Post on 31-Jul-2020
Implementation des
Lernfeldkonzeptes
Dokumentation der gemeinsamen Fachtagung der
Modellversuchspartner Sachsen-Anhalt und Nordrhein-
Westfalen vom 22. bis 24. April 2002 in Quedlinburg
Impressum: Herausgeber: Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung
und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
(LISA Halle)
Kleine Steinstrasse 7
06108 Halle
Projektleitung: Dr. Martina Müller (LISA Halle)
Wissenschaftliche
Begleitung: Professor Dr. Reinhard Bader
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Institut für Berufs- und Betriebspädagogik
Layout: Birgit Berger, Anja Quilitsch (LISA Halle)
Druck: RUPA-Druck Dessau (Deckblatt)
LISA Halle 2002 (0207) – 1. Auflage – 160 Exemplare
Der Modellversuch „Steigerung der Effizienz neuer Lernkonzepte und Unterrichtsmethoden
in der dualen Berufsausbildung – SELUBA“ ist ein Modellversuchsverbund der Länder Nord-
rhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, der anteilig durch Bund und Land finanziert wird.
Mit diesem Modellversuch beteiligt sich das Land Sachsen-Anhalt am bundesweiten Förder-
programm der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung
(BLK) mit dem Titel „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“.
Der Modellversuch hat eine Laufzeit vom 01.10.1999 – 30.09.2002.
Informationen zum BLK-Programm sind abrufbar:
http://www.itb.uni-bremen.de
http://www.isb.bayern.de
Die Handreichung wurde im Zusammenarbeit mit dem Modellversuch „Steigerung der Effi-
zienz neuer Lernkonzepte und Unterrichtsmethoden in der dualen Berufsausbildung – SE-
LUBA“ erarbeitet, den das Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Un-
terrichtsforschung von Sachsen-Anhalt (LISA) im Auftrag des Kultusministeriums Sachsen-
Anhalt durchführt.
Weitere Informationen zum Modellversuch SELUBA finden sich in der Homepage:
http://www.modellversuche.bildung-lsa.de/seluba
Daten zum Modellversuch
Nordrhein-Westfalen
Modellversuchsträger
Landesinstitut für Schule
Paradieser Weg 64
59494 Soest
Projektleitung
Dr. Werner Emler
Tel.: (02921) 683-245
e-mail: werner.emler@mail.lsw.nrw.de
Leitung der Geschäftsstelle
Leonard Kniesburges
Tel.: (02921) 683-474
e-mail: leo.kniesburges@mail.lsw.nrw.de
internet: http://www.seluba.de
Sekretariat der Geschäftsstelle
Anette Kron
Tel.: (02921) 683-473
Fax: (02921) 683-472
e-mail: SELUBA@mail.lsw.nrw.de
internet: http://www.seluba.de
Förderkennzeichen: K 6102 (NRW)
Sachsen-Anhalt
Modellversuchsträger
Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbil-
dung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Kleine Steinstr. 7
06108 Halle
Projektleitung
Dr. Martina Müller
Tel.: (0345) 2042-267
Fax: (0345) 2042-260
e-mail: mmueller@lisa.mk.lsa-net.de
Internet: http://www.modellversuche.bildung-
lsa.de/seluba
Projektmitarbeiterin
Birgit Berger
Tel.: (0345) 2042-266
e-mail: bberger@lisa.mk.lsa-net.de
Internet: http://www.modellversuche.bildung-
lsa.de/seluba
K 5613 (ST)
Laufzeit: 1. Oktober 1999 bis 30. September 2002
Wissenschaftliche Begleitung
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Prof. Dr. Reinhard Bader
Tel.: (0391) 67 16 52 5
Fax: (0391) 67 16 55 0
e-mail: reinhard.bader@gse-w.uni-magdeburg.de
Mitarbeit in der wissenschaftlichen Begleitung
StD Holde Deisenroth
Tel.: (02921) 683-499
Fax: (02921) 683-472
e-mail: holde.deisenroth@mail.lsw.nrw.de
Dipl.-Ing.-Päd. Birgit Dimanski
Tel.: (0391) 67 16 52 5
Fax : (0391) 67 16 55 0
e-mail : birgit.dimanski@gse-w.uni-magdeburg.de
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Vorwort
Modellversuchsverbünde werden in BLK-Modellversuchprogrammen gezielt gefördert. Sie
ermöglichen bereits durch ihre gemeinsamen und komplementären Zielsetzungen bei der
Antragstellung eine intensive Planung, Gestaltung und Evaluation sowohl der länderspezifi-
schen als auch der länderübergreifenden Arbeitsvorhaben. Insofern ist ein Transfer über
Ländergrenzen hinweg bereits in der Antragstellung angelegt. Dennoch gilt es, die Vorhaben
mit Leben zu erfüllen, gemeinsam Arbeitsaufgaben gezielt zu bearbeiten, transferfähige Er-
gebnisse zur Verfügung zu stellen bzw. zu rezipieren und auch gemeinsam an der Lösung
von Problemen über Ländergrenzen hinweg zu arbeiten.
Im Modellversuchsverbund SELUBA gibt es zwischen den Bundesländern Nordrhein-
Westfalen und Sachsen-Anhalt zahlreiche länderübergreifende Aktivitäten: Beratungen der
Projektleitungen gemeinsam mit der wissenschaftlichen Begleitung, Informationsaustausche
zu Arbeitsvorhaben und Arbeitsergebnissen, durch vielfältige Medien unterstützte Kommuni-
kation und immer wieder auch persönliche Kontakte. Gemeinsam mit Lehrkräften aus den
insgesamt 13 Modellversuchsschulen beider Bundesländer fanden im Modellversuchszeit-
raum zwei länderübergreifende Workshops statt: im März 2001 in Soest, Nordrhein-
Westfalen, ein zweiter im April 2002 in Quedlinburg, Sachsen-Anhalt. Getragen waren beide
Veranstaltungen durch einen intensiven länderübergreifenden Erfahrungsaustausch sowie
ein hohes Maß an Offenheit auch bezüglich der noch zu lösenden Probleme.
Länderspezifische Erfahrungen und Ideen aus den Modellversuchsschulen sowie Intentionen
und Ergebnisse der Arbeit der wissenschaftlichen Begleitung standen im Mittelpunkt des
zweiten gemeinsamen Workshops. Über Ländergrenzen hinweg wurde der gegenwärtige
Stand der Implementation des Lernfeldkonzeptes in ausgewählten Ausbildungsberufen bei-
der Bundesländer bilanziert.
Die vorliegende Broschüre soll den Leserinnen und Lesern Einblicke in den gegenwärtigen
Stand der Diskussion zur Implementation und wissenschaftlich gestützten Weiterentwicklung
des Lernfeldkonzeptes geben und allen Lehrkräften Mut machen, ihr Innovationspotenzial zu
entfalten.
Prof. Dr. Reinhard Bader
(Leiter der wissenschaftlichen Begleitung SELUBA)
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ....................................................................................................................................... 5
1 Tagungsprogramm und Teilnehmerliste .......................................................................... 7
2 Länderübergreifende Innovationen und landesspezifische Ergebnisse des
Modellversuchsverbundes SELUBA............................................................................. 11
2.1 Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen .......................................... 11
2.2 Modellversuchsergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung..................................... 21
3 Erfahrungen bei der Implementation des Lernfeldkonzeptes ....................................... 27
3.1 Curriculumentwicklung in der Schule ............................................................................. 27
3.1.1 Standortbezogene Lehrplanumsetzung als didaktische Jahresplanung in
Bildungsgängen - Ziele und Arbeitsschritte der Lernortkooperation ............................. 27
3.1.2 Vom Lernfeld zur Lernsituation ...................................................................................... 40
3.1.3 Ergebnisse der Diskussion............................................................................................. 46
3.2 Schulorganisatorische Rahmenbedingungen ................................................................ 51
3.2.1 Aufgaben der Schulleitung in der „neu-organisierten“ Schule ....................................... 51
3.2.2 Modelle der Planung, Durchführung und Evaluation zur Gestaltung von Unterricht
durch teilautonome Gruppen.......................................................................................... 53
3.2.3 Ergebnisse der Diskussion............................................................................................. 60
3.3 Teamarbeit im handlungsorientierten Unterricht............................................................ 66
3.3.1 Ergebnisse der Gruppenarbeit ....................................................................................... 67
3.4 Die QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation von Schule............... 84
4 Handlungsorientierung und Lernfeldkonzept ................................................................. 89
4.1 Aspekte der Handlungsorientierung im Lernfeldunterricht ............................................ 89
4.2 Ausgewählte Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zum handlungsorientierten
Unterricht ........................................................................................................................ 95
4.3 Erste Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zur Bildungsgangarbeit ................ 111
5 Empfehlungen der “SELUBA`S“ für die Lernfeld-implementation ............................... 115
6 Literatur ......................................................................................................................... 116
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1 Tagungsprogramm und Teilnehmerliste
Termin: 22. bis 24. April 2002
Tagungsort: Tagungszentrum PROKLIN GmbH
Ditfurter Weg 24
06484 Quedlinburg
Organisator: Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichts-
forschung von Sachsen-Anhalt
Kleine Steinstr. 07
06108 Halle
Ansprechpartner: Dr. Martina Müller
Tel.: 0345/20 42 267
___________________________________________________________________________
Montag, 22.04.2002
Der erste Tag diente der gegenseitigen Information über durchgeführte Arbeitsvorhaben in
beiden Bundesländern, der Darstellung landesspezifischer Ergebnisse und der gemeinsa-
men Beratung zur Verstetigung dieser Modellversuchsergebnisse mit allen Teilnehmern. Er
sollte auch die Chance zum besseren Kennen lernen der Lehrkräfte bieten, um ggf. schul-
spezifische Korrespondenzen anzubahnen.
bis 14:30 Uhr Anreise
15:00 Uhr Begrüßung
Dr. Martina Müller, LISA Halle
15:15 – 16:00 Uhr Vorstellen landesspezifischer Modellversuchsergebnisse
Dr. Martina Müller, LISA Halle; Holde Deisenroth, LfS Soest
16:00 – 16:30 Uhr Kaffeepause
16:30 – 18:00 Uhr Modellversuchsergebnisse der wissenschaftlichen Beglei-tung beider Bundesländer
Referat und Diskussion Prof. Dr. Reinhard Bader, Universität Magdeburg
ab ca. 18:30 Uhr Abendessen in der Brauerei
ab ca. 20:30 – 22:00 Uhr Stadtführung mit dem Nachtwächter
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Dienstag, 23.04.2002
Der zweite Tag widmete sich durch Impulsreferate, Diskussionsrunden und Gruppenarbeit
den Fragen der Erfahrungen der Schulen bei der Implementation des Lernfeldkonzeptes.
Erörtert wurde dabei auch, inwieweit unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen die
Implementation fördern oder behindern. Gemeinsam sollten Empfehlungen für eine erfolgrei-
che Implementation des Lernfeldkonzeptes erarbeitet werden.
Am Nachmittag wurde die Teamarbeit in berufsbildenden Schulen thematisiert. Vorgestellt
wurden Ergebnisse der Evaluation zur Teamarbeit aus Sachsen-Anhalt und in Gruppenarbeit
das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln näher beleuchtet.
9:00 – 10:30 Uhr AUFGABENFELD: CURRICULUMENTWICKLUNG IN DER SCHULE Inputreferate (Umfang jeweils 10 - 15 Minuten):
Standortbezogene Lehrplanumsetzung als didaktische Jahres-planung in Bildungsgängen Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen Ludger Schumacher, R.-v.-Weizsäcker-BK Lüdinghausen
Vom Lernfeld zur Lernsituation Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt Marlies Frings, BbS Bitterfeld
DISKUSSION (mit Leitfragen) Holde Deisenroth; Birgit Berger
10:30 – 11:00 Uhr Kaffeepause
11:00 – 12:30 Uhr AUFGABENFELD: SCHULORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN Inputreferate (Umfang jeweils 10 - 15 Minuten):
Aufgaben der Schulleitung in der „neu-organisierten“ Schule Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt Werner Hauffe, Schulleiter BbS Bitterfeld
Modelle der Planung, Durchführung und Evaluation zur Gestal-tung von Unterricht durch teilautonome Gruppen Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen Jörg-Eric Jacobs, Joseph-DuMont-Berufskolleg Köln Gerold Gräbner, Berufskolleg Bocholt West
DISKUSSION (mit Leitfragen) Dr. Martina Müller; Leo Kniesburges
12:30 – 13:30 Uhr Mittagspause
14:00 – 15:30 Uhr GRUPPENARBEIT zu Fragen und Problemen der Teamarbeit bei der Gestaltung der Bildungsgangarbeit - an vorgegebenen Aufgabenstellungen -
15:30 – 16:00 Uhr Kaffeepause
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16:00 – 17:00 Uhr Ergebnisse der Evaluation zur Teamarbeit in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen Vortrag und Diskussion Birgit Berger; Dr. Martina Müller, LISA Halle
Erfahrungen mit der QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation von Schule Dr. H.-Joachim Lösche, LfS Soest
ab ca. 18:00 Uhr Abendessen
ca. 20:00 – 22:00 Uhr gemeinsames Bowling
Mittwoch, 24.04.2002
Auch der dritte Tag diente dem Erfahrungsaustausch und dem Transfergedanken. In den
Mittelpunkt dieses Tages wurde das Thema Handlungsorientierung im Lernfeldunterricht
gerückt. Ausgewählte Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zu dieser Thematik wurden
von der wissenschaftlichen Begleitung vorgestellt und Empfehlungen für die
Lernfeldimplementation gegeben.
9:00 – 9:30 Uhr Aspekte der Handlungsorientierung im Lernfeldunterricht Referat und Diskussion Prof. Dr. Reinhard Bader, Universität Magdeburg
9:30 – 11:00 Uhr Ausgewählte Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zum handlungsorientierten Unterricht Referat und Diskussion Birgit Dimanski, Universität Magdeburg
Erste Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zur Bildungs-gangarbeit Referat und Diskussion Holde Deisenroth, LfS Soest
11:00 – 11:30 Uhr Kaffeepause
11:30 – 12:00 Uhr Empfehlungen der „SELUBA`S“ für die Lernfeldimplementation - Gelingensbedingungen/ -Stolpersteine
12:00 – 12:30 Uhr Auswertung der Tagung, Ausblick Dr. Martina Müller; Leo Kniesburges
12:30 – 13:30 Uhr Mittagessen, Abreise
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Teilnehmerinnen und Teilnehmer der gemeinsamen Tagung der Modellversuchsverbund-
partner Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen im Modellversuch SELUBA vom
22. bis 24.04.2002
Bader Prof. Dr., Reinhard Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg
Berger, Birgit Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt (LISA)
Buschmann, Ulrich Cuno-Berufskolleg I Hagen
Deisenroth, Holde Landesinstitut für Schule Soest
Dimanski, Birgit Berufsbildende Schulen VI Magdeburg
Frings, Marlies Berufsschulzentrum „August-von-Parseval“ Bitterfeld
Fritz, Harald Berufsbildende Schulen III „Gutjahr“ Halle
Gräbner, Gerold Berufskolleg Bocholt-West
Hauffe, Werner Berufsschulzentrum „August-von-Parseval“ Bitterfeld
Jakobs, Jörg-Eric Joseph-DuMont Berufskolleg Köln
Kniesburges, Leo Landesinstitut für Schule Soest
Kretschmer, Marlen Berufsschulzentrum „August-von-Parseval“ Bitterfeld
Liebscher, Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt
Lösche Dr., Hans-Joachim Landesinstitut für Schule Soest
Malcher, Herbert Berufsbildende Schulen Altmarkkreis Salzwedel
Mäurer, Sylvia Berufsbildende Schulen des Landkreises Bernburg
Müller Dr., Martina Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt (LISA)
Müller, Elke Berufsbildende Schulen III „Gutjahr“ Halle
Neufert, Gisela Berufsbildende Schulen des Landkreises Bernburg
Quilitsch, Anja Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt (LISA)
Rahn, Reinhard Anhaltisches Berufsschulzentrum „Hugo Junkers“ Dessau
Schneller, Friedhelm Berufsbildende Schulen des Landkreises Bernburg
Schumacher, Ludger Richard-von-Weizsäcker Berufskolleg Lüdunghausen
Seifert, Falk Berufsbildende Schulen Stendal
Taatz, Angelika Berufsbildende Schulen des Landkreises Weißenfels
Theobald, Antje Berufsbildende Schulen VI Magdeburg
Walther Dr., Sabine Berufsbildende Schulen des Landkreises Weißenfels
Zwanzig Dr., Joachim Berufsbildende Schulen III „Gutjahr“ Halle
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2 Länderübergreifende Innovationen und landesspezifi-
sche Ergebnisse des Modellversuchsverbundes
SELUBA
2.1 Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen
Der Modellversuch SELUBA - Steigerung der Effizienz neuer Lernkonzepte und Unterrichts-
methoden in der dualen Berufsausbildung - ist ein Modellversuchsverbund, in dem seit
01.10.1999, inhaltlich eng abgestimmt aber formal unabhängig, die Bundesländer Nordrhein-
Westfalen und Sachsen-Anhalt zusammenarbeiten. Modellversuchsträger sind die jeweiligen
Landesinstitute in Halle und in Soest. Wissenschaftlich begleitet wird der Verbund vom Insti-
tut für Berufs- und Betriebspädagogik der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg durch
Professor Dr. Bader. SELUBA ist in das bundesweite Förderprogramm der Bund-
Länderkommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) „Neue Lernkonzep-
te in der dualen Berufsausbildung“ eingebunden und hat eine Laufzeit von drei Jahren.
Zentrales Ziel des Modellversuchsverbundes ist die wissenschaftlich gestützte Implementati-
on und Evaluation des Lernfeldkonzeptes der bundesweit gültigen, auf der Ebene der Kul-
tusministerkonferenz der Länder (KMK) für die Berufsschule entwickelten Rahmenlehrpläne.
Der Modellversuchsverbund ist so konzipiert, dass er sechs berufsbildende Schulen aus
Sachsen-Anhalt als Modellversuchsschulen sowie sieben berufsbildende Schulen aus Nord-
rhein-Westfalen und je ein Studienseminar involviert. SELUBA in Sachsen-Anhalt ist auf zwei
Berufsfelder ausgerichtet: das Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft und das Berufsfeld
Bautechnik. Die Bildungsgänge in Nordrhein-Westfalen beziehen sich alle auf neue Berufe.
Damit werden sowohl die Implementation neuer Ausbildungsberufe, wie auch neugeordneter
Ausbildungsberufe begleitet und die Bildungsgangarbeit gestützt.
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Die folgende Grafik zeigt die beteiligten Modellversuchsschulen des Modellversuchsverbun-
des mit ihren Ausbildungsberufen:
Im Vorhaben SELUBA werden unter den spezifischen Bedingungen der beteiligten Bundes-
länder Konzepte und Materialien entwickelt und erprobt, mit denen
- die Qualitätsparameter von Lernkonzepten und Unterrichtsmethoden untersucht werden,
- die Wirksamkeit von Lernkonzepten für das Lernen in Lernfeldern evaluiert wird,
- die Schulen beim Konzipieren von Schulprogrammen, die regionale und schulspezifische
Rahmenbedingungen bei der Umsetzung des Lernfeldkonzeptes konstruktiv berücksich-
tigen, unterstützt werden.
SELUBA begleitet die Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf der bildungspla-
nerischen, schulorganisatorischen und unterrichtlichen Ebene. Somit werden alle drei Ebe-
nen der didaktischen Planung – die Ebene der Curriculumentwicklung (Makroebene), die
Ebene der Bildungsgangplanung (Mesoebene) und die Ebene der Unterrichtsgestaltung
(Mikroebene) tangiert. Der Modellversuch ist in Arbeitsphasen strukturiert, die miteinander
vernetzt sind und aufeinander aufbauen.
Im Mittelpunkt der Implementation des Lernfeldkonzeptes stehen die schulinterne Curricu-
lumentwicklung, die didaktische Jahresplanung, die Organisation von Lehrerteams, die Ana-
lyse der Anforderungen an veränderte schulorganisatorische Rahmenbedingungen, die Ges-
Modellversuchsschulen Modellversuchsschulen in Nordrheinin Nordrhein --WestfalenWestfalenAlbrecht -Dürer-BKDüsseldorfFachmann/-frau fürSystemgastronomie
ModellversuchsverbundModellversuchsverbund
BK der Stadt KölnMediengestalter/-in Digital und Print
Joseph-DuMont-BK KölnKaufmann/ -frau für audiovisuelle Medien
Cuno-BK I HagenStudienseminar HagenMechatroniker/-in
BK Bocholt-WestMechatroniker/-in Richard-von-Weizsäcker-BK,
LüdinghausenAutomobilkaufmann/-frau
August -Griese-BK, LöhneInformationselektroniker/-in
Modellversuchsschulen Modellversuchsschulen in Sachsenin Sachsen--AnhaltAnhalt
BbS VI MagdeburgRestaurantfachmann/-frau
BbS WeißenfelsRestaurantfachmann/-frau
BbS BitterfeldRestaurantfachmann/-frau
BbS II HalleMaurer/-in
BbS BernburgMaurer/-in
BbS SalzwedelMaurer/-in
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Neue
Ausbildungsberufe
Neugeordnete
Ausbildungsberufe
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taltung offener Unterrichtskonzepte, neue Formen der Lernerfolgsüberprüfung sowie die
Lernortkooperation.
Dabei werden Erkenntnisse und Ergebnisse aus wissenschaftlichen Analysen mit den Erfah-
rungen und Initiativen der Modellversuchslehrkräfte verbunden.
Die Projektleitungen in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen bündeln die Ergebnisse
des Modellversuchsverbundes und sichern den landesweiten und länderübergreifenden
Transfer von Ergebnissen. Sie arbeiten mit den Kultusministerien, den Bezirksregierungen,
den Abteilungen der jeweiligen Landesinstitute, Schulämtern, Kammern und Verbänden zu-
sammen.
Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt
Martina Müller, LISA Halle
Sachsen-Anhalt befindet sich gegenwärtig in der dritten und letzten Arbeitsphase. Entspre-
chend der länderspezifischen Zielsetzungen widmeten wir uns folgenden Tätigkeitsfeldern:
- Entwicklung von Schulcurricula,
- Analyse schulorganisatorischer Rahmenbedingungen,
- Gestaltung und Erprobung von Lehr-Lern-Arrangements,
- Evaluation von Teamentwicklungsprozessen in Lehrerteams,
- Evaluation von handlungsorientiertem Unterricht,
- Lernerfolgsüberprüfung.
Die Vielzahl der Aktivitäten in Sachsen-Anhalt und in enger Kooperation mit dem Modellver-
suchspartner in Nordrhein-Westfalen sowie in Zusammenarbeit mit dem Modellversuchsver-
bund NELE sind in den folgenden Übersichten zusammengefasst.
SELUBASachsen-Anhalt
(Workshops und Tagungen)
SELUBAModellversuchsverbund
(Tagungen)
NELE/SELUBA(Tagungen und Arbeitsberatungen)
Didaktische Jahresplanung/Schulcurriculum
Lernortkooperation
Unterrichtsmethoden
Lernerfolgsüberprüfung
Erfahrungsaustausch zu Modellversuchsergebnissen
Arbeitshilfe für KMK- Rahmenlehrplan-Ausschüsse
Prozessleitfaden für KMK- Rahmenlehrplan-Ausschüsse
Lernfeldcurricula undSchulorganisation (Tagung Mai 2001)
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Aktivitäten 2001Aktivitäten 2001
Schulcurriculum/Lernsituationen/ Lehr-Lern-Arrangements
Schulorganisation
Evaluation zum handlungsorientierten Unterricht
Evaluation zur Teamarbeit
Methoden-und Kommunikationstraining
Didakt.-method. Maßnahmen zur Förderung selbst. Lernens
Lernerfolgsüberprüfung und Leistungsbewertung
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Lehrerfort-bildungen (LFB)
Erprobung von Lern-situationen
Workshop als Ideenbörse
... als Projekte
Lern-situa-tionen
Rahmenlehrpläne und ...
Evaluation
Varianten zum Schulcurri-culum
Workshops
Evaluation des Grundgerüstes
Handreich -ung
Team-arbeit
Analyse mit Schul-leiternGemeinsame
Tagung mit NELE
Analyse mit Lehrkräften
NELE/SELUBA-Veröffentlich-ung in Vorb.
LFB mit schul-fachlichen Dezernenten
Schulor -ganisati -on
Handreich-ungen in Vorbereitung
Workshops und LFB
Arbeits-gruppen
Gemeinsamer SELUBA-Workshop
Beispiel-sammlung
Lerner-folgsüber-prüfung
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften zeichnet sich durch eine gemeinsame und diffe-
renzierte Arbeitsweise aus. Neben gemeinsamen Arbeitsvorhaben, wählte jede Modellver-
suchsschule eine Fragestellung, die als besonders bedeutsam untersucht, deren Ergebnisse
elaboriert und erprobt werden sollten. Diese Vorhaben sind vorrangig in der Meso- und Mik-
roebene didaktischer Planung und Entscheidung angelegt.
So widmeten sich die
- BbS II Halle der Stärkung der curricularen Kompetenz,
- BbS Bernburg der Lernerfolgsüberprüfung, insbesondere dem Einsatz des Struktur-Lege-
Verfahrens,
- BbS Salzwedel der Lernortkooperation,
- BbS VI Magdeburg den Formen der Lernerfolgsüberprüfung in Lernfeldern,
- BbS Bitterfeld der Teamarbeit und Teamentwicklung,
- BbS Weißenfels der Projektarbeit im handlungsorientierten Unterricht,
- Fachbetreuerinnen und Fachbetreuer der Analyse und Reflexion der Lehrerfortbildungen
in Sachsen-Anhalt.
Die Ergebnisse der Modellversuchsschulen sind in der Handreichung „Lernfelder in der
Schule gestalten. Aus der Arbeit der Modellversuchsschulen“ veröffentlicht. In zwei weiteren
Handreichungen werden Implementierungshilfen angeboten und Anregungen und Empfeh-
lungen für die Gestaltung von Schulcurricula gegeben.
Die wissenschaftliche Begleitung widmete sich in der zweiten Arbeitsphase durch Befragun-
gen und Evaluation den Schwerpunkten Teamentwicklung und Teamarbeit der Lehrenden
und der handlungsorientierten Unterrichtsgestaltung. Die Anforderungen an neue und inten-
15
sive Formen des Zusammenwirkens in Lehrerteams wurden analysiert und die Ergebnisse
veröffentlicht. Eine Studie zum handlungsorientierten Unterricht wird gegenwärtig erarbeitet.
didaktische Jahresplanung
Gegenwärtige ArbeitsvorhabenGegenwärtige Arbeitsvorhaben
Arbeitsschwerpunkte in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt
handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung
SchulorganisationLernerfolgsüberprüfung
Lernortkooperation Evaluation und Evaluationskonzepte
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
Aktuelle Veröffentlichungen und VorträgeAktuelle Veröffentlichungen und Vorträge
VorträgeHochschultage Berufliche Bildung
DGfE-Tagungen
diverse Lehrerfortbildungen
VeröffentlichungenVeröffentlichungen
Bader/Müller: Fachdidaktische Professionalität zur Gestaltungdes Lernfeldkonzeptes. In: Bader/Sloane (Hrsg.): Bildungsmanagement im Lernfeldkonzept – curriculare und organisatorische Gestaltung
Müller/Dimanski : Lernsituationen im Ausbildungsberuf Restaurantfachmann/Restaurantfachfrau gestalten – Ergebnisse aus dem Modellversuch SELUBA.In: Hochschultage Berufliche Bildung 2002. Aus der Arbeit der Landes-institute . In Vorbereitung
Bader/Müller: Vom Lernfeld zur Lernsituation. Typisierung derTransformationsarbeit in den Schulen. In: Zeitschrift für Berufs- undWirtschaftspädagogik , Heft 1, 2002
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Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen
Holde Deisenroth, LfS Soest
Die Implementation des Lernfeldkonzeptes der KMK-Rahmenlehrpläne in Nordrhein-
Westfalen steht im Gesamtrahmen der landesspezifischen Vorgaben für die Berufsschule im
Berufskolleg. NRW übernimmt die KMK-Rahmenlehrpläne und ergänzt sie landesspezifisch,
z.B. durch eine Stundentafel, Hinweise zum berufsübergreifenden Lernbereich, Hinweise zur
Bildungsgangarbeit, zur Leistungsbewertung und durch Vorgaben zu doppeltqualifizierenden
Bildungsgängen. Affine Lernfelder sind dabei unter einem berufsorientierten Oberbegriff zu-
sammengefasst, einem sog. Bündelungsfach, das auf dem Zeugnis ausgewiesen ist.
