe
dazu mehr Kapitel 7.4.3), Sozialdienst und Service- bzw. Wahlleistungsmanager.
Darüber hinaus ist eine enge Verzahnung zum Qualitätsmanagement wichtig,
insbesondere im Hinblick auf Patientenorientierte Prozesse im Klinikalltag. Hier kann
das Marketing das Qualitätsmanagement unterstützen und umgekehrt. Die Aufgabe
eines Praxismanagers ist die Gewinnung und Bindung von Hauptzuweisern. Damit
entlastet der Praxismanager die Abteilungsführung bei der Pflege niedergelassener
Kollegen.
In Industrieunternehmen gibt es neben der Marketingleitung und Sachbearbeitern die
Funktion des Produktmanagers. 16 Da medizinische Leistungen zunehmend als Produkte
verstanden werden können, ist die Installation eines Produktmanagers eine denkbare
Option, vor allem bei größeren Kliniken und Abteilungen. Alternativ wäre es auch
möglich, klassische Aufgaben eines Produktmanagers auf bereits existierende
Funktionen aufzuteilen bzw. zu delegieren (z.B. Referent der Geschäftsleitung,
Stationsarzt, Marketingreferent, Sekretariat).
Im Wesentlichen lassen sich die Aufgaben eines Produktmanagers folgendermaßen
zusammenfassen: 17
• Entwicklung einer langfristigen Strategie für das Produkt bzw. Leistung (z.B.
Hüftoperation)
• Erstellung eines jährlichen Marketingplans und einer jährlichen Umsatzprognose
• Zusammenarbeit mit externen Marketing- und Kommunikationsagenturen
• Motivation der „Verkäufer“ und der Distributionspartner für das Produkt
16 ebenda 17 ebenda
33
• Fortlaufende Sammlung von Informationen über Entwicklungen der Leistung am
Markt, über Einschätzung der Patienten und Kunden sowie Multiplikatoren zu
Chancen, Risiken und Problemen
• Systemtische Wettbewerberanalyse
• Initiieren von Produktverbesserungen (z.B. Anpassung an veränderte
Marktbedürfnisse)
• Überwachung der Qualität und Quantität der medizinischen
Leistungeserbringung
• Standardisierung der Leistungsprozesse
• Weiterentwicklung des Produktportfolios – insbesondere im Hinblick auf
Sortimentsbreite – und – tiefe (z.B. Integrierte Versorgung)
Für die Abteilungsführung gilt es, die aufgezeigten Strukturen und personellen
Ressourcen für die eigene Abteilung bestmöglich zu nutzen, um optimale
Voraussetzungen zur Etablierung eines professionellen Patientenmarketings zu
schaffen.
7.4 Patientenmarketing
7.4.1 Die Bausteine des Erfolgs
Im Kapital „Strategie“ wurden die Zielgruppen des Klinikmarketings genannt.
Zielgruppenspezifisches Marketing ist gerade im Krankenhaus aufgrund der
Fragmentierung der Kundenfunktion wichtig (siehe Kapitel 7.2.1). Die neben den
Einweisern wichtigste Zielgruppe für das Krankenhaus sind die Patienten. Für diese
Zielgruppe werden deshalb nachfolgend die erfolgskritischen Faktoren beleuchtet und
mittels marketingpolitischen Instrumentariums passgenaue Maßnahmen vorgestellt.
Erster und grundlegender Baustein im Patientenmarketing sind die in Kapitel 7.3.1
beschriebene Einzugsbietsanalyse sowie die Patientenbefragung. Die Erkenntnisse
daraus ermöglichen eine zielgerichtete Aufstellung von Maßnahmen zur Gewinnung von
neuen und Sicherung von alten Patientenkreisen.
Dabei müssen sich die Marketingplanungen und deren Umsetzung stets eng an den
Wünschen der Patienten orientieren. Aber welche Bedürfnisse und Erwartungen hat ein
34
Patient? Was sind typische Ergebnisse von Patientenbefragungen? Antwort dazu gibt
die folgende Aufstellung.18
Entscheidungsfaktoren für die Klinikwahl aus Patientensicht
1. Vertrauenswürdigkeit / Ruf
2. Fachliche Expertise und Kompetenz
3. Verhältnis/Beziehung zum Patienten
4. Kommunikation/Information
5. Organisation/Management der Krankenhausversorgung
6. Umgebungsgestaltung/Atmosphäre
Alle sechs Erfolgsfaktoren können durch Marketing positiv beeinflusst werden. Denn
Patientenmarketing heißt nichts anderes als alle unternehmerischen Aktivitäten an den
Wünschen der Kunden auszurichten. Die Erwartungen und Wünsche der Patienten
werden nachfolgend im chronologischen Zusammenhang erläutert. Abbildung 7 zeigt,
welche Parameter entscheidenden Einfluss auf die Patientenzufriedenheit während einer
bestimmten zeitlichen Phase haben.
Abb. 7: „Points of truth“ - Erfolgsfaktoren aus Sicht der Patienten
Quelle: Eigene Darstellung
18 Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse, 2006.
1. Ruf / Vertrauenswürdigkeit 2. Nähe/Erreichbarkeit 3. Informationseinholung
(Hausarzt, Bekannte, Broschüren, Vorträge, Klinikwebsites, Vergleichs-Portale, Presseberichte…)
4. Krankenhausauswahl 5. Infos vor Aufnahme 6. Erwartungshaltung
7. Patientenaufnahme 8. Kommunikation
(Begrüßung auf Station, Erstgespräch, Visite..)
9. Service/Organisation 10. Hygiene/Gepflegtheit 11. Behandlung(serfolg) 12. Entlassung 13. Erwartung erfüllt?
14. Übergabe / Kommunikation Klinik - Arzt
15. Weiterbehandlung (IV) 16. Heilungsverlauf 17. After Sales (Newsletter) 18. Weiterempfehlung?
beeinflusst wiederum Ruf der Klinik, Arztmeinung, Bekannte…
Vor Aufenthalt Während Aufenthalt Nach Aufenthalt
35
7.4.2 Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen
Der Ruf eilt einem voraus, heißt es. Das trifft auch auf das Krankenhaus zu, da es dort
oft um Leben und Tod geht. Dies weckt Emotionen und fördert eine Ruf- und
Imagebildung. Das Image ist die Gesamtheit aller Einstellungen, Urteile und Vorurteile
gegenüber einem Leistungsträger. Vertrauenswürdigkeit stellt dabei einen wesentlichen
Erfolgsfaktor dar.
Vertrauenswürdigkeit
Vertrauenswürdigkeit heißt, verlässlich, seriös, glaubwürdig zu erscheinen und dabei
Sicherheit auszustrahlen. Vertrauenswürdigkeit hat daher immer mit überzeugender
fachlicher Kompetenz zu tun, umfasst aber auch emotionale und normative
Implikationen und zielt auch auf das Verhältnis zum Patienten, die Kommunikation und
Information sowie Organisation der Krankenhausversorgung.
Informationseinholung / Informationsquellen
Patienten erwarten von der Krankenhausabteilung eine qualitativ hochwertige
medizinische Behandlung und die Vorhaltung eines differenzierten, spezialisierten
diagnostischen und therapeutischen Angebots. Sie erwarten aber auch eine qualifizierte
pflegerische Versorgung und eine gute Patientenbetreuung.19 (Siehe dazu Kapitel
„Strategie“). Die Schwerpunkte der Klinik sind im Rahmen der Kommunikationsstrategie
der Abteilung entsprechend zu kommunizieren. Geeignete Medienkanäle sind
Homepage, Krankenhausportale, Qualitätsbericht, Abteilungsbroschüren,
Patientenzeitung, Telefonaktionen, Web-TV / Film.
