Post on 30-Apr-2020
Vom Material zur Produktinnovation
Innovation Center Additive ManufacturingInnovation und Nachhaltigkeit in der digitalen Prozesskette
we.engineer.future
Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner
2018-10-09 | TU Darmstadt | ICAM - Innovation Center Additive Manufacturing | 2
Additive Fertigung
Definition:Fertigungsverfahren, bei dem das Werkstück element- oder schichtweise aufgebaut wird (VDI 3405).
Anforderungsabhängige Einteilung:
Rapid Prototyping: Additive Herstellung von Bauteilen mit eingeschränkter Funktionalität
Rapid Tooling: Additive Methoden und Verfahren zum Bau von Werkzeugen und Formen
Additive Manufacturing: Additive Herstellung von Endprodukten
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Inhalt
• Chancen und Potenziale der Additiven Fertigung
• Hürden und Markteintrittsbarrieren
• ICAM – das Technologietransferzentrum für den Bereich digitale Prozesskette und Additive Fertigung an der TU Darmstadt
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Potenziale der Additiven FertigungFunktionsintegration
Quelle: Leutenecker-Twelsiek, 2018
Die Additive Fertigung bietet Gestaltungsfreiheiten, um die Anzahl von Subkomponenten zu reduzieren und/oder neue bzw. zusätzliche Funktionen in ein Bauteil zu integrieren
Beispiel: Reduzierung der Anzahl an Subkomponenten führt zu geringerem Montageaufwand und zu einer kompakteren Bauweise
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Beispielanwendung: HydrodehnspannfutterBi
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Eine Baugruppe aus zwei verlöteten Einzelteilen kann durch die additive Fertigung in einem Schritt gefertigt werden.
Die Schwachstelle (Lötverbindung) fällt weg wodurch höhere Kräfte und Momente bei kleinerem Bauteilvolumen übertragen werden können
Nach dem BauprozessNach dem Bauprozess Finales ProduktFinales Produkt
Quelle: Abele, 2016
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Potenziale der Additiven FertigungSteigerung der Performanz
Bild: Schmelzle
Beispiel: Optimierte Kanalführung am Hydraulikventil führt zu einer Reduktion der Strömungsverluste
Die Additive Fertigung erlaubt eine funktionsoptimierte Gestaltung von Bauteilen, die Restriktionen konventioneller Fertigungsverfahren überkommt.
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Beispielanwendung Werkzeug und Formenbau
Additive Fertigung von Werkzeugeinsätzen
Bild
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Integration von Kühlkanälen in Werkzeugeinsätze
Erhöhte Gestaltungsfreiheit bei Kühlkanälen (insb. konturnahe Führung)
Realisierung einer gezielten Temperaturführung im Werkzeug (auch thermische Differenzierung): Vermeidung von Hot Spots, gleichmäßige und schnelle Ablühlung
Vorteile: Reduzierung der Zykluszeit, verbesserte Qualität (verringerter Verzug, bessere Oberfläche)
Anwendungsbeispiele: Kunststoffspritzgieß-werkzeuge, Metall-Druckguss
Quelle: Abele, 2016
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Potenziale der Additiven FertigungLeichtbau
Durch eine lastpfadoptimierte Gestaltung der Bauteilgeometrie erlaubt die additive Fertigung eine Reduzierung von Bauteilmassen bei gleicher Steifigkeit bzw. Tragfähigkeit
Quelle: Airbus
Beispiel: Topologieoptimiertes Türschanier mit Reduzierung des Materialverbrauchs um 75%
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Potenziale der Additiven FertigungIndividualisierung
Die Losgrößenunabhängigkeit der additiven Fertigung erlaubt es, Bauteile in kleinen Stückzahlen wirtschaftlich zu fertigen bzw. Bauteile zu fertigen, bei denen sich durch eine Varianten-Differenzierung ein Mehrwert schaffen lässt.