Zum einen werden dadurch die zentralen Intentionen des Lernfeldkonzeptes gestützt, d. h.
die Orientierung der Lernfelder an Handlungs- statt Fachsystematiken bleibt gewahrt und
ihre Gestaltungsoffenheit, d. h. die Möglichkeit zu standortbezogener/regionalspezifischer
curricularer Ausgestaltung bleibt erhalten. Zum anderen werden die lernfeldkonzeptionierten
Lehrpläne durch die landesspezifischen Ergänzungen in den Gesamtrahmen des umfassen-
den Bildungsauftrages des Berufskollegs gestellt.
April 2002 Quedlinburg 5
Umsetzungsebenen lernfeldstrukturierter Lehrpläne in der Schule
Bildungsgangkonzeptionen
Didaktische Jahresplanungen
Unterricht
Schulprogramm
Frem
d-
un
d S
elb
stev
alu
atio
nFrem
d-
un
d S
elbstevalu
ation
17
Der Modellversuch SELUBA-Nordrhein-Westfalen arbeitet von Beginn an mit sieben Modell-
versuchsschulen und einem an eine Schule assoziierten Studienseminar nach der bottom-
up-Methode. Die Modellversuchsschulen entwickelten und erprobten Umsetzungsstrategien,
die in Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Begleitung zu Umsetzungsmodellen auf-
bereitet und für die Schulen des Landes NRW bereit gestellt wurden.
Die Schulen sind mit jeweils einem Bildungsgang eines neuen Ausbildungsberufes beteiligt.
Im Rahmen der Transferarbeit des Modellversuches wurden drei landesweite Fachtagungen
unter Mitarbeit des Landesinstituts und der jeweiligen Modellversuchsschulen durchgeführt.
Die Tagungen verfolgten das Ziel, die Bildungsgangarbeit und die Lehrplanumsetzung an
den Berufskollegs zu stützen, Kontakte zwischen Schulen mit gleichen Bildungsgängen in
den Regionen zu fördern und Modellversuchsergebnisse zu verstetigen. Die Tagungen wur-
den für die Bildungsgänge der Ausbildungsberufe Automobilkauffrau/-mann, Informations-
elektronikerin/-elektroniker und Mechatronikerin/Mechatroniker durchgeführt.
Da Kolleginnen und Kollegen aller Schulstandorte des Landes teilnahmen, ermöglichten es
diese Veranstaltungen, eine kontrollierte Erhebung zum Stand der Schulentwicklungsarbeit
im Hinblick auf das Lernfeldkonzept durchzuführen. Eine Vergleichsuntersuchung mit vorhe-
rigen Bildungsgangerfahrungen war vornherein ausgeschlossen, da die drei beteiligten Bil-
dungsgänge neue Berufe umfassen.
April 2002 Quedlinburg 2
Neue UnterrichtsmethodenStudienseminar Hagen IHagen
Konzepte zur Integration der Lernbereiche
Informationselektroniker/-in
August-Griese-BKLöhne
Weiterentwicklung der Lernortkooperation
Automobilkaufmann/-frauRichard-von-Weizsäcker-BKLüdinghausen
Weiterentwicklung der Lernortkooperation
Mechatroniker/-inCuno I - BKHagen
Weiterentwicklung der Lernortkooperation
Mechatroniker/-inBK Bocholt – WestBocholt
Schul-ModellfirmaKauffrau/-mann für audiovisuelle Medien
Joseph-DuMont-BKKöln
Modelle zur selbstständigen Bildungsgangorganisation
Mediengestalter/in für Digital- und Printmedien
BK KartäuserwallKöln
Konzepte zur Integration der Lernbereiche
GastronomieAlbrecht-Dürer-BKDüsseldorf
Besonderer SchwerpunktBildungsgangSchule
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Arbeitsebenen Ergebnisse/Produkte/Vorhaben
Makroebene
(Beratung und
Begleitung)
- Erstellung eines Leitfadens für KMK-Rahmenlehrplanmitglieder
- Begleitung der Umsetzungsarbeit im Land (Mitarbeit im Projekt Lehrplanumsetzung des MSWF und des LfS)
- Erstellung einer Arbeitshilfe für Landeslehrplangruppen
- Evaluation von Landeslehrplänen
- Mitarbeit bei der Erstellung von neuen Lehrplänen für den berufs-übergreifenden Lernbereich
Mesoebene
(Beratung,
Begleitung und
Produktentwick-
lung)
- Zentrales Arbeitsfeld der Modellversuchsschulen
- Bildungsgang- und Teamstrukturen aufbauen
- Lehrplan schulspezifisch umsetzen
- Lernortkooperation realisieren
- Zusammenarbeit der Lernbereiche konkretisieren
Mikroebene
(Beratung,
Begleitung und
Materialentwick-
lung)
- Entwicklung von Lernsituationen
- Realisierung lernbereichsübergreifenden Unterrichts (Berufsübergreifender Lernbereich, Differenzierungsbereich)
- Schulentwicklung zur Stützung der Selbstorganisation im Bil-dungsgang
- Unterrichtsmethoden
- Lernerfolgsüberprüfungen
Transfer von Modellversuchsergebnissen
Modellversuchsbegleitend erfolgt der Transfer von Ergebnissen. Dazu zählen u. a.:
- Prozessleitfaden für die didaktische Jahresplanung,
- „Grundgerüst“ für ein Schulcurriculum,
- Evaluationsdesigns
für die Bildungsgangarbeit,
zum handlungsorientierten Unterricht,
zur Teamentwicklung und Teamarbeit,
- Konzepte zur Entwicklung und Erprobung flexibler Organisationsformen,
- Konzepte zur Gestaltung von Lernortkooperation,
- Netzwerkbildung
Homepages:
http://www.seluba.de
http://www.modellversuche.bildung-lsa.de/seluba
BSCW-Arbeitsbereiche für die modellversuchsinterne Kommunikation.
19
Kontinuierlich erfolgt ein Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen allen am Modell-
versuch Beteiligten. Die Ergebnisse der Modellversuchspartner werden adaptiert und lan-
desspezifisch umgesetzt. Der Systematisierung, theoretischen Reflexion und Dokumentati-
on wird dabei ein hoher Stellenwert beigemessen.
Für die Rezeption, Nutzung und Weiterverarbeitung der Implementationsprodukte und
–prozesse sind Aktivitäten und Ergebnisse, die über den Modellversuchszeitraum hinaus
wirken, besonders bedeutsam.
Ergebnistransfer und Transparenz der gewonnenen Ergebnisse werden erreicht durch
- Informationen zur Umsetzung lernfeldstrukturierter Rahmenlehrpläne,
- Begleitung des Implementationsprozesses für neue Ausbildungsberufe,
- Entwicklung von Konzepten zur Selbstevaluation und Qualitätssicherung,
- Entwicklung und Erprobung von Fortbildungsdispositionen und -maßnahmen für Lehrkräf-
te,
- Referententätigkeit in regionalen und landesweiten Lehrerfortbildungsveranstaltungen.
Verschiedene Formen der Zusammenarbeit von Personen, Teams und Institutionen sind
hierbei erforderlich, um die Modellversuchsergebnisse zu verankern.
Der Modellversuch SELUBA arbeitete bis 30.09.2001 eng mit dem Modellversuch NELE-
„Neue Unterrichtsstrukturen durch berufliches Lernen in Lernfeldern“-, einem Modellver-
suchsverbund der Bundesländer Bayern und Hessen, zusammen. Die Fragestellungen der
Modellversuchsverbünde NELE und SELUBA ergänzten sich. Um die damit verbundenen
Synergieeffekte nutzen zu können, wurde ein verzahntes Projektmanagement gestaltet. Eine
länderübergreifende Managementgruppe koordinierte die Zusammenarbeit, ermöglichte ei-
nen schnellen Transfer der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitungen und gewährleis-
tete damit einen kontinuierlichen Informationsaustausch.
Die Ergebnisse der Modellversuchsverbünde und die Resultate der wissenschaftlichen Be-
gleitungen wurden regional und überregional publiziert.
20
Die folgende Übersicht veranschaulicht Arbeitsschwerpunkte und Ergebnisse der Projektma-
nagementgruppe NELE-SELUBA.
Transfer
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
im Modellversuch und nach dem Modellversuch
v Informationen zur Umsetzung lernfeldstrukturierter Rahmenlehrpläne
v Begleitung des Implementationsprozesses für neue Ausbildungsberufe
v Entwicklung von Konzepten zur Selbstevaluation und Qualitätssicherung
v Referententätigkeit in Lehrerfortbildungsveranstaltungen
v Problemdiskussionen mit Vertretern des Kultusministeriums
v Netzwerkbildung zwischen den Modellversuchsschulen
v Evaluation zum handlungsorientierten Unterricht und zur Teamarbeit
v Erprobung flexibler schulischer Organisationsformen
v Erfahrungsberichte aus den Modellversuchsschulen
v Internetpräsentationen
NELE NELE -- SELUBASELUBA
Dr. Martina Müller, Birgit BergerLandesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt
MAKROEBENECurriculumentwicklung
MESOEBENESchulorganisation und-entwicklung
• Bildungsgangplanung• Lernortkooperation• Lehrerrolle• systematische Personalentwicklung
• Prüfungen ...
MIKROEBENELehr-/Lerngestaltung
• Sozialisation und Selbstverständnis• problemorientiertes Lernen• Exemplarität• Individualisierung ...
MAKROEBENE
• Arbeitshilfe für Rahmenlehrplanausschüsse
• Prozessleitfaden
• Schulcurricula• didaktische Jahresplanung• Bildungsgangarbeit
• Projektarbeit• Lernerfolgsüberprüfung• Lehr-Lern-Arrangements• Teamentwicklung und Teamarbeit
MESOEBENE
MIKROEBENE
• moderne Ansätze für die Lehrplanarbeit
21
2.2 Modellversuchsergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung
Reinhard Bader, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Themenschwerpunkte:
• Überblick über Problembereiche bei der Implementation des Lernfeld-Konzepts zu Be-
ginn von SELUBA sowie über Lösungsansätze
- Makroebene
- Mesoebene
- Mikroebene
• Überblick über Arbeitsschwerpunkte der wissenschaftlichen Begleitung
- Versuchsbegleitende Beratungen – Konzept der integrierten wissenschaftlichen Beglei-
tung
- Lehrerfortbildung
- Schulorganisation; Teamentwicklung
- Entwicklung von KMK-Rahmenlehrplänen und Landeslehrplänen
- Entwicklung von didaktischen Jahresplanungen (NRW) bzw. Schulcurricula (ST)
- Integration des berufsbezogenen mit dem berufsübergreifenden Lernbereich
- Handlungsorientierung als didaktisch-methodisches Leitkonzept
- Erweiterte fachdidaktische Professionalität der Lehrenden
- Formen der Akzeptanz und Ausgestaltung des Lernfeld-Konzepts durch die Lehrenden
• Analysen, Reflexionen und vorläufige Empfehlungen zu ausgewählten Problemen
- Lernfelder – Fächer – „Bündelungsfächer“
- Beurteilung von Handlungskompetenz in allen Dimensionen
- Zusammenhänge zwischen Fachsystematik und Kasuistik
- Fachwissenschaften als Referenz für die Entwicklung und Ausgestaltung von Lernfel-
dern
22
Probleme bei der Implementation des Lernfeldkonzepts aus der Sicht der Schulen im
Modellversuch SELUBA
Makroebene
(Verstehen und Gestalten von Ordnungsmitteln, ...)
Lernfeld - Konzept
• Betriebliche Handlungsfelder nicht bekannt (erforscht)
• Qualität der Rahmenlehrpläne: inhaltliche Mängel; Konstruktionsmängel
• Lernfelder hinsichtlich der Kompetenzen und der Inhalte zu abstrakt
• zu starke Bindung an betriebliche Handlungsfelder
• Verhältnis zum berufsübergreifenden Lernbereich (zu den allgemeinen Fächern)
Lernfelder und Fächer
• „Mischung“ von Lernfeld- und Fächerkonzept
• Lernfelder auf dem Zeugnis; Benotung
Prüfungssystem
• Nicht auf Lernfelder bezogen (inhaltssystematisch aufgebaut)
Lehreraus- und Lehrerfortbildung
• Ausbildung fachsystematisch
• Fortbildung zu spät und zu spärlich
Mesoebene
(Teamentwicklung in den Schulen, Entwickeln von Jahresplänen)
Lernfeld - Lernsituationen
• Entwickeln von Lernsituationen
• Orientierung an Geschäfts- und Arbeitsprozessen
• Fehlender Einblick in neue Entwicklungen im Betrieb
Schulorganisation
• Teambildung (Organisation der Teamarbeit; Teamzusammensetzung und Teamgröße)
• Aufwand durch viele Konferenzen
• Gestaltung von Team-Teaching
• Flexibilität des Stundenplans
23
Lernortkooperation
• Heterogene Betriebe
Mikroebene
(Gestaltung von Lehr-Lern-Situationen, Lernerfolgsbeobachtungen, ...)
Lernvoraussetzungen der Auszubildenden/Schüler
• Überforderungen durch Selbstständigkeit
• Überforderung durch Komplexität der Lernsituationen
• Schüler denken in Fächern
Konkretes Arrangieren von Lernsituationen
• Orientierung an Geschäfts- und Arbeitsprozessen
Sicherung der Lernergebnisse
• Systematisierung der Lernergebnisse
• Bezug zu Fächern
Lehrer-Kompetenz
• Kenntnis der Praxis
• Umstrukturierung fachsystematisch organisierten Wissens
• Variation der Kommunikation mit den Lernenden
Abstimmung im Lehrerteam
• Abstimmung der Lehrenden bei Teamarbeit in einem Lernfeld
• Kommunikation im Team
Erweiterte Anforderungen an die fachdidaktische Kompetenz der Lehrenden durch
das Lernfeldkonzept
Das Lernfeldkonzept, nach dem die KMK-Rahmenlehrpläne für die Berufsschule seit einigen
Jahren strukturiert werden, stellt die Lehrenden - dies lässt sich aus vielfachen Rückmeldun-
gen aus den Schulen schließen - zwar nicht vor grundsätzlich neue Probleme, wohl aber
akzentuiert es die alte Forderung einer Verbindung von Theorie und Praxis - immer schon
eine zentrale Herausforderung an die Kompetenz der Lehrenden, speziell im dualen System
der Berufsausbildung.
24
Da Theorie-Praxis-Bindung generell unbestritten zu den Anliegen fachdidaktischer Planung
und Gestaltung gehört, soll es hier, verdichtet um das Lernfeldkonzept, genauer thematisiert
werden. Hierbei geht es darum, wie Lehrende ihre Theorie- und Praxiskompetenz aufeinan-
der beziehen und welche Probleme sie dabei zu lösen haben, nicht um die Praxisrelevanz
von Fachwissenschaften und auch nicht um fachwissenschaftliche Strukturierungen zum
Lernfeldkonzept.
In den neuen KMK-Rahmenlehrplänen sind die Lernfelder sowohl hinsichtlich der beschrie-
benen Kompetenzen als auch der aufgeführten Lerninhalte bewusst so offen formuliert, dass
regional- und schulspezifische Aspekte sowie auch permanent Innovationen berücksichtigt
werden können und sollen. Über die Konkretisierung der Inhalte hinaus bringt das Lernfeld-
konzept eine weitere Anforderung an curriculare Kompetenz mit sich, denn es reicht nicht
aus, allgemeine Inhaltsangaben „Klein zu arbeiten“, sondern die nicht fachsystematisch,
sondern handlungssystematisch strukturierten Lernfelder müssen durch Lernsituationen un-
tersetzt werden, die ihrerseits auch wieder handlungssystematisch aufgebaut, d. h. den Lern-
feldern strukturgleich sind, und diese curriculare „Kleinarbeitung“ setzt begleitende Reflexion
auf die beruflichen Handlungsfelder bzw. beruflichen Handlungssituationen voraus.
Bei der Ausgestaltung der Lernfelder durch Lernsituationen zeigen sich hinsichtlich der The-
orie-Praxis-Verknüpfung - dies haben zahlreiche Gespräche mit Lehrenden ergeben - zwei
typische Herangehensweisen: die der „Theoretiker“ und die der „Praktiker“.
„Theoretiker“ orientieren sich bewusst und weit überwiegend an Bezugswissenschaften:
- Sie analysieren die Lernfelder aus fachwissenschaftlicher Sicht;
- Sie behalten Fachstrukturen herkömmlicher Lehrpläne, die an Fachwissenschaften orien-
tiert sind, soweit wie möglich als didaktischen Überbau über die Lernfelder bei, oder die-
se liefern zumindest die gedankliche Orientierung bei der Lernfeldgestaltung;
- Sie akzeptieren Lernsituationen als Anwendungsbeispiele für Fachtheorie.
„Praktiker“ orientieren sich an der Berufspraxis:
- Sie analysieren Ausbildungsbetriebe auf Handlungsfelder hin;
- Sie verstehen den Berufsschulunterricht als Dienstleistung für das Beschäftigungssys-
tem;
- Sie bilden Lernsituationen beruflichen Handlungssituationen nach, der Theoriebezug wird
bisweilen kaum reflektiert.
25
Abb. 1: Theoretiker und Praktiker
Die hier typisierten Herangehensweisen sind in „Reinform“ nur selten anzutreffen, gleichwohl
aber werfen sie Licht auf das zugrunde liegende fachdidaktische Problem. Idealtypisch be-
trachtet, müssten beide Lösungswege zu denselben oder zumindest zu vergleichbaren Lern-
situationen führen, doch lehren bisherige Beobachtungen, dass „Theoretiker“ doch dazu nei-
gen, „lästige“ Praxis dem Lernort Betrieb zuzuweisen, „Praktiker“ Gefahr laufen, „schwierige“
Theorie als praxisfern abzutun.
Auf fachdidaktische Kompetenz hin gewendet, ist festzuhalten:
- Fachdidaktische Kompetenz ist in der Lage, fachwissenschaftlich schwierige Sachverhal-
te zu veranschaulichen, zu strukturieren, zu vereinfachen, aber deutlich mehr noch: sie
auf Handlungserfordernisse der Praxis hin anzuwenden und somit verwertbar zu ma-
chen: nicht „träges“ Wissen, sondern produktives Können zu fördern.
- Fachdidaktische Kompetenz durchleuchtet die Praxis, klärt sie auf, begründet und befragt
sie kritisch, und zwar systematisch an Fachwissenschaften orientiert.
- Fachdidaktische Kompetenz pflegt wissenschaftlich interdisziplinäres und praxisoffenes -
auch berufs- und berufsfeldübergreifendes – Denken, Handeln, Suchen, Mitgestalten. In
diesem Zusammenhang verknüpft sie die Dimensionen von Produktion und Dienstleis-
tung sowie die Strukturen von Arbeits- und Geschäftsprozessen.
- Fachdidaktische Kompetenz schafft eine Lernumgebung, die soziales Lernverhalten för-
dert, teamorientierte Arbeitsstrukturen erproben und reflektieren lässt.
- Fachdidaktische Kompetenz unterstützt kommunikative Prozesse, die auf spezielle Be-
rufstätigkeiten bezogen und für Interaktionen in der Lerngruppe erforderlich sind.
LS LS LS LS Lernsituationen sind
(theoretisch begründete)
Abbildungen von Praxis Lernsituationen (LS)
Lernsituationen sind (praxis-
relevante) Anwendungen von
Theorie
„Theoretiker“ Lernfeld „Praktiker“
Berufliches
Handlungsfeld
Fach-
wissenschaften
26
Typ
Abwartender
Typ
Sachbearbeiter
Typ
Abwartend Verwaltender
Typ
Abwartend Gestaltender
Typ
Trendsetter
Typ Theoretiker
Sucht nach Wegen, Lern-felder (LF) nach Fachsys-tematiken umzustruk-turieren; erfüllt formal den Auftrag, in LF zu unterrichten
Verwendet Praxisbeispie-le; größere Lerngruppen möglich
Verstärkt Erfahrungs-austausch mit anderen Schulen; macht Vorschläge, das Lernfeldkonzept durch fachsystematische Grundla-gen anzureichern
Nutzt Projektunterricht und Lernortkooperation
Typ Praktiker
Versteht sich als Sachverständiger; betont den Unter-schied zu Lehrern für Fachpraxis
Handlungsfelder und -situationen werden in Lernfeldern und -situationen abgebildet; Lernortkooperation wird gepflegt
Typ Didaktiker
Verwendet ausgearbeite-te „Karteikarten“, ein-geführte Lehrbücher; Position: “Alles halb so schlimm!“
Trifft die Einschätzung: Schülerkompetenz und Rahmenbedingungen lassen Lernfeldkonzept nicht zu; Prüfungssystem verhin-dert Umsetzung
Strebt an: LF zu „Oberlernfeldern“ zusammenzufassen; besucht Tagungen, Lehrerfortbildun-gen; erarbeitet selbstständig Vor-schläge – stellt Bedingungen
Entwickelt konkrete Umsetzungsvorschlä-ge zur Konkretisierung des Lernfeldkonzeptes, z. B. durch Beachtung von Parallelität und Sequenzialität
Typ Organisationsentwickler
Theorie-Praxis-Beziehung wird als gegeben erachtet Didaktik bleibt unverän-dert Organisation wird nicht angetastet
Position: Arbeitszeit der Lehrer muss überprüfbar sein; Lernfeldkonzept `geht nicht`; „Umetikettierung“ der Fächer zu Lernfeldern
Strebt an: Lehrerteams mit begrenz-ter Autonomie
Strebt an: kein 45-Minuten- Unterricht; Schulnetzwerke zum Infor-mationsaustausch; zweifelt hinreichende Lehrerkompe-tenz an
Löst Stundenplan auf; vergibt Stundenbudget ans Team; Lehrer-gruppen übernehmen Bildungsgänge in ei-gene Zuständigkeit
Abb.2: Typisierung nach Erfahrungshintergrund und Engagement
Engagement Erfahrungs-hintergrund
27
3 Erfahrungen bei der Implementation des
Lernfeldkonzeptes
3.1 Curriculumentwicklung in der Schule
3.1.1 Standortbezogene Lehrplanumsetzung als didaktische Jahresplanung in
Bildungsgängen - Ziele und Arbeitsschritte der Lernortkooperation
Ludger Schumacher, Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg Lüdinghausen
Das Berufskolleg als aktiver Partner bei der Implementation eines neuen Ausbildungsberufs
in der Region1
Eckdaten
Nachdem das Bundeswirtschaftsministerium neben zehn anderen den Ausbildungsberuf
”Automobilkaufmann/-frau” staatlich anerkannt hatte, sind die entsprechenden Berufsord-
nungsmittel (Ausbildungsordnung und Berufsbild, KMK-Rahmenlehrplan) zum 01.08.1998 in
Kraft getreten.
Bisherige Beschulung
Die Auszubildenden des Automobilhandels wurden bisher als Einzelhandelskaufleute, Büro-
kaufleute und Groß- und Außenhandelskaufleute ausgebildet. Die schulische Ausbildung im
Bereich der Bezirksregierung Münster wurde zunächst an zwei zentralen Standorten (Müns-
ter und Gelsenkirchen) begonnen und sollte in den Folgejahren je nach Bedarfslage dezent-
ralisiert werden2.
Ausbildungsbedarf im Kreis Coesfeld
Die Kfz-Innung und die Kreishandwerkerschaft verfolgten sehr intensiv das Ziel einer ortsna-
hen Beschulung für ihre Auszubildenden. Ebenso sagten die Wirtschafts- und Strukturanaly-
sen für den Kreis Coesfeld einen steigenden Ausbildungsbedarf voraus, dem u.a. auch mit
attraktiven neuen Ausbildungsmöglichkeiten begegnet werden sollte. ”Innungsauftrag” und
”Kreisauftrag” waren Signal für die Initiative des Berufskollegs, sich aktiv einzuschalten und
die Bedarfslage zu sondieren.
1 Falls gewünscht, können vom Autor weiterführende und ausführliche Informationen zur Implementation eines neuen Bildungs-
gangs eingeholt werden. 2 Siehe Abb. 1, S. 33
28
Zunächst wurde eine groß angelegte Befragung aller potenziellen Ausbildungsbetriebe
durchgeführt. Von den 132 Betrieben, die die Innung im Kreis Coesfeld betreut, können ca.
50 Betriebe in diesem kaufmännischen Ausbildungsberuf ausbilden, da sie (auch) Handels-
funktionen ausüben. In persönlichen Besuchen bei allen Betrieben durch Kollegen unserer
Schule wurden die Vorteile einer ortsnahen Beschulung mit günstiger Verkehrsanbindung,
das Angebot intensiver Kooperation unter regionalen Gesichtspunkten sowie einer sich dar-
aus ergebenden bedarfsgerechten Ausbildung und der Sicherung qualifizierten Personals
hervorgehoben. Aufgrund einer konkreten Befragung der potentiellen Ausbildungsbetriebe
konnte von einer hinreichenden Ausbildungsbereitschaft ausgegangen werden.
Personelle und sachliche Voraussetzungen
Die nach § 3 VO zu § 5 SchFG geforderte gesicherte Einzügigkeit war somit gegeben. Eine
Öffnungsklausel im Bezirksklassenverzeichnis der Bezirksregierung Münster ermöglichte
eine sofortige Dezentralisierung. Die Schulkonferenz befürwortete einstimmig die Errichtung
einer Kreisfachklasse am Schulort Dülmen (Anregung an den Schulträger gemäß § 5 (2)
Ziffer 2 SchMG).
Es galt nun, die personellen und sachlichen Voraussetzungen mit der BR Münster und dem
Schulträger zu überdenken. Lehrer/innen mit entsprechender Qualifikation im berufsbezoge-
nen Bereich (Handelsbetriebslehre) waren vorhanden. Außerdem konnte der technische
Unterricht (”Technisches Grundverständnis für Verkaufsverhandlungen”) durch den an unse-
rer Bündelschule vorhandenen Fachbereich ”Kfz-Technik” abgedeckt werden.
Ein Problem stellte die räumliche Unterbringung am Schulort Dülmen dar, dessen Kapazität
schon sehr ausgelastet war. Mit einer großen Kraftanstrengung bemühte sich der Schulträ-
ger (Kreis Coesfeld) um eine Lösung des Problems: Ein bisher nicht unterrichtlich genutztes
Gebäude wurde zu multifunktionalen Schulungsräumen, dem "Autohaus Dülmen" umgestal-
tet.
Zusätzliche Kosten im Rahmen der Lernmittelfreiheit sowie für Ausstattung und Unterrichts-
mittel sollten durch das Schulbudget gedeckt werden.
Das Handlungskonzept für die Bildungsgangarbeit:
Betriebsorientierte Lernsituationen und Regionalbezug3
Jahrgangsübergreifendes Modell
Von Anfang an war die Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben, insbesondere auch
mit der Kfz-Innung und den Kammern, ein prägendes Element bei der Einführung dieses
Bildungsgangs. So wurde auf Wunsch der Innung ein jahrgangsübergreifendes Modell der
29
Unterrichtsorganisation beschlossen, das für die Unterstufe 16 Stunden, für die Mittelstufe 12
Stunden und für die Oberstufe nur noch 8 Stunden vorsieht (siehe APO-BK § 5 (3)).
Betriebsorientierte Lernsituationen
Ein besonderes Merkmal dieser Zusammenarbeit ist in dem Ansatz zu sehen, das Lernfeld-
konzept so weit wie möglich und sukzessive mit sog. ´Betriebsorientierten Lernsituationen´
auszugestalten. Hier werden die Schüler von einem Ausbildungsbetrieb mit einer zum jewei-
ligen Lernfeld passenden betrieblichen Aufgabe (als Lernsituation) konfrontiert und dabei mit
allen notwendigen Belegen und Zahlen/Daten versorgt, die zur Lösung des Projekts notwen-
dig sind. Während der Dauer des jeweiligen Projekts begleitet der betreuende Betrieb die
Schülerarbeit mit entsprechenden Hilfestellungen (Expertenbefragung, Verkaufsschulungen,
Finanzierungsberatungen etc.)