Die Medien Homepage und Qualitätsbericht werden in Zukunft immer wichtiger. Die
Verbreitung des Internets in der Bevölkerung steigt - auch innerhalb der 40-60 Jährigen -
rasant an. Der Qualitätsbericht wird aufgrund der neuen gesetzlichen Anforderungen zur
Veröffentlichung der BQS-Indikatoren für Patienten immer aussagekräftiger. Deshalb ist
es für die Klinikabteilung wichtig, gerade in diesen Medien stark präsent zu sein. Auf
einer Klinikwebsite sollte die Abteilung schnell gefunden werden. Eine Suchfunktion
nach leitenden Ärzten auf der Startseite kann dazu eine Hilfe sein. Die Einrichtung
spezieller Internetadressen für einzelne Abteilungen wie etwa www.herzchirurgie.de für
die Abteilung Kardiochirurgie, www.ms-zentrum.de für eine Neurologische Abteilung
oder www.brust-op.de für die Onkologie etc. unterstützt eine professionelle Wirkung und
19 ebenda
36
erleichtert die Auffindbarkeit. Ein Suchfeld in dem der User mach „Kompetenzdiagnosen“
der Klinik suchen kann, oder sich entlang eines „Körperkompasses“ über eine
Organsystematik zu der relevanten Fachabteilung klicken kann tragen dem Bedürfnis
des Patienten nach schnellem Informationszugang Rechnung. Zudem sollte bei der
Google Suche nach Abteilungsbeschreibenden Stichworten wie z.B. Herz-OP, Bypass,
Parkinson etc. die eigene Abteilung als Treffer vorkommen.
Wichtig bei der Umsetzung über alle Medien hinweg ist des professionelle „Corporate
Design“ (CD). Dies bedeutet ein einheitliches visuelles Erscheinungsbild mit klar
definierter Verwendung von Logo, Hausfarben, Hausschrift. Auch der Einsatz
kommunikationspolitischer Instrumenten sollte im Rahmen der „Corporate
Communication“ abgestimmt sein. Die Rolle des „Corporate Behaviour“, also das
Verhalten der Mitarbeiter untereinander sowie das Verhalten gegenüber Kunden wird im
Kapitel XY näher beleuchtet.
Informationen vor der Aufnahme
Nachdem die Entscheidung für eine Klinik gefallen ist, wird ein Termin für den Aufenthalt
des Patienten vereinbart. Im Anschluss daran ist es sinnvoll, bereits vor der Aufnahme
aktiv werden. Zum Beispiel können Unterlagen zur Klinik, zur Abteilung, zur speziellen
Behandlungsmethode, zum Arzt usw. zugesandt werden. Auch abrechnungsrelevante
Dokumente können zur Information beigelegt werden, damit der Patient sich die Papiere
in aller Ruhe ansehen kann. Sollte der Patient die Kriterien zur Teilnehme an der
Integrierten Versorgung fallen, nützt eine über die Vorteile informierende Broschüre. Mit
diesen Maßnahmen können dem Patienten bereits im Vorfeld Unsicherheiten über den
Klinik-Ablauf genommen oder zumindest gemildert werden und über die speziellen
Angebote der Klinik informiert werden. Ein gut informierter Patient beschleunigt zudem
die Aufnahmezeit in der Klinik.
Der Patient stellt sich kurz vor dem Aufenthalt vor, wie es in der Klinik sein wird. Er
macht sich ein fiktives Bild im Kopf und hat eine individuelle Erwartungshaltung. Diese
gilt es während des Aufenthalts zu erfüllen oder noch besser, zu übertreffen.
Serviceorientierung ist dabei ein entscheidender Faktor.
37
7.4.3 Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt
In der Beziehung zum Patienten während eines Klinikaufenthaltes sind laut einer
Studie20 acht Erfolgsfaktoren ermittelt worden: 1. Respekt, 2. Interesse an ihrer
psychosozialen Situation, 3. Empathie bzw. Sympathie, 4. Interesse an ihrer
biografischen bzw. ihrer Lebenssituation, 5. Partizipation und Einbeziehung in
Entscheidungen, 6. Sorgfältige Vorbereitung auf die Therapie, 7. Vertrauen und
Verständnis, 8. Verbindlichkeit. Andere Studien nennen Merkmale wie Ansprechbarkeit,
Einbeziehung des Patienten in Entscheidungen, Bereitschaft, Patienten in ihrer
Autonomie zu respektieren, aber auch ihre Befürchtungen und Ängste zu akzeptieren,
ihnen nicht zusätzlich zu schaden.21
Viele dieser Erfolgsfaktoren in der Beziehung zwischen Patient und Klinik werden bereits
in der ersten Station des Patienten im Krankenhaus einer harten Prüfung unterzogen. In
der Patientenaufnahme geht es um den ersten positiven Qualitätseindruck, der lange
haftet.
Patientenaufnahme
Der erste Eindruck zählt besonderes. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Umso
erschreckender ist deshalb die Tatsache, dass viele Kliniken in der Patientenaufnahme
Geld sparen, indem sie auf serviceerfahrenes Personal – etwa Mitarbeiter mit
Vorkenntnissen aus dem Hotelbereich – verzichten. Neben einer freundlichen und
zuvorkommenden Empfangsdame, die den Patienten mit einem Lächeln begrüßt und die
Aufnahme- und Abrechnungsprozedur durchführt, empfiehlt es sich besonders bei
älteren und dementen Patienten die Einrichtung eines Begleitservices. Dieser holt die
Patienten von der Aufnahme ab und führt ihn auf seine Station. Auf dem Weg dorthin
kann zwischen dem Begleitservice (z.B. ein Zivildienstleistender oder ein ehrenamtlicher
Helfer) und dem Patient eine Beziehung aufgebaut werden. Vielen älteren Patienten
wäre damit schon geholfen, die Angst und die Unsicherheit vor dem Unbekannten zu
verlieren. Auch sachbezogene Serviceleistungen, wie etwa ein Bonusheft, können den
Patienten bereits bei der Patientenaufnahme positiv auf das Krankenhaus einstimmen.
20 Larsson, G./Larsson, B.W./Munck, I.M.: Refinement of the questionnaire 'quality of care from the patient's perspective' using structural equation modelling, 1998. 21 Coulter, A.: Patients' views of the good doctor, 2002.
38
Fallbeispiel: Patientenaufnahme mit Serviceidee
Ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung am Bodensee bietet seinen Patienten
einen besonderen Service an: Ein Bonus-Scheckheft. Es beinhaltet kostenfreie sowie
verbilligte Serviceleistungen und wird während der Aufnahme überreicht. Angebote sind:
Zwei Bons für eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen (auch einzulösen von
Angehörigen), ein kostenloses Probe-Abo der regionalen Tageszeitung, das automatisch
ohne Kündigung ausläuft, ein Gutschein für eine Wellnessbehandlung, eine Ermäßigung
für den Friseurbesuch, ein Parkbon zur Gebührerstattung für Besucher und eine
Einladung zu einer Informationsveranstaltung im Haus. Für „IV-Patienten“ gibt es dazu
ein gesondertes Bonus-Scheckheft mit weiteren Leistungen und Informationen über IV-
spezifische Zusatzleistungen. Der Nutzen: Eigene und fremde Zusatzleistungen werden
auf diese Weise positiv ins „rechte Licht“ gerückt. Das Portfolio an Serviceleistungen
wird kommuniziert, der Patient kann selbst auswählen und der Patient ist positiv
überrascht über einen für Kliniken eher untypischen Service.
Kommunikation22
Besonders wichtig wird aus Patientensicht während des Aufenthalts die Kommunikation
und Information erachtet. Damit ist ein empfindlicher Bereich der
Krankenhausversorgung angesprochen. Denn seit Jahren wird ihr entgegengehalten,
dass die Kommunikation mit den Patienten (aber auch der Akteure untereinander)
unzureichend ist und die hier üblichen Muster der Kommunikation und Interaktion
dringend revisionsbedürftig sind. Kommunikationsdefizite zeigen sich schon bei der
Abklärung und Mitteilung der Diagnose – ein Abschnitt im Krankheitsverlauf, der oft
bereits einer Odyssee gleichkommt und vielfach eher durch hilflose Nicht-
Kommunikation, denn durch würdevolle und sensible Verständigung mit den Patienten
und ihren Angehörigen gekennzeichnet ist. Kommunikationsdefizite werden auch dann
sichtbar, wenn es darum geht, die Behandlung festzulegen – ein Schritt, der meist ohne
partizipative Einbeziehung des Patienten erfolgt. Defizite werden auch darin offenbar,
dass Patienten sich unzureichend über die (medikamentöse) Therapie und deren
Implikationen informiert fühlen.
Patienten möchten die Gewissheit haben, dass sie ausreichend informiert werden, dass
ihnen zugehört wird und sie mit ihren Äußerungen nicht auf Ignoranz, sondern auf
Resonanz und Interesse stoßen. Zudem wünschen sie sich eine ausreichende
22 Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse, 2006.
39
Ansprechbarkeit der Klinikmitarbeiter. Sie möchten so informiert werden, dass sie die
erhaltene Information nachvollziehen und verstehen können. Schließlich – auch das ist
ein wichtiger Aspekt – erwarten sie, dass ihnen genügend Zeit zur Verfügung steht, um
die Information zu verarbeiten und ggf. Rückfragen stellen zu können. Diese Erwartung
richten sie an die sie behandelnden Ärzte, wie auch an das Pflegepersonal.23
Ein Instrument, um diese Patientenwünsche zu erfüllen, ist der Fallmanager.
Fallmanager: Ärzte entlasten und den Patienten in den Mittelpunkt rücken
Fallmanager (auch „Case-Manager“ genannt, da Ursprung in USA) nehmen Patienten
auf, organisieren Behandlungen und schleusen sie durch die Stationen - bis zur
Entlassung. Alle nicht-ärztlichen Aufgabenfelder, die um den Patienten gruppiert sind,
werden organisatorisch zusammengefasst. Dazu gehören: die Pflege, die
Funktionsdienste, die medizinisch -technischen Dienste, die Therapiebereiche, die
Sozialberatung, der Stationsservice und die Seelsorge. Der Patient und sein
Versorgungsprozess werden konsequent in den Mittelpunkt gestellt. Die
Interessenvertretung von einzelnen Berufsgruppen findet erst nachrangig statt. „Soviel
Krankenhaus wie nötig – sowenig Krankenhaus wie möglich“ ist eines der Leitmotive.
Ziel dieses Ansatzes ist es, Abläufe zu straffen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden
und für den Patienten und die Angehörigen möglichst viel Transparenz und aktive
Beteiligung in das Versorgungsgeschehen zu bringen.
Fallbeispiel: Fallmanager
Dagmar Clauß ist examinierte Krankenpflegerin und arbeitet als Fallmanagerin. In dieser
Funktion steuert sie den Strom der Patienten: Sie bestellt Patienten ein und organisiert
deren Aufenthalt bis zur Entlassung. Dafür bietet ihr Arbeitsgeber, eine Universität,
eigens eine Spezialausbildung an. So sieht eine Besprechung mit Patienten aus:
Dagmar Clauß klärt auf über die bevorstehenden Behandlungen, fragt nach
Vorerkrankungen, notiert die Diagnosen des Hausarztes. Ein Segen für die
Stationsärzte, die von dieser Aufgabe entlastet sind.
23 Ebenda
40
Servicekräfte: Hotelservice auf der Station
Immer mehr Kliniken delegieren nicht nur einfache ärztliche Tätigkeiten an das
Pflegepersonal. Durch eine konsequente Trennung von Service und Pflege setzen sie
gezielt servicefokussiertes Personal ein, entlasten damit die Pflegekräfte und bieten
einen hotelähnlichen Service. Die Servicekräfte sind mit allen gastronomischen und
hauswirtschaftlichen Serviceleistungen, die man als Gast aus einem Hotel kennt,
betraut. Die Patienten haben damit zusätzlich zum Fallmanager, einen zentralen
Ansprechpartner für den Servicebereich auf der Station und jemanden, der sich darum
kümmert, wenn es um das Erfüllen der oftmals kleinen Wünsche geht, die den
Stationsalltag komfortabel gestalten.
Fallbeispiel: Servicekräfte
Eine Klinik im Harz setzt spezial ausgebildete Servicekräften ein, die helfen wo sie
können und gerne auch mal den ein oder anderen kleinen Sonderwunsch erfüllen. So
zum Beispiel sind die Servicekräfte für den „Roomservice“ zuständig, der dafür sorgt,
dass Patienten und Gäste jederzeit kalte und warme Getränke bestellen können. Die
Service-Mitarbeiter entlasten das Pflegepersonal zudem von pflegefremden Tätigkeiten
wie Menüabfragen, Servieren und Abräumen, Patientenbegleitdienst, Beziehen der
Betten, Aufbereitung patientennaher Bereiche, Bestückung der Pflegewagen. In der
Klinik werden Patienten bei ihrer Ankunft von einem „Concierge“ empfangen. Er ist dafür
verantwortlich, Gepäck aufs Zimmer zu bringen, Fragen zu beantworten und dafür zu
sorgen, dass Neuankömmlinge sich sofort wohl fühlen. Die Zufriedenheit der Patienten
konnte so gesteigert und die Anzahl der Beschwerden reduziert werden.
Organisation und Prozesse
Im Bereich der Organisation erwartet der Patient reibungslose Abläufe und kurze
Wartezeiten. Er möchte, dass ihm hinreichend Zeit gewidmet wird und personelle
Kontinuität herrscht. Personelle Kontinuität, kann am besten durch die Einrichtung eines
Fallmanagers und durch die Stationsorganisationsform „Bereichspflege“ sichergestellt
werden. Bei der Bereichpflege arbeitet eine Schwester für einen fest definierten
Patientenkreis eigenverantwortlich, und übernimmt alle pflegerischen Tätigkeiten. Der
Patient erwartet darüber hinaus Flexibilität der Klinikorganisation. Zum Beispiel im
Bereich der Besuchsregeln, Essensoptionen oder etwa bei den Duschzeiten.
Transparenz über die Stationsorganisation und Betriebsabläufe steigern die Akzeptanz
und die Toleranzgrenze des Patienten. Sollte die Toleranzgrenze eines Patienten einmal
41
überschritten sein und sich dies in Form einer Beschwerde offenbart, sollte die Abteilung
auf ein standardisiertes Beschwerdemanagement zurückgreifen können. Im Rahmen
eines Beschwerdemanagement werden Beschwerden ernst genommen, Schwachstellen
aufgedeckt und konstruktive Verbesserungen eingeleitet. Ein Hamburger Krankenhaus
hat sich beispielsweise gemeinsam mit 35 anderen Kliniken in der Region „Hamburger
Erklärung zum Beschwerdemanagement im Krankenhaus“ angeschlossen. Darin
verpflichten sich die Kliniken, dass diese im Fall einer Beschwerde ihr Anliegen auf
einfachem Weg äußern können; dass die Beschwerde verlässlich und zügig bearbeitet
wird und dass die Patienten über Bearbeitung und Ergebnis der Beschwerde so schnell
wie möglich informiert werden.
Entlassung
Das Entlassverhalten ist eine Hauptschwachstelle in deutschen Kliniken. Dort liegen
noch beachtliche Reserven, die es zu heben gilt. Folgende Empfehlungen können dazu
an die Abteilungsführung gerichtet werden:
• Erstellung von Arbeitsanweisungen oder Behandlungspfaden zur
Entlassungsabwicklung
• Einsatz speziell qualifizierte Fachkräfte, die schwerpunktmäßig für das
Entlassungsmanagement bzw. die Patientenüberleitung zuständig sind
(Fallmanager, Fachkräfte für Pflegeüberleitung o. ä.)
• Einbindung des Ärztlichen Dienstes, des Pflegedienstes sowie des
Sozialdienstes in der Entlassungsplanung
• Einsatz standardisierter Assessmentinstrumente zum poststationären Pflege-
und Versorgungsbedarf sowie Überprüfung der Entlassungsplanung nach der
Entlassung
• Einbindung der Kostenträger und nachsorgenden Leistungserbringer in die
Entlassungsplanung (z. B. Reha-Kliniken, ambulante und stationäre
Pflegeinrichtungen)
• Organisation des Krankentransports
Fallbeispiel: Nachsorgepaket zur Entlassung
Um das Interesse an dem Patienten auch nach einem Klinikaufenthalt zu verdeutlichen
übergibt eine geriatrische Klinik dem Patienten bei der Entlassung ein individualisiertes
„Nachsorgepaket“. Dies beinhaltet Unterlagen des Patienten (z.B. Einnahmeplan der
Medikamente), eine Broschüre mit indikationsspezifischer Video-CD über rehabilitativen
Übungen zu Hause (z.B. Gangtraining zur Sturzvermeidung), Informationsmaterial
passend zur Indikation des Patienten (Schlaganfall, Hüftbruch), eine Liste mit
42
Notfallnummern, Physiotherapeuten, Altenheimen und Hilfsorganisationen. Vorstellbar
wäre auch die kostenlose Übergabe eines Blutdruckmessgerätes bei entsprechender
kardialer Indikation. Das Messgerät könnte von einem Sponsor aus der Medizintechnik
finanziert werden und Startpunkt für eine telemedizinische Betreuung sein.
7.4.4 Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge
Weiterbehandlung / Kommunikation
Die Schnittstelle Krankenhaus zur weiterbehandelten Einrichtung (z.B. Arzt oder
Rehabilitationsklinik) stellt eine besondere Herausforderung für das Abteilungsmarketing
dar. Oft sehen Patienten Mängel in der Kommunikation kurz vor und kurz nach der
Entlassung. Sie fühlen sich teils unzureichend über die nachfolgende (medikamentöse)
Therapie und deren Implikationen informiert und zeigen Unsicherheiten, wie die
nachfolgende (häusliche)
Versorgung weitergeht. Die Kommunikation mit nachgelagerten Leistungserbringen stellt
deshalb einen erfolgkritischen Faktor in der Patientenbeurteilung dar. Mögliche
Ansatzpunkte sind hier ein verbesserter Service nach dem Konzept „alles aus einer
Hand“. Das Ziel: Die Nachsorge für den Patienten organisieren und damit für diesen
erleichtern, im Sinne einer Serviceleistung der Klinikabteilung. Aber auch so einfache
Dinge wie eine schnelle Übersendung des Entlassbriefes an den niedergelassenen Arzt,
entscheiden die Patienten- und Einweiserzufriedenheit mit.
Fallbeispiel: IV-Produktpaket – alles aus einer Hand
Eine große Krankenkasse und eine norddeutsche Klinik vereinbaren ein besonderes
Produktpaket: Patienten, die eine Hüftoperation benötigen, werden durch eine enge
Verzahnung von der ersten Voruntersuchung bis zur Rehabilitation aus einer Hand
begleitet. Das integrierte Behandlungskonzept sieht unter anderem eine
Hüftsprechstunde, eine gezielte OP-Vorbereitung, enge Absprachen mit den
Nachbehandlern und mehrmalige kostenlose Kontrollen vor. Die Klinik garantiert dabei
nicht nur einen klar definierten Behandlungsstandard, sondern gibt auch eine Garantie
für zehn Jahre. In dieser Zeit wird bei Komplikationen gratis nachbehandelt. Damit wird
das Gesundheitsprodukt „Elektive Hüftenoprothetik“ zu einem fest definierten Produkt,
das sich gegenüber vergleichbaren medizinischen Leistungen durch Transparenz,
garantierte Qualität und Nachhaltigkeit auszeichnet. Solch ein Produktangebot kann
43
Ausgangspunkt für die Entwicklung eines viel zitierten Markenartikels für Kliniken sein.
After Sales
„After Sales“ versteht sich als die Phase nach dem Verkauf einer Dienstleistung an den
Kunden. Mit diesem Marketinginstrumentarium sollen zwei Ziele erreicht werden.
Erstens können „After Sales“ Aktionen die Zufriedenheit des Patienten absichern oder
sogar verstärken. Zweitens bewirkt es indirekt eine verbesserte Weiterempfehlungsrate
des Patienten, was sich wiederum positiv auf die Gewinnung von neuen
Patientenkreisen auswirkt. Ein typisches Beispiel für eine „After Sales“ Maßnahme ist
der Newsletter. Ein Herzinfarkt-Patient erhält etwa von der kardiologischen Abteilung
nach seinem Klinikaufenthalt regelmäßig einen Informationsnewsletter über neueste
Forschungsergebnisse, Therapien oder Medikamente rund um das Thema Herzinfarkt.
Die Klinik bestätigt dadurch auch im Nachgang einer Behandlung ihre Expertenstellung
und einen guten Patientenservice. Eine weitere „After Sales“-Aktion kann die
telemedizinische Betreuung des Patienten zu Hause sein. Oder der Patient wird in
regelmäßigen Abständen – in Abstimmung mit der Krankenkasse – von einem Arzt oder
von einer Pflegekraft zu Hause telefonisch beraten und betreut.
Fallbeispiele: After Sales und Kundenbetreuung
Die DAK bietet ihren chronisch Erkrankten Versicherten ab 2008 einen telefonischen
Betreuungsservice an. Speziell ausgebildete Pflegekräfte beraten und betreuen die
Patienten vor und nach einem Klinikaufenthalt. Ein Krankenhaus könnte sich hierbei als
kompetenter Leistungserbringer über die Akut-Versorgung hinaus als Partner profilieren.
Eine kostenlose Klinik-Hotline für ausgewählte „Dauerpatienten“ verstärkt die
Kundenbeziehung zwischen Patient und Krankenhaus.
Ein amerikanisches Krankenhaus nutzt die steigende Verbreitung des Handys. Die Klinik
schickt ihren Patienten drei Tage nach dem Klinikaufenthalt eine SMS-Nachricht und
erkundigt sich nach dem Wohlbefinden. Alternativ versendet die Klinik einen Brief, wenn
keine Handynummer vorliegt.
44
7.4.5 Besondere Patienten, besondere Anforderungen
Unter „besonderen“ Patienten werden hier Privatpatienten, Selbstzahler, ausländische
Patienten und Patienten zur integrierten Versorgung verstanden. Beispielweise kann die
Akquisition von ausländischen Patienten eine positive Ausstrahlung auf das Image der
Abteilung haben. Die Tatsache, überregionale Patienten anzuziehen, legt für Patienten
im Kern-Einzugsgebiet eine gewisse Qualitätsvermutung nah. Doch ausländische
Patienten müssen geworben und entsprechend ihrer besonderen Anforderungen betreut
werden. Wichtige Erfolgsfaktoren für das Ausländermarketing sind:
• Sprachliche Kommunikation (eigene Mitarbeiter oder externer
Übersetzungsdienst)
• Servicemanager als „VIP-Betreuer“
• Organisation der Patientenverwaltung (Kostenvoranschlagerstellung,
Abrechnungsmodalitäten, Transaktion, Vorauszahlung, Pauschalpreise)
• Kontakte zu Vermittlungsagenturen
• Kontakte zu Botschaften
• Exklusive Zimmerausstattung (Zimmergröße, Einrichtung, Mobiliar, Technik)
• Organisation der Anreise und Weiterbehandlung
Auch für IV-Patienten (Teilnehmer der integrierten Versorgung) müssen spezielle
medizinische Leistungen und Serviceleistungen vorgehalten werden und in die
Klinikorganisation integriert werden. Dies bedingt oft einen getrennten
Behandlungsprozess sowohl medizinisch-pflegerisch als auch verwaltungsseitig. Der
Abschluss und die Umsetzung mehrerer solcher Verträge zur integrierten Versorgung
mit jeweils eigen definiertem Vertrags- und Leistungsinhalt stellt die Kliniken -
insbesondere die Patientenverwaltung - vor enorme Herausforderungen. Eine enge
Abstimmung zwischen den Klinikabteilungen ist erforderlich, um die IV spezifischen
Leistungsinhalte vertragsgetreu umzusetzen. Bei dem Aufbau solchen
kundengruppenspezifischer Prozesse stecken deutsche Kliniken sicherlich noch in den
Kinderschuhen. Sollte sich die fortschreitende Entwicklung der bilateralen Verträge
zwischen den Kliniken und den Krankenkassen in den nächsten Jahren fortsetzen, wird
ein radikales Umdenken und ein kundengruppenspezifisches Reorganisieren von Teil-
Prozessen nötig sein.
45
7.5 Patientenströme sichern durch Einweisermarketing
Rund 54 Prozent der Krankenhauspatienten werden direkt vom Arzt eingewiesen, oft für
geplante Eingriffe, ergab eine Studie des Instituts „Customer Research“.24 13 Prozent
kommen vom Notarzt, 33 Prozent der Patienten wählen die Klinik selbst, lassen sich
dabei aber oft von ihrem Arzt beraten. McKinsey schätzt, dass rund 80 Prozent aller
Patienten dem Rat ihres Arztes folgen.25 Für die Klinikabteilungen sind die
niedergelassenen Ärzte deshalb die entscheidenden „Gatekeeper“.
Trotz dieser Erkenntnis wird Einweisermarketing in vielen Kliniken immer noch
unstrukturiert umgesetzt. Ausgangspunkt des Einweisermarketing ist eine Befragung
und Analyse der Einweiser (siehe Kapitel 7.3.1). Je nach Ergebnislage von Befragung
und Analyse können entsprechende Ziele zur Eliminierung der Schwachstellen
ausgewählt und priorisiert werden. Wo liegen die aktuellen Defizite? Welche Ziele sind
hinreichend erfüllt? Was soll (noch) erreicht werden?
Ziele des Einweisermarketings
• Langfristige Sicherung des Abteilungserfolgs
• Sicherung / Steigerung der Zuweisungsintensität und Zuweiserbindung
• Gewinnung neuer Zuweiser
• Zuweisung der „richtigen“ Krankheitsbilder
• Abstimmung von Abläufen, Diagnostik, Therapie, Nachbehandlung
• Steigerung der Behandlungsqualität
• Kostensenkung durch Synergieeffekte
• Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit und Abwehren von Wettbewerbern
Um diese Ziele zu erreichen, muss die Abteilungsführung wissen, welche
entscheidenden Faktoren den niedergelassenen Arzt zur Klinikwahl beeinflussen.
Top 10 Kriterien für die Krankenhauswahl eines Arztes (nach Wichtigkeit sortiert)26
1. Kurzentlassbrief Patient direkt mitgeben
2. Erreichbarkeit Ansprechpartner während Einweisungsentscheidung
24 www.ftd.de, Suchbegriff „König Einweiser“. 25 Ebenda 26 Dobbelstein, T.: Erreichbarkeit und schnelle Prozesse zeichnen gute Krankenhäuser aus, 2007.
46
3. kooperatives und faires Miteinander von niedergelassenem Arzt und Klinikarzt
sowie Akzeptanz der Einweisungsentscheidung
4. Sofortige Entscheidung über Aufnahme oder Ablehnung Patient
5. medizinisch fachliche Kompetenz der Klinikärzte
6. umgehende Zusendung Arztbrief
7. Qualität der medizinisch technischen Ausstattung
8. Qualität des Arztbriefes
9. Ausmaß, in dem Patient mit Klinikwahl des Arztes übereinstimmt
10. Arbeitsklima im Krankenhaus
Auffallend bei obiger Auflistung ist, dass insbesondere diejenigen Kriterien von hoher
Wichtigkeit sind, die dem Einweiser schnelle und reibungslose Prozesse in der
Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus gewährleisten und sich auf den Umgang
miteinander beziehen. So wird etwa die umgehende Zusendung eines Arztbriefes als
wichtiger angesehen als seine tatsächliche Qualität. Weiterhin spricht für diese
Behauptung, dass die Erreichbarkeit eines Ansprechpartners bei der
Einweisungsentscheidung sowie der Kurzentlassungsbrief, welchen der Patient mit sich
führt, als die wichtigsten Kriterien angesehen werden. Ist das entsprechende Kriterium
nicht erfüllt, stört dies die Arbeitsabläufe des Arztes merklich und führt zu
Prozessverlängerungen. Hier wird deutlich, wie wichtig eine gute Organisation innerhalb
des Krankenhauses ist.
Die von Jungblut-Wischmann27 aufgestellte Bedürfnispyramide niedergelassener Ärzte
in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern zeigt ein etwas anderes Bild
(Abb. 9). An erster Stelle steht hier zwar ebenfalls die „fachliche Kompetenz“. An zweiter
Stelle jedoch wird hier die „Akzeptanz der eigenen Leistung“ genannt. Dies lässt den
Schluss zu, dass Maßnahmen wie Ärztebesuche, bei denen das Interesse an den
Leistungen der niedergelassenen Kollegen gezeigt werden kann, von enormer
Wichtigkeit sind. Eine hohe Informations- und Kommunikationsrate mit den Einweisern,
eine funktionierende Organisation sowie ein guter Service verbessert das
Einweiserverhältnis nachhaltig.
27 Jungblut-Wischmann, P.: Allgemeine Kundenerwartungen, 2000.
47
Abb. 8: Bedürfnispyramide einweisender Ärzte
Quelle: Jungblut-Wischmann, 2000
Instrumente, die zur Erfüllung oben genannter Einweiserwünsche geeignet sind, werden
nachfolgend vorgestellt.
Organisation & Service
Schlechte Erreichbarkeit der Klinikansprechpartner, schleppende Patientenanmeldungen
oder verspätete Entlassberichte. Dies sind Faktoren, die bei Einweisern schnell zu
Unmut und Frustration führen. Erste ausbleibende Patientenzuweisungen sind
Warnzeichen. Um dies zu verhindert können folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
• Angebot von prästationärer Diagnostik
• gemeinsame Nutzung von Geräten
• Ermöglichung von belegärztlicher Tätigkeit
• Freie Raumkapazitäten an niedergelassene Ärzte oder Notfallpraxen vermieten
• Elektronisches Patientenanmeldesystem
• Erreichbarkeit von Kollegen
• Geschwindigkeit bei der Terminvereinbarung
• Geschwindigkeit stationärer Aufnahme dringlicher Fälle
• Organisation und Durchführung eines Ärzte-Stammtisch
• Organisation und Durchführung von Fortbildungsangeboten
• Gemeinsame Vortragsveranstaltungen mit niedergelassenen Ärzten als
Referenten, um die gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Klinik(ärzten) und
Praxis zu unterstreichen.28
28 Ohm, J.: Zuweisermarketing als Instrument der Fallsteuerung, 2004.
Fachliche Kompetenz und Ruf
Akzeptanz der eigenen Kompetenz
Information & Kommunikation
Organisation
Serviceleistungen
….
48
Einführung eines Vertriebsmanagement -
Der leitende Arzt als „Vertriebschef“ und speziell ausgebildete Klinikmitarbeiter
als „Key-Account-Manager“
In zahlreichen Rehakliniken ist es bereits Usus. In der Industrie sowieso. Für die meisten
Krankenhäusern jedoch ist es noch Neuland: Der Vertrieb als neue Managementfunktion
in der Abteilungsführung. Um den Informationsbedürfnissen niedergelassener Ärzte und
ihrem Bedürfnis nach Akzeptanz der eigenen Kompetenz ausreichend zu befriedigen,
benötigt es eine vertrauensvolle und eine auf „Win-Win“-Verhältnis basierende
Beziehung. Vor allem die Beziehungen zu den Top-Einweisern, die so genannten „Key-
Accounts“, sind von besonderer Wichtigkeit für einen gesicherten Patientenzustrom und
müssen demzufolge gehegt und gepflegt werden. Mit Einweiserbriefen, vereinzelten
Telefonaten und sporadischen Einweiserveranstaltungen ist es nicht getan. Eine
umfassendere Betreuung kann die ärztliche Leitung jedoch im Klinikalltag nicht leisten.
Hier lohnt es sich zu investieren und dem leitenden Arzt als „Vertriebschef“ einen „Key-
Account-Manager“ oder „Praxisbetreuer“ an die Seite zu stellen, der sich um die Top-
Einweiser kümmert. Aufgaben des Praxisbetreuers könnten sein,
Verbesserungspotentiale und akute Problemherde in der Zusammenarbeit aufzuspüren,
Kooperationsmöglichkeiten mit den niedergelassenen Ärzten auszuloten und diesen
über Neuigkeiten aus der Klinik informieren. Der Praxisbetreuer sollte über
medizinisches Know-how verfügen. Denkbar wäre es etwa einen Pharmareferenten,
Marketingmitarbeiter mit medizinischem oder pflegerischem Background oder natürlich
Ärzte und Pflegekräfte einzusetzen. Klinikgruppen wie Damp oder SRH setzen solche
speziell für den Einweiservertrieb ausgebildeten Mitarbeiter bereits seit Jahren ein.
Informationsmaterial und Informationsangebote
Einweiser beklagen des Öfteren den Mangel an Informationen über die
Krankenhausabteilungen. Um Patienten über eine Abteilung zu informieren, kam es
schon vor, dass sich niedergelassene Ärzte selbst aushalfen und eigene Klinik-
Informationsblätter für ihre Patienten anfertigten. Neben dem persönlichen Kontakt über
den ärztlichen Leiter oder durch Praxisbetreuer unterstützen Einweiserbriefe,
Einweiserzeitungen, Broschüren, Mailings, Veranstaltungen, Vorträge den
Informationsbedarf des Niedergelassenen. Neueste Informationen über
Forschungsberichte, Studien, Behandlungsergebnisse, neue Geräte, OP-Techniken etc.
sollten dabei textlich und gestalterisch überzeugend aufbereitet werden, um die
Wichtigkeit der „Praxis-Klinik“-Beziehung zu unterstreichen.
49
Fallbeispiele: Online-Angebote
Im Bereich Online-Services gibt eine Schweizer Klinik-Gruppe ein positives Beispiel vor.
Im Internet hat die Klinikgruppe ein eigenes Informationsportal für Ärzte eingerichtet.
Niedergelassene Ärzte können dort Online-Schulungen besuchen, einen umfassenden
Fortbildungskatalog einsehen, internationalen Kongresskalender durchforsten und sich
über Studien sowie aktuelle Forschungsprojekte informieren. Publikationen der Ärzte,
ein Medikamentenlexikon und eine Sammlung medizinischer Gesetze sowie Richtlinien
zu Qualität und Hygiene runden das Online-Angebot ab.
Einweiser-Portal und elektronische Patientenakte
Ein Patient wird aus dem Krankenhaus entlassen. Für die Nachbetreuung hat er am
nächsten Tag einen Termin bei seinem niedergelassenen Arzt, dem bereits sämtliche
Daten des Patienten vorliegen. So oder ähnlich könnte ein Szenario aussehen, wenn
zukünftig so genannte Einweiserportale die Kommunikation zwischen Krankenhaus und
Arztpraxen bestimmen. Ob Arztbriefe, Bettenanfrage oder Hinweise für die Medikation -
die elektronische Plattform eines Einweiserportals könnte per Mausklick den
Informationsaustausch zwischen Praxis und Klinikum merklich beschleunigen. Wann
kann der Patient kommen? Was muss er ins Krankenhaus mitbringen? Mit einem
optimierten Datenzugang für alle Beteiligten könnten eine Behandlung verkürzt und nicht
zuletzt Kosten und Ressourcen gespart werden.
Fallbeispiele: Einweiserportal
An einer Mitteldeutschen Universitätsklinik können derzeit rund 90 Ärzte aus der Region
auf Befunde, Arztbriefe und Bilddaten zugreifen, Überweisungen elektronisch
übermitteln und elektronisch Termine für ihre Patienten buchen. Das Einweiserportal soll
als Schnittstelle zum niedergelassenen Arzt ein Garant zur Sicherung der
Patientenströme sein und noch weiter ausgebaut werden. Eine große Klinikgruppe plant
eines der europaweit größten eHealth-Projekte.29 Sie wird all ihre 46 Kliniken mit Hilfe
einer webbasierten elektronischen Patientenakte, genannt „WebEPA“, vernetzen. Damit
wird die Kommunikation zwischen den verschiedenen klinischen Dokumentations-,
Krankenhausinformations-, Bildspeicher- und Arztpraxissystemen in insgesamt 46
Krankenhäusern und den zugehörigen Medizinischen Versorgungszentren ermöglicht.
Die Kooperation soll niedergelassene Ärzte mit einschließen. Die Klinikgruppe hat sich
darüber hinaus mit anderen Klinikgruppen, öffentlichen Einrichtungen und Instituten im
Rahmen des Projekts elektronische Fallakte (eFA) zu einem offenen Konsortium
29 www.rka.de, Suchbegriff „WebEPA“.
50
zusammengeschlossen, bei dem die Daten auch Konzernübergreifend ausgetauscht
werden sollen.
Stabile Netzwerke aufbauen
Stabile Netze mit Einweisern steigern und sichern die Fallzahlen. In Zukunft wird es
noch deutlich mehr solch enger Kooperationen geben. Der Schlüssel für ein
erfolgreiches Einweisermarketing liegt in der Nutzengenerierung für den
niedergelassenen Arzt sowie dessen Einbindung am Gesamtleistungsprozess. Dies
kann nur gelingen, wenn gemeinsame Interessen getroffen werden und eine Win-Win
Situation entstehen kann. Eingeschlossen sind hier etwa die budgetäre Situation der
niedergelassenen Ärzte, basierend auf geeigneten Absprachen, beispielsweise über
prästationäre Diagnostik und poststationäre Maßnahmen, ausreichende Information,
unkomplizierte Kommunikation und administrative Prozesse, einfache und kompetente
Ansprache im Bedarfsfalle sowie klare gemeinsame Kompetenzentwicklung und
verabredete Patentenbindung.30 Durch diese umfassende Einbindung – auch im
Rahmen von Verträgen zur Integrierten Versorgung - werden die niedergelassenen
Ärzte in die Lage versetzt, ihren Patienten eine hochwertige Versorgung und
kundenorientierter Service anzubieten und diese so längerfristig an die Praxis binden
können. Niedergelassene Ärzten können dort als gleichwertiger Partner in eine
intersektorale Versorgung auf gleicher Augenhöhe einbezogen werden. Dort lassen sich
für die Einweiser genau wie für die Kliniken Verdienste außerhalb der Budgets
realisieren. So profitiert der Einweiser auch unmittelbar finanziell von einer Kooperation
mit dem Krankenhaus.
Fallbeispiel: Netzwerke aufbauen
Ein deutscher Klinikkonzern forciert seit 2005 mit der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung die Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten. Region für Region wird
mal die gemeinsame Notfallversorgung umgebaut, mal die Medikamentenvergabe
abgestimmt. Die Überlegung dahinter ist einfach: Je intensiver die Zusammenarbeit mit
den Ärzten, desto wahrscheinlicher überweisen die ihre Patienten. Verbindlichere
Abmachungen sollen die sonst so fragile Beziehung festigen. Derzeit sind etwa
Investitionsverflechtungen stark im Kommen31. Dabei finanziert die Klinik dem
niedergelassenen Arzt teure Medizintechnik - und spekuliert auf dessen
Patientenüberweisungen. So wie an einem Herzzentrum. 20 Praxen weisen dort rund
30 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004. 31 ebenda
51
80 Prozent der Patienten ein. Für mehrere Millionen Euro hat die Klinik einige
Kathetermessplätze bei einweisenden Kardiologen errichten lassen und mit einer großen
Praxis sogar eine gemeinsame GmbH gegründet. Mit Erfolg: Ein Jahr später stieg die
Zahl der Einweisungen um zehn Prozent.
7.6 Mitarbeiter zu Marketing-Akteuren machen
Mitarbeiter sind entscheidende „Medien“ im Marketing. Dienstleistungsmarketing kann
nur über die Personen umgesetzt werden, die die Dienstleistung erbringen. Marketing
muss gelebt werden. Doch können gestresste Ärzte und Pflegekräfte überhaupt den
hohen Anforderungen an ein stets kundenorientiertes Verhalten abverlangt werden?
Genau hier setzten Instrumente zur Verbesserung der Kundenorientierung an.
Instrumente zur Förderung von Mitarbeitern für ein aktives Klinikmarketing lassen sich in
vier Kategorien zusammenfassen (Abb. 10):
Abb.9: Personalpolitik als Teil des Klinikmarketing
Quelle: Prof. Riegl & Partner, 200032
32 Riegl, G.F.: Krankenhausmarketing & Qualitätsmanagement, 2000.
Klinik Mitarbeiter befähigen
Motivierungs- politik
Sachmittel- politik
Informations- politik
Trainings- politik
52
Zur Informationspolitik gehören Auftaktveranstaltungen, Arbeitskreise, Projekttreffen,
Mailings, Newsletter, Vorträge (z.B. auch im Rahmen der Betriebsversammlung).
Aufgabe der Abteilungsführung ist es, Mitarbeiter über alle Neuigkeiten zu informieren
und geplante Aktionen vorzustellen. Beispielsweise können ausgewählte Mitarbeiter
verschiedenster Berufsgruppen an einer Marketing-Konzeption oder Marketing-Aktion
teilnehmen, um eigene Ideen einzubringen und eine frühe Akzeptanz bei den
Mitarbeitern zu erreichen. So können sich Verwaltungsmitarbeiter, andere Ärzte oder
das Pflegepersonal auf anstehende Änderungen einstellen, vorbereiten und sogar selbst
einbringen.
Wichtig ist aus Patientensicht, dass Patienten in ihrer Subjektivität und Individualität
gesehen und verstanden werden, ihre Verletzlichkeit (an-)erkannt wird und auf
Verständnis stößt, gleichwohl aber auch ihre dennoch vorhandene Autonomie akzeptiert
und ihre Würde bewahrt wird.33 In Zeiten massiver Personalreduktion in deutschen
Kliniken ist es kein Wunder, wenn aufgrund Zeitmangels sozialen Kompetenzen immer
weniger Beachtung geschenkt wird. Trainings helfen die Nebensächlichkeiten nicht zu
vergessen und in Stresssituationen gelassener zu reagieren. Denn manchmal ist es
wichtiger, einem Patienten mal einen Arm um die Schulter zu legen, als eine perfekte
Pflegedokumentation abzuliefern. Diese Urkompetenz der Pflege sollte wiederbelebt
werden. So kann soziales, kundenorientiertes Verhalten als Wettbewerbsvorteil
wiederentdeckt und genutzt werden.34
Im Alltagsstress in deutschen Klinken kann diese Patientenforderung nicht immer erfüllt
werden. Trainingspolitik kann Hilfestellung geben. Patientennahme Berufsgruppen wie
Ärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter der Patientenaufnahme eignen sich besonders gut für
ein Kommunikationstraining. Spezialisierte Trainer zeigen den Klinikmitarbeitern in
praktischen Beispiel und Rollenspielen den richtigen Umgang mit Patienten in
Stresssituationen. Das Unfallkrankenhaus in Berlin hat in Kooperation mit dem
Deutschen Institut für Rhetorik (DIR) ein Video erarbeitet, welches die unterschiedlichen
Formen der Kommunikation zwischen Arzt und Patient beschreibt. Alle Akteure des
entstandenen Films sind Mitarbeiter des ukb, die in unterschiedlichen Szenen einen Teil
des Praxis- und Klinikalltags beleuchten. Der Trailer gibt Ihnen einen kurzen Einblick,
welche Schwierigkeiten es bei der Kommunikation zwischen Klinikmitarbeitern und
Patienten gibt, aber auch, welche Chancen sich aus einem bewussten Umgang
miteinander ergeben.35
33 Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse, 2006. 34 N.N.: Gezieltes Marketing, bitte!, 2007 35 www.ukb.de, Suchbegriff „Kommunikation Arzt – Patient“
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Voraussetzung vor die Umsetzung der Marketingpolitik ist die ausreichende Ausstattung
der Arbeitsplätze mit marketingrelevanten Sach- und Arbeitsmitteln wie Soft- oder
Hardware. Spezielle EDV zur Erstellung von Marketingmaterial, Datenbanken zur
Dokumentation von Kundenbeziehungen oder Schnittstellen mit anderen
Krankenhausinformationssystemen sollten den Mitarbeitern von der Abteilungsleitung
zur Verfügung gestellt werden.36
In der Motivationspolitik als vierter Baustein der Personalförderung kann die
Abteilungsleitung mit monetären und nicht-monetäre Belohnungen arbeiten. Monetäre
Belohnungen können an eindeutig messbare Ergebnisse gekoppelt werden. So kann
zum Beispiel eine Verbesserung der Ergebnisse in der Patientenumfrage Anlass für eine
monetäre Belohung sein, und somit eine weitere Verbesserung indirekt fördern. Neben
geldlichen Anreizen gilt emotional verankertes, verbales Lob als zusätzliches
Motivationsmittel und sollte nicht unterschätzt werden.
7.7 Positionierung als Experte – PR-Beispiele
"Wenn ein junger Mann ein Mädchen kennen lernt und ihr erzählt, was für ein
großartiger Kerl er ist, so ist das Reklame. Wenn er ihr sagt, wie reizend sie aussieht, so
ist das Werbung. Wenn sie sich aber für ihn entscheidet, weil sie von anderen gehört
hat, er sei ein feiner Kerl, so sind das Public Relations." (Alwin Münchmeyer, deutscher
Bankier, ehem. Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken)
Die vom Patienten wahrgenommene Ergebnisqualität ist in Kliniken – noch viel enger als
bei anderen Dienstleistungsunternehmen - an die erbringende Person – in der Regel der
ärztliche Leiter einer Abteilung – gekoppelt.37 Diese personenassoziierte
Qualitätserwartung lässt sich in einer seriösen, personenbezogenen Informations- und
Kommunikationspolitik, fokussiert auf den jeweiligen ärztlichen Leiter, gezielt nutzen, um
Patienten zu binden und zu gewinnen. Eine ausgeprägte Vermarktung der
„Personenmarke“ eines ärztlichen Leiters kann vor allem mit der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden.
Personenmarke aufbauen
Ob bei Auftritten im Gesundheitsfernsehen, Interviews in Gesundheitsmagazinen oder
Nennung in Ärzte-Ranglisten. Der Patient und die Öffentlichkeit will wissen, welcher Arzt
36 Riegl, G.F.: Krankenhausmarketing & Qualitätsmanagement, 2000. 37 Ohm, J.: Zuweisermarketing als Instrument der Fallsteuerung, 2004.
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Experte für eine gewisse Behandlung ist. Aber wie lässt sich eine Expertenstellung
erreichen? Ein deutscher Herzchirurg eines universitären Herzzentrums beispielsweise
hat sich den Ruf erarbeitet einer der Top-Herzchirurgen weltweit zu sein. Er gilt als
innovativ und fortschrittlich. In den 90er Jahren wirkte er maßgeblich an der Entwicklung
eines OP-Roboters im Bereich der Herzchirurgie mit. Dass sich diese OP-Technologie
letztendlich nicht durchgesetzte, ist für die Personenmarke des Arztes eher zweitrangig.
Der Ruf als „Schrittmacher“ blieb. Seine Innovationsführerschaft unterstrich er durch
zahlreiche Vorträge weltweit. Dies machte ihn über die Grenzen Deutschlands hinaus
bekannt. Auch im Focus Ranking „Die große Ärzte Liste“ stand er ganz weit vorne. Das
Ranking berücksichtigte in der Gesamtbewertung neben Patienten- und
Einweisermeinungen auch die Anzahl seiner veröffentlichten Beiträge in der
internationalen Medizin-Datenbank „PubMed“ – basierend auf Medline. Auch
laienverständliche Publikumsbücher gehören zu seinem Verständnis für gute
Öffentlichkeitsarbeit. Natürlich unterstützten ihn dabei seine ärztlichen Kollegen, die
schon mal die eine oder andere Nacht als „Gostwriter“ verbracht haben sollen. Der Arzt
profitiert zudem von der guten Arbeit der Pressestelle des Klinikums, die er von sich aus
aktiv mit Neuigkeiten aus der Abteilung versorgt.
Expertenstellung der Fachabteilung durch Kampagnen fördern
Um sich als Experte für die bisher eher wenig bekannte Disziplin „Altersmedizin“ (Akut
und Reha) in der Bevölkerung und bei den Einweiserkliniken zu etablieren, und von dem
Wettbewerbern abzusetzen, initiierte die Klinikabteilung für Geriatrie eine Kampagne
zum Thema „Mehr Lebensqualität im Alter“. Ziel war es die Bevölkerung über die
Möglichkeiten der Altersmedizin im Zuge der demografischen Entwicklung aufzuklären
und gleichzeitig Einweiser in die Aktion mit einzubinden. Mit Messeauftritten,
Zeitungsartikeln, Buswerbung, Vorträgen, Infoständen wurde erreicht, dass die Abteilung
als Experte für Altersmedizin wahrgenommen wurde, was letztendlich zu einer höheren
Auslastung führte. Im Zuge der Kontaktintensivierung zu den regionalen Medien, konnte
eine gute, persönliche Beziehung zu den Zeitungsredakteuren aufgebaut werden. Der
leitende Arzt wird seitdem gerne zu medizinischen Themen befragt, da seine freundliche
und kommunikative Art dort sehr geschätzt wird.
Events und Multiplikatoren in der PR-Arbeit
Ein weiterer Baustein der PR-Arbeit zeigt folgendes Beispiel: Alle zwei Jahre richtet eine
Abteilung für Kinderanästhesie in Partnerschaft mit einer Medizinischen Hochschule
einen Kongress für ca. 1.000 Teilnehmer aus. Aufgrund des überregionalen Erfolgs
wurde die Presse auf die Abteilung aufmerksam. Seit dem ist die Fachabteilung der
Klinik jeden Monat mindestens einmal mit Notizen und Berichten in der Presse vertreten.
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Die Journalisten fassen die Klinik als einen professionellen Partner und Experten auf.
Bei neu auftauchenden Fragen, rufen die Journalisten bei der Klinik immer erst an und
lassen sich vom Experten informieren, bevor sie Artikel über neuartige Themen aus der
Kinderheilkunde veröffentlichen. Eine andere Form der Profilierungsmöglichkeit zeigt ein
Klinikum mit der Installation einer Junior-Akademie. Die Junior-Akademie, die einmal
jährlich im Herbst stattfindet, wurde als Kooperationsprojekt der Europa Fachhochschule
Fresenius und den HELIOS Kliniken Idstein und Bad Schwalbach ins Leben gerufen und
2006 erstmals durchgeführt. Das Thema „Gesundheit durch Wissen“ wird jedes Jahr
unter einem neuen Motto in altersgerechten Workshops und Vorträgen behandelt. Die
Veranstaltung soll Ängste in Verbindung mit einem Krankenhausaufenthalt abbauen und
unterstützt das kinderfreundliche Image des Klinikums (www.juniorakademie.org). Eine
weitere wichtige Zielgruppe im Aufbau eines Expertenstatus sind Selbsthilfegruppen. In
ihrer Multiplikatorenfunktion wirken sie auf eine hohe Zahl an potentiellen Patienten. Ein
Engagement, sei es in einer ehrenamtlichen Funktion oder als regelmäßiger Referent,
hat positive Auswirkungen auf den Bekanntheitsgrad und das Image des jeweiligen
Klinikarztes. Die Wichtigkeit als Meinungsmacher der Selbsthilfegruppen verdeutlicht
eine Veröffentlichung des Magazins Focus in seiner Publikation „Die große Ärzte Liste“
aus 2002. Focus befragte 850 Selbsthilfegruppen zu deren Erfahrungen mit den
umliegenden Klinik-Ärzten. Die Befragung der Selbsthilfegruppen war einer von vier
Entscheidungsfaktoren zur Aufstellung des Ärzte-Rankings.
Sponsoring und Kooperationen im Sport
Viele Menschen interessieren sich für Sport, indem sie entweder selbst aktiv werden
oder eher passiv Sportereignisse am Fernsehgerät oder in der Zeitung verfolgen. Sport
verbindet und weckt Emotionen. Deshalb gilt der Sport als „schönste Nebensache der
Welt“ und ist gut geeignet, ein positives Image zu transportieren. Nachfolgende
Praxisbeispiele zeigen die Bandbreite der Möglichkeiten im Sport-Sponsoring.
Mit einem umfassenden Sponsorenpaket im Wert von einer viertel Million Euro
unterstützen die Schön Kliniken die Aktivitäten des Deutschen Paralympics Skiteam. Die
in Prien am Chiemsee ansässige Unternehmenszentrale mit ihren vorwiegend in
bayrischen Skiregionen verteilten Kliniken mit Schwerpunkten in der Orthopädie und
Neurologie, erreicht dadurch einen hohen Bekanntheitsgrad bei potentiellen Patienten
und Selbsthilfegruppen. Das soziale Engagement trägt außerdem zur positiven
Imagebildung innerhalb der Bevölkerung bei. Die Medical Park AG, eine Rehagruppe
der gehoberen Klasse, legt einen Leistungschwerpunkt in den Bereich Sportmedizin.
Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Klinikgruppe diese Spezialisierung mit diversen,
Kooperationspartnern im Bereich Sport unterstreicht. Die Medical Park AG ist Partner
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von folgenden Organisationen: Deutscher Skiverband, Deutscher Hockeybund,
Olympiastützpunkt Bayern, Bayerischer Skiverband, Bayerischer Seglerverband, MLP
TennisBase, Institut für Sportmedizin der Universität Leipzig.
Ein weiteres Beispiel für wirksame Öffentlichkeitsarbeit gibt die Geburtsklinik der DRK
Kliniken in Berlin-Westend. Die Klinik kooperiert mit dem Berliner Fußballverein
HERTHA BSC. Jedes Neugeborene erhält als Geschenk einen Babybody mit HERTHA
BSC-Logo (rosa für Mädchen oder blau für Jungen). Zusätzlich gibt es als Option eine
kostenlose Mitgliedschaft im HERTHA BSC Kids Club. Das Klinikum Berlin-Westend
gehört mit fast 200 Geburten pro Monat zu einer der größten Entbindungkliniken in
Berlin und liegt im Einzugsgebiet des Olympiastadions und von HERTHA BSC. Mit der
Kooperation erhofft sich die Geburtshilfe Abteilung der Klinik eine positive Imagewirkung.
Vor dem Hintergrund der möglichen Risiken eines Herzinfarktes bei Leistungssportlern
werden die Spieler der Oberligamannschaft VfB Germania Halberstadt im Ameos
Krankenhaus St. Salvator künftig zweimal im Jahr auf Herz und Nieren geprüft. Eine
Dienstleistung, die dem Verein keinen Euro kostet.
7.8 Zusammenfassende Übersicht strategischer Tipps und
Erfolgsfaktoren für das Abteilungsmarketing
Für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung von Marketing in der
Krankenhausabteilung ist zu beachten:
• Marketing ist keine Aufgabe einer Marketingabteilung allein, sondern des
gesamten Unternehmens mit besonderer Verantwortung der Abteilungsführung
• Marketing bedarf einer serviceorientierten Abteilungsstruktur und
Prozessorganisation
• Marketing benötigt eine angemessene Ressourcenausstattung
• Marketing und Serviceorientierung muss durch persönliches Engagement der
Abteilungsführung glaubhaft vorgelebt werden
• Marketing erfordert geschultes, kundenorientiertes Stationspersonal
• Marketing bedarf einer strategischen Ist-Analyse, Planung, Umsetzung und
Kontrolle
Der zentrale Nutzen von Marketing ergibt sich wie folgt:
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• Marketing steigert die Patienten- und Einweiserzufriedenheit durch die
Installation von kundenorientierten Prozessen und Produkt-, Informations- und
Serviceangeboten
• Marketing steigert den Bekanntheitsgrad und verbessert den Ruf einer
Fachabteilung
• Marketing steigert die Einweiserrate
• Marketing schafft die Basis für eine marktorientierte Unternehmensentwicklung
• Marketing steigert den Patientennutzen vor, während und nach einem Aufenthalt
• Marketing verbessert die Konkurrenzfähigkeit und das Abwehren von
Wettbewerbern
• Marketing trägt zur Absicherung des Abteilungserfolges bei
Aus den Fallbeispielen lernen wir, dass
• eine Lockerung des Werbeverbots für Ärzte durch die aktuelle Rechtsprechung
festzustellen ist; eine mit objektivierbaren Fakten belegbare, sachliche Werbung
dennoch anzuraten ist
• die Stellung der eigenen Fachabteilung auch innerhalb des Klinikums analysiert
und gestärkt werden muss, um einer drohenden Schließung oder
Bettenreduzierung proaktiv zu begegnen
• Positionierung die Herausarbeitung vorhandener Stärken (Nutzen-,
Spezialisierungs- oder Assoziativorientiert) und ihre marktorientierte Platzierung
in einer vom Wettbewerber noch unbesetzten, attraktiven „Positionierungslücke“
darstellt
• der Aufbau einer eigenen Fachabteilungs- oder Zentrumsmarke vorangetrieben
werden muss
• Serviceideen und Servicefachkräfte den Patienten positiv überraschen
• ein Vertriebsmanagement zur Umwerbung der Einweiser, bestehend aus
leitendem Arzt und Praxismanager, eingeführt werden muss
• regelmäßige, persönliche Besuche bei Top-Einweisern, Einweiserportale sowie
weitere Vernetzungsmodelle den Patientenstrom absichern
• Fallmanager einen wichtigen Beitrag für die kundenzentrierte Versorgung leisten
und dabei Ärzte sowie Pflegekräfte entlasten
• regelmäßige PR-Arbeit das Image der Fachabteilung und des ärztlichen Leiters
positiv beeinflussen kann
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