Quelle: Rüfnacht AG
Beispiel: Auf das Fördergut individuell angepasster Fördertopf
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Weitere Möglichkeiten durch AMBeispiel Medical
Bild
quel
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lab Verbesserung des Knocheneinwachsverhaltens (Osseointegration) durch poröse
Oberfläche / Möglichkeit gradierte Porositätseigenschaften umzusetzen Anpassung der mechanischen Eigenschaften (E-Modul) an Knochenmaterial zur
Vermeidung von „stress shilding“ (Knochenabbau)Quelle: Abele, 2016
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Chancen der additiven FertigungEinzigartiges Werkstoffverhalten
Additive Fertigungsverfahren bieten Möglichkeiten, Werkstoffsysteme in einem bisher nicht vorhandenem Maß den Anforderungen eines Bauteils anzupassen
Die Additive Fertigung erlaubt faktisch die Entwicklung völlig neuer Werkstoffklassen
Murr et.al., 2014
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Drucken von FunktionswerkstoffenPotentiale für Gestaltung und Materialauswahl
Selective laser melting of La(Fe,Co,Si)13geometries for magnetic refrigeration, Gutfleisch et al. J. Appl. Phys. 114 (2013) 043907
Drucken von Werkstoffen mit gezielten funktionalen Eigenschaften
Bauteilintegrierte Sensorik durch die additive Fertigung
Eingebettete ThermoelementeOechsner, 2007
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Additive FertigungMarkteintrittsbarrieren
Trotz der vielen Chancen und Potenziale durch die additive Fertigung herrschen heute noch eine Reihe von Hürden und Fragestellungen
1. Hohe Produktionskosten2. Mangelndes Verständnis über die Zuverlässigkeit von AM-Bauteilen und
AM-Prozessketten3. Mangelnde Expertise in „Design for AM“4. Eingeschränkte Materialauswahl5. Hohe Investitionskosten in neue Prozesskette
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Wirtschaftlichkeit AMAufgabenbezogene Analyse ist notwendig
Losgröße
Kost
en p
ro T
eil
Additiv
Konventionell
Keine Mehrkosten durch Individualisierung
KomplexitätKo
sten
pro
Tei
l
Additiv
Konventionell
Keine Mehrkosten durch höhere Komplexität
„individualization for free“ „complexity for free“
Quelle: Abele, 2016
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Prozesskette Selektives Laserschmelzen
Fertiges Produkt
CAD Design Slicing
BauprozessNachbearbeitung
Support Generation /CAM Operationen
In jedem Schritt der Prozesskette fallen Fertigungskosten an
Quelle: Abele, 2016
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Prozesskette Selektives Laserschmelzen
Fertiges Produkt
CAD Design Slicing
BauprozessNachbearbeitung
Support Generation /CAM Operationen
Verständnis der gesamten Prozesskette ist essentiell
Quelle: Abele, 2016
Einmalige Kosten für die Arbeitsvorbereitung. Diese fallen nur einmal an und sind unabhängig von der Teileanzahl.
Herstellungskosten, die abhängig von der Anzahl der produzierten Teile und deren Geometrie sind.
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Additive FertigungMarkteintrittsbarrieren
Trotz der vielen Chancen und Potenziale durch die additive Fertigung herrschen heute noch eine Reihe von Hürden und Fragestellungen
1. Hohe Produktionskosten2. Mangelndes Verständnis über die Zuverlässigkeit von AM-Bauteilen und
AM-Prozessketten3. Mangelnde Expertise in „Design for AM“4. Eingeschränkte Materialauswahl5. Hohe Investitionskosten in neue Prozesskette
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Herausforderungen beim additiven FertigenWerkstoffe
Schnelle Aufheiz- und Abkühlgradienten (T ≳ 103 – 105 K/s) Phasentransformationen Übersaturierte Phasen Segregationen Heißrissbildung Eigenspannungen
Gerichteter Wärmeeintrag Texturierte Kornbildung Anisotropie der Eigenschaften
Wiederholte Aufheiz- und Abkühlzyklen Wiederholte Phasenumwandlungen Thermische Eigenspannungen Thermische Ermüdung (Rissbildung, ...)