Die Ausbildungsbetriebe einer Klasse werden persönlich von den Lehrern des Bildungs-
gangs kontaktiert4 und mittels einer (vereinfachenden) Synopse5 der wesentlichen Lernfelder
(hier dem Fach Automobilbetriebslehre zugeordnet) um Mithilfe bei der Erstellung einer pra-
xisorientierten Lernsituation gebeten. Die Resonanz ist i.d.R. sehr positiv, so dass es gelingt,
einzelne Lernsituationen zunehmend mit Praxismaterial oder auch fallweise durch Experten
aus der Praxis unterstützen zu können. Im günstigsten Fall, und das gelingt zunehmend,
übernimmt ein Ausbildungsbetrieb die Begleitung einer vollständigen Lernsituation und be-
treut die Klasse während der gesamten Bearbeitungszeit, sei es durch Begleitmaterial, durch
Verkäuferschulungen oder als Anlaufstation bei besonderen Problemstellungen.
Der folgenden Abbildung ist zu entnehmen, welche Lernsituationen bisher erstellt werden
konnten. Der Schwerpunkt liegt naturgemäß im Lernfeld 11, da hier die Hauptaufgabe des
Autohandels zu sehen ist: Verkauf eines Neuwagens6 mit evtl. Ankauf eines Gebrauchtwa-
gens7. Diese Lernsituationen sind standardisierbar, da sie in jedem Autohaus in ähnlicher
Form vorkommen. So konnte im ersten Jahr ein BMW-Händler als betreuender Betrieb ge-
wonnen werden, im zweiten Jahr ein FORD-Händler, der dem Fachbereich sogar für ca. 6
Monate zur unterrichtlichen Unterstützung einen nagelneuen FORD-Mondeo zur Verfügung
stellte.
3 Siehe Abb. 2, S. 34. 4 Eine ausführliche Beschreibung dieses Prozesses in Drees, G., Pätzold, G.: Lernsituationen und Kooperation in der Praxis –
Eine Fallstudie zu Strategien und Realisierungsformen (Werkstattbericht für SELUBA NRW). 5 Siehe Abb. 3, S. 35. 6 Siehe Tagungsdokumentation zur gemeinsamen SELUBA-Tagung ST und NRW, März 2001, S. 72. 7 Veröffentlichung im Abschlussbericht zum Modellversuch SELUBA-NRW vorgesehen.
30
Die Lehrer des Fachbereichs arbeiten z. Zt. an einer Erweiterung dieser Lernsituation im
Hinblick auf die Finanzierungsalternativen eines Autos (Lernfeld 12 / Oberstufe)8.
Lernfeld Zuordnung Ausbildungsjahr
Lernsituationen (Erweiterungen)
Erkundungsauftrag
Verkauf eines Neuwagens Lernfeld 11 an Neu - und Ge-brauchtfahrzeug-geschäften mitwirken
Mittelstufe
Entgegennahme eines Ge-brauchtwagens
Lernfeld 12 Finanzdienstleistun-gen und betriebsspe-zifische Leistungen vermitteln
Oberstufe Finanzierungsvarianten
- Barkauf
- Kreditkauf
- Leasing
Lernfeld 3 Verkaufsgespräche im Teile- und Zube-hörbereich durchfüh-ren und Kunden be-raten
Mittelstufe Verkäuferschulung
Lernfeld 4 Teile- und Zubehöraufträge bearbeiten
Unterstufe Einen Beschaffungsvorgang für Sitzbezüge durchführen
Zum Lernfeld 11 und 3 wurden in unterschiedlichen Betrieben Verkäuferschulungen9 durch-
geführt. Im Rahmen einer SchiLF-Maßnahme wurde zum Lernfeld 4 eine Lernsituation er-
stellt, die ohne betriebliche Anbindung durchgeführt wird, da in der Region der Teile- und
Zubehörhandel keine wesentliche Rolle spielt bzw. kein Ausbildungsbetrieb in diesem Be-
reich spezialisiert ist und die Betreuungsfunktion übernehmen wollte.
Zusätzlich kam aus den Reihen der Ausbildungsbetriebe der Anstoß, die Auszubildenden am
Anfang ihrer Ausbildung durch Erkundungsaufträge mit dem Ausbildungsbetrieb vertraut zu
machen. Der Fachbereich Automobilkaufleute hat sich ebenfalls im Rahmen der SchiLF-
Maßnahme dieser Anregung gestellt und hierzu Arbeitsaufträge formuliert.
8 Veröffentlichung im Abschlussbericht zum Modellversuch SELUBA-NRW vorgesehen. 9 Siehe Tagungsdokumentation zur gemeinsamen SELUBA-Tagung S-T und NRW, März 2001, S. 73.
31
Zu allen Lernsituationen und zum Erkundungsauftrag wurden Bewertungskriterien erstellt,
um eine den Zielvorgaben des Lehrplans angepasste Leistungsbewertung durchführen zu
können10.
Organisatorische Umsetzung
Hinsichtlich der organisatorischen Umsetzung der ´Betriebsorientierten Lernsituationen´
(BoL) wurden mehrere Modelle11 diskutiert. Letztendlich erscheint uns die Organisationsform
des Team-Teaching unabdingbar.
Derzeitiger Sachstand und Ausblick
Während der laufenden Bildungsgangarbeit hat das Lehrerteam ständigen Kontakt zum In-
nungsobermeister; ebenso hat sich die Teilnahme der Lehrer an den Innungsveranstaltun-
gen (mit Sachstandsberichten zur Einführung des neuen Bildungsgangs) als außerordentlich
förderlich erwiesen, eine zunehmende Akzeptanz bei den potenziellen Ausbildungsbetrieben
zu erreichen. Dennoch gibt es vereinzelt noch Autohäuser, die auf einer Ausbildung zum/zur
Einzelhandelskaufmann/-frau bzw. zum/zur Bürokaufmann/-frau beharren. Aus diesem
Grunde werden die persönlichen Kontakte zu den Ausbildungsbetrieben weiter intensiviert,
um den Bestand dieser Kreisfachklasse zu sichern. Parallel dazu wird mit diversen Aktions-
tagen (Eröffnung des "Autohauses" der Schule, Ausbildungsbörse, Übergabe eines Autos für
den Verkaufsraum des "Autohauses" durch FORD) ständige Öffentlichkeitsarbeit betrieben.
Eine jährlich erscheinende Fachbereichszeitschrift ´AK-TIV´ (= Ausbildung im Konsens –
Teamorientiert und Innovativ im Ausbildungs-Verbund)12 begleitet diese Zusammenarbeit.
Der Fachbereich wird in Zukunft die Möglichkeiten der Informationstechnologien nutzen, um
mit Hilfe einer Informations- und Kommunkationsplattform die Lernortkooperation und die
Bildungsgangarbeit zu intensivieren. Er kann hier auf die Erfahrungen des Fachbereichs In-
dustriekaufleute zurückgreifen, der z. Zt. im Schulprojekt „IT-KiDS“ ( = Informations-
Technologisch gestützte Kooperation im Dualen System) ein entsprechendes Konzept ent-
wickelt (siehe hierzu im Internet unter http://www.kids-rvw.de)13.
10 Veröffentlichung im Abschlussbericht zum Modellversuch SELUBA-NRW vorgesehen. 11 Siehe S. 36 - 40 12 Bei Interesse kann ein Exemplar beim Autor angefordert werden. 13 Siehe Pätzold, G.: Lernfelder – Lernortkooperation. Neugestaltung beruflicher Bildung. Bochum 2002, S. 107.
32
Einzugsgebiet der Kreisklasse ´Automobilkaufleute´
des Kreises Coesfeld
Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg Lüdinghausen
Schulstandort Dülmen
Abb. 1: Einzugsgebiet der Kreisklasse „Automobilkaufleute“
Schüler: ca. 2700
Lehrer: ca. 140
Klassen: ca. 130
17 km
33
Lernortkooperation Lernsituationen mit
und Regionalbezug hoher Praxisrelevanz
Betriebsorientierte
Lernsituationen
Markenmix
Kennen lernen unterschiedlicher Betriebsgrößen der Autohäuser und der Vertriebsorganisationen und Logistiksysteme
der verschiedenen Automobilhersteller
Abb. 2: Betriebsorientierte Lernsituationen
34
Zuordnung möglicher ´Betriebsorientierter Lernsituationen´ (BoL) zum Lehrplan
Ziele: Förderung der Lernortkooperation und Entwicklung eines regionalen Profils; Betriebsgrößen- und Markenmix, Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
Unterstufe (1. Ausb.jahr) Mittelstufe (2. Ausb.jahr) Oberstufe (3. Ausb.jahr) Teile- und Zubehörbereich personalwirtschaftliche
Aufgaben wahrnehmen Ø Personalplanung, -auswahl
Finanzdienstleistungen und betriebsspezifische Leistungen vermitteln Ø Erstellung eines Zubehörkatalogs
Ø Ø Vergleich Barkauf, Kredit- und Leasingfinanzierung Ø Zubehörteile eines Autohauses
präsentieren Ø Entlohnungsformen (Lohn und Gehalt)
Ø Ø Ø Ø Corporate Identity
Ø Haftpflicht-, Insassenunfall-, Voll-/Teilkasko-, Rechtsschutz- versicherung
Lern- feld 3
Ø
Lern-feld 5
Ø Arbeitsschutz
Lern-feld 12
Ø
Materialwirtschaft kundenbezogene Maßnahmen im Rahmen einer Marketingstrategie entwickeln
an Neu- und Gebrauchtfahrzeug-geschäften mitwirken
Ø Vertriebssysteme
Ø Materialdispostition - optimale Lieferantenauswahl - optimale Bestellmenge - optimaler Lagerbestand - ABC-Analyse - Bestellrhythmus
Ø Neufahrzeugdisposition - Jahres-, Quartalsplanung
Ø Neufahrzeugverkauf Ø Die Lagerorganisation eines Autohauses
Ø Marketingstrategien der Autohäu-ser in der Region
- Internetpräsenz - Schaufensterpräsentation - Aktionen/Events(Tag d.off.Tür) - Anzeigen, Mailings, Flyer Ø Gebrauchtfahrzeuggeschäft
Ø Lagerkennziffern (Controlling) Ø Marktbeobachtung Ø Garantie und Gewährleistung
Lern-feld 4
Ø Zahlungsverkehr
Lern-feld 8
Ø
Lern- feld 11
Ø Kundenbetreuung
Einsatz a) sämtlicher Module des Office-Pakets (WORD, EXCEL, Power-Point, ACCESS, Publisher)
b) des Internets
Abb. 3: Zuordnung möglicher „Betrieborientierter Lernsituationen”
35
Modelle zur Flexibilisierung der Unterrichtsorganisation zur Unterstützung der
´Betriebsorientierten Lernsituationen´ (BoL)
Hinweis: Die vorgestellten Modelle beziehen sich auf die Mittelstufe
(AK95 / Schj.2000/01), für die im Rahmen einer jahrgangsübergreifenden Unter-
richtsverteilung (Bildungsgangbeschluss), 12 Stunden pro Woche festgelegt sind.
Modell 1: bisherige Organisation (Einzelunterricht ohne BoL)
Berufsschulunterricht im Schulhalbjahr
Montag Freitag 1. Woche
2. Woche
3. Woche
4. Woche
5. Woche
6. Woche
7. Woche
8. Woche
9. Woche
10. Woche
11. Woche
12. Woche
13. Woche
14. Woche
15. Woche
16. Woche
17. Woche
18. Woche
19. Woche
20. Woche
80 Std. 160 Std. Summe Stunden
240 Std.
Stammtag: freitags mit je 8 Std.
Rolltag (im 14-tg. Wechsel): montags mit je 8 Std.
36
Modell 2a: Organisation (mit Team-Teaching für BoL) am Stammtag
Berufsschulunterricht im Schulhalbjahr
Montag Freitag 1. Woche Normal-/Einzelunterricht
2. Woche Normal-/Einzelunterricht
3. Woche
4. Woche
5. Woche
6. Woche
7. Woche
8. Woche
1. BoL
(Zeitraum flexibel)
Team-Teaching
9. Woche Normal-/Einzelunterricht
10. Woche Normal-/Einzelunterricht
11. Woche Normal-/Einzelunterricht
12. Woche Normal-/Einzelunterricht
13. Woche
14. Woche
15. Woche
16. Woche
17. Woche
2. BoL
(Zeitraum flexibel)
Team-Teaching
18. Woche Normal-/Einzelunterricht
19. Woche Normal-/Einzelunterricht
20. Woche Normal-/Einzelunterricht
80 Std. 160 Std. Summe Stunden
240 Std.
Stammtag: freitags mit je 8 Std.
Rolltag (im 14-tg. Wechsel): montags mit je 8 Std.
37
Modell 2b: Organisation (mit Team-Teaching für BoL) am Rolltag
Berufsschulunterricht im Schulhalbjahr
Montag Freitag 1. Woche
2. Woche
3. Woche
4. Woche
5. Woche
6. Woche
7. Woche
1. BoL
8. Woche
9. Woche
10. Woche
11. Woche
12. Woche
13. Woche
14. Woche
15. Woche
16. Woche
17. Woche
18. Woche
19. Woche
2. BoL
20. Woche
80 Std. 160 Std. Summe Stunden
240 Std.
Stammtag: freitags mit je 8 Std.
Rolltag: montags mit je 8 Std.
konzentriert auf jeweils 2 x 5 Wochen
(zeitliche Festlegung nach Absprache mit den Ausbildungsbe-
trieben)
38
Modell 2c: Organisation mit Projektwochen / BoL - Wochen
Berufsschulunterricht im Schulhalbjahr
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
1. Woche 2. Woche 3. Woche 4. Woche 5. Woche 1. BoL 6. Woche 7. Woche 8. Woche 9. Woche 10. Woche 11. Woche 12. Woche 13. Woche 14. Woche 15. Woche 2. BoL 16. Woche 17. Woche 18. Woche 19. Woche 20. Woche
80 Std. in 2 Projektwochen (2 x 5 Tg. á 8 Std.)
144 Std. Summe Stunden
224 Std.
Stammtag: freitags mit je 8 Std.
statt Rolltag: 2 Projektwochen im Schulhalbjahr (zeitliche Festlegung nach Absprache mit den Ausbil-
dungsbetrieben)
Vorteil: zeitliche Konzentration auf jeweils eine Projektwoche
Nachteil: 1. organisatorisch an unserer Bündelschule mit Einzügigkeit des Bildungsgangs nur durch Vertre-tungsunterricht für die beteiligten Kollegen umsetz-bar, Anrechnung auf Stundenkontingent der Kollegen unmöglich/schwierig
2. Zustimmung aller Betriebe erforderlich, was bei der
heterogenen Zusammensetzung der Ausbildungsbe-triebe vermutlich nicht erreichbar ist.
39
Ergebnis der teaminternen Diskussion:
Das AK-Team favorisiert wegen des Umfangs der mit den Betrieben vereinbarten Projekte /
Lernsituationen Modell 2 a (BoL am Stammtag), wobei vermutet wird, dass nach 6 Unter-
richtsstunden durchgängiger Projektarbeit die Motivation und Leistungsfähigkeit der Schüle-
rinnen und Schüler erschöpft sein wird.
Die folgende Zuordnung von Kollegen zu einzelnen Stunden ist willkürlich und abhängig von
der Gesamtstundenplanung.
Organisatorische Umsetzung (Team-Teaching)
Stundenplanung für AK 95 im 2. Schulhalbjahr (ab Februar 2001)
z. B. 6 Std. Projektarbeit an betrieblicher Lernsituation
(ohne Einbeziehung des Faches Deutsch)
1. Std. WU (DV/ABL) SAD (ABL) 2. Std. WU (DV/ABL) SAD (ABL) 3. Std. BRÜ (AWL/RW) SAD (ABL) 4. Std. BRÜ (AWL/RW) SAD (ABL) 5. Std. BRÜ (AWL/RW) WU (DV/ABL)
B o L
6. Std. BRÜ (AWL/RW) WU (DV/ABL) 7. Std. 8. Std.
Normalunterricht (evtl. 1./2.Std)
z. B. 8 Std. Projektarbeit (mit Einbeziehung des Faches Deutsch)
1. Std. WU SAD 2. Std. WU SAD 3. Std. ZIE SAD 4. Std. ZIE SAD 5. Std. BRÜ WU 6. Std. BRÜ WU 7.Std. ZIE BRÜ
B o L 8.Std. ZIE BRÜ
Das Fach Deutsch hätte innerhalb der BoL die Vermittlung der kommunikativen Elemente
und der Präsentationstechniken zu übernehmen.
40
3.1.2 Vom Lernfeld zur Lernsituation
Marlies Frings, Berufsschulzentrum „August von Parseval“ Bitterfeld
Vorbemerkungen
Ich bin Koordinatorin im Berufsschulzentrum „August von Parseval“ in Bitterfeld und leite dort
eine Abteilung von 26 Kolleginnen und Kollegen. Der Verantwortungsbereich ist vergleichbar
mit einer mittleren Sekundarschule. 3 Berufsfelder werden durch die Abteilung abgedeckt:
- Ernährung und Hauswirtschaft
- Gesundheit und
- Körperpflege.
Ich persönlich finde, dass sich mit dieser wunderbaren Kombination verschiedener Berufs-
felder eine Schule hervorragend publikumswirksam präsentieren kann.
Wir haben auch ohne SELUBA nicht nur in der Gastronomie, dem Handlungsfeld des Mo-
dellversuches, eine Menge Aktionen und Projekte mit großem Erfolg durchgeführt. Einige
Highlights möchte ich gern vorstellen.
Aktionen/Projekte im Berufsfeld Köperpflege:
- Schüleraustausch nach Italien (Rom),
- Schüleraustausch nach der Türkei,
- Nageldesign auf der Buga in Magdeburg,
- Durchführung einer Modenschau mit entsprechender Gestaltung der Frisuren und des
Make-ups zum Tag der offenen Tür in der Schule,
- Teilnahme an Frisör- und Kosmetikmeisterschaften und Wettbewerben.
Aktionen und Projekte im Berufsfeld Gesundheit:
- Gestaltung eines Suchtparcours,
- Datenpflege des Behindertenführers des Landkreises Bitterfeld,
- Rückenschule für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler,
- Märchenaufführung für Kindergärten mit den Ausbildenden der Berufe Friseurin/Friseur
und Kosmetikerin/Kosmetiker als Maskenbildner,
- Schüleraustausch mit Kinderpflegerin/Kinderpfleger, Fachoberschule Sozialwesen und
Einjähriger Berufsfachschule Sozialwesen.
41
Aktionen und Projekte im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft:
- Versorgung der Gäste im Berufsschulzentrum (Speisen, Getränke, Service),
- Teilnahme an Wettbewerben: Plattenlegen, Kochen und Servieren,
- Schüleraustausch nach Frankreich, Italien, Irland und mit der Partnerschule in Bayern,
- Imbiss und Serviceangebote zur jährlichen Galerieeröffnung und vielen anderen jährlich
wechselnden Anlässen.
Meiner Meinung nach kann man die Gestaltung von Lernsituationen nicht von der Schullei-
tung verordnen. Dies muss im Kollegium wachsen, oder ich muss es als Koordinatorin wach-
sen lassen.
Der folgende Spruch widerspiegelt treffend die Situation in unserer Abteilung.
Ich versuche in meiner Abteilung meinen Kolleginnen und Kollegen nach diesem Spruch das
Arbeiten zu erleichtern.
Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss.
Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll, und dann kann ich auch, wenn ich muss.
Denn schließlich: Die können sollen, müssen wollen dürfen.
Wer können soll, muss wollen dürfen ...
42
Einflussfaktoren
Gehen wir zunächst von der Definition des Begriffes Lernsituation aus:
Lernsituationen sind curriculare Strukturelemente der Lernfeldkonzeption. Sie gestalten die
Lernfelder für den schulischen Lernprozess aus. So gesehen sind Lernsituationen kleinere
thematische Einheiten im Rahmen von Lernfeldern. Sie haben für das Lernen im Lernfeld
exemplarischen Charakter, in dem sie Zielformulierungen und Inhalte aus den Lernfeldern
vor dem Hintergrund der beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufe aufnehmen
und für die unterrichtliche Umsetzung didaktisch und methodisch aufbereiten. Insgesamt
orientieren sich Lernsituationen am Erwerb umfassender Handlungskompetenz und beach-
ten die Entwicklung möglichst aller Kompetenzdimensionen.
Wie gehen wir nun mit diesen kleinen thematischen Einheiten um?
Wer heute von mir fertige Lösungen oder Rezepte erwartet, den muss ich leider enttäu-
schen. Meiner Meinung nach hängt die Qualität des Unterrichts von verschiedenen Faktoren
ab.
Vom Einzelnen kaum zu beeinflussen sind u. a.
a) die Kompetenzen der Kolleginnen und Kollegen (Qualifikation, Engagement, Teamfähig-
keit, ...),
b) das Schülerpotenzial (Zugangsvoraussetzungen, Alter, häusliches Umfeld, ...),
c) schulische Besonderheiten (Klassenzahl, Lehreranzahl, Bündelschule, ...),
d) die Schulleitung und Schulorganisation (Unterstützung, Akzeptanz, ...).
Wenn ich diese Komponenten als Einzelner nicht beeinflussen kann, sollte ich da nicht bes-
ser kapitulieren, wenn ich feststelle, dass bei uns diese Voraussetzungen schlecht sind?
Hoffentlich nicht!!!
Ich möchte an zwei Faktoren beispielhaft erläutern, dass es durchaus Möglichkeiten der Ein-
flussnahme gibt.
zu a) Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen
• Ich habe festgestellt, dass Vieles machbar ist, wenn man es will. Letztendlich ist jede
Kollegin/jeder Kollege zuerst einmal für ihren/seinen eigenen Unterricht verantwortlich,
und das kann sie/er schon beeinflussen. Zuerst sind Lernsituationen für den eigenen Un-
terricht festzulegen.
43
• Dann sollte man sich Verbündete suchen und Absprachen treffen oder Strategien und
ihre Umsetzung festlegen.
• Ziele sollten nicht zu hoch gesteckt werden. Dadurch setzt man sich selbst und die Schü-
lerinnen und Schüler unter Druck. Auch an kleinen Erfolgen kann man sich erfreuen.
• Man sollte auch Mut zu Veränderungen und zum Experimentieren haben.
• Gewonnene Erfahrungen sind nicht einfach anderen überzustülpen; aber sie können an-
dere anregen, ermutigen und motivieren.
zu d) Schulleitung und Schulorganisation
Die Schulleitung spielt eine entscheidende Rolle. Sie muss Stellung beziehen und durch die
Bereitstellung der notwendigen schulorganisatorischen Rahmenbedingungen die Vorausset-
zungen für einen handlungsorientierten Unterricht schaffen.
Will man die Umsetzung der Lernfelder, dann muss man sie ermöglichen, z. B. durch:
- die Öffnung des Unterrichts nach außen und innen,
- den flexiblen Umgang mit Arbeits- und Unterrichtszeiten,
- die Bereitstellung von Haushaltsmitteln,
- die Ermöglichung von Fortbildung der Kolleginnen und Kollegen,
- die Motivierung der Lehrkräfte,
- die Schaffung eines guten Arbeitsklimas,
- die Abgabe/Übertragung von Verantwortung,
- ...
Vom Schulcurriculum zur Lernsituation
Am Anfang hatten wir große Schwierigkeiten, den Begriff Schulcurriculum den Kolleginnen
und Kollegen zugänglich zu machen und sie von der Notwendigkeit eines solchen zu über-
zeugen. Lehrkräfte, die lange der Theorie entwöhnt waren, hatten schon bei dem Wort
„Schulcurriculum“ Schwierigkeiten.
Der Begriff „Stoffverteilungsplan“ musste aus den Köpfen gestrichen und verbannt werden.
Den Lehrenden wurde klargemacht, dass der Unterrichtsstoff nicht mehr gleichmäßig auf das
Jahr verteilt wird, sondern anhand von verschiedenen realistisch geplanten Lernsituationen
den Auszubildenden exemplarisch vermittelt werden soll.
Nachdem alle den Lernfeldgedanken verinnerlicht hatten, fehlte vielen der Mut zur Lücke. So
setzten sich Lehrende und Lernende unter Druck, weil man den kompletten Unterrichtsstoff
vermitteln bzw. vermittelt haben wollte.
44
Hier half uns der Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen aus einer Gastronomie-
schule in Hamburg. Dieser Erfahrungsaustausch fand vor zwei Jahren während der Hoch-
schultage an der Universität Hamburg innerhalb eines Workshops statt.
Durch gemeinsame Arbeit und gegenseitige Unterstützung gelang es uns, im vergangenen
Schuljahr in allen Fachbereichen das Schulcurriculum in allen drei Ausbildungsjahren konse-
quent umzusetzen.
Im Rahmen des Modellversuches SELUBA haben wir systematisch für das 1. Ausbildungs-
jahr exemplarische Lernsituationen geplant. Die Lernsituationen sind kein Dogma, sondern
dienen als Anregung, um andere Lehrkräfte zu ermutigen, ihre individuellen Lehr-Lern-
Arrangements zu planen, die dem eigenen Schulprofil und Ausbildungsanforderungen ent-
sprechen. Unsere gewaltigste Herausforderung war die Einweihung des Berufsschulzent-
rums in Bitterfeld. Doch nicht jedes Jahr stehen solche Ereignisse an. Deshalb haben wir
eine Reihe von Standard-Lernsituationen, die jedes Jahr durch aktuelle Themen ergänzt
oder ausgetauscht werden können. Oftmals bleibt der Inhalt ähnlich; nur der Rahmen ändert
sich.
Solche realistischen Situationen können sein:
• Planen, Gestalten und Durchführen von:
- Spezialitäten- oder Aktionswochen,
- Themenabenden,
- Familienfeiern,
- Festveranstaltungen.
• Wie gehe ich mit Reklamationen um?
• Wie gestalte ich Beratungsgespräche?
• Wie verfasse ich ein Angebot?
Erwartungen
Zu Beginn unserer Arbeit im Modellversuch SELUBA hatten wir einige Zweifel. Können wir
da mithalten? Blamieren wir uns vielleicht? Modellversuche bringen immer viel Arbeit, aber
auch eine Menge Gewinn für den eigenen Tätigkeitsbereich. Lohnt sich der Aufwand?
Der Einstieg in den Modellversuch wurde uns durch andere Überlegungen erleichtert:
- Es werden Erfahrungen von Schule zu Schule ausgetauscht.
- Dabei wird der Horizont erweitert.
- Wissen, was verschüttet war, kann wieder aufgefrischt werden.
- Neue Erkenntnisse kommen dazu.
45
- Die Wissenschaftlichkeit der Arbeit verbessert sich.
- Die Qualität der eigenen Arbeit und der Kolleginnen und Kollegen (Multiplikatorfunktion)
wird erhöht.
- Man findet mehr Bestätigung in der eigenen Arbeit oder wird für neue Aufgaben motiviert.
Das sind viele positive Gründe, die die eigentliche Mehrarbeit aufwiegen.
Wir haben es nicht bereut, im Gegenteil, die Teilnahme am Modellversuch hat sich positiv
auf unsere Arbeit und auf die Schule ausgewirkt. Der Aufwand hat sich auf jeden Fall ge-
lohnt.
Ich hoffe mit unseren Erfahrungen und manchmal auch nur Behauptungen können wir dazu
beitragen, eine interessante Diskussion zu entfachen.
46
3.1.3 Ergebnisse der Diskussion
Wie wird die Relevanz und die Steuerungsfunktion der Schulcurricula und der didak-
tischen Jahresplanung eingeschätzt?
Übereinstimmung herrschte bei allen Tagungsteilnehmern bezüglich der Bedeutung der
schulnahen Curriculumentwicklung. Im Lernfeldkonzept werden den Lehrenden curriculare
und didaktisch-methodische Planungen und Entscheidungen abverlangt, die weit über die
bisherigen Anforderungen hinausreichen. Die neue didaktische Struktur der KMK-
Rahmenlehrpläne, die Verlagerung der curricularen Planungsarbeit in die Schulen, aber
auch der fächerübergreifende und handlungsorientierte Ansatz der Lernfelder erzeugen
Handlungsbedarf auf allen Ebenen.
Die Lehrerinnen und Lehrer verweisen auf die erforderliche Handlungskompetenz, die be-
reits bei vielen engagierten Lehrkräften, insbesondere bei allen am Modellversuch Beteiligten
vorhanden ist.
Didaktisch-methodische Fortbildung, aber auch Fortbildung im Bereich der Teamentwicklung
und Teamarbeit werden verstärkt gewünscht.
Die Umsetzung des Lernfeldkonzeptes erfordert von der Schule ihre institutionellen und or-
ganisatorischen Bedingungen im Hinwirken auf ihren Bildungsauftrag neu zu hinterfragen
und dabei auch die Personalentwicklung neu zu durchdenken.
Es geht hierbei um die Erweiterung und Sicherung der für die Leitung der Schule notwendi-
gen Kompetenzen. Die Lehrkräfte wünschen sich, dass das vorhandene Potenzial genutzt
und gezielt gefördert wird, sowie innovative Lehrkräfte motiviert und Kreativität und Engage-
ment anerkannt werden. In der Diskussion wurden folgende, für das Schulmanagement
wichtige Kompetenzen angesprochen:
- Kompetenz zu Kooperation und Kommunikation,
- Kompetenz, der eigenen Schule Profil zu geben,
- Kompetenz, Innovationen anzuregen und die Fähigkeiten der Lehrkräfte einzuschätzen,
zu aktivieren und zu nutzen,
- Kompetenz, Konflikte und Probleme konstruktiv zu bearbeiten,
- Kompetenz zu effizientem Schulmanagement,
- Kompetenz zu fortlaufender Schulevaluation
- Kompetenz der Rechtssicherheit.
47
Lernfeldorientierte Schulentwicklung erfordert von den berufsbildenden Schulen, dass sie
sich auf Veränderungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeldes beruflicher
Ausbildung einlassen, diese mitbedenken und angemessen reagieren.
Welche organisatorischen Voraussetzungen sind für eine schulnahe Curriculument-
wicklung zu schaffen?
Die gegenwärtige Situation an den berufsbildenden Schulen ist durch differenzierte Imple-
mentationsprobleme gekennzeichnet, deren Ursachen in regionalen sowie schul- und lan-
desspezifischen Besonderheiten zu finden sind.
Fragen der materiellen und finanziellen Ausstattung der Schulen, Probleme der Leh-
rereinsatzplanung und Erfahrungen mit teamorientierter didaktisch-methdodischer Arbeit
standen im Mittelpunkt dieser Diskussionsrunde.
Die Ergebnisse wurden mit Hilfe der Metaplantechnik zusammengefasst und visualisiert.
Dabei hatten die Tagungsteilnehmer die Aufgabe, ihre Erfahrungen zu folgenden drei Pro-
blembereichen festzuhalten:
- Was funktioniert?
- Was funktioniert nicht?
- Was müsste passieren?
voraus
denken um
nach
48
- Absprachen mit den Ausbildungsbetrieben – Qualitätssicherung
- regionale Treffen von Schulen mit gleichen Bildungsgängen
- externe Schulberater fördern den Prozess
- fachliche Fortbildungen
- Zusammenarbeit im Team
- Dokumentation positiver Beispiele (Lernsituatio-nen; Lehr-Lern-Arrangements)
- methodische Gestaltung des Unterrichts durch Lehrkräfte, die an Lernsituationen arbeiten
- handlungsorientierter Unterricht - Projektarbeit
- Auflösung - Fächerkanon
- Einsatz von Standard- und Branchensoftware
- Qualität setzt intensives „Durchdringen“ voraus
49
- Rahmenbedingungen - materielle Grundlagen (spezielle Räu-
me/Ausstattung; Pflicht der Schulleitung?) - Fachraumbelegung/Ausstattung der Fach-
kabinette - Schulbehörden müssen offene Curricula
„kontrollieren“ - Prüfungen, die dem Lehrplan angepasst
sind - derzeitiges Prüfungssystem (Fachwissen)
behindert das Lernfeldkonzept - gesetzlicher Rahmen – Versicherungs-
schutz für Auszubildende
- Abstimmung berufsbe-zogener und berufsüber-greifender Lernbereiche
- Lernortkooperation - regionale Wirtschafts-
strukturen
- Vorkenntnisse der Aus-zubildenden
- Teamentwicklung - Teamzusammensetzung - Lehrereinsatz/Einsatzkontinuität
- Eigenverantwortung der Lehrkräfte
- Abrechnung nach Klassen-buch
50
- Schaffung von Beratungszeiten (Freiräume für Lehrkräfte)
- feste Planungsphasen und Abstim-mungsmöglichkeiten
- konsequente und regelmäßige Durchführung von Teamarbeit
- zielgerichtete Einbeziehung mehre-rer Kolleginnen und Kollegen bei der Erarbeitung des Schulcurriculums
- Prämisse: finanzielle Absicherung der Curriculumentwicklung
- mehr Akzeptanz durch Schulämter - Mitverantwortung der Betriebe (Pra-
xisverantwortung) - schulnahe Curriculumentwicklung in
den Abteilungen
- Fortbildungen im Be-reich „Teamarbeit“
- handlungsorientierte Prüfungen
- an Lernfeldern ange-passte Prüfungen
- Einführung der Lernsituation in andere Berufsgruppen
51
3.2 Schulorganisatorische Rahmenbedingungen
3.2.1 Aufgaben der Schulleitung in der „neu-organisierten“ Schule
Werner Hauffe, Berufsschulzentrum „August von Parseval“ Bitterfeld
Aufgaben der Schulleitung in der „neu-organisierten“ Schule
Als Schulleiter des Berufsschulzentrums „August-von-Parseval“ in Bitterfeld sehe ich in ers-
ter Linie die Notwendigkeit für Veränderung der Unterrichtsorganisation.
Dazu zählen u. a.:
- Aufhebung des 45-Minutenunterrichts,
- Übertragung von Verantwortungsbereichen in Regie der Koordinatorinnen und Koordina-
toren (Unterrichtsverlagerungen; Ausgestalten von Lernsituationen),
- eigenverantwortliche Entscheidung der Abteilung (z. B.: Abfolge der Lernfelder - parallel
oder sequentiell),
- Unterstützung der Fortbildung der Lehrkräfte (Freistellungen, Motivation),
- Setzen von Akzenten bei der Budgetierung (Förderung von Projekten, Organisieren zu-
sätzlicher Spenden, kein mathematisches Aufteilen des Haushaltes),
- Konsequenzen für das Personalmanagement (Entscheidungsfreiräume in den Abteilun-
gen; in Fachbereichen eigene Vorstellungen entwickeln; erst dann den Schulleiter konsul-
tieren),
- Teamentwicklung zur besseren didaktischen Planung und Entscheidung,
- Motivation des Kollegiums einschließlich der Koordinatoren, Neues auszuprobieren –
„Keine Fehler macht nur, wer nichts macht!“,
- intensive Zusammenarbeit mit den dualen Partnern, Kammern, Verbänden und Gewerk-
schaften,
- Teilnahme der Auszubildenden an Vergleichswettbewerben, Leistungsausscheiden
- Erfahrungsaustausche (innerhalb und außerhalb der Schulen),
- Förderung des Erfahrungsaustausches in Deutschland und im Ausland,
- Nutzen der Praktika,
- bewusste Förderung der Human- und Sozialkompetenz,
- Entwicklung von Konflikt- und Kritikkompetenzen (nur kritische Lehrkräfte, nicht Duck-
mäuser entwickeln eine Schule weiter).
52
Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle einen Dank an den SELUBA-Modellversuch auszu-
sprechen. In keinem anderen Versuch konnte unsere Schule soviel persönlich partizipieren,
sind die Ergebnisse so schnell bearbeitet und veröffentlicht worden. Durch die konstruktive
Arbeit aller Beteiligten ist es möglich, die neuen Erkenntnisse in die unterrichtliche Praxis
ein- und umzusetzen.
Noch größere Chancen sehe ich in der Entwicklung der berufsbildenden Schulen zu Kompe-
tenzzentren – Unternehmen – die Theorie muss umfassend in der „Praxis“ vor Ort umgesetzt
werden.
Ich danke der Arbeitsgruppe für die für mich / für uns nutzbringende Arbeit.
Wer soviel geleistet hat, muss anderweitig weiter machen.
Wer das Ziel erreicht hat, muss sich ein Neues setzen.
53
3.2.2 Modelle der Planung, Durchführung und Evaluation zur Gestaltung von Unter-
richt durch teilautonome Gruppen
Jörg-Eric Jacobs, Joseph-DuMont-Berufskolleg Köln
Bildungsgangstruktur
Der Medienbereich des Joseph-Dumont-Berufskolleg in Köln arbeitet an einem eigenen
Standort.
Wir haben etwa 1050 Schülerinnen und Schüler.
Es gibt 5 Bildungsgänge, die vom Bildungsbereichsleiter Andreas Blank (gleichzeitig stellv.
Schulleiter) betreut werden.
In unserem Bereich arbeiten 25 Lehrerinnen und Lehrer und einige nebenamtliche Lehrkräf-
te.
Zur Zeit unterrichten wir in jeder Jahrgangsstufe etwa 80 Schülerinnen und Schüler.
Wir arbeiten in zwei Blöcken mit jeweils sieben bzw. sechs Wochen.
Der Unterricht erfolgt in vier Teams:
- Allgemeine Wirtschaftlehre und Rechungswesen und Politik
- Medienbetriebslehre mit den zusätzlichen Schwerpunkten: Multimedia, Hör-
funk, Medienproduktion, Musik
- Deutsch/Kommunikation
- Sport/Gesundheitserziehung
Die Medienbetriebslehre wird von den Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet, die Praxiserfah-
rungen mitbringen:
- ein Produzent
- ein Producer
- ein Filmgeschäftsführer.
♦ Die Deutsch-Kollegin hat eine Drehbuch-Fortbildung mit einem Umfang von 200 Stunden
absolviert.
♦ Sport/Gesundheitserziehung findet unter dem Aspekt von Entspannungs-, Anti-
Stressübungen statt.
♦ Im Plan der Unterstufe bieten wir im Rahmen der Differenzierung Tastschreiben (blind)
an.
♦ Im Fach Datenverarbeitung arbeiten wir mit der Standardsoftware in einem Fachraum.
♦ Mit einem mobilen Lap-Top können wir die Media-Software in verschiedenen Klassen-
räumen variabel einsetzen.
54
♦ Weil etliche Schülerinnen und Schüler bereits nach fünf Teilblöcken in die IHK-Prüfung
gehen, haben wir die Lernfelder auf diese fünf Blöcke aufgeteilt. Im sechsten Block wird
mit der Unterstützung dualer Partner ein gesondertes Videoprojekt durchgeführt.
Rahmenlehrplan der KMK
Übersicht: Lernfelder und Zeitrichtwerte
Zeitrichtwerte Lernfelder 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr Gesamt
1 den Eintritt in das Berufsleben sowie den Ausbil-dungsbetrieb und seine Produkte und Dienstleistun-gen erschließen
80 80
2 an Planungsmaßnahmen mitarbeiten 100 100 3 betriebliche Werte und ihre Veränderungen doku-
mentieren sowie Erfolge ermitteln 40 40
4 bei der Beschaffung von Equipment, Rechten und Dienstleistungen mitwirken
100 100
5 bei Personalmaßnahmen mitwirken und die eigene berufliche Entwicklung gestalten
80 80
6 den Prozess der Leistungserstellung gestalten und seinen Ablauf kontrollieren
100 100
7 die Endfertigung planen und kontrollieren 100 100 8 bei der Konzeption und Durchführung von Marke-
tingmaßnahmen mitwirken 60 60
9 die Verwertungsmöglichkeiten beurteilen 60 60 10 bei der Vorbereitung von Finanzierungsent-
scheidungen mitwirken 80 80
11 den betrieblichen Erfolg kontrollieren sowie Daten zur betrieblichen Steuerung aufbereiten und aus-werten
80 80
Summe 320 280 280 780
55
Übersicht: Zeitliche Anordnung der Lernfelder in den drei Schul-/Ausbildungsjahren
Curriculumentwicklung NRW
Medienbetriebslehre Allgemeine Wirtschaftslehre Rechnungswesen Datenverarbeitung Fremdsprache
1. Aus-bild.jahr
LF 2
Planungsmaßnahmen
LF 4
Beschaffung von Equipment, Rechten und Dienstleistungen
LF 1
Eintritt in das Berufsleben sowie Aus-bildungsbetrieb und seine Produkte und Dienstleistungen
LF 3
betriebliche Werte und ihre Verände-rungen, sowie Erfolg ermitteln
betriebliche Infor-mations- und Kom-munikationssyste-me
in einer Fremd-sprache kom-munizieren
2. Aus-bild.jahr
LF 6
Prozess der Leistungserstellung und Ablaufkontrolle
LF 7
Endfertigung planen und kontrol-lieren
LF 5
Personalmaßnahmen sowie eigene berufliche Entwicklung
in einer Fremd-sprache kom-munizieren
3. Aus-bild.jahr
LF 9
Verwertung und Vertrieb
LF 8
Marketingmaßnahmen LF 10 Finanzierung
LF 11
Kostenrechnung, Controlling
56
Lernfeld Fachinhalte
Woc
he Nr. Bezeichnung Medien-
betriebslehre Allg. Wirtschaftslehre Rechnungswesen Deutsch EDV Fremdsprache
Unterstufe 1. Block
: : : : : : : : 5
2 3 4
Beschaffung von Equip-ment, Rech-ten und Die-nstleitungen LS III: Beschaffung von Requisi-ten
Fortsetzung Kalkulation einer szenischen Produk-tion: Recherche zu Ate-lier, Außenaufnah-men, Ausstattung, Endfertigung
Wdhlg. Vertragsarten, Kauf-vertrag, Anfrage, Angebots-vergleich, Bestel-lung
LF 3 Dreisatz, Wäh-rungsrechnen
Anforderungen an einen moder-nen Geschäfts-brief
Textverarbeitung: Format der Ge-schäftsbriefe DIN 5008
comm... Cor-resp…: layout of business letters
6
2 3 4
Fortsetzung Kalkulation: Versicherungen, allg. Kosten
Vertragsstörungen (Lieferungs- und Zah-lungsverzug)
LF 3 Kreditoren-, Debi-torenrechnung
Fortsetzung Briefstil
Serienbrief
inquiries
7
2 3 4
Fortsetzung Kalkulation:
Zusammenstellung (HU, Gewinn); Klausur
Kaufmän-nisch/gerichtliches Mahnverfahren
LF 3 Einführung in die Ust
Neue Recht-schreibung
Serienbrief
telephoning
57
Unsere Erfahrungen mit der Lernortkooperation
♦ Zweimal im Jahr findet ein Ausbilderarbeitskreis statt. Dort erfolgt u. a. ein Abgleich der
betrieblichen und schulischen Inhalte.
♦ Einmal im Jahr führen wir einen Ausbildersprechtag durch.
♦ Experten aus Medienunternehmen berichten, z. B. über die Arbeit eines Produzenten
bzw. Producers, über die Lohnabrechung von Filmmitarbeitern, über „Controlling“, über
die Schwerpunkte in Musik, Hörfunk, Filmtheater u. v. a. mehr.
♦ Darüber hinaus werden Lehrer-Praktika in Medienbetrieben organisiert.
♦ Lehrende und Lernende besuchen gemeinsam Ausbildungsbetriebe (MMC, CBC, WDR,
Endemol) und informieren sich vor Ort über die betrieblichen Besonderheiten.
♦ Großen Wert legen wir auf den Abgleich der fachlichen Inhalte von Lernsituationen.
♦ Gemeinsam mit den Ausbildungsbetrieben wird jährlich (im 6. Teilblock) ein Video-
Projekt auf die Beine gestellt.
♦ Die intensive Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis zeigt sich auch in Fortbil-
dungsveranstaltungen. So wurde z. B. in der Nemoqua-Fortbildung zum Thema „Filmge-
schäftsführung“ mit den Fachkräften der Medienwirtschaft umfangreiches Unterrichtsma-
terial erarbeitet.
♦ Einmal im Jahr findet in Köln das Medienforum statt. Dies ist ein Kommunikations-
Treffpunkt aller AV-Medienbetriebe (Sendeanstalten, Dienstleiter) und Schulen.
58
Gerold Gräbner, Berufskolleg Bocholt-West
1997/98 begann in zwei voneinander unabhängigen Arbeitsgruppen die Planung zur Bil-
dungsgangeinführung der Berufe „Mechatroniker“ und „Informationstechnischer Assistent“
mit FHR-Abschluß. Beide Bildungsgänge waren nach der vorläufigen Lehrplanvorgabe erst-
mals nach Lernfeldern strukturiert. Die Bildungsgangeinführung und –vorbereitung war lang-
fristig über das Jahr geplant.
In meinen Ausführungen beschränke ich mich auf den Beruf des Mechatronikers. Bei der
Bildungsgangplanung hatte das Mechatronikerteam (zu dieser Zeit bestand es aus zwei Kol-
legen) alle Freiheiten, den Begriff der Lernfelddidaktik zu interpretieren und mit Leben zu
füllen. Dieser Vorbereitungs- und Planungszyklus war ein ständiges Suchen, Fehlermachen
und zugleich Korrigieren. Große Probleme ergaben sich aus den „offenen“ Vorgaben des
vorläufigen Lehrplanes.
Ein Jahr darauf begann der Unterricht in beiden Bildungsgängen. Aufgrund der ungewohnt
weitgegriffenen und unscharfen Lehrplaninhalte fiel die didaktische Arbeit sehr schwer. Fra-
gen der Art: Was ist wichtig?, Is t es berufsrelevant? häuften sich. Wichtigstes Instrument,
die Übersicht zu behalten, war die Erstellung der didaktischen Jahresplanung und die Per-
spektive für drei Jahre Ausbildungszeit. Absolut nachteilig erwies sich der Fakt, dass unser
Berufskolleg mit diesen Bildungsgängen die erste Schule im weiten Umkreis war, die Unter-
richt lernfeldorientiert anbot. Das hieß, keine Möglichkeit war vorhanden, um mittels Erfah-
rungsaustausches und Supervision festzustellen, wie gut oder wie schlecht man seine Unter-
richtsarbeit organisierte und ob die Didaktik stimmte.
Durch SELUBA hatten wir an der Schule die Möglichkeit erhalten, im Rahmen der Lernortko-
operation einen wichtigen Aspekt der Lernfelddidaktik zu beleuchten.
Wie organisierten wir unsere Bildungsgangarbeit unter diesem Aspekt?
Als erstes besuchten wir als Lehrerteam (Metall, Elektro, Englisch/Kommunikation) alle Aus-
bildungsbetriebe. Wir erarbeiteten uns einen Einblick in das Produktionsprofil und die Tech-
nologie. Weiterhin fungiert der Prüfungsausschuß der Industrie- und Handelskammer (IHK)
als Koordinationsgremium unserer Planungen und Projekte. Wir konnten erreichen, daß un-
sere Schule als Ansprechpartner für die Betriebe in der Region akzeptiert wurde. Uns ge-
lang es auch, die Firmen mit in die Bildungsgangarbeit zu integrieren.
59
Aus den Kenntnissen über die Firmen wurden konkrete Inhalte (Schnittmenge) mit den Aus-
bildungsbetrieben für die Lernfelder abgesteckt. Daraus entstanden die entsprechend von
Firmen und Schule gleichermaßen getragenen Lernsituationen. Durch den sehr engen und
äußerst kollegialen Kontakt mit den Firmen konnten wir bei der Ausgestaltung der Lernsitua-
tion sehr variabel und aktuell mit den Firmen abgestimmt reagieren und danach in der Schu-
le Unterricht machen. Nach drei Jahren sind wir soweit gekommen, daß wir auch mit ande-
ren Schulen (Ahaus, Fachhochschule Bocholt) zusammen arbeiten.
Die Durchführung des Unterrichtes folgte den Richtlinien der Handlungsorientierung, alle
Kollegen des Bildungsganges (BiGa) waren beteiligt; erfolgte teils projektorientiert, wobei
Fachtheorie als Exkurse in herkömmlicher Art von Unterricht eingebunden wurde. Auch ge-
lang es uns, Kollegen seitens der betrieblichen Praxis in die Erarbeitungsphasen (z.B. el.
Sicherheitregeln wie VDE DIN 0100) des Unterrichtes einzusetzen. Weiterhin führten wir
gemeinsam Trainings für die Verbesserung der Methoden- und Kommunikationskompetenz
der Schüler durch.
Zur Evaluation finden regelmäßig Konferenzen der beteiligten Lehrkräfte statt. Die Leis-
tungsüberprüfung und die gezeigten Ergebnisse der Schüler-Projekte sind für uns ein wichti-
ger Indikator, ob unsere Arbeit die richtige Wirkung bringt. Und zu guter letzt erhalten wir
durch die Firmen wichtige Rückmeldungen, ob etwas gut, nicht ganz so gut oder eben auch
schlecht gelaufen ist.
Im Rahmen der Mechatronikerausbildung verfügen wir über eigene finanzielle Mittel, An-
schaffungen von Unterrichtsmitteln werden mit den Firmen abgestimmt ( kaum Dopplungen).
Der Schulleiter nimmt die Ergebnisse unserer Arbeit sehr offen an und unterstützt unser
Team. Damit bleiben wir in der Kernzusammensetzung konstant. Verkrustete Strukturen
werden aufgebrochen, das ist wichtig, da nächstes Jahr die Metall- und Elektroberufe sämt-
lich durch die Lernfelddidaktik strukturiert werden.
60
3.2.3 Ergebnisse der Diskussion
Wie erfolgt die Stundenplanung im Bildungsgang?
Wie zentral bzw. dezentral wird der Stundenplan gestaltet?
Herr Hauffe, Schulleiter des Berufsschulzentrums „August-von-Parseval“ und Frau Frings,
Koordinatorin dieser Bildungseinrichtung, berichteten, wie die Bildungsgangplanung und
Stundenplangestaltung an Ihrer Schule realisiert wird.
In der Gesamtkonferenz und in den Dienstberatungen, die alle 14 Tage stattfinden, werden
alle wichtigen Fragen und Probleme angesprochen und Erfahrungen ausgetauscht. Kollegin-
nen und Kollegen informierten z. B. über den Schüleraustausch mit Florenz, über neue Beru-
fe, die zukünftig unterrichtet werden sollen oder über den Stand des Projektes „Jugend
forscht“.
Die Koordinatorinnen und Koordinatoren arbeiten relativ selbstständig unter Ausnutzung der
ihnen gebotenen Freiräume. Sie entscheiden z. B. gemeinsam mit den Lehrkräften ihrer Ab-
teilung, welche Lernfelder parallel oder sequenziell unterrichtet werden.
In der Bildungsgangkonferenz wird der Einsatz der Lehrkräfte besprochen, bei Problemen
werden Kompromisse gefunden und so gemeinsam der Stundenplan für die gesamte Abtei-
lung erstellt. Die Kolleginnen und Kollegen dürfen mitgestalten. Wünsche, die sich bei der
Planung von bestimmten Lernsituationen ergeben, z. B. Zusammenlegen von Stunden, fin-
den Berücksichtigung.
Herr Hauffe betonte, dass auf Grund eines Beschlusses der Gesamtkonferenz von 1992,
besondere Rücksicht auf Alleinerziehende mit Kleinkindern genommen wird.
Der in der Abteilung erarbeitete Stundenplan wird dem stellvertretenden Schulleiter vorge-
legt, denn er hat letztendlich den Gesamtüberblick.
Es gibt aber auch andere Prämissen zu beachten, die häufig an die Räumlichkeiten (Compu-
terkabinette, Turnhalle) gebunden sind. Die Stundenauslastung der Lehrkräfte spielt bei der
Stundenplangestaltung eine nicht unwesentliche Rolle. Oftmals gibt es auf Grund der hohen
Überstundenzahl Auseinandersetzungen mit dem Kultusministerium.
Frau Frings betonte in der Diskussion, dass sie froh über diese „lange Leine“ ist. Solange
positive Ergebnisse erzielt werden und sich die Abteilung weiterentwickelt, lässt der Schullei-
ter die Koordinatorinnen und Koordinatoren relativ selbstständig arbeiten. Er greift nur bei
Problemen und Beschwerden ein und versucht, durch klärende Gespräche Lösungen zu
finden und bieten Hilfe und Unterstützung an.
61
In regelmäßigen Abständen, ca. alle 4 – 6 Wochen, gibt der Schulleiter Infoblätter, soge-
nannte „Newsletter“ heraus, die auf Aktivitäten, personelle Veränderungen und Besonderhei-
ten hinweisen.
Wichtig ist dem Schulleiter dabei das zeitnahe Anerkennen besonderer Leistungen.
So, z. B. hat eine Kollegin mit ihren Auszubildenden Medallien bei den Anhalt- Meisterschaf-
ten errungen. Blumensträuße, eine Urkunde vom Landrat für die Lehrerin und die beteiligten
Schülerinnen und Schüler sowie die Information und ein Dankeschön an die Ausbildungsbe-
triebe – dies ist nur ein Beispiel, wie herausragende Leistungen gewürdigt werden können.
Die „Newsletter“ informieren das Kollegium aber auch über andere große und kleine Höhe-
punkte, z. B. wenn „Nachwuchs“ angeschafft wurde.
Sind die rechtlichen Rahmenbedingungen ausreichend, um Gestaltungsarbeit leisten
zu können? Sind Erlassänderungen oder andere gesetzliche Änderungen notwe n-
dig?
Herr Hauffe plädierte für weniger Erlasse. Den Schulleiterinnen und Schulleitern sollten mehr
Freiräume und Freiheiten gegeben werden. Seiner Meinung nach, bieten die Rahmenrichtli-
nien und Lehrpläne genügend Freiräume. Die Schulen müssen diese nur ausfüllen – wer
innovativ ist, kann damit auch etwas anfangen.
Frau Frings wünscht sich, dass Schule mehr als Unternehmen betrachtet wird. Insofern soll-
ten Freiheiten erweitert und Formen und Möglichkeiten gefunden werden, engagierte Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren und zu würdigen.
Wie nutzt das DuMont-Berufskolleg diese Offenheit, die Gestaltungsfreiheit, um ihre
Bildungsgänge zu koordinieren?
Die Erfahrungen in der Bildungsgangarbeit im Medienbereich stellte Herr Jakobs vom Du-
Mont-Berufskolleg in Köln dar.
Zum Medienbereich gehören Veranstaltungskaufleute, AV-Kaufleute, Werbekaufleute, Ver-
lagskaufleute und Informationsdienste mit insgesamt ca. 1000 Auszubildenden. Es gibt einen
Verantwortlichen Kollegen, der den Stundenplan koordiniert. Gelehrt wird in sogenannten
Tagesblöcken, d. h. die Medienbetriebslehre und die Allgemeine Wirtschaftslehre werden
62
jeweils an einem Tag ganztätig unterrichtet. Daran schließen sich die weiteren Stunden – wie
z. B. Kommunikation und Datenverarbeitung an.
Zur besseren Koordination und Abstimmung wird für alle Kolleginnen und Kollegen des AV-
und Medienbildungsganges eine Stunde pro Woche fest eingeplant, wo Probleme diskutiert
und weitere Vorgehensweisen erörtert werden können.
Zusätzlich gibt es jeden Monat einen Bereichstermin, an dem alle Bildungsleiter teilnehmen.
So kann eine größtmögliche Kommunikation gewährleistet werden.
Die Lehrkräfte des DuMont-Berufskollegs arbeiten in Teams, in denen Lehrende des berufs-
bildenden und des berufsübergreifenden Lernbereiches (z. B. Deutsch und Englisch) zu-
sammenarbeiten.
Es ist auch möglich, dass Lehrkräfte in verschiedenen Teams integriert sind, wobei darauf
geachtet wird, dass eine Kollegin oder ein Kollege in nicht mehr als zwei Bildungsgängen
arbeitet. Ausnahmen bilden die Lehrenden des berufsübergreifenden Lernbereichs.
Bezugnehmend auf seinen Vortrag (siehe S. 58 ff) informierte Herr Gräbner vom Berufskol-
leg Bocholt-West über die Koordination zwischen den berufsübergreifenden und den berufs-
bezogenen Bereich an seiner Schule.
In seinem Team arbeiten vier Lehrkräfte – zwei Lehrkräfte des Metallbereiches, eine Lehr-
kraft des Elektrobereiches und eine Kollegin aus dem Bereich
Deutsch/Kommunikation/Englisch.
Gemeinsam haben sie das Curriculum erarbeitet, einen Pool von Lernsituationen zusam-
mengestellt. Dabei wurde diskutiert, inwieweit das fachliche durch berufsübergreifende Inhal-
te untersetzt werden kann. Schwierigkeiten bereitete es in der Anfangsphase, den techni-
schen Bereich, das technische Englisch, mit Inhalten zu füllen.
Inzwischen ist das Team gefestigt und verteidigt seine Interessen auch nach außen.
Befragt nach der Zusammenarbeit mit den Praxispartnern führte Herr Gräbner aus, dass die
Lehrkräfte im Bildungsgang einen Tag in der Woche „frei“ haben. Dieser Tag kann und sollte
für den Besuch der Ausbildungsbetriebe genutzt werden. So können die Lehrenden mit den
Auszubildenden und den Ausbildern ins Gespräch kommen und sich über ihre Arbeit vor Ort
informieren.
Darüber hinaus werden mit Hilfe der Ausbildungsbetriebe gemeinsam mit den Schülerinnen
und Schülern Präsentationen vorbereitet, Ausbilderinnen und Ausbilder in die Schule einge-
laden und in die Gestaltung von Lernsituationen mit einbezogen.
63
Sind die intensive Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben, die Gestaltung
von Projekten u. a. nur möglich, weil durch den Modellversuch besondere Rahmen-
bedingungen geschaffen werden?
Herr Gräbner wies auf folgende Potenzen des Modellversuches hin:
- Lehrkräfte können vom Erfahrungsaustausch profitieren.
- Probleme werden unter einem anderen Blickwinkel gesehen. Vieles wird nicht mehr so
kleinschrittig betrachtet.
- Zusätzliche persönliche Reserven werden freigesetzt.
Er betonte aber auch, dass die Arbeit ohne zusätzliche Entlastungsstunden bei vollem
Pflichtstundensatz geleistet wird und die Kolleginnen und Kollegen einen Überstundenberg
„vor sich her schieben“. Sie leben in der Hoffnung, dass ihnen in den kommenden Jahren auf
Grund der Erfahrung aus dem Modellversuch Vieles einfacher fallen wird.
Die Ergebnisse der Diskussion wurden mit Hilfe der Metaplantechnik zusammengefasst und
visualisiert.
Dabei hatten die Tagungsteilnehmer die Aufgabe, ihre Erfahrungen zu folgenden drei Pro-
blembereichen festzuhalten:
- Was gelingt gut?
- Was gelingt noch nicht?
- Welche Veränderungen sind erforderlich?
64
- „freie“ Gestaltung des Unterrichts/ in Zu-sammenarbeit mit den Betrieben
- freies Arbeiten, Ideen umsetzen, Unter-richtsverlegung
- Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen (Fach-konferenzen) mit „Allgemeinbildnern“
- Vorstellen/Informieren über Lernsituations-arbeit in Bildungsgangkonferenzen
- Materialbeschaffung durch Lehrer (Unter-richtsmittel, Medien, ...)
- Absprachen zu Lehrer-einsatz- und Stunden-planung
- Absprachen im Team (Stundenplan, Lernsitu-ationen, ...
- Schaffung „fester“ Teamstrukturen (LK in allen Schulformen organisiert)
- Rahmenbedingungen z. B. für Projektarbeit
- Kontinuierlicher Einsatz im Bildungsgang
- Erforderliches Engagement aller Teammit-glieder in die Arbeit einbringen
- Rollenverständnis (Leh-rer noch nicht immer in Moderationstätigkeit)
- Gründung eines Förder-vereins
- Informationsverluste
- Würdigung der „SELUBA-Arbeit“
65
- Teams müssen in Konstanz arbeiten kön-nen
- gemeinsame Teamstunden im Stundenplan festsetzen
- Pflichtstunden herabsetzen – Lehrer arbei-tet im Betrieb
- mehr Eigenverantwortung für Lehrer und Schüler
- noch mehr Autonomie im Bildungsgang
- multifunktionale Klassen-räume
- Teamarbeitskultur in Leh-rerbildung aufnehmen; Teamkompetenz 1. und 2. Phase
- Prämierungen für Einsatz der Lehr-kräfte schaffen
- Stundenanrechung Lernfeldkonzept erfordert Mehrarbeit
- „bezahlte“ gemeinsame Teamstunde (Dienst)
- „Belohnung“ für überdurchschnittliche Lehrerleistung
- Doppelstunden für selbstständige Arbeit
- Lernfeld-Curricula – wissen-schaftliche Aufbereitung
- mehr finanzielle Kooperation (Schule, Betriebe, Ausbil-dungsstätten usw.)
- finanzielle Unterstützung durch Schulträger
- Beachtung von Wünschen bei der Stundenplanung
66
3.3 Teamarbeit im handlungsorientierten Unterricht
Wie ein roter Faden zog sich das Thema durch die Tagung. Nach längerem Stillsitzen aller
Teilnehmer war jetzt Zeit für Bewegung. Bewegung des Körpers, weil in mehreren Räumen
verteilt Plakate mit Fragen lagen und Zeit für Bewegung des Geistes, weil die Plakate gefüllt
werden sollten.
In dieser Phase wurden beim Beantworten der Fragen zahlreiche Gruppendiskussionen ge-
führt. Wie meint ihr das? Wie funktioniert die Teamarbeit bei Euch an der Schule? Welche
Stolpersteine gab und gibt es? ...
Kommunikation verschiedener Gruppen fand an allen 8 Stationen statt, Ländergrenzen wa-
ren verschwunden und der Erfahrungsaustausch in Gang gesetzt.
67
3.3.1 Ergebnisse der Gruppenarbeit
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... welche Unterstützung brauchen wir von der Schulleitung?
- gemeinsame Freiräume für Teamsitzungen + Teambildung (2 Std./Wo.)
- konzentrieren auf einen bzw. zwei Bildungsgänge
- Rahmenbedingungen (materieller und finanzieller Art) schaffen
- öffentliche Anerkennung
- Schutz gegenüber äußeren Anfeindungen
- organisatorische Unterstützung
- Schulleitung soll den Mut haben, Innovationen zu unterstützen (nicht im-mer nach der BASS schauen)
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... welche Vereinbarungen wären uns wichtig?
- leitende Ziele
- Aufgaben mit Terminierung
- Arbeitsaufwand und -zeit müssten sich anpassen
- lieber bescheidene und erreichbare Ziele als unrealistische Vorgabener-
füllung
- Terminabsprachen einhalten
- Arbeitsteilung vornehmen
- „Nichtstuer“ fliegen raus
- Erwartungshorizonte und Garantie der Selbstständigkeit
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... was würden wir gewinnen?
- Vielfalt von Ideen
- Arbeitsteilung
- mehr Kompetenz
- Freiräume
- Kreativität
- mehr Freizeit
- Freude an gemeinsamen Produkten, Prozessen, Erfolgen
- höheres Selbstwertgefühl durch Vergleichbarkeit der Leistungen
68
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... was müsste sich in meinem Arbeitsverhalten ändern?
- gründlichere und differenziertere Vorbereitungen
- kooperatives Arbeitsverhalten
- den Kolleginnen und Kollegen vertrauen
- mehr Toleranz zu haben
- Mehrarbeit akzeptieren
- Verantwortung abgeben können
- positive Leistungen mehr anerkennen
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... was könnte mich zum Ausstieg bewegen?
- wenn desinteressierte Kollegen mitarbeiten
- wenn ich mich ausgenutzt fühle (unterstütze ich 100 %ig)
- Nörgler
- ineffiziente Arbeit
- wenn Absprachen nicht eingehalten werden
- ständiges Nichteinhalten der Termine durch Teammitglieder
- wenn sich Kollegen auf den Leistungen der „anderen“ ausruhen
- Missachtung des Vertrauens
- wenn andere nur profitieren wollen
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... woran würden die anderen Kollegen das merken?
- dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen + öfter die Köpfe zusammenste-
cken
- an guter Laune und zielstrebiger Arbeit
- dass wir effektiver (bei guter Koordination) arbeiten
- durch ausgeglichenes „Miteinander“
- wenn wir uns regelmäßig abstimmen
- dass wir uns unterstützen (Material austauschen, ...)
- durch mehr Achtung und Wertschätzung im Team
- durch Vertrautheit, Offenheit im Umgang miteinander
- wenn wir nach einem Organisationsplan arbeiten und zu bestimmter Zeit
den Kollegen berichten
69
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... woran würden die Schüler das merken?
- dass wir an einem Strang ziehen (Projekte, Leistungsbewertung, ...)
- durch Informiertheit
- durch gemeinsames Engagement
- keine Überschneidungen im Inhalt
- wenn Kolleg(inn)en sich nicht gegeneinander ausspielen lassen
- keine „fachfremden“ Vertretungen
- durch einen Unterricht bei „offenen Türen“
- durch einheitliches Handeln, Arbeiten mit gleichen Maßstäben
Wenn wir in einem Team arbeiten würden ... worauf würde ich mich am meisten freuen?
- auf Erfahrungsaustausch + gemeinsame Projekte
- auf innovative Gedanken
- wenn jeder/jede seine/ihre „Talente“ einbringt
- auf interessante Aspekte bei der Arbeit
- auf Spaß an gemeinsamer Arbeit
- wenn Erfolg(e) bzw. negative Erfahrung(en) gemeinsam erlebt werden
- auf neue Anregungen und Ideen
- wenn jede Idee geachtet wird
- auf inhaltliche Diskussionen
70
3.3.2 Ergebnisse der Evaluation zur Teamarbeit
Martina Müller, Birgit Berger, LISA Halle
Die Gestaltung von Gruppen- bzw. Teamarbeit ist in den Schulen ein Thema mit didaktischer
und pädagogischer Brisanz, um die Anforderungen aus der Wirtschaft erfüllen zu können. In
einer Gesellschaft mit hochtechnisierten Produktionsverfahren und komplexen Geschäfts-
prozessen ist jeder Einzelne für sich immer weniger in der Lage, den veränderten Anforde-
rungen gerecht zu werden. So werden von den Auszubildenden nicht nur Professionalität
und hohe Flexibilität erwartet, sondern verstärkt auch Teamfähigkeit vorausgesetzt. Die
Schulen, insbesondere die berufsbildenden Schulen, sind gefordert, entsprechende Team-
kompetenz anzubahnen und zu vermitteln. Da sich Teamkompetenz bei den Schülerinnen
und Schülern nicht von selbst einstellt, muss das Repertoire im Unterricht möglichst gezielt
eingeübt und durch „learning by doing“ gefestigt werden. Die gegenwärtige schulische Praxis
zeigt u. E., dass Gruppenarbeit vielerorts zu wenig konstruktiv und effektiv verläuft. Gründe
dafür sind in oftmals nicht vorhandenen Rahmenbedingungen zu suchen, aber auch bei den
Lehrkräften selbst, die aufgrund ihrer Vor- und Ausbildung dem Gruppenunterricht häufig
indifferent gegenüberstehen. Im BLK-Modellversuchsverbund SELUBA untersuchten wir
Teamarbeit im Zusammenhang mit der Implementation und Weiterentwicklung des Lernfeld-
konzeptes. Ausgewählte Ergebnisse unserer Evaluation stellen wir in diesem Beitrag vor.
Notwendigkeit teamorientierten Arbeitens der Lehrenden
Teambildung, Teamarbeit und Teamentwicklung korrelieren u. E. sowohl mittelbar als auch
unmittelbar mit dem Konzept der Handlungsorientierung im Unterricht. Wichtigstes Ziel des
handlungsorientierten Unterrichts ist die Entwicklung einer umfassenden Handlungs-
kompetenz der Auszubildenden. Diese entfaltet sich in den Dimensionen von Fach-, Human-
und Sozialkompetenz sowie kommunikativer Kompetenz als integraler Bestandteil der o. g.
Dimensionen. Human- und Sozialkompetenz sowie kommunikative Kompetenz werden be-
sonders durch Gruppen- und Teamarbeit entwickelt und gefördert. Lehrkräfte können Team-
fähigkeit im Unterricht aber nur glaubwürdig entwickeln, wenn sie selbst teamfähig sind und
die Grundsätze teamorientierten Arbeitens beachten.
Die Bildung von Lehrerteams ist nicht Selbstzweck, sondern ergibt sich in logischer Konse-
quenz geänderter Qualifizierungsprozesse und gestiegener Anforderungen an die Lehrenden
und deren Unterrichtsgestaltung. Die Fülle der anstehenden Aufgaben ist ohne kooperative
Zusammenarbeit und Abstimmung der Lehrenden nicht mehr leistbar. So erhält die Teamar-
beit mit den neuen Rahmenlehrplänen mit Lernfeldstruktur einen völlig neuen Stellenwert.
Zum einen enthalten nahezu alle Lernfelder in den Zielformulierungen die Forderung, team-
71
orientiertes Lernen und Arbeiten im Unterrichtsprozess mit spezifischen Ausprägungen zu
planen, zu erproben, zu gestalten und zu evaluieren; andererseits scheint die Erarbeitung
und Implementation lernfeldstrukturierter Curricula, die Entwicklung und Gestaltung hand-
lungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements sowie die Abstimmung mit Ausbildungsbetrieben
und anderen Kooperationspartnern nur im Team der Lehrkräfte leistbar. Die neuen Rahmen-
lehrpläne bieten dabei den Lehrenden nicht nur mehr Gestaltungsfreiräume für ihre didak-
tisch-methodische und inhaltliche Arbeit, sondern eröffnen auch Chancen für neue Formen
der kooperativen und kommunikativen Zusammenarbeit im Lehrerkollegium. Inwieweit diese
Chancen genutzt werden und Lehrkräfte teamorientiertes Arbeiten anbahnen und entwickeln,
hängt von vielfältigen Faktoren ab.
Dazu zählen u. a.:
§ die Unterstützung der Schulleitung,
§ teamfördernde Rahmenbedingungen,
§ ein gewisser „Problem- oder Leidensdruck“, der Abstimmung und Kooperation erforderlich
macht,
§ das Gefühl zunehmender Arbeitsbelastung, das bei den Lehrenden das Bedürfnis nach
kooperativer Zusammenarbeit weckt, um den schulischen Alltag zu erleichtern,
§ Unzufriedenheit mit der Realität, die den Wunsch nach Veränderung weckt,
§ Zielsetzungen und Visionen im Zusammenhang mit einem Qualitätsmanagement an
Schulen
Teamarbeit der Lehrenden bietet sich an
- bei der Schaffung und Umsetzung schulorganisatorischer Rahmenbedingungen,
- bei der Bildungsgangplanung, insbesondere bei der Erarbeitung der Schulcurricula,
- bei der Gestaltung handlungsorientierter Lernsituationen und didaktisch-methodischer
Unterrichtssequenzen,
- bei der Entwicklung von Lernträgern, Projekten und Lernaufgaben,
- bei der Abstimmung mit Ausbildungsbetrieben u. a. Kooperationspartnern.
Die oben angeführten Aufgaben sind nicht von einer Lehrkraft allein zu bewältigen.
Besondere, gut funktionierende Formen der Abstimmung aller an der Planung, Durchführung
und Auswertung von Unterricht beteiligten Personen sind erforderlich. Praktiziert werden
erweiterte Schulleitungs-Teams, Teams in Form von Fachkonferenzen/Bildungsgang-
konferenzen, Lernfeld-Teams, Projekt-Teams u. a. Teambildung und Teamentwicklung voll-
ziehen sich dabei nicht im Selbstlauf, sondern sind das Ergebnis eines planvollen Entwick-
lungsprozesses.
72
Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen des Modellversuches SELUBA mit den Lehre-
rinnen und Lehrern der Modellversuchsschulen Sachsen-Anhalts Teamentwicklung und
Teamarbeit in berufsbildenden Schulen diskutiert, sich entwickelnde bzw. bereits vorhande-
ne Teamstrukturen kritisch hinterfragt und auch die Teamfähigkeit und -bereitschaft bei Leh-
renden und Lernenden beraten.
Die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuches konzipierte eine Evaluation zum
Thema Teamarbeit im lernfeldorientierten Unterricht, die in Form einer schriftlichen Befra-
gung in den Modellversuchsschulen Sachsen-Anhalts durchgeführt wurde.
Der Vortrag greift Ergebnisse der Workshops und der Evaluation auf.
Team und Teambildung
In der Literatur findet sich eine Vielzahl unterschiedlich akzentuierter Begrifflichkeiten. Eine
klare Abgrenzung zwischen Gruppe und Team ist nicht möglich. Nach der Art der Entste-
hung ist das Team eine besondere Form der formellen Arbeitsgruppe. Die Lehrkräfte im Mo-
dellversuch SELUBA entwickelten folgende Arbeitsdefinition:
Ein Team ist eine Gruppe von Menschen, die zeitlich begrenzt oder zeitlich unbegrenzt auf-
gaben- und/oder projektbezogen zusammenarbeiten und diesbezüglich gemeinsame Ziele
verfolgen. Das Team bündelt die Handlungskompetenz der einzelnen Teammitglieder und
verstärkt damit die Professionalität jedes Einzelnen und des gesamten Teams.
Die folgenden Merkmale eines Teams sind wesentliche Kriterien, die ein teamorientiertes
Miteinander ermöglichen.
Ein Team zeichnet sich u. E. aus durch:
- einen klar umrissenen Arbeitsauftrag,
- gemeinsame Festlegung und Erfüllung der Arbeitsziele und Arbeitsaufgaben,
- eine von außen übertragene oder durch das Team selbst bestimmte Teamleitung,
- leistungs- und funktionsadäquate Aufgaben- und Rollenverteilung,
- die Bündelung der fachlichen, sozialen, humanen Kompetenzen der Teammitglieder,
- eine (teil-)autonome Arbeitsweise,
- ein nach vereinbarten/festgelegten Regeln und Normen bestimmtes Handeln,
- die Fähigkeit zur Konfliktregulierung,
- ein Verschmelzen der individuellen Verantwortung zu gemeinsamer Verantwortung für
das Team,
- Vertrauen und gegenseitige Achtung.
Teambildung und Teamentwicklung vollziehen sich in verschiedenen Phasen, die in der Lite-
ratur als Test- oder Findungsphase, Kritikphase, Normalisierungsphase, Arbeitsphase
(Selbach, Schneider, Kuhnert, Kill u. a.) beschrieben werden. Hier stehen Personen und so-
73
ziale Systeme im Wechselverhältnis differenzierter Selbst- und Fremdwahrnehmung (in An-
lehnung an Schmidt und Berg):
- Wer bin ich?
- Wie verstehe ich die anderen und wie verstehen sie mich?
- Wie verstehen wir uns als Team?
- Wie wird unser Team von den anderen verstanden?
sind Fragen für Teams.
In der schulischen Praxis findet Teamarbeit in verschiedenen Aufgabenfeldern berufsbilden-
der Schulen statt. Teamarbeit fördernde schulorganisatorische Rahmenbedingungen und
Teamkompetenz der Lehrenden und Lernenden sind dafür unabdingbar.
Ergebnisse der Evaluation zur Teamarbeit im lernfeldorientierten Unterricht
Grundlage für die Evaluation bildete ein Fragebogen, der gemeinsam mit den Lehrkräften
der Modellversuchsschulen Sachsen-Anhalts erarbeitet wurde. Die Evaluation zielte auf
teamorientierte curriculare Entwicklungsarbeit und didaktisch-methodische Unterrichtsgestal-
tung in Lernfeld-Teams und erfasste in Ansätzen die Ausprägung von Sozialkompetenz.
Schwerpunkte unserer Evaluation waren die Untersuchung der Rahmenbedingungen, die
Ebenen der Teamarbeit, die schulinternen Prozesse für die Teamarbeit der Lehrenden und
die Frage: „Ist Teamarbeit Lust oder Frust?“
In einer schriftlichen Befragung wurden ca. 100 Lehrkräfte aus den SELUBA-
Modellversuchsschulen Sachsen-Anhalts sowie weitere Lehrkräfte aus dem Umfeld dieser
Schulen um ihre Einschätzung der Teamarbeit gebeten. Ausgewählte erhobene Daten und
Aussagen zu Rahmenbedingungen sowie zur Teamentwicklung und Teamarbeit werden im
Folgenden vorgestellt.
Rahmenbedingungen für Teamarbeit
Befragt nach der Unterstützung seitens der Schulleitung, sind rund dreiviertel der Lehrenden
der Meinung, dass die Schulleitung und die Koordinatorinnen und Koordinatoren grundsätz-
lich Rahmenbedingungen für Teamarbeit und Freiräume für engagierte Lehrkräfte schaffen.
Dennoch werden bei der Frage nach ausreichender Begleitung der Prozesse Problemberei-
che sichtbar. Immerhin die Hälfte wünscht sich deutlich mehr Zulassung von Freiräumen
durch Kultusministerium, Schulaufsicht und die Schulleitung. Dies findet sich in Hinweisen,
dass die Akzeptanz der Schulleitung gegenüber dem Lernfeldkonzept noch nicht ausrei-
chend entwickelt ist und sich Lehrkräfte bei der Umsetzung allein gelassen fühlen.
74
Teams brauchen Zeit und Freiräume für ihre Arbeit. Jede fünfte Lehrkraft gibt an, ihre Schule
plane gemeinsame Freistunden für Lehrerteams. Jeder zweite (außer SELUBA-Lehrkräfte)
wünscht sich eine Stundenplangestaltung, die Teamarbeit gezielt vorsieht. Hierzu zählen
insbesondere gemeinsame Freistunden für Lernfeld-Teams und ein fest eingeplanter Bera-
tungsnachmittag pro Monat.
SELUBA-LK weitere LKFreistunden f. Teams 24% 42%Stundendeputate 24% 60%"Teamtag"/Woche 24% 19%"Teamtag"/Monat 24% 49%
Gewünschte teamunterstützende Stundenplangestaltung
24%
42%
24%
60%
24% 19% 24%
49%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
An
gab
en i
n P
roze
nt
Freistunden f. Teams Stundendeputate "Teamtag"/Woche "Teamtag"/Monat
SELUBA-LK weitere LK
Abb. 1: Gewünschte teamunterstützende Stundenplangestaltung
Ein interessantes Ergebnis ist, dass SELUBA-Lehrkräfte weniger Wert auf gemeinsam ge-
plante Freistunden und festgelegte „Teamtage“ legen. Eine mögliche Erklärung für diesen
Unterschied wäre, dass sich die SELUBA-Lehrkräfte selbst Freiräume für eine effektive
Teamarbeit schaffen und nicht auf administrative Festlegungen warten.
Der Evaluationsbogen bot auch die Möglichkeit, Wünsche für eine effektive Teamarbeit ex-
plizit darzustellen. Eingefordert werden dabei überwiegend Veränderungen, die die Leh-
rereinsatzplanung und die konkrete Unterrichtspraxis betreffen. Lehrerinnen und Lehrer be-
klagen einerseits die unzureichenden personellen und materiellen Voraussetzungen in den
Schulen und die damit verbundenen Einschränkungen und Behinderungen der unterrichtli-
chen Arbeit und andererseits fehlende Freiräume für Kreativität .
75
Die Wünsche der Lehrerinnen und Lehrer wurden durch freie Aussagen erhoben und fokus-
sieren sich in folgenden Bereichen:
• Erhöhung der Autonomie der Schulen,
• Kontinuität des Lehrereinsatzes, Einstellung von Honorarkräften,
• Freiräume für Unterrichtsgestaltung und Lehrereinsatzplanung,
• Konzentration von Unterrichts- und Vorbereitungsräumen für Lehrerteams in einem Bil-
dungsgang oder einer Fachrichtung,
• Fortbildungsangebote.
Auffallend ist die große Nachfrage nach Fortbildung. Dreiviertel der SELUBA-Lehrkräfte und
ein noch höherer Anteil der weiteren Lehrkräfte wünschen sich verstärkt Fortbildung, insbe-
sondere didaktische und methodische Empfehlungen sowie lernfeldbezogene (ausbildungs-
bezogene) Publikationen. Lehrkräfte des berufsübergreifenden Lernbereiches signalisieren
Informationsdefizite bzgl. des Lernfeldkonzeptes. Hier sind die Landesinstitute gefordert.
Neben didaktisch-methodischen und fachlichen Themen sollten in regionalen und landeswei-
ten Lehrerfortbildungsveranstaltungen verstärkt auch Teambildungs- und Teamentwick-
lungsprozesse thematisiert werden. Teambildung ist dabei im Kontext von curricularen Vor-
gaben und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen zu bringen. Externe Teamberater
können in den Schulen die Rahmenbedingungen analysieren und Teamstrukturen anbah-
nen. Bewährt haben sich in diesem Zusammenhang auch Klausur-Tagungen für Lehrkräfte
und eine sogenannte Team-Woche zum Schuljahresbeginn, in denen sich Lehrende und
Lernende gleichermaßen mit Grundsätzen teamorientierten Lernens und Arbeitens vertraut
machen können.
Zum Zusammenhang zwischen Lernfeldkonzept und Teamarbeit
In einem zweiten Schwerpunkt der Evaluation sollte herausgearbeitet werden, inwieweit das
Lernfeldkonzept die Teamarbeit beeinflusst. Hierbei war eine Skalierung von 3 Schritten (trifft
nicht zu - 1; trifft teilweise zu - 2; trifft voll zu - 3) vorgegeben. Die vorliegenden Ergebnisse
zeigen, dass das Lernfeldkonzept Teamarbeit der Lehrerinnen und Lehrer nicht nur erfordert,
sondern auch unterschiedliche Formen und Ausprägungen der Zusammenarbeit ermöglicht.
Die Struktur des Lernfeldkonzeptes gestattet, in Abhängigkeit vom Ausbildungsberuf, vom
Umfang der Lernfelder und von vorhandenen Lehrerkompetenzen die Lernfelder parallel
und/oder sequentiell zu unterrichten. Dies erfordert eine entsprechende Koordination und
Abstimmung der Lehrenden. Mehr als zweidrittel der Befragten geben an, dass jeweils eine
Lehrkraft ein Lernfeld bearbeitet. Bei zeitlich umfangreichen Lernfeldern besteht eher die
Tendenz, dass mehrere Lehrkräfte den Unterricht in einem Lernfeld übernehmen. Die ge-
76
meinsame Planung der Schulcurricula, einzelner Unterrichtssequenzen und konkrete didak-
tisch-methodische Absprachen sind u. E. erforderlich. Die Grafik zeigt, dass in vielen Schu-
len das Schulcurriculum im Team erarbeitet wird.
SELUBA-LK weitere LK1 Schulcurriculum wird im Team erarbeitet 2,53 1,982 einzelne Lehrkräfte erarbeiten Teile des Curriculums 2,29 2,383 jede Lehrkraft erarbeitet ein/sein Lernfeld 2,43 2,634 jede Lehrkraft erarbeitet mehrere Lernfelder 2,25 2,47
Schulcurriculum und Unterrichtssequenzen
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
Me
dia
n
1 2 3 4
SELUBA LK weitere LK
Abb. 2: Schulcurriculum und Unterrichtssequenzen
Die SELUBA-Lehrkräfte arbeiten tendenziell ausgeprägter im Team. Hier wird u. E. deutlich,
dass diese Lehrerinnen und Lehrer ihre Erfahrungen aus der Modellversuchsarbeit in der
schulischen Praxis umsetzen.
Auch zeigt sich, dass der Einsatz von Lehrkräften zeitlich und inhaltlich im Schulcurriculum
ausgewiesen wird. Der Anteil der personellen Zuordnung im Schulcurriculum liegt bei den
weiteren Lehrkräften noch höher. Das lässt die Vermutung zu, dass die SELUBA-Lehrkräfte
die Einsatzplanung häufiger informell über ihre Teams regeln.
Unterrichtsgestaltung im Team zeitgleich in einer Klasse (Exkursionen, Projekte, u. Ä.) ist in
den Schulen gegenwärtig schwierig zu realisieren. So werden Unterrichtssequenzen und
Projekte in Ansätzen zwar gemeinsam geplant und erarbeitet; problematisch ist nach wie vor
die gemeinsame Durchführung und Auswertung, da eine „Doppelbesetzung“ von Lehrkräften
in einer Klasse selten ermöglicht werden kann. Schulorganisatorische Reglements hemmen
oftmals die konkrete Umsetzung von Projekten im Lernfeldkonzept.
77
Im Kontext der Lernfeldproblematik erhält die Abstimmung und Koordinierung zwischen dem
berufsbezogenen und dem berufsübergreifenden Lernbereich einen neuen Stellenwert.
SELUBA-Lehrkräfte sehen einen erhöhten Handlungsbedarf hinsichtlich der Zusammenar-
beit mit den Lehrkräften des berufsübergreifenden Lernbereiches. Mehr als 70% wünschen
sich mehr Unterstützung in diesem Bereich. Hier ist der Blickwinkel der SELUBA-
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vergleich zu den anderen Lehrkräften stärker lernfeldori-
entiert geprägt, d. h. sie sehen mehr die Notwendigkeit der berufsübergreifenden Zusam-
menarbeit, um der Zielstellung eines lernfeldorientierten Unterrichts gerecht zu werden.
Problematisch ist auch die effiziente Organisation der Lernortkooperation. Die Kooperations-
aktivitäten beziehen sich überwiegend auf die zeitlich organisatorische Ebene. Die Vielzahl
der Klein- und Mittelbetriebe, die unter extremen Zeitdruck ihre Arbeitsaufträge abarbeiten
sowie fehlende hauptamtliche Ausbilder sind Ursachen für die noch nicht zufriedenstellende
Lernortkooperation.
Ausprägung von Sozialkompetenz der Lehrenden
Die Ausprägung von Sozialkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer wurde in einem dritten
Schwerpunkt evaluiert. Die folgenden Aussagen beziehen sich vorwiegend auf Fachgrup-
pen- bzw. Fachbereichsteams und Lernfeld-Teams, da die Lehrkräfte in diesen Gruppen
aktiv mitarbeiten. Aus dieser Blickrichtung waren Fragen zu beantworten. In Fachgruppen
bzw. Fachbereichen sind Lehrkräfte des berufsbezogenen und/oder des berufsübergreifen-
den Lernbereiches sowie teilweise Kolleginnen und Kollegen des gesamten Bildungsganges
integriert. Projekt- und aufgabenbezogen werden Vertreterinnen und Vertreter der Schullei-
tung und Ausbilderinnen sowie Ausbilder kooptiert, so die Aussagen.
Die Arbeitsatmosphäre in Teams wird als offen und konstruktiv eingeschätzt. Die Aufgaben-
verteilung erfolgt größtenteils entsprechend der Handlungskompetenz der Mitglieder. Die
Lehrenden sind bereit, Verantwortung zu tragen, wobei aber als Nachteil empfunden wird,
dass oftmals nur die selben Lehrkräfte bereit sind, Aufgaben zu übernehmen.
Gut funktionieren der Informationsaustausch und die Unterstützung von „Quereinsteigern“.
Die sich entwickelnde Teamarbeitskultur wird darin deutlich, dass Lehrerinnen und Lehrer
versuchen, Probleme und Schwierigkeiten offen anzusprechen. Beim gezielten Nachfragen
äußern SELUBA-Lehrkräfte, dass es hier aber durchaus noch Entwicklungsbedarf gibt.
78
Für die Lehrerinnen und Lehrer geht es darum, spezifische Teamfähigkeiten herauszubilden.
Dazu gehören
• Delegationsbereitschaft und -fähigkeit,
• Dialog- und Diskussionsbereitschaft und -fähigkeit,
• Konflikt und Konsensbereitschaft und -fähigkeit, u. v. m.
Im Sinne einer erfolgsversprechenden Implementation einer Teamarbeitskultur ist es not-
wendig, eine auf Vertrauen basierende Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Teamarbeit – Lust oder Frust
In einem letzten Fragenkomplex wurden die Lehrenden um die Einschätzung ihrer Mitarbeit
und Gestaltung von Teamarbeit an den Modellversuchsschulen gebeten. Dabei ging es auch
darum, dass Lehrerteams teamintegrierte Strukturen entwickeln müssen. Herangezogen
werden bei dieser Auswertung auch Aussagen zur Teambereitschaft und -fähigkeit von Ler-
nenden, die wir im Zusammenhang mit einer Evaluation zum handlungsorientierten Unter-
richt mit ca. 600 Schülerinnen und Schülern erhoben haben.
Lehrende und Lernende schätzen ein, dass sie durch Teamarbeit von den Erfahrungen, den
Ideen und der Kompetenz der anderen Teammitglieder profitieren. Sie erfahren Teamarbeit
als Potenzierung der (Fach)-Kompetenz jedes Einzelnen. Auch die arbeitsteilige Lösung von
Aufgaben wird positiv eingeschätzt. Der Teamgedanke scheint bei den Lernenden relativ gut
entwickelt zu sein. Nach eigener Einschätzung arbeiten die Schülerinnen und Schüler gern
im Team, sie geben ihre Erfahrungen gern an die anderen im Team weiter und können sich
dort entfalten. Sie akzeptieren, dass bei Aufgaben, die im Team erarbeitet werden, jeder
Verantwortung mit trägt. Dass die eigene Leistung in die Gruppenbewertung eingeht und
nicht individuell benotet wird, sehen viele Schülerinnen und Schüler ein. Problematisch kann
es werden, wenn das Gruppenergebnis nicht den Erwartungen entspricht.
Die folgende Übersicht zeigt, dass Lehrende und Lernende Teamarbeit auch aus unter-
schiedlichen Blickwinkeln betrachten.
In Gesprächen mit SELUBA-Lehrkräften in unseren Workshops wird deutlich, dass viele Leh-
rerinnen und Lehrer Teamfähigkeit und Teambereitschaft besitzen, sich aber der systemati-
sche Aufbau von schulinternen Teams als sehr zeitintensiv erweist. Mangelnde Motivation,
Zweifel am Sinn von Teamarbeit (Teams als „Quasselgruppe“), fehlende Verantwortung Ein-
79
zelner für das Team, Nichteinhaltung von Absprachen, teilweise mangelnde Konfliktfähigkeit,
werden als hemmend benannt∗.
Die Aussagen der Lehrenden zeigen, dass eine teambasierte gemeinsame didaktische Ar-
beit noch nicht als durchgängiges Prinzip etabliert ist. Es gibt noch eine Vielzahl von Hinder-
nissen, die überwunden werden müssen.
Die folgende Grafik fasst die Stolpersteine zusammen.
Insgesamt, so unser Resümee, findet Arbeit in Teams Anwendung und Anerkennung.
Schrittweise sind Teamarbeitsprozesse in Klassenräumen und Schulhäusern gestaltbar.
Zielstrebiges und konstruktives Arbeiten, Regelwerke für Gruppenarbeit, regelorientierte Re-
∗ Aussagen von SELUBA-Lehrkräften auf dem Workshop im Juni 2001 zur Thematik „Teamarbeit“
Stolpersteine
§ Planung, Durchfüh-rung von komplexen Lehr-Lern-Arrangements
§ Zusammenarbeit be-rufsbezogener und be-rufsübergreifender Lernbereich
§ ....
Unterrichtsarbeit
§ Zeitmanagement
§ Vielzahl kleiner Be-triebe
§ ...
Lernortkooperation
§ Einzelkämpfermentalität
§ Sozialkompetenz
- Teamfähigkeit
- Konfliktfähigkeit
- Konsensfähigkeit
- Kritikfähigkeit
- ...
Lehrerpersönlichkeit § Unterstützung durch die Schulleiter
§ schulorganisatorische Freiräume
§ Stundenplangestal-tung
§ Lehrereinsatz
§ Anerkennung von Gruppenleistung
§ Entwicklung einer Teamkultur
§ „Chemie“ muss stim-men
Rahmenbedingungen
80
flexion und notfalls auch Sanktionen bei kollegialem Fehlverhalten können als Interaktions-
routinen gelten, die von den im Team Arbeitenden entwickelt und akzeptiert werden müssen.
81
Teamarbeit im lernfeldorientierten Unterricht
BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 bis 30.09.2002
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Gliederung des Vortrages
1 Teamarbeit in berufsbildenden Schulen1.1 Notwendigkeit teamorientierten Arbeitens der Lehrenden1.2 Team und Teambildung
2 Ergebnisse der Evaluation zur Teamarbeit im lernfeldorientierten Unterricht
2.1 Rahmenbedingungen für Teamarbeit
2.2 Zum Zusammenhang zwischen Lernfeldkonzept und Teamarbeit2.3 Ausprägung von Sozialkompetenz der Lehrenden
2.4 Teamarbeit – Lust oder Frust
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Notwendigkeit teamorientierten Arbeitens (1)
veränderte Anforderungen an die
Professionalität der Lehrenden
Planen, Gestalten, Erproben und Evaluieren von teamorientiertem Lernen und Arbeiten im Unterrichtsprozess,Erarbeiten und Implementieren lernfeldorientierter Curricula, Entwickeln und Gestalten handlungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements,Zusammenarbeiten mit Ausbildungsbetrieben u. a. Kooperationspartnern
effektiver im Team der Lehrkräfte leistbar
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Notwendigkeit teamorientierten Arbeitens (2)
„Problem- und Leidensdruck“ macht Abstimmung und Koordination erforderlich
Gefühl zunehmender Arbeitsbelastung weckt das Bedürfnis nach kooperativer Zusammenarbeit, um den schulischen Alltag zu erleichtern
Unzufriedenheit mit der Realität begründet den Wunsch nach Veränderungen
Ziele und Visionen entstehen im Zusammenhang mit einem Qualitätsmanagement an Schulen
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Ebenen der Teamarbeit im Lehrerkollegium
Schaffung und Umsetzung schulorganisatorischer Rahmenbedingungen
Bildungsgangplanung, gemeinsame Erarbeitung der Schulcurricula
Abstimmung mit Ausbildungsbetrieben u. a. Kooperationspartnern
Gestaltung von Lernsituationen und didaktisch -methodischen Unterrichts-sequenzen
Entwicklung von Lernträgern, Projekten und Lernaufgaben
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Ein Team
Ist eine Gruppe von Menschen,die zeitlich begrenzt oder unbegrenzt aufgaben- und/oder projektbezogen zusammenarbeiten und gemeinsame Ziele verfolgen.
• Das Team bündelt die Handlungskompetenz der einzelnen Teammitglieder und
• verstärkt damit die Professionalität jedes Einzelnen und des gesamten Teams.
82
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Merkmale eines Teams
klar umrissener Arbeitsauftraggemeinsame Festlegung und Erfüllung der Arbeitsziele und -aufgabenTeamleitungLeistungs- und funktionsadäquate Aufgaben- und Rollenverteilung
(teil-)autonome Arbeitsweise
Bündelung der fachlichen, sozialen, humanen Kompetenzen der Teammitglieder
ein nach festgelegten Regeln und Normen bestimmtes HandelnVerschmelzung der individuellen Verantwortung zu gemeinsamer Verantwortung für das TeamVertrauen und gegenseitige Achtung
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Teamentwicklungsphasen
Selbstwahrnehmung
Wer bin ich?
Wahrnehmung der Teammitglieder
Wie verstehe ich die anderen? Wie verstehen sie mich?
Fremdwahrnehmung
Wie verstehen uns die anderen?
Wahrnehmung des Teams als Team
Wie verstehen wir uns als Team?
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Teamorientierte didaktisch-methodische Arbeit der Lehrenden im lernfeldstrukturierten Unterricht
Teamorientierte didaktisch-methodische Arbeit der Lehrenden im lernfeldstrukturierten Unterricht
Ziele
Inhaltliche Schwerpunkte
• Analyse der curricularen Entwicklungsarbeit und der didaktisch-methodischen Unterrichtsgestaltung in Lehrerteams
• Anregungen für Empfehlungen für Teambildungs- und Teamentwicklungsprozesse in berufsbildenden Schulen
• Analyse der curricularen Entwicklungsarbeit und der didaktisch-methodischen Unterrichtsgestaltung in Lehrerteams
• Anregungen für Empfehlungen für Teambildungs- und Teamentwicklungsprozesse in berufsbildenden Schulen
• Rahmenbedingungen für Teamarbeit
• Ebenen der Teamarbeit
• Ausprägung von Sozialkompetenz
• Rahmenbedingungen für Teamarbeit
• Ebenen der Teamarbeit• Ausprägung von Sozialkompetenz
Soziale Faktoren
Berufsfeld
institutionelle Faktoren
Schulorganisation
Teamkultur
Unterrichtsplanung und -gestaltung
Zusammenarbeit berufsbezogener und berufsübergreifender Lernbereich
Lernortkooperation
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Wünsche zur teamunterstützenden Stundenplangestaltung
0 %
20%
40%
60%
80%
Ang
aben
in P
roze
nt
1 2 3 4
SELUBA-Lehrkräfteweitere Lehrkräfte
1. Freistunden für Lehrerteams 24% 42%
2. Stundendeputate für Lehrerteams 24% 60%
3. „Teamtag“/Woche 24% 19%
4. „Teamtag“/Monat 24% 49%
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Für eine effektive Teamarbeit wünschen wir uns:
Erhöhung der Autonomie der Schulen
Kontinuität des Lehrereinsatzes, Einstellung von Honorarkräften
Freiräume für Unterrichtsgestaltung u.Lehrereinsatzplanung
Konzentration von Unterrichts- und Vorbereitungsräumen für Lehrerteams in einem Bildungsgang oder einer Fachrichtung
Fortbildungsangebote 76%
81%
SELUBA-LK
weitere LK
Lehrkräfte wünschen sich mehr Fortbildungsangebote
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Schulcurriculum und Unterrichtssequenzen
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
Med
ian
1 2 3 4
SELUBA-Lehrkräfteweitere Lehrkräfte
1. Schulcurriculum wird im Team erarbeitet. 2,53 1,98
2. Einzelne LK erarbeiten Teile des Curriculums. 2,29 2,38
3. Jede LK erarbeitet ein/sein Lernfeld. 2,43 2,63
4. Jede LK erarbeitet mehrere Lernfelder. 2,25 2,47
Median:1 = trifft nicht zu2 = trifft teilweise zu3 = trifft voll zu
83
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Planung und Durchführung von Projekten im Team
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
Med
ian
1 2 3 4
SELUBA-Lehrkräfteweitere Lehrkräfte
1. Erarbeitung von Unterrichtssequenzen im Team 2,07 1,79
2. Planung/Durchführung/Auswertung vonUnterrichtssequenzen im Team 1,40 1,53
3. Planung von Projekten im Team 1,75 1,84
4. Durchführung von Projekten im Team 1,40 1,73
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Sozialkompetentes Handeln von Lehrkräften heißt:
eine spezifische Teamfähigkeit herauszubilden
Delegationsbereitschaft Delegationsfähigkeit
KonsensbereitschaftKonsensfähigkeit
DiskussionsbereitschaftDiskussionsfähigkeit
KonfliktbereitschaftKonfliktfähigkeit
DialogbereitschaftDialogfähigkeit
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Sichtweisen von Lehrenden und Lernenden
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Teamarbeit schätze ich, weil
ich gern Erfahrungen an andere weitergebe
Lehrkräfte sich die Arbeit teilen können
lernfeldstrukturierter Unterricht im Team besser zu planen ist
Zusammenarbeit stimulierend und motivierend für mich ist
ich gern Erfahrungen an andere weiter gebe
man sich im Team die Arbeit teilen kann
das Gesamtwissen im Team größer ist
ich gern in der Gruppe arbeite
auch andere gute Ideen haben
Gemeinsame Sichtweisen
ich von Erfahrungen anderer profitieren kann
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK -Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Unterschiedliche Sichtweisen
Ich gebe gern Erfahrungen an andere weiter
Es stört mich nicht, wenn andere von meinen Leistungen profitieren.
Es stört mich, dass immer nur die selben Lehrkräfte Aufgaben übernehmen.
Ich passe auf, dass die ganze Arbeit nicht an mir hängen bleibt.
Teams sind eine „Quasselgruppe“.
Ich versuche, so gut wie möglich mitzureden.
Einige scheuen sich, Probleme offen zuzugeben.
In der Gruppe setze ich mich durch.
Birgit BergerDr. Martina Müller BLK-Modellversuch SELUBA – 01.10.1999 – 30.09.2002
Stolpersteine für Teamarbeit der Lehrenden
Stolpersteine
Einzelkämpfermentalität
Sozialkompetenzen
• Teamfähigkeit,• Konfliktfähigkeit, • Konsensfähigkeit,• Kritikfähigkeit,
Lehrerpersönlichkeit
Anerkennung von GruppenleistungEntwicklung einer Teamkultur„Chemie“ muss stimmen
Unterstützung, Förderung durch Schulleitungschulorganisatorische FreiräumeStundenplangestaltungLehrereinsatz
Rahmenbedingungen
Zusammenarbeit berufsbildender und berufsbezogener LernbereichPlanung, Durchführung von komplexen L -L-Arrangements
UnterrichtsarbeitZeitmanagement
Vielzahl kleiner Betriebe
Lernortkooperation
Die Power-Point-Präsentation ist abrufbar unter: http://www.modellversuche.bildung-lsa.de/seluba/Materialien/Publikationen des
Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt (LISA)/Berger/Müller:
Teamarbeit im lernfeldorientierten Unterricht
84
3.3 Die QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation
von Schule
Hans-Joachim Lösche, LfS Soest
Nordrhein-Westfalen sieht ein zentrales Element der Weiterentwicklung und Qualitätssiche-
rung des Schulwesens in der Selbststeuerung und Selbstevaluation der einzelnen berufsbil-
denden Schule. Diese sind bereits in vielen Schulprogrammen verankert. Dabei sind inner-
schulische Prozesse im Sinne von Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung sowie Profil-
bildung zu gestalten. Mit der sogenannten QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbst-
evaluation können über valide Qualitätsindikatoren Fortschritte und Veränderungsprozesse
messbar gestaltet werden. „Damit wird den Schulen ein Konzept zur Verfügung gestellt, um
u. a. Lehrpläne schulspezifisch zu akzentuieren oder Schulentwicklungsprozesse zu unter-
stützen oder Schulprogrammarbeit zu betreiben und damit kontinuierlich Verbesserungspro-
zesse (KVP) in Gang zu halten“14.
Die QUIND-Methode findet Anwendung als Analyse-, Gestaltungs- und Steuerungsinstru-
ment und eignet sich insbesondere bei Lehrplanumsetzungen, Schulentwicklungsprozessen
und Schulprogrammentwicklungen.
Die dafür notwendige Schrittfolge ist in der folgenden Grafik dargestellt.
14 QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation für Schule. Hrsg.: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung.
Soest. 2001, S. 6.
Beteiligten-und Problem- analyse
Ziel-bestimmung
Ist-Analyse
Problem-bereiche
Qualitäts-indikatoren
Quellender Nach- prüfbarkeit
Maß-nahmen
Bewertung
Lehrplanumsetzung
Schulentwicklung
Schulprogramm
85
„Mit Hilfe der QUIND-Methode werden auf der Grundlage von Ist-, Beteiligten- und Problem-
analyse Problembereiche festgelegt und Ziele vereinbart. Zur Umsetzung werden valide
Qualitätsindikatoren bestimmt sowie ihnen zugeordnete Quellen der Nachprüfbarkeit erarbei-
tet. Daran anschließend werden Maßnahmen zur Umsetzung vereinbart. Die Auswertung der
Quellen der Nachprüfbarkeit dokumentiert den Grad der Zielerreichung und ist direkter Be-
standteil einer erneuten Ist-Analyse.“15
• Die Ist-Analyse gibt Aufschluss über vorhandene Strukturen, Ressourcen, Potenziale und
Defizite. Sie ist, wie auch alle weiteren Schritte innerhalb dieser Methode, mit Hilfe geeig-
neter Moderationstechniken durchzuführen.
• Bei der Beteiligten- und Problemanalyse sollten die an der Aufgabenstellung Beteiligten in
Akteure, Mitwirkende und Zielgruppen unterteilt werden. Akteure sind diejenigen, die un-
mittelbar an der Umsetzung der Aufgabenstellung arbeiten. Die Mitwirkenden sind die von
der Umsetzung Betroffenen, die mit eigenen Beiträgen direkt beteiligt sind. Zur Zielgruppe
gehören alle, für die die Umsetzung betrieben werden soll. In einem weiteren Schritt sind
die Aufgaben, Ressourcen, Stärken, Schwächen sowie Interessen und Befürchtungen al-
ler Beteiligten aufzuschreiben. Das Transparentmachen der Interessen und Beziehungen
ermöglicht ein abgestimmtes und zielgerichtetes Arbeiten unter Berücksichtigung der
Kompetenzen jedes Einzelnen.
• Auf der Grundlage der Beteiligtenanalyse erfolgt die Problemanalyse. Bei komplexen
Problemfeldern ist eine Aufgliederung in einzelne Problembereiche sinnvoll. Diese sind im
Konsens zu definieren und so zu strukturieren, dass sie überschaubar und effizient zu be-
arbeiten sind.
• In einem nächsten Schritt werden Ziele vereinbart, die zur Problemlösung verfolgt werden
sollen. Dabei sind verbindliche Vorgaben, eine möglichst weitgehende Ausschöpfung des
Gestaltungsspielraumes und die Konsensfähigkeit im Kollegium zu berücksichtigen. Die
Ziele sollten konkret ausformuliert und schriftlich fixiert werden.
• Der Grad der Zielerreichung ist mit Hilfe von Qualitätsindikatoren nachweisbar. Für jedes
Ziel ist mindestens ein Indikator zu entwickeln. Beachtet werden muss dabei, dass
Indikatoren nicht mit Maßnahmen verwechselt werden.
Indikatoren
- dienen der Output-Kontrolle,
- müssen eindeutig messbar sein (transparent und trennscharf),
- haben Prozesscharakter,
- dienen der Sicherung von Prozessschritten,
15 ebenda, S. 7.
86
- sind Evaluationsmittel,
- dienen dem Soll-Ist-Vergleich.16
“Qualitätsindikatoren müssen folgenden Ansprüchen genügen:
1. Sie müssen wesentlich sein, d. h. es muss an ihnen ein wesentliches Merkmal der Er-
reichung des Zieles erkennbar sein. Nebensächliche Aussagen sind auszuschließen.
2. Sie müssen zielgerichtet sein, d. h. unter Berücksichtigung der realistisch einsetzba-
ren Ressourcen muss sich in dem vorgesehenen Zeitraum eine Veränderung ergeben
können.
3. Sie müssen plausibel sein, d. h. die zukünftig festgestellten Veränderungen sollten
möglichst ausschließlich Rückschlüsse auf ein einziges Ziel ermöglichen.
4. Sie müssen unabhängig sein, d. h. allein ausgewiesene Hilfen bei der Umsetzung ei-
ner oder mehrerer Maßnahmen dürfen nicht als Indikator benutzt werden.“ 17
Die Qualitätsindikatoren zeigen den Grad der Zielerreichung an.
Beispiel:
Abb. 1: Beispiel Qualitätsindikatoren
16 Vgl. Wottawa: Lehrbuch Evaluation. Bern 1990. 17 QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation für Schule. Hrsg.: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung.
Soest 2001, S. 12.
Unterricht
Team- arbeit
Schülerinnen und Schüler lösen selbstständig offene und komplexe Auf-gabenstellungen
Schülerinnen und Schüler besitzen Selbstorganisations-fähigkeit
Präsentation, Arbeits-bericht, Beobach-tungsbögen
Problem- feld
Ziel Indikator Quelle der Nachprüfbarkeit
Problembereich
Erweiterung der Handlungs-kompetenz
87
Maßnahmen zur Verfolgung des Zieles Erweiterung der Handlungskompetenz sind:
§ Lerngruppen methodisch vorbereiten,
§ offene und komplexe Aufgaben stellen,
§ vorhandene Ressourcen zur Verfügung stellen,
§ Selbstorganisation und Selbststeuerung ermöglichen.
• Für jeden Indikator sind Quellen der Nachprüfbarkeit zu bestimmen, um feststellen zu
können, ob man nach einem bestimmten Zeitraum das Ziel erreicht hat.
• Für jedes einzelne Ziel werden Maßnahmen zur Umsetzung ausgearbeitet, die eindeutig
auf die jeweiligen Ziele auszurichten sind, und die Ergebnisse der Analysen berücksichti-
gen sollten. Die Verantwortlichkeiten und der konkrete Zeitplan müssen mit allen Akteu-
rinnen und Akteuren verbindlich vereinbart werden. Entsprechend der Organisationsstruk-
tur der Schule ist es sinnvoll, die Führungskräfte mit der Umsetzung in Ihrem Bereich zu
betrauen.
• Im Rahmen von Dienstbesprechungen oder Konferenzen ist zu klären, welcher Perso-
nenkreis für die Auswertung und Bewertung der Quellen der Nachprüfbarkeit verantwort-
lich ist. Bei der Auswertung ist der Grad der Zielerreichung innerhalb einer festzulegenden
Bewertungsskala (Ranking) zu bestimmen und als Diskussionsgrundlage ein Überblick
über erkannte Stärken und Schwächen sowie Entwicklungstendenzen zu geben.
Erste Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, eine Projektgruppe an
der Schule mit der Anwendung der QUIND-Methode zu betrauen. In Nordrhein-Westfalen
wurden zur Unterstützung der Schulen in einer Lehrerfortbildungsmaßnahme Moderatoren
ausgebildet, die die Schulen bei Bedarf – zunächst in einer Pilotphase – prozessbegleitend
unterstützen. Die Ergebnisse sollen gesammelt, wissenschaftlich ausgewertet und dokumen-
tiert werden.
88
Ablaufdiagramm zur QUIND-Methode
Abb. 2: Ablaufdiagramm zur QUIND-Methode
Vorgaben: - Lehrpläne, - Richtlinien, - Rechtsvorgaben, - Schulprogramm, ...
Durchführung der IST-Analyse
Erstellung einer Beteiligten- und Problemanalyse
Bestimmung von Problembereichen
Formulierung von Zielen z. B. in den Bereichen
Unterricht – Organisation - Beteiligte
Benennung von Qualitätsindikatoren für die Ziele
Konsequenzen
Zuordnung der Quellen der Nachprüfbarkeit für die Qualitätsindikatoren
Festlegung und Durchführung von Maßnahmen
Ausführung der Bewertung (Evaluation) z. B.: Grad der Zielerreichung
Ursachen für Stärken und Schwächen
31.
30.
29.
89
4 Handlungsorientierung und Lernfeldkonzept
4.1 Aspekte der Handlungsorientierung im Lernfeldunterricht
Reinhard Bader, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Themenschwerpunkte:
• Ausprägungen von Handlungsorientierung
- Spektrum an Varianten
- Relevanz verschiedener Ausprägungen für die Entwicklung einzelner Dimensionen von
Handlungskompetenz
- Relevanz verschiedener Ausprägungen für die inhaltliche Ausgestaltung von Lernfel-
dern
• Untersuchungen der wissenschaftlichen Begleitung zu Realisierung des didaktisch-
methodischen Konzepts Handlungsorientierung im Unterricht
- Empirische Erhebungen im Rahmen von SELUBA-Sachsen-Anhalt
- Empirische Erhebungen im Rahmen von SELUBA-Nordrhein-Westfalen
Handlungsorientierung in der Berufsbildung
„Berufliche Handlungskompetenz“ ist heute als Leitziel der Berufsbildung weithin akzeptiert.
In der Didaktik korrespondiert dieses Leitziel mit der Konzeption handlungsorientierter Aus-
bildung bzw. handlungsorientierten Unterrichts. Zugrunde liegt die Hypothese, dass Hand-
lungskompetenz durch solche Lehr-Lern-Arrangements besonders gefördert werden kann, in
denen die Lernprozesse sich an Handlungen orientieren. Worin diese Orientierungen an
Handlungen genauer bestehen soll, hierüber gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen,
teilweise auch Begriffsunschärfen, und beides führt in der praktischen Didaktik zu vielfältigen
Missverständnissen, überzogenen Erwartungen an den Praxisbezug der Schule, bisweilen
gar zu unreflektierten Aggressionen gegenüber dem Ziel der Handlungskompetenz über-
haupt. Derlei Unklarheiten und Missverständnisse erschweren professionelle Diskussionen
über angemessene Formen einer Konkretisierung von Handlungsorientierung in Lehr-Lern-
Prozessen. Sie reichen von der Konstruktion der Lernfelder in den KMK-Rahmenlehrplan-
ausschüssen über Verständigungen zwischen Betrieben und Berufsschulen hinsichtlich der
Praxisorientierung des Unterrichts über das Verständnis von Berufsorientierung in studien-
qualifizierenden Bildungsgängen bis hin zu unbefriedigenden Auseinandersetzungen bei der
90
Beurteilung von Lehrproben darüber, was an Handlungsorientierung erwartet und was gebo-
ten wurde.
Als ein Ergebnis von Literaturstudien, insbesondere aber auch zahlreicher Gespräche mit
Fachleuten aus Schule, Betrieb, Bildungsplanung, Curriculumentwicklung erkenne ich eine
ganze Reihe unterschiedlicher Ausprägungen im Verständnis von Handlungsorientierung,
und diese Ausprägungen differenzieren sich in konkreten didaktischen Planungen mehr oder
weniger variantenreich aus. Im Folgenden stelle ich elf Ausprägungen von Handlungsorien-
tierung vor in der Hoffnung, durch begriffliche Klärung und Differenzierung ein wenig zu einer
professionellen Verständigung in einem der wichtigsten Felder des Bildungswesens beitra-
gen zu können.
1. Handlungsorientierung der betrieblichen Ausbildung an „vollständigen Handlungen“, die
selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren bzw. Bewerten beruflicher Art
einschließen.
Hinsichtlich dieser noch recht allgemeinen Orientierung besteht sowohl in der ausbil-
denden Wirtschaft als auch in der Berufsschule weitgehend Konsens, doch fehlen in der
Ausbildungspraxis vielerorts noch Entsprechungen durch geeignete Formen der Ausbil-
dungs- und Arbeitsorganisation, die vollständige Handlungen tatsächlich auch zulassen.
2. Handlungsorientierung des Schulunterrichts im Sinne des Lernens an Sachverhalten
und Problemen, die eine Entsprechung im Erfahrungsraum der Lernenden haben oder
absehbar erhalten werden.
Nach diesem Verständnis wird Handlungsorientierung insbesondere auch für die allge-
meinbildenden Schulen eingefordert und dient der Begründung von Lerninhalten etwa im
Sinne von Klafkis didaktischer Analyse (Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung der Inhal-
te).
3. Handlungsorientierung als psychologisch begründete Strukturierung aller Lernprozesse
– meist auf der Basis von kognitionspsychologischen Theorien, von Handlungsregulati-
onstheorien oder von pragmatischen Verbindungen beider Theoriestränge.
Hiernach erfolgt Lernen grundsätzlich an Handlungen orientiert, wobei der Begriff Hand-
lung auch gedankliche Konstruktionen umfasst und Handlungsorientierung des Lernens
sich auch auf das gedankliche Nachvollziehen von Handlungen anderer beschränken
kann. (Beispiel: Lernen aus einem Lehrbuch, das politische Kontroversen um die Ent-
stehung eines Gesetzes, Experimente in den Naturwissenschaften, wirtschaftsgeogra-
phische Zusammenhänge, Veränderungen von Gesellschaftsstrukturen oder historische
Entwicklungen anschaulich und nachvollziehbar darstellt.
91
Bei der Planung von Lernprozessen muss Handlungsorientierung in diesem psychologi-
schen Verständnis unbedingt berücksichtigt werden, weil Lernen sonst erschwert, wenn
nicht gar verhindert wird. Sie ist eine Art Artikulationsschema.
4. Handlungsorientierung als Gestaltung von Lernprozessen, in denen die Lernenden mög-
lichst durch selbstständiges Handeln lernen, mindestens jedoch durch aktives Tun, je-
denfalls nicht allein durch gedankliches Nachvollziehen von Handlungen anderer.
Handlungsorientierung in diesem Verständnis ist nicht nur in der Praxis der betrieblichen
Ausbildung, sondern auch im Unterricht der Schule anzustreben und so weit wie möglich
auszusehnen, weil hierdurch Anschaulichkeit, differenziertere Problemsicht, Motivation,
intensivere Verknüpfung neuer Einsichten mit vorangegangenen Erfahrungen, längeran-
haltendes Behalten des Gelernten gefördert werden. (Beispiel: Lernen im Lernbüro, an
Fallstudien, in Rollenspielen, an praktisch durchgeführten Experimenten oder am Pro-
jekt)
Diese Handlungsorientierung als eine Art Unterrichtsprinzip in der Praxis zu realisieren,
dies wird je nach Lerninhalten, Medienausstattung und organisatorischen Rahmenbe-
dingungen sowie auch je nach Lehrerkompetenz mehr oder weniger schwierig sein. In
vielen Schulen zeigen sich bereits ermutigende Ergebnisse. Besonders erfreulich ist die
immer wieder geäußerte persönliche Zufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer, die die-
se Unterrichtsgestaltung praktizieren.
5. Handlungsorientierung als Wiederholen von Handlungsabläufen mit dem Ziel einer
Automatisierung von Handlungsschemata.
Handlungsschemata, die durch verstehendes Handeln erlernt worden sind, können bei
Bedarf abgerufen werden. Erfolgen solche Abrufe wiederholt, z. B. durch Üben, so wer-
den die Handlungsschemata allmählich automatisiert, d. h. sie können auch ohne geziel-
tes Nachdenken reproduziert werden (z. B. beim Fahren eines Pkw). Automatisierte
Handlungsschemata erhöhen die „Ökonomie des Handelns“ und somit die Leistungsfä-
higkeit, allerdings können sie auch zu Fehlerquellen werden, wenn unbedacht automa-
tisch gehandelt wird (z. B. kann der „eingestellte Autopilot“ zu einem häufig angefahre-
nen Ziel führen, obwohl in einer konkreten Situation ein seltener angefahrenes oder
neues vorgesehen war).
In der Berufsbildung ist ständig darüber zu entscheiden, welches Maß und welcher
Grad an Übung erforderlich sind. Im Dualen System wird die Arbeit des Übens vor allem
dem Lernort Betrieb zugewiesen, doch muss die Berufsschule ihrerseits abwägen, wel-
92
che Übungen sie im Rahmen ihres Bildungsauftrages wahrzunehmen hat und welche
sie im Interesse der Lernenden kompensatorisch oder ergänzend übernehmen will.
6. Handlungsorientierung als Lernen an konkreten Handlungen, deren Ergebnis nicht auf-
grund gesicherter Erkenntnisse (z. B. der Naturwissenschaften) feststeht, sondern offen
ist.
Dies trifft für alle Situationen zu, in denen Menschen mehr oder weniger weite Hand-
lungsspielräume haben, die sie auf ihre Weise nutzen bzw. ausgestalten können. Hand-
lungen sind dann Voraussetzungen für den Zugewinn an Erkenntnissen, die sich sowohl
aus zweckrationalem als auch aus kommunikativem Handeln bzw. einer Synthese bei-
der Handlungstypen ergeben können. Auf den jeweiligen Handlungsplan gewendet: Die
Leistungsfähigkeit des Handlungsplans lässt sich erst durch tatsächliches Ausführen der
geplanten Handlung beurteilen. (Beispiele: Prüfung der Effizienz eines Bearbeitungsab-
laufs zur Regulierung von Versicherungsfällen; Beurteilung der Richtigkeit eines Schalt-
plans durch Aufbau und Überprüfung der Schaltung; Erprobung einer Lösungsstrategie
bei der Fehlersuche durch Aufspüren und Beseitigen einer Störung; Beurteilung einer
Argumentation durch deren Erprobung in einer Gruppendiskussion)
Im Falle von Aufgabenstellungen bzw. Problemen, die prinzipiell offene Lösungen zulas-
sen, kann das Lernpotential nur durch eine Handlungsorientierung in diesem Verständ-
nis voll ausgeschöpft werden; bei der Beschränkung auf eine nur gedankliche, allgemei-
ne Handlungsstrukturierung (im Verständnis nach Punkt 3), d. h. ohne eigenes konkre-
tes Handeln, sind allenfalls Teileinsichten zu erwarten. Handlungsorientierung nach die-
sem Verständnis ist eine Erkenntnismethode.
7. Handlungsorientierung als Planung und Gestaltung von Lernprozessen mit dem Ziel der
Fähigkeit, aus gewonnenen Erkenntnissen (im weitesten Sinne) gesellschaftliche Kon-
sequenzen zu ziehen, d. h. der Einsicht die Tat folgen zu lassen, um vorgefundene Situ-
ationen in Richtung auf als erstrebenswert erkannte Ziele mit den geplanten Methoden
zu verändern.
Dieses Verständnis von Handlungsorientierung dürfte in manchen Kreisen Argwohn her-
vorrufen. Aus einer verengten Sicht von Bildung könnte die Gefahr einer „Politisierung“
der Bildungseinrichtungen gesehen werden. (Beispiele: Beseitigen von Gefahrenquellen
an Arbeitsplätzen; Verweisen auf Umweltschäden; Ändern von Ausbildungsplänen oder
Schulordnungen; Hinweis der Öffentlichkeit auf gesellschaftliche Ungerechtigkeiten
durch Schülerzeitungen; Pressemittelungen; Flugblätter; Demonstrationen).
93
Der in den Landesverfassungen begründete Bildungsauftrag der Schulen verpflichtet
diese, den Prozess zur Entwicklung von Mündigkeit, zur Persönlichkeitsentfaltung in so-
zialer Verantwortung, bestmöglich zu fördern. Deshalb ist in der Didaktik der Schulen
auch diese Dimension von Handlungsorientierung unverzichtbar. Dies bedeutet nicht die
Aufforderung der Schülerinnen und Schüler zu politischem Aktionismus, wohl aber das
stetige Bestreben, zum Durchschauen und Verstehen von Sachverhalten und Zusam-
menhängen anzuleiten, Urteilsbildung und Wertentwicklung zu fördern sowie das ver-
antwortungsbewusste Nachdenken über Handlungsalternativen und -möglichkeiten zu
unterstützen.
8. Handlungsorientierung als Leitlinie der Curriculumentwicklung
Die Auswahl und Strukturierung von Unterrichtsinhalten erfolgt nicht primär durch Orien-
tierung an Unterrichtsfächern, sondern durch Orientierung an Handlungsfeldern. (Bei-
spiel: Handlungsfeld „Reisen“, und hieraus werden Unterrichtsinhalte aus Geographie,
Deutsch, Englisch, Wirtschaftslehre und ggf. weiteren Flächen gewonnen, ohne primär
die Fachsystematiken der genannten Fächer abzubilden; Beispiel: Handlungsfelder für
Tischler „Herstellen von Möbeln“, hieraus werden Lerninhalte der Fächer Werkstofftech-
nik, Maschinentechnik, Fertigungstechnik und ggf. weiterer begründet, ohne primär die
Systematik der genannten Fächer abzubilden.)
Die inhaltliche Strukturierung der KMK-Rahmenlehrpläne für die Berufsschule nach
Lernfeldern und deren Untersetzung nach Lernsituationen in didaktischen Jahrespla-
nungen bzw. einrichtungsspezifischen Curricula der Schulen folgt diesem Konzept.
9. Handlungsorientierung als Entwicklung und Vermittlung impliziten Wissens
Erfahrungen und systematische Beobachtungen von Arbeitshandlungen zeigen, dass
Menschen beim Lösen auftretender Probleme (z. B. bei der Fehlersuche und beim Be-
heben von Fehlern; beim Führen von Verhandlungen; beim Leiten von Gruppen) Wissen
einsetzen, das als Wissensstand nicht explizit verfügbar ist, sondern – von den Han-
delnden selbst unbewusst – erworben und weiter entwickelt worden ist und das implizit
verfügbar gehalten wird. Soll dieses „implizite“ Wissen nutzbar gehalten und auch wei-
terhin angereichert werden, so müssen Arbeitssituationen erhalten bzw. geschaffen
werden, die diesen permanenten Prozess unterstützen. Dies ist schwierig, denn die
Gestaltung von Geschäfts- und Arbeitsprozessen ist tendenziell darauf gerichtet, diese
Prozesse zu durchschauen und zu planen. Noch schwieriger indessen ist es, implizites
Wissen als solches zu erkennen, zu strukturieren und gar zu vermitteln. Eine ansatzwei-
se Lösung dieses Vermittlungsproblems liegt vermutlich in der Pflege bewährter päda-
94
gogischer Konzepte zur Förderung von Kreativität und Kommunikation sowie der Akzep-
tanz auch spontaner, unstrukturierter Arbeitssituationen bis hin zu deren Provozierung.
10. Handlungsorientierung als Merkmal unternehmerischer Selbstständigkeit
In unternehmerischer Selbstständigkeit kommt Handlungsorientierung mit hoher Kom-
plexität, großem Engagement und Kreativität sowie insbesondere auch mit individueller
Selbstständigkeit und Verantwortung zum Tragen. „Denken und Handeln aus der Per-
spektive unternehmerischer Selbstständigkeit“ steigert vermutlich auch die Handlungs-
kompetenz für abhängige Beschäftigung.
11. Handlungsorientierung als vorbereitende Kompetenzentwicklung zur Bewältigung nicht
voraussagbarer beruflicher, gesellschaftlicher und individueller Anforderungen
Während das Zusammenwirken von Beschäftigungs- und Berufsbildungssystem traditio-
nell überwiegend so gesehen wurde, dass das Bildungssystem auf das Beschäftigungs-
system reagiert, d. h. dem Beschäftigungssystem „die passenden Arbeitskräfte zuliefert“,
scheint dieser funktionale Zusammenhang dem globalen Innovationsdruck nicht länger
standzuhalten. Deshalb wird das Berufsbildungssystem der Zukunft voraus schauend,
Innovationen vorbereitend bis hin zu voraus ahnend zu konzipieren sein. Dies gilt für die
verschiedenen Branchen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Vorstellungen dazu,
wie dieser Paradigmenwechsel inhaltlich ausgestaltet und wie er im System von Be-
schäftigung und Berufsbildung implementiert werden könnte, sind bisher erst vage zu
erkennen.
Hinsichtlich der Ausprägungen 1 und 2 besteht in der Didaktik weitgehend Konsens. Die Be-
rufsschule ist aufgrund ihres Bildungsauftrags gehalten, in ihrer Didaktik auch die Ausprä-
gungen 3 und 7 zu integrieren. Ausprägung 8 liegt dem Lernfeld-Konzept zugrunde, nach
dem die neuen Rahmenlehrpläne der KMK für die Berufsschule strukturiert werden.
Ausprägung 9 verweist auf eine alte Einsicht in den Wert von Erfahrung, die durch systema-
tische, analytische Aufklärung nur sehr bedingt ersetzbar ist, sowie auf offene Rahmenbe-
dingungen für Lehren und Lernen. Ausprägung 10 bezieht sich auf eine besonders weit ge-
hende Form von Selbstständigkeit des beruflichen Handelns und Ausprägung 11 nimmt Dis-
positionen für kompetentes Handeln in noch unbekannten Situationen in den Blick. Beide
Verständnisdimensionen werden zunehmend zur Orientierung bereits auch für die Be-
rufsausbildung gesehen.
95
4.2 Ausgewählte Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zum
handlungsorientierten Unterricht
Birgit Dimanski, Berufsbildende Schulen VI Magdeburg
SELUBA Sachsen-Anhalt untersuchte mit einem Team von Lehrerinnen und Lehrern aus
den Modellversuchsschulen der Berufsfelder Baugewerbe sowie Ernährung und Hauswirt-
schaft den Umsetzungsprozess des Lernfeldkonzepts, der die Ebenen der didaktisch-
methodischen Planung umfasst. Einen Schwerpunkt bildete die Evaluation von handlungs-
orientiertem Unterricht in beiden Berufen.
Die neuen Rahmenlehrpläne sehen im handlungsorientierten Unterricht nicht nur eine prag-
matische Antwort auf gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen, sondern eine Konzepti-
on, die den Pädagogen Raum und Möglichkeiten bietet, mittels schuleigener Curricula eine
berufsspezifische und praxisnahe Lehr- und Lernkultur zu entwickeln und den Auszubilden-
den eine neue Qualität von Kompetenzen zu vermitteln. Das jeweils zu erarbeitende Wissen
wird unter Nutzung verschiedener Quellen und Unterrichtsmethoden mit Elementen aktiver
Kommunikation und Kooperation erarbeitet und degeneriert schließlich nicht zu „totem Wis-
sen“, sondern ist Ausgangspunkt für eine permanente Wissenserweiterung – den Prozess
des lebenslangen Lernens. Durch die Integration der Evaluation in die Laufzeit des Modell-
versuches, ist es möglich, erste Ergebnisse nun direkt als Impulse in den Schulalltag einflie-
ßen zu lassen.
Methodisches Vorgehen und inhaltliche Schwerpunkte
Die Evaluation zum handlungsorientierten Unterricht wurde im Rahmen der wissenschaftli-
chen Begleitung durchgeführt und gemeinsam mit allen am Modellversuch Beteiligten vorbe-
reitet. Auf einem Workshop wurden inhaltliche und organisatorische Fragen der Durchfüh-
rung thematisiert. Mittels eines Pre-Tests wurden die Verständlichkeit des Fragebogens ge-
prüft und Hinweise der Lehrenden berücksichtigt. Im Juni 2001 erfolgte auf der Grundlage
dieses Fragebogens eine Befragung an allen Modellversuchsberufsschulen in Sachsen-
Anhalt. Insgesamt wurden 483 Auszubildende der genannten Berufsfelder befragt. Einbezo-
gen waren alle Modellversuchslehrkräfte, einschließlich die Fachbetreuerinnen und Fachbe-
treuer in unterschiedlichen Standorten.
96
Im Zentrum der Untersuchung standen die Fragen:
- Inwieweit wird handlungsorientierter Unterricht durchgeführt?
- In welchen Formen wollen und können Schülerinnen und Schüler das Unterrichtsge-
schehen aktiv beeinflussen?
Die Auswertung erfolgt in Form einer deskriptiven (beschreibenden) Evaluation. Gemessen
wurde in nichtmetrischen Skalen mit nominalen Werten (qualitative Klassifizierung, wie Ge-
schlecht und Geburtsort) und in fünf ordinalen Skalen (Rangordnungen mit Rangwerten) von
„trifft gar nicht zu“ bis „trifft voll zu“. Für die grafische Gesamtübersicht wurden häufig Linien-
diagramme verwendet, die nach Berufsfeldern mit unterschiedlichen Farben bzw. Symbolen
gekennzeichnet wurden.
97
Abb. 1: Evaluation von handlungsorientiertem Unterricht
Soziale Faktoren
Ø Geschlecht Ø Alter Ø Schulabschluss
Unterrichtsgestaltung
Ø schulische und außerschulische Aktivitäten
Ø Teamarbeit Ø Medieneinsatz
Entwicklungsstand handlungsorientierten
Unterrichts
Berufsfeld
Ø Bautechnik Ø Ernährung und
Hauswirtschaft
Schuljahr
Ø Grundstufe Ø 1. Fachstufe Ø 2. Fachstufe Entwicklung und Ausprägung von
Handlungskompetenz von Schülerinnen und Schülern
Ø Fachkompetenz Ø Humankompetenz und Ø Sozialkompetenz Ø integrativ Lern- und Methodenkompetenz sowie
kommunikative Kompetenz
Berufsidentifikation
Ø Motivation Ø subjektive Zufriedenheit mit
o Lehrkräften o Schule als Institution o Verhältnis Unterricht/Praxis Mitgestaltung des Unterrichts
Ø Aktivitäten und Initiativen Ø Kommunikation und Teamarbeit Ø selbstständiger Wissenserwerb
Lernortkooperation
vom Lehrenden nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen
vom Lehrenden beeinflussbare Rahmenbedingungen
Ziel
98
Aus der grafischen Übersicht geht hervor, dass eine Vielzahl von beeinflussbaren bzw. durch
die Lehrkraft nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen bei der Evaluation des handlungs-
orientierten Unterrichts berücksichtigt werden müssen.
Zu den Rahmenbedingungen, die durch die Lehrkraft nicht zu beeinflussen sind gehören:
1. Soziodemografische Faktoren:
• Geschlecht nach männlich/weiblich
Im Berufsfeld Baugewerbe wurden 97,7% männliche Probanden und im Berufsfeld
Gastgewerbe 20,4% männliche Probanden erfasst.
• Alter
Interessant war die Frage: Gibt es altersbedingte Unterschiede zu bestimmten Einstel-
lungs- und Verhaltensmustern? Wenn ja - wie werden diese deutlich und was bewirken
sie?
• Schulabschluss
- Realschulabschluss – in beiden Berufsfeldern über 50% der Probanden
- Erweiterter Realschulabschluss – Gastgewerbe 20,9% der Probanden;
Baugewerbe 5,8% der Probanden
- Hauptschulabschluss – Gastgewerbe 17,2% der Probanden;
Baugewerbe 35,9% der Probanden
- Gymnasialer Schulabschluss – Gastgewerbe 6,5% der Probanden (rekrutiert haupt-
sächlich aus dem Beruf Hotelfachmann); Baugewerbe 3,9% der Probanden
- Keinen Schulabschluss – Gastgewerbe 1,6% der Probanden;
Baugewerbe 3,9% der Probanden
2. Berufsfeld
• Hier ist es interessant, die Frage zu verfolgen, ob die Schüler in Abhängigkeit von ih-
rem Berufsfeld unterschiedlich antworten?
3. Schuljahr
• nach Grundstufe, 1. Fachstufe, 2. Fachstufe
99
Rahmenbedingungen, die durch den Lehrer beeinflussbar sind, ergeben ein ebenso breites
wie interessantes Spektrum von Fragen an die Schülerinnen und Schüler.
Schwerpunkte wurden erfasst zur:
1. Berufsidentifikation
• Motivation
• subjektive Zufriedenheit mit:
- Lehrkräften
- Schule als Institution
- Verhältnis von Unterricht und Praxis
2. Lernortkooperation
• Verhältnis/Ansichten/Zusammenspiel von Theorie und Praxis
3. Unterrichtsgestaltung (Schwerpunkt der Evaluation)
• schulische und außerschulische Aktivitäten
• Teamarbeit
• Medieneinsatz
Hauptaugenmerk lag auf Items, die das unmittelbare Tun im Unterricht reflektieren, denn das
Ziel des handlungsorientierten Unterrichts besteht in der Entwicklung und Ausprägung von
Handlungskompetenzen von Schülerinnen und Schülern in den Dimensionen von Fach-,
Human- und Sozialkompetenz sowie den integrativen Bestandteilen Lern-, Methoden- und
kommunikativen Kompetenzen.
100
Zum Fragenkomplex: Unterricht in der Berufsschule
Haben Sie die Möglichkeit, auf das Unterrichtsgeschehen Einfluss zu nehmen?
Bau Gast Bau Gast
einzelne Lehrer sind Alleinunterhalter 3,27 3,42 arbeite selbstverständlich im Unterricht mit 3,54 3,33
Lehrer soll etwas erklären, bekommt schließlich Geld dafür 3,95 3,7 würde mehr im Unterricht mitarbeiten, wenn ich dazu aufgefordert würde 2,52 2,56
was der Lehrer macht ist schon gut 3,35 3,12 Unterricht ist so angelegt, dass Schüler keine Initiative entfalten kann 2,7 2,63
muss im Betrieb viel leisten, ruhe mich in Schule lieber aus 2,49 2,41 kann mir vorstellen, interessante Vorschläge zu unterbreiten 2,72 2,79
will gar keinen Einfluss auf Unterricht ausüben 2,65 2,52 sehe keine Möglichkeit, auf Unterrichtsgeschehen einzuwirken 2,73 2,55
Abb. 2: Diagramm - Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen
1
2
3
4
5
einzelne Lehrer sind
Alleinunterhalter
Lehrer soll etwas erklären,
bekommt schließlich Geld
dafür
was der Lehrer macht ist
schom gut
muß im Betrieb viel
leisten, ruhe mich in
Schule lieber aus
will gar keinen Einfluss auf
Unterricht ausüben
arbeite selbstverständlich
im Unterricht mit
würde mehr im Unterricht
mitarbeiten, wenn ich dazu
aufgefordert würde
Unterricht so angelegt,
dass Schüler keine
Initiative entfalten kann
kann mir vorstellen,
interessante Vorschläge
zu unterbreiten
sehe keine Möglichkeit,
auf Unterrichtsgeschehen
einzuwirken
Me
dia
n
Baugewerbe Gastgewerbe
101
Aus der Untersuchung zum Fragenkomplex geht hervor, dass die Schülerinnen und Schüler
überwiegend mit „trifft teilweise zu“ (Median-Wert 3) bewerten. Nur einmal tendiert die Wer-
tung in Richtung „trifft eher zu“. Unterschiede in der Bewertung von Auszubildenden aus dem
Baugewerbe oder dem Gastgewerbe sind hier eher geringfügig.
Die Schülerinnen und Schüler erkennen zwar durchaus ihre Möglichkeiten und Chancen, auf
das Unterrichtsgeschehen einzuwirken. Allerdings betrifft dies nur etwa die Hälfte der Befrag-
ten. Sie stimmen zu, dass die Lehrkräfte ihnen Möglichkeiten zur Entfaltung von Initiativen im
Unterricht einräumen.
Konkret nach ihrer Mitarbeit im Unterricht befragt, antworten ca. 50% der Probanden, dass
sie ohne Aufforderung durch den Lehrer/die Lehrerin nicht aktiv in das Unterrichtsgeschehen
eingreifen. Über 30% sagen aus, dass sie nur teilweise bereit sind, ihre Passivität auf-
zugeben. 20% der Schülerinnen und Schüler des Gastgewerbes werten positiver und wür-
den sich nach Aufforderung zur Mitarbeit motivieren lassen. Selbst das Item „Ich kann mir
vorstellen, interessante Vorschläge für die Unterrichtsarbeit zu unterbreiten“ wird negativ
bewertet. Das Bild der inaktiven Rolle der Auszubildenden wird erhärtet durch die höchste
Bewertung innerhalb dieses Fragenkomplexes. Weit über der Hälfte der Befragten sagt aus
„Der Lehrer soll mir etwas erklären, schließlich bekommt er dafür Geld“. Die zweit höchste
Ausdifferenzierung erfährt das Item „Einzelne Lehrer sind Alleinunterhalter“.
Interessant ist, dass bei einem Vergleich der Messergebnisse zum Median 3 sich gleich gro-
ße Abstände errechnen. Die Vertreter der Berufsgruppen erreichen bei den Items „Alleinun-
terhalter“ und „Möglichkeit der Einflussnahme auf das Unterrichtsgeschehen“ eine Überein-
stimmung von 100%.
Im Berufsfeld Baugewerbe wird der Lehrer/die Lehrerin von den Auszubildenden im Ver-
gleich zum Gastgewerbe weniger als „Alleinunterhalter“ eingestuft. Dem entsprechend ver-
lassen sich die Schülerinnen und Schüler aus dem Baugewerbe eher auf die Qualitäten bzw.
die Kompetenzen der Lehrkraft, was in der etwas positiveren Wertung der Aussage „was der
Lehrer macht, ist schon gut“ seine Reflexion findet. Bei dem Item „Ich muss im Betrieb viel
leisten, ich ruhe mich in der Schule lieber aus“ wird von beiden Gruppen mit fast deckungs-
gleichen Werten belegt und zeigt, dass die Auszubildenden sich in der Schule nicht ausru-
hen wollen.
Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Auszubildenden zwar die Möglichkeiten er-
kennen auf das Unterrichtsgeschehen Einfluss zu nehmen, allerdings ihre persönlichen Akti-
vitäten hierauf nicht ausgerichtet sind. Allein aus diesem Umstand lassen sich unerschlosse-
102
ne Potenzen bei der Vervollkommnung des handlungsorientierten Unterrichts ableiten und
damit Reserven beim Erwerb von Kompetenzen erschließen. Da die Einflussnahme von
Schülerinnen und Schülern auf das Unterrichtsgeschehen weitgehend von der Lehrkraft sti-
muliert und gelenkt werden kann, ergeben sich weiterhin Ansätze für die Qualifikation der
Lehrenden. Die methodisch-didaktischen Ansprüche handlungsorientierter Unterrichtsse-
quenzen verlangen geradezu neue Konzepte für Lehrerweiter- und -fortbildungen, wenn eine
gezielte Förderung und Forderung von Schüleraktivitäten greifen soll.
103
Schätzen Sie Ihre Teilnahmeaktivität am Unterricht ein.
Abb. 3: Diagramm - Teilnahmeaktivitäten am Unterricht
1
2
3
4
5
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Baugewerbe Gastgewerbe
104
Auswertung Diagramm – Teilnahmeaktivitäten am Unterricht
Schätzen Sie Ihre Teilnahmeaktivitäten am Unterricht ein. Baugewerbe Gastgewerbe halten Schüler Vorträge vor der Klasse 1,71 2,42 diskutieren wir oft 3,33 3,60 erläutern Schüler an der Tafel 2,57 2,48 lesen Schüler aus dem Buch vor 2,37 2,38 erarbeiten Schüler selbständig Antworten aus dem Buch 3,62 3,58 sind Diskussionen sachlich fair 3,25 3,30 gelingt es mir, Mitschülern meine Ansichten verständlich zu machen
2,92 2,95
stelle ich oft Fragen 2,66 2,60 arbeite ich gern gemeinsam an einer Aufgabenstellung 3,50 3,65 habe Gelegenheit, Leistungen der Mitschüler frei zu bewer-ten
2,15 2,44
stellen wir Arbeitsergebnisse in der Gruppe vor 2,49 2,66 üben aus Sachtexten eigene Gedanken zu formulieren 2,59 2,46 arbeiten mit dem Projektor 3,54 3,64 führen Experimente oder Versuche durch 2,21 1,71 gestalten im Rollenspiel Situationen aus der Praxis nach 1,39 1,69 organisieren Interviews 1,27 1,24 lösen wir Arbeitsblätter 4,25 4,00 haben wir Gelegenheit, Praxiswissen einzubringen 3,61 3,54
Bei der Einschätzung der Teilnahmeaktivitäten im Unterricht weist die vorliegende Untersu-
chung sehr differenzierte Bewertungen aus. Die Werte reichen von fast 1 bis kurz oberhalb
von 4. Wie zu anderen Items auch, werten die Schülerinnen und Schüler beider Berufsgrup-
pen sehr ähnlich, teilweise sogar deckungsgleich. Von insgesamt 18 Items in diesem Frage-
komplex liegen nur 7 Antworten im „positiven“ Bereich, d. h. oberhalb des Median von 3 –
dagegen tendieren 11 Antworten zu „trifft gar nicht/eher nicht zu“.
Die Fragen sind auf die Erfassung oft praktizierter methodisch-didaktischer Formen im hand-
lungsorientierten Unterricht ausgerichtet, um Hinweise und Rückschlüsse für die Umsetzung
des Lernfeldunterrichts zu erhalten. Zum einen wird der Bereich der Lern- und Methoden-
kompetenz erfasst, zum anderen verstärkt der Bereich der Human- und Sozialkompetenz
betrachtet und zwar im Konsens mit der erworbenen Fähigkeit zur Kommunikation.
Selbstständiges Arbeiten mit dem Buch, sachliche und faire Diskussionen, gemeinsames
Arbeiten an einer Aufgabenstellung spielen im Unterricht häufig eine Rolle. Darüber hinaus
wird oft mit Arbeitsblättern gearbeitet und der Projektor eingesetzt.
Im 18. Item werten die Schülerinnen und Schüler, dass sie im Theorieunterricht Gelegenheit
haben, ihre Erfahrungen aus der Praxis einzubringen. Die Kooperation von Schule und Aus-
105
bildungsbetrieb sollte weiter gefestigt und ausgebaut werden. Hier ergeben sich Ansatzpunk-
te und Möglichkeiten, die Auszubildenden zur aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung im Unter-
richtsgeschehen zu ermuntern und aus ihrer Defensivhaltung in die Unterrichtsaktivität zu
locken.
Bei den 11 Antworten im Bereich der Skalierung „trifft gar nicht/trifft eher nicht zu“ werden die
extremsten Wertungen bei den Items „Experiment/Versuch, Rollenspiel, Interviews“ bzw. im
Berufsfeld Baugewerbe zum „Halten von Vorträgen vor der Klasse“ vorgenommen. Die ange-
fügten Balkendiagramme verdeutlichen die erheblichen Differenzen.
Abb. 4: Rollenspiele-Situationen aus der Praxis Abb. 5: Gestaltung von Interviews
Auffällig ist, dass herkömmliche Unterrichtsmethoden nur wenig praktiziert werden, z. B. „An
der Tafel erläutern“, „Aus dem Buch vorlesen“, „Wir stellen oft Fragen“, „Aus Sachtexten ei-
gene Gedanken herausziehen und formulieren“.
Damit widerspiegeln die Antworten auch die Ergebnisse der PISA-Studie für Sachsen-
Anhalt. Ansatzpunkte für weiteres pädagogisches Wirken werden deutlich, die Handlungs-
kompetenzen der Lehrenden sind auszubauen und die Vielfalt der Schüleraktivitäten gezielt
zu nutzen und in den Unterricht einzubeziehen.
Im Unterricht gestalten wir im Rollenspiel Situationen aus der Praxis nach.
0
10
20
30
40
50
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100
trifft gar nicht/ eher nicht
zu
trifft teilweise zu trifft eher/voll zu
Pro
zent
Baugewerbe Gastgewerbe
Im Unterricht organisieren wir Interviews.
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30
40
50
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80
90
100
trifft gar nicht/ eher nichtzu
trifft teilweise zu trifft eher/voll zu
Pro
zent
Baugewerbe Gastgewerbe
106
Sie erhalten in der Schule die Aufgabe, ein unbekanntes Fachthema selbstständig zu erarbeiten. Welche Quellen nutzen Sie?
Bau Gast Bau Gast
frage ich im Betrieb nach 2,94 3,99 frage ich meinen Lehrer 3,58 3,41
suche ich im Internet 2,48 2,65 frage ich Eltern oder Bekannte 3,42 3,47
nutze ich Fachliteratur 2,91 3,53 suche ich in meinem Hefter 3,71 3,83
recherchiere ich in der Bibliothek 1,67 2,08 suche ich nach Lösungsansätzen in anderen Fächern/LF 3,45 3,62
Abb. 6: Diagramm - Nutzen von Quellen zur Materialbeschaffung
1
2
3
4
5
frage ich im Betriebnach
suche ich im Internet nutze ich Fachliteratur recherchiere ich in derBibliothek
frage ich meinenLehrer
frage ich Eltern oderBekannte
suche ich in meinemHefter
suche ich nachLösungsansätzen inanderen Fächern/LF
Med
ian
Baugewerbe Gastgewerbe
107
Die Messwerte gruppieren sich von „trifft eher nicht zu“ bis „trifft eher zu“. Deutlicher als in
anderen Liniendiagrammen sind stärkere Ausdifferenzierungen in der Beantwortung der I-
tems zwischen den Berufsgruppen Baugewerbe und Gastgewerbe festzustellen. „Ich frage
im Betrieb nach“ und „Ich nutze Fachliteratur“ werden mit einer Differenz bis zu einem ska-
lierten Wert von 1 bewertet. Die Auszubildenden im Gastgewerbe geben an, wesentlich öfter
ihre Recherchen im Betrieb anzustellen und Fachliteratur zu nutzen. Ursachenforschung
wurde nicht betrieben, so dass an dieser Stelle weder spekuliert noch eine Antwort gegeben
werden kann.
Abb. 7: Nutzen von Fachliteratur Abb. 8: Recherchen im Betrieb
In der Wertung rangieren Internet und Bibliothek als Wissensquellen auf unteren Skalenni-
veaus. Die „Bibliothek“ ist auf dem niedrigsten Level im gesamten Liniendiagramm gemes-
sen worden. Die Vermutung, das neue Medium Internet würde von den Schülerinnen und
Schülern besser platziert, ist zwar eingetroffen, bleibt aber im Gesamtbild hinter anderen
Kriterien zurück. Beide Gruppen werten hier homogen. Allerdings dürfte sich diese Bewer-
tung relativ kurzfristig in Abhängigkeit der zunehmenden Verfügbarkeit des Internets zum
Positiven verändern. Interessant ist das Heranziehen der Werte zum Komplex Medien im
Unterricht. Die Auswertung ergab, dass zum Ende des Schuljahres 2000/2001 77,5% der
Befragten in ihrer Schule ein Computerkabinett haben, aber nur wenig damit arbeiten. Dage-
gen besitzt ein hoher Anteil von Auszubildenden privat einen Rechner (allerdings offensicht-
lich ohne Internetanschluss). Das kann als Grund dafür angesehen werden, dass weder in
der Schule noch privat der Rechner zu beruflichen Recherchen herangezogen wird. Gleich-
zeitig ist anzumerken, dass sich viele Probanden bei der Beantwortung dieses Fragenkom-
plexes offenbar verunsichert fühlten und keine Angaben machten.
Relativ homogen und positiv werden die Aussagen zu den Items „Ich frage meinen Lehrer“,
„Ich frage meine Eltern oder Bekannte“, „ Ich suche in meinem Hefter“ und „Ich suche nach
Lösungsansätzen in anderen Fächern“ gewertet. Der direkte und schnelle Weg der „unkom-
plizierten“ Beschaffung von Informationen wird eindeutig bevorzugt.
Ich nutze Fachliteratur
0
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trifft gar nicht/ eher nicht
zu
trifft teilweise zu trifft eher/voll zu
Pro
zent
Baugewerbe Gastgewerbe
Ich frage im Betrieb nach
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trifft gar nicht/ eher nichtzu
trifft teilweise zu trifft eher/voll zu
Pro
zent
Baugewerbe Gastgewerbe
108
Die Ergebnisse Ihres selbsterarbeiteten Fachthemas stehen zur Präsentation vor der Klasse an.
Bau Gast
warte ab was die anderen vortragen und entscheide dann, ob ich mich melde 3,06 3,03
werde mich unaufgefordert nicht melden 2,82 2,95
versuche mich als erster zu melden, um bessere Chancen bei Bewertung zu nutzen 2,30 2,06
Abb. 9: Diagramm - Präsentation von Arbeitsergebnissen vor der Klasse
1
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5
warte ab was die anderen vortragen und entscheidedann, ob ich mich melde
werde mich unaufgefordert nicht melden versuche mich als erster zu melden, um bessereChancen bei Bewertung zu nutzen
Me
dia
n
Baugewerbe Gastgewerbe
109
Das Liniendiagramm weist nur Werte im Bereich von 3 bis 2 aus.
Die Schülerinnen und Schüler beider Berufsgruppen werten homogen, nur im letzten Item
differenzieren sich die Antworten minimal. In der Beantwortung des Items „Ich warte ab, was
die anderen vortragen und entscheide dann, ob ich mich melde“ wird eindeutig gleich gewer-
tet. Fast ebenso eindeutig fällt das Item „Ich werde mich unaufgefordert nicht melden“ aus.
Abweichungen zeigen sich in der Wertung des 3. Items „Ich versuche mich als erster zu
melden, um bessere Chancen bei der Bewertung zu haben.“ Hier erfolgt eine eindeutig posi-
tive Wertung von den Auszubildenden im Baugewerbe.
Die Schülerinnen und Schüler wollen im Klassenverband nicht auffallen, weder positiv noch
negativ. Schüleraussagen aus dem Pre-Test belegen: Schüleraktivität wird als Strebertum
gewertet und ist unter den Jugendlichen mit einem Negativimage verbunden.
Kommunikationstraining und das bewusste Anwenden und Üben von Methoden und Lern-
techniken erscheinen wichtig.
Schlussbemerkungen
Ausgerichtet auf die Gewinnung von Zusatzimpulsen bei der Vermittlung unterschiedlicher
Kompetenzen, ist handlungsorientierter Unterricht nicht nur eine interessante, sondern auch
ein zukunftsträchtige Variante methodischer Belebung im berufstheoretischen Unterricht.
Qualitätszuwächse sind hier allerdings schwer messbar. Zum einen steckt handlungsorien-
tierter Unterricht teilweise noch in den „Kinderschuhen“ und wird durch vielfältige schwer
beeinflussbare Faktoren determiniert, andererseits ist es kompliziert, ein Ausgangsniveau
festzulegen, von dem aus dann Qualitätszuwächse messbar wären.
Handlungsorientierter Unterricht kann nicht als Mittel – und schon gar nicht als alleiniges
Mittel - zur Erreichung kurzfristiger Resultate bei der Wissens- und Kompetenzvermittlung
angesehen werden. Die Untersuchungen zeigen, dass handlungsorientierter Unterricht ei-
nem Qualitätsprozess unterliegt, der ganz entscheidend von der Profilierung methodisch-
didaktischer Qualitäten der Lehrenden abhängig ist.
Aus dem unmittelbaren Untersuchungsgegenstand der Evaluation lassen sich folgende Teil-
bemerkungen ableiten:
a) Um einen Entwicklungsprozess ausmachen oder nachzeichnen zu können, bedarf es
weiterer Erhebungen.
b) Schülerinnen und Schüler selbst können nicht einschätzen, ob eine Unterrichtsform für
sie gut oder schlecht ist, da sie beide nicht nebeneinander erleben.
110
c) Schülerinnen und Schüler werten immer nur „ihre“ Lehrenden bzw. deren Unterricht, da-
bei bilden sie auch Durchschnittswerte (guter und weniger guter Unterricht werden ge-
mixt).
d) Vergleichswerte mit anderen Schulen fehlen.
e) Die Auszubildenden kennen nicht die wissenschaftstheoretischen Erkenntnisse zum Ni-
veau des handlungsorientierten Unterrichts. Sie wissen nicht, was diese Unterrichtsform
leisten kann (ihr Bezugsrahmen ist verschoben).
f) Es gibt keine Messergebnisse/Befragungen, die den Zustand vor der Einführung des
Lernfeldkonzeptes beschrieben haben (nochmalige Evaluation nötig).
Insgesamt kann festgestellt werden: Das Konzept von handlungsorientiertem Unterricht greift
an den Schulen, dennoch bleiben viele Fragen und Probleme offen. „Gewohnheiten“ gehen
in „Bleistiefeln“.
Neue Konzepte werden nicht im Schnellverfahren von den Schulen angenommen und um-
gesetzt, sie bedürfen einer sorgfältigen Betreuung und einer ständigen Bewertung.
111
4.3 Erste Untersuchungsergebnisse einer Evaluation zur Bil-
dungsgangarbeit
Holde Deisenroth, LfS Soest
Im Rahmen des Modellversuches SELUBA Nordrhein-Westfalen wurde eine Erhebung zum
Stand der Bildungsgangarbeit und zur Umsetzung der lernfeldstrukturierten Lehrplanvorga-
ben in Bildungsgängen mit neuen Ausbildungsberufen durchgeführt.
Dazu entwickelte die Projektleitung in Zusammenarbeit mit den Modellversuchsschulen und
der wissenschaftlichen Begleitung einen Fragebogen. Ergebnisse und Erfahrungen der Mo-
dellversuchsschulen gingen in die Fragenbereiche und die Fragestellungen ein. In Form ei-
nes Pre-Testes wurde der Bogen mit den Modellversuchsbildungsgängen überprüft.
Die Evaluation zielte darauf ab, über den Stand der curricular-didaktischen Arbeit, die schul-
organisatorischen Veränderungen und die Akzeptanz der Gesamtkonzeption gesicherte In-
formationen zu erhalten, um die im Modellversuch erarbeiteten und erprobten Unterstüt-
zungskonzepte bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können.
In der folgenden Power - Point-Präsentation sind erste Ergebnisse dieser Befragung verdeut-
licht. SELUBA Nordrhein-Westfalen arbeitet im Moment an der Gesamtauswertung und Dar-
stellung der Ergebnisse. Eine Veröffentlichung dazu ist für den Monat August 2002 geplant.
112
April 2002 SELUBA - NRW 1
Befragung zum Stand der Umsetzung des Lernfeldkonzeptes in Bildungsgängen (November 2001 – März 2002)
SELUBA – NRW
Befragte Gruppe:
Kolleginnen und Kollegen der Ausbildungsgänge Automobilkaufmann/ -frau, Informationselektroniker/in und Mechatroniker/in von allen Schulstandorten NRW
Größe der Gruppe: 156 Personen
(erste Teilauswertungsergebnisse/April 2002)
April 2002 SELUBA - NRW 2
Schulentwicklung•Organisation•Ressourcen - und Rahmenbedingungen
•Stundenplangestaltung•Förderung der Teamarbeit•Beteiligung des Bildungsgangs •Selbstständigkeit des Bildungsgangs
Externe Kooperation•Zusammenarbeit mit Lernortpartnern • Informations-, Erfahrungsaustausch•Akzeptanz durch Auszubildende
und Ausbilder•Zusammenarbeit mit anderen Schulen
Teamarbeit•Akzeptanz des Teamgedankens •Umsetzung des Teamgedankens •Unterrichtsplanung •Unterrichtsdurchführung • Mehrarbeit, Belastung•Unterstützungsbedarf
Akzeptanz des Lernfeldkonzepts•Selbständigkeit der Lehrenden•Realisierung des Bildungsauftrages Umsetzung des
Lernfeldkonzepts
•Entwicklungsstand der didaktischen Jahresplanung
•Anordnung der Lernfelder•Gestaltung der Lernsituationen•Umsetzung der Lernsituationen
•Unterrichtsstruktur•Dokumentation der didaktischen
Jahresplanung •Effizienz, Abstimmung der Arbeit
•Hilfe zur Umsetzung
April 2002 SELUBA - NRW 3
Akzeptanz des Lernfeldkonzepts
Bildungsauftrag und gestaltungsoffene Lehrpläne
Ich bin mit dem Auftrag, Lernfelder durch Lehrerteams schulspezifisch aufzubereiten,...
weder/noch27%
eher zufrieden44%
sehr zufrieden13%
sehr unzufrieden6%
eher unzufrieden10%
April 2002 SELUBA - NRW 4
Akzeptanz des Lernfeldkonzepts
Selbstständigkeit der Lehrenden
Ich bin mit den relativ offenen Zielvorgaben der Lernfelder ...
eher zufrieden42%
weder/noch17%
eher unzufrieden28%
sehr unzufrieden6%
sehr zufrieden7%
Ich bin mit den relativ offenen Inhaltsangaben der Lernfelder ...
eher zufrieden42%
weder/noch17%
eher unzufrieden28%
sehr unzufrieden6%
sehr zufrieden7%
Ich bin mit den relativ offenen Zielvorgaben der Lernfelder ...
April 2002 SELUBA - NRW 5
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Anordnung der Lernfelder
Die Lernfelder in meinem Bildungsgang sind im Sinne der Lernprogression im jeweiligen Schuljahr angeordnet/ sequenziert.
trifft eher nicht zu
21%
weder/noch24%
trifft eher zu41%
trifft voll und ganz zu 10%
trifft überhaupt nicht zu
4%
April 2002 SELUBA - NRW 6
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Entwicklungsstand der Lernsituationen
trifft voll und ganz zu
4% trifft eher zu21%
weder/noch20%
trifft eher nicht zu
42%
trifft überhaupt nicht zu
13%
Die Lernfelder in meinem Bildungsgang werden vollständig in Lern situationen umgesetzt.
113
April 2002 SELUBA - NRW 7
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Entwicklungsstand der Lernsituationen
Die Lernsituationen sind für das 1. Ausbildungsjahr vollständig erstellt.
Die Lernsituationen sind für das 2. Ausbildungsjahr vollständig erstellt.
trifft voll und ganz zu
21%
trifft eher zu
35%
weder/noch14%
trifft eher nicht
zu20%
trifft überhaupt nicht zu
10%
trifft voll und ganz zu
16%
trifft eher zu27%
weder/noch16%
trifft eher nicht zu
28%
trifft überhaupt nicht zu
13%
trifft voll und ganz zu
6 %
trifft eher zu15%
trifft überhaupt nicht zu
26%
weder/noch
17%trifft eher nicht z u
36%
Die Lernsituationen sind für das 3. und ggf. das 4. Ausbildungsjahr vollständig erstellt.
April 2002 SELUBA - NRW 8
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Gestaltung der Lernsituationen
Die Lernsituationen, die wir durchführen, gehen von exemplarischen beruflichen Handlungssituationen aus.
trifft überhaupt nicht zu
3%
trifft eher nicht zu
9%
weder/noch9% trifft eher zu
58%
trifft voll und ganz zu
21%
April 2002 SELUBA - NRW 9
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Unterrichtsstruktur
Der Unterricht in meinem Bildungsgang erfolgt zum größten Teil in Fächern mit ergänzenden, fächerübergreifenden Lernsituationen.
trifft voll und ganz zu
4%
trifft eher zu35%
trifft eher nicht zu
26%
trifft überhaupt nicht zu
6%
weder/noch29%
April 2002 SELUBA - NRW 10
Umsetzung des Lernfeldkonzepts
Materialien und Hilfe
Handreichungen / Materialien mit beispielhaften didaktischen Jahresplanungen finde ich ...
sehr wichtig51%
wichtig45%
weniger wichtig1%weder/noch
3%
April 2002 SELUBA - NRW 11
Schulentwicklung
Organisation
Die Schulleitung schafft die notwendigen organisatorischen Vorau ssetzungen.
trifft voll und ganz zu
21%
trifft eher zu44%
weder/noch
17%
trifft eher nicht
zu15%
trifft überhaupt
nicht zu3%
April 2002 SELUBA - NRW 12
Schulentwicklung
Stundenplangestaltung
Der Unterricht in meinem Bildungsgang erfolgt in zusammenhängenden Stundenblöcken.
trifft eher zu52%
weder/noch11%
trifft eher nicht zu
10%trifft voll und
ganz zu21%
trifft überhaupt nicht zu
6%
114
April 2002 SELUBA - NRW 13
Schulentwicklung
Selbstständigkeit des Bildungsgangs
Unsere Bildungsgangkonferenz erstellt Stundenpläne selber.
Der Unterricht in meinem Bildungsgang erfolgt mit einem flexiblen Stundenpool.
trifft voll und ganz zu
6% trifft eher zu
24%
weder/noch
15%trifft eher nicht
zu
15%
trifft überhaupt nicht zu
40%
trifft voll und ganz zu
1%trifft eher zu
13%weder/noch8%
trifft eher nicht zu
25%
trifft überhaupt
nicht zu53%
April 2002 SELUBA - NRW 14
Externe Kooperation
Zusammenarbeit mit Lernortpartnern
Unsere Bildungsgangkonferenz integriert die Vertreter der Lernortpartner (Betriebe, überbetriebliche Ausbildungsstätten, ...).
Die Lernsituationen werden in Absprache mit den Lernortpartnern erstellt.
trifft voll und ganz zu
18%
trifft eher zu39%
weder/noch22%
trifft eher nicht zu
16%
trifft überhaupt
nicht zu5%
trifft voll und ganz zu
1 %trifft eher zu
22%
weder/noch18%trifft eher nicht
z u35%
trifft überhaupt nicht zu
24%
April 2002 SELUBA - NRW 15
Externe Kooperation
Informations- und Erfahrungsaustausch
Regionalkonferenzen/regionale Treffen zum Austausch mit gleichen Bildungsgängen anderer Schulstandorte finde ich ...
Aktive Lernortkooperation in der Region finde ich ...
wichtig
38%
sehr wichtig
57%
weder/noch4 %
weniger wichtig1 %
sehr wichtig
41%
wichtig46%
weniger wichtig
3%weder/noch
10%
April 2002 SELUBA - NRW 16
Teamarbeit
Integration
Die Lernsituationen werden mit den berufsübergreifenden Fächern zusammen geplant.
trifft voll und ganz zu
3% trifft eher zu30%
weder/noch20%
trifft eher nicht zu
35%
trifft überhaupt nicht zu
12%
April 2002 SELUBA - NRW 17
TeamarbeitUnterrichtsdurchführung
Pro
zen
t
60
50
40
30
20
10
0
Automobil-
kauffrau/-mann
Informations-
elektroniker/in
Mechatroniker/in
Pro
zen
t
60
50
40
30
20
10
0
Lernfeld
Automobil-
kauffrau/-mann
Informations-
elektroniker/-in
Mechatroniker/-intrifft voll und ganz zu
trifft überhaupt nicht zu
Die Lernfelder in meinem Bildungsgang werden von einzelnen Lehrkräften im Rahmen ihrer Fächer bearbeitet.
Die Lernfelder in meinem Bildungsgang werden von Lehrerteams bearbeitet.
trifft voll und ganz zu
trifft überhaupt nicht zu
weder/nochweder/noch
trifft eher zu
trifft eher nicht zu
trifft eher zu
trifft eher nicht zu
April 2002 SELUBA - NRW 18
Teamarbeit
Akzeptanz des Teamgedankens
trifft eher zu
4% weder/noch21%
trifft eher nicht zu
47%
trifft überhaupt
nicht zu28%
Die Unterrichtsplanung im Team belastet mich, weil ich mir für meinen Unterricht nicht gerne etwas vorschreiben lasse.
Die Unterrichtsplanung im Team belastet mich, weil ich Gruppenarbeit eher ineffizient finde.
weder/noch
24%
trifft eher nicht
z u44%
trifft überhaupt
nicht zu19%
trifft eher zu
12%
trifft voll und ganz zu
1 %
Die Unterrichtsplanung im Team belastet mich, weil die fachliche Qualität des Unterrichts dabei vernachlässigt wird.
trifft eher nicht
zu44%
trifft überhaupt
nicht zu26% weder/noch
19%
trifft eher zu
8%
trifft voll und ganz zu
3%
Die Unterrichtsplanung im Team belastet mich, weil sie Mehrarbeit bedeutet.
trifft voll und
ganz zu
18%
trifft eher zu35%
weder/noch
20%
trifft eher nicht zu
23%
trifft überhaupt
nicht zu4%
115
5 Empfehlungen der “SELUBA`S“ für die Lernfeld-
implementation
- Lehrpläne mit Lernfeldern bei der
Implementation begleiten
- Handreichungen für Kollegin-
nen/Kollegen erarbeiten
- Erfahrungen als Kolleginnen/Kollegen
weitergeben
- nicht zu viel verallgemeinern
- Erfahrungsaustausche anbieten
- in Lehrerfortbildungen SELUBA-
Erfahrungen vermitteln
- Erkenntnisse im Unterricht aktiv um-
setzen, mehr Lehrkräfte einbeziehen
- in abgestimmter Zeitfolge weitere Ver-
gleiche - kein Ende - nur Zwischenbi-
lanz
- Kontakte auch nach den Abschluß des
Modellversuches erhalten
- mehr Verständnis für SELUBA`S
- Bildung eines Moderatorenteams aus
SELUBA-Teilnehmern – für Unter-
stützung anderer Schulen in der Region
- Fortsetzung durch Anschlussprojekte
- Themen müssen weiter unterlegt wer-
den. Wir sind noch nicht fertig!
- Projektion in die Regionalkonferenz
- Transfer der Ergebnisse
- größere Unterstützung der schulischen
Entscheidungsträger
- noch stärkere Reflexion der Ergebnisse
in die schulorganisatorischen Rahmen-
bedingungen
- Konzepte zur schulorganisatorischen
Entwicklung
Aldous Leonard Huxley
ERFAHRUNG ist nicht das, was einem zustößt.
Erfahrung ist das, was man aus dem macht, was einem zustößt.
116
6 Literatur
Besemer, J. u.a.: Team(s) lernen. Teamarbeit. Konzepte für Gruppen und Teamarbeit.
Weinheim 1998
Klippert, H.: Teamentwicklung im Klassenraum. Übungsbausteine für den Unterricht. Wein-
heim 2001
Kunert, K./Knill, M.: Team und Kommunikation. