Post on 05-Apr-2015
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Einführung in die Funktionswerkstoffe
Kapitel 2: Theorie der Phasenumwandlung
Prof. Dr. F. Mücklich, Dipl.-Ing. K. Trinh
Einführung in die Funktionswerkstoffe2
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Lernziele Kapitel 2: Theorie der Phasenumwandlung
• Welche Faktoren stabilisieren eine Phase?
• Was ist ein Kubaschewski-Diagramm?
• Wie konstruiert man eine Brillouin-Zone?
• Unter welchen Gesichtspunkten klassifiziert man eine Phasenumwandlung?
• Welche Arten von Phasenumwandlungen gibt es?
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Theorie der PhasenumwandlungenEinleitung
Welche Faktoren stabilisieren eine Phase?
1. Elektronegativitätsdifferenz• Steigt die Differenz der Elektronegativitäten an, so erhöht sich der heteropolare Bindungsanteil
2. Oktettregel • Auffüllen der nicht abgeschlossenen Achter-Elektronenschalen je Periode
3. Größeneffekte, Differenz der Atom- und Ionenradien sowie Bindungsenergien• siehe Kubaschewski-Diagramm auf nächster Folie
4. Phasen maximaler Elektronendichte (Hume-Rothery Phasen) • Bestimmte Kristallstrukturen enthalten eine definierte Zahl von Elektronen pro Elementarzelle! Ursache ist die Fermienergie relativ zur Brillouin-Zone.
5. Orbitaltyp• Strukturen, deren hybridisierte Bindungsorbitale einen hohen d-Anteil enthalten, können sich
nicht mischen mit:
a) Elementen mit Außenelektronen in s- oder p-Zustand und bevorzugter sp-Hybridisierung
b) Elemente, die versuchen durch kovalente oder ionische Bindung, die Oktettregel zu erfüllen.
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Theorie der PhasenumwandlungenKubaschewski-Diagramm
)(2/1 ba
ba
rr
rr
0
1.0-1.0
lückenlose Mischkristalle
EB>0 EB<0
EB>0 EB<0
Einfache eutektische Systeme
Mischungslücken im flüssigen Z.
Intermetallische Phasen
relative Atomradiendifferenzen
Relative Verdampfungsenthalpien
Elektronegativitätsdifferenz
Anmerkungen:
• Empirisches Material von über 350 binären Systemen!
• EB beschreibt hier die Bildungswärme- Enthalpieunterschied zwischen Legierung und reinen Komponenten.
• Mischkristallbildung ist nur bis zu Atomradienunterschieden von ca. 15% möglich!
0.1
0.2
0.3
Frage:
Warum bilden sich Mischkristalle bei EB>0 ??
)(2/1 ba
ba
rr
rr
2)()(2/1 baba
ba
LL
LL
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Theorie der PhasenumwandlungenKlassifikation der Phasenumwandlungen
Phasenumwandlungen im Festkörper
Heterogene Umwandlungen
Homogene Umwandlungen
athermisch
z.B. Verformungszwillinge, Martensittransformation, Ladungsdichtewellen, Soft-Mode Phasenumwandlungen, Annihilation und Polygonisation (Gleiten) etc.
thermisch
Kein weitreichender Atomtransport
Rekristallisation, Massivumwandlung, Annihilation/Polygonisation (Klettern)
Spinodale Entmischung, Ordnungsumwandlungen
weitreichender Atomtransport
diskontinuierl.kontinuierlich
Ausscheidungen Eutektoide Reaktion
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Theorie der PhasenumwandlungenEinteilung der Phasenumwandlungen nach Ehrenfest
Phasenumwandlungen
1. Ordnung 2. Ordnung
Thermodynamische Zustandsgrößen wie Enthalpie H, Entropie S oder
chemisches Potential µ ändern sich charakteristisch am Phasenübergang
• Unstetige Änderung von Cp am Phasenübergang (Singularität). Bei TTrans ist z.B. Cp (T) nicht stetig differenzierbar!
• chem. Potential µ zeigt Knick bei Ttrans
• Beispiele sind: Schmelzen, Verdampfen, martensitische Transformationen etc.
• Das chem. Potential µ zeigt bei TTrans keine sprunghafte Änderung!
• CP ändert sich zwar sprunghaft; wird aber nicht singulär! Man spricht von einem -Übergang.
• Beispiele: Übergang paramagnetisch-ferromagnetisch, normalleitend-supraleitend
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Theorie der PhasenumwandlungenHomogene und heterogene Umwandlungen
Homogen:
• Bildung einer Phase mit kohärenter Grenzfläche zur Matrix. Gitter von Phase und Matrix können stetig ineinander überführt werden.
• Umwandlung läuft ohne Energiebarriere ab!
• Die Gibbs-Enthalpie G nimmt mit steigendem Keimradius r kontinuierlich ab.Heterogen:
• Wächst ein Keim mit inkohärenter Grenzfläche zur Matrix, so spricht man von einer heterogenen Umwandlung.
• Das Wachstum erfordert die Überwindung einer Energiebarriere GK
• Erst nach erreichen von rK (kritischer Keimradius) wächst dieser stabil.
homogene Umwandlung
Keimradius r
heterogene Umwandlung
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Satz von der Energieerhaltung:
dU = W + Q
• Jedes System besitzt eine innere Energie U. Diese kann sich nur durch den Transport von Energie in Form von Arbeit W und/oder Wärme Q ändern.
• Die innere Energie eines geschlossenen Systems bleibt unverändert!
• Es findet lediglich eine Umwandlung verschiedener Energien ineinander statt.
• Real betrachtet geht bei der Umwandlung immer Energie in Form von Wärme oder Reibungsenergie verloren.
• Die innere Energie ist eine extensive Zustandsgröße! D.h. sie hängt, wie auch die Entropie S, von der Größe des Systems ab. Weitere Beispiele sind die Masse m, das Volumen V und die freie Enthalpie G. Druck und Temperatur sind hingegen intensive Zustandsgrößen!
Theorie der PhasenumwandlungenDer 1. Hauptsatz der Thermodynamik
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Es existiert eine extensive Zustandsgröße, die Entropie S, die in einem abgeschlossenen System, also OHNE Energie- und Komponentenaustausch mit der Umgebung, niemals abnimmt!!
Die Entropie ist ein Maß für die Nicht-Ordnung eines thermodynamischen Systems
dS 0
Für die differenzielle Änderung von S gilt:
Theorie der PhasenumwandlungenDer 2. Hauptsatz der Thermodynamik
T
QdS
T
pdVdUdS
und der Verwendung des 1. Hauptsatzes…
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Nernst-Theorem (1906):
Der 3. Hauptsatz der Thermodynamik verbietet die Abkühlung eines Systems auf den absoluten Nullpunkt!
Nähert sich die Temperatur dem absoluten Nullpunkt (T = 0), dann konvergiert die Entropie S gegen einen festen Grenzwert S0
lim ST-0 (V, T, p, …) = lim S (T = 0) = S0mit S0 = kln(0)
k bezeichnet die Boltzmann-Konstante mit k 1,380 10-23 J K-1 und 0
die Zahl der möglichen Mikrozustände im Grundzustand!
Theorie der PhasenumwandlungenDer 3. Hauptsatz der Thermodynamik
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Was heißt thermodynamisches Gleichgewicht?
z.B. „unendlich“ langsame Abkühlung mit t !! System nimmt Gleichgewichtszustand ein.
Reale Situation: t konvergiert nicht gegen .
Annahme: Hinreichend langsame Abkühlungsgeschwindigkeiten!
Thermodynamische Zustandsgrößen (mit als T als Temperatur und S als Entropie)
- Innere Energie: U
- Enthalpie: H = U + p V
- Freie Energy: F = U - T S
- Freie Enthalpie: G = H - T S (Gibbs-Enthalpie)
Klassische Thermodynamik sagt:
G = H - T·S = U + p·V -T·S mit H = U + p·V oder H = dU + pdVMinimum!!
1. Hauptsatz d. Thermodynamik
Theorie der PhasenumwandlungenThermodynamische Grundlagen I
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Jede chemische Reaktion führt zu einer Veränderung der inneren Energie eines Systems.
Die entscheidende thermodynamische Größe ist hier die freie Enthalpie G:
Das thermodynamische Gleichgewicht wird im isobaren (dp = 0) sowie isothermen Fall (dT = 0) durch ein Minimum in der freien Enthalpie G beschrieben.
dG = 0 (T, p = const.)
G < 0
Gequ. = Gminimum
Anmerkung: Die Einführung der Größe G ist insofern zweckmäßig, da sie verschiedene Zustandsgrößen miteinander verknüpft und für dT = 0 und dp = 0 auf obige einfache Gleichgewichtsbedingung führt.
Theorie der PhasenumwandlungenThermodynamische Grundlagen II
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Wie sieht eigentlich unser Extremalansatz bei anliegendem Magnetfeld aus?
Es muss hierbei für ein magnetisierbares Material das magnetische Gesamtmoment, also eine zusätzliche Arbeit berücksichtigt werden!
Es gilt:
Theorie der PhasenumwandlungenThermodynamische Grundlagen III
mdH
Allgemeine Formulierung des 1. Hauptsatzes:
U - W = H mit W = -pdV + µHm und somit folgt:
G = U + pV – TS - µHm dG Vdp – SdT - µHm also bei dp = dT = dH = 0 wird dies zu:
dG 0 !!
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(1) Gvolume wird während des Keimwachstums freigesetzt.
(2) Gsurface bedingt durch die Bildung einer Grenzfläche zwischen Keim und Schmelze
muss die Oberflächenenthalpie Gsurface aufgebracht werden.
G = - Gvolume + Gsurface
Betrachten die Bedeutung von G anhand Keimbildung und Keimwachstum.
Annahme: Bildung stabiler kugelförmiger Keime in Schmelze
Theorie der PhasenumwandlungenKeimbildung I
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G-r Plot für sphärische Nuclei:
Man unterscheidet 2 Fälle:
(1) r < rc: Der Keim ist thermodynamisch instabil, da G>0 (kleine Radien bedeuten ein ungünstiges Oberflächen- zu Volumenverhältnis)
(2) r > rc: Nach Überschreiten des Aktivierungsberges wächst der Keim stabil.
Theorie der PhasenumwandlungenKeimbildung II
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Theorie der PhasenumwandlungenKeimbildung III
23 43
4rgrG v
0)(
dr
Gd
vc gr
2
Herleitung des kritischen Keimradius:
G = - Gvolume + Gsurface
Kritischer Radius rc:
[Enthalpiebilanz]
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Theorie der PhasenumwandlungenKeimbildung IV
vc gr
2
TT
Hg
m
mv
TH
Tr mc
2
Wovon hängt der kritische Keimradius ab?
und (G = H -T·S)
: Grenzflächenenergie
gv: freie Bildungsenthalpie für feste Phasen
Hm: Schmelzenthalpie
Tm: Schmelztemperatur
Example: Cu
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addition of atoms of the liquid phase to the existing nucleus
addition happens according to the principle of maximum gain of energy possible
semicrystal layer preferred (reproducible)
growth velocity is dependent on T:
ratio of probability of formation and formation velocity determines the type of
microstructure which is formed !
Theorie der PhasenumwandlungenKeimwachstum I
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Theorie der PhasenumwandlungenKeimwachstum II
Atomistik des Kristallwachstums
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Theorie der PhasenumwandlungenKeimwachstum III
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Theorie der PhasenumwandlungenKeimwachstum IV
Stages of displacement for a slowly growing (a) and a fast growing area (b)
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Theorie der PhasenumwandlungenPhasenumwandlungen und mechanische Aktoren
System Hub Stellkraft Geschwindigkeit Effizienz Komplexität
Traditionell
elektromechanisch 0.5 cm 0.02 MPa ms-s 90 %
Hydraulisch 0.5 cm 20 MPa ms-s 80 %
pneumatisch 0.5 cm 0.7 MPa ms-s 90 %
Festkörper-aktoren
Formgedächtnis 0.1 cm ~ 700 MPa? s 3 %
Piezoelektrisch 0.001 µm 35 MPa µs-s 50 %
Elektrostriktiv 0.002 µm 50 MPa µs-s 50 %
Magnetostriktiv 0.002 µm 35 MPa µs-s 80 %
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Theorie der PhasenumwandlungenOrdnungsparameter
System Übergang Ordnungsparameter
flüssig-gasförmig Kondensation/Evaporation Dichtedifferenz
flüssig-fest Schmelzen/Kristallisation Mobilität/Fernordnung
Binäre Lösung Entmischung Zusammensetzungsdifferenz
Magnetischer Festkörper Ferromagnet Spontane Magnetisierung
Antiferromagnet Untergittermagnetisierung
AB Überstrukturbildung Effektive Besetzungsrate
Dielektrischer Festkörper Ferroelektrizität Polarisation
Antiferroelektrizität Untergitter-Polarisation
Molekülkristall Orientierungseinstellung Orientierungsdichtefunktion