Tem
pera
tur
Zeit
L
Tem
pera
tur
Konzentration
Mechanische EigenschaftenBauteilverhalten abhängig von Baurichtung
Einfluss der Aufbaurichtung auf Mikrostruktur und mechanische Eigenschaften: • Streckung der Körner in Auftragsrichtung• Geringste Festigkeit in Auftragsrichtung
Aufbaurichtung
Beispiel IN617
Quelle: BadgeB
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Prozess - EigenschaftsbeziehungVariation der Werkstoffeigenschaften
Index B
Inde
x A
v
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I
1
Eige
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2 3
Prozessparameter Mikrostruktur Werkstoffeigenschaft
3
21
3
2
1
Symbolbild
Modellierung Wirkmechanismen
Prädiktives Design
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Additive FertigungMarkteintrittsbarrieren
Trotz der vielen Chancen und Potenziale durch die additive Fertigung herrschen heute noch eine Reihe von Hürden und Fragestellungen
1. Hohe Produktionskosten2. Mangelndes Verständnis über die Zuverlässigkeit von AM-Bauteilen und
AM-Prozessketten3. Mangelnde Expertise in „Design for AM“4. Eingeschränkte Materialauswahl5. Hohe Investitionskosten in neue Prozesskette
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Design for Additive Manufacturing
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nach Tang, 2016
Bisher unzureichendes Verständnis über konstruktive Richtlinien in Bezug auf ein fertigungsgerechtes Konstruieren additiv zu fertigender Bauteile.
Initiales
Mikrozelle
Initiales Design der Mikrozelle
Optimierung der Topologie
Ziele und
ungen
Ziele und Randbeding-
ungen
Modell-Homogenisierung
Optimiertes
Design
Optimiertes Mikrozellen-
Design
Optimierungsprozess
Potenziale der additiven Fertigung bleiben ungenutzt, der Handlungsspielraum und somit die Wirtschaftlichkeit der Technologie sind stark eingeschränkt.
Bild: Altair
Tang, 2016
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Ein weiterer Aspekt: Ausbildung & Know-How
→ Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten und besserem Lehrangebot für die Digitale Prozesskette und die Additive Fertigung
→ Transparentes Angebot von Workshops & Schulungen für Unternehmen und Ausbilder/Gewerbelehrer
Stefanie Brickwede, DB-Projektleiterin für den 3D-Druck
„Die Bediener unserer 3D-Drucker sind fast ausschließlich promovierte Ingenieure“
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Unser Beitrag: ICAMInnovation Center Additive Manufacturing
Ziele von ICAM sind,
① die vorhandenen Kompetenz an der TU Darmstadt zu den Themen Additive Manufacturing (AM) / Digitale Prozesskette zusammen zu führen und auszubauen
② eine Infrastruktur für den Technologietransfer und die Weiterbildung auf dem Gebiet der Additive Fertigung sowie der Digitalisierung des Produktlebenszyklus in einem Gebäude zur Verfügung zu stellen
③ einen national und international sichtbaren Leuchtturm zu schaffen, der Unternehmen in den Bereichen der Additiven Fertigung und der Digitalen Prozesskette Möglichkeiten gemeinschaftlicher Entwicklungsprojekte in einer durchgängig digitalen Prozesskette in der additiven Fertigung bietet
An der TU Darmstadt ist der Aufbau eine Innovation Centers Additive Manufacturing geplant, um die genannten Hürden abzubauen und den Markteintritt zu erleichtern
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ICAMAbbildung einer digitalen AM-Produktionskette
Produktions-PlanungWerkstoff RecyclingCharakterisierung /
QualitätssicherungHerstellungKonstruktion
Herausforderung „Additive Manufacturing“• Zuverlässige, robuste digitale Prozessketten• Zuverlässige, bemessbare Produkte• Produktlebenszyklus mit vorteilhafter Ökobilanz
IWKS
IGD
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VisionEin Kompetenzzentrum des digitalen Maschinenbaus an der TU Darmstadt
Digitale Prozesskette
AdditiveFertigung
ReliabilityAnalyticsFo
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Gemeinsame Infrastruktur: Medien, IT, Sicherheitsausrüstung, Prüftechnik etc… LBF | IGD | IWKS
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ICAM als Säule eines ForschungskonzeptsBetriebsfestigkeit im digitalen Zeitalter
Aufbau des international sichtbaren Transferzentrums „Additive Manufacturing“• Entwicklung einer durchgängig
digitalen Prozesskette• Zusammenführung der heute
verteilten AM-Ressourcen in einem Gebäude
• Partnerschaftliche Entwicklung & Technologietransfer
ICAM – Innovation Center Additive Manufacturing
Entwicklung von Werkzeugen & Methoden zur Zuverlässigkeits-prognose• Digitaler Zwilling• AM-Bauteile mit sensorischen
Eigenschaften• Prädiktive Zuverlässigkeit &
erkenntnisbasiertes Design• LCA & Nachhaltigkeit
Zuverlässigkeit in der AdditivenFertigung
Zuverlässigkeit durch die AdditiveFertigung
LOEWE-Zentrum„Reliability Analytics“
Infrastruktur für interdisziplinäres Forschungszentrum• Entwicklung neuer
Prüfmethoden• Digitale Werkstoff- und
Bauteilanalytik• Algorithmen und Modelle der
Bauteilbewertung• Forschungsdaten-
management
Forschungsbau„Center for Reliability Analytics“
Zuverlässigkeit im digitalisierten Maschinenbau
Produktions-PlanungWerkstoff RecyclingCharakterisierung /
QualitätssicherungHerstellungKonstruktion
IWKS
IGD
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Beispiel ETA-Fabrik
Abbildung der Prozesskette
Interdisziplinäre Energieeffizienzforschung an einer realen Produktionsprozesskette in einem innovativen Produktionsgebäude
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Forschungsbau auf der LichtwieseBiosphäre für interdisziplinäre Forschung
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Zusammenfassung
• Additive Fertigungsverfahren bieten viele Chancen und Potenziale für wettbewerbsfähige innovative Produkte
• Um diese Potenziale kommerziell nutzen zu können, müssen eine Reihe von Hürden überwunden und Hinternisse abgebaut werden
• Mit dem Innovation Center Additive Manufacturing entsteht an der TU Darmstadt ein Zentrum für den Technologie- und Wissenstransfer mit dem Ziel, Unternehmen den Zugang zu einer durchgängigen digitalen Prozesskette und einer additiven Fertigungsumgebung zu erleichtern und dadurch die Implementierung des digitalen Maschinenbaus sowie der additiven Fertigung in die Praxis zu beschleunigen
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Stell Dir eine Welt vor, in der wir unsere Bauteile wirklich verstehenICAM – Innovation Center Additive Manufacturing
we.engineer.future
Interesse?
Prof. Dr.-Ing.
Matthias OechsnerZentrum für KonstruktionswerkstoffeTechnische Universität Darmstadt
oechsner@mpa-ifw.tu-darmstadt.de
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Selektives LaserschmelzenVariation der Mikrostruktur
5 µm
Wachstumsrichtung
0,5 mmProbenhöhe: 5 mm
Simonelli et.al, 2014
Ti6Al4V
: -Phase; : -Phase
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Variation der Werkstoffeigenschaften
300
350
400
450
500
550
600
650
700
0 1 2 3 4 5 6
Här
te [H
V]
Probenhöhe [mm]
Referenzwert Schmiedeteil
Simonelli et.al., 2014
Beispiel: Ti 6Al 4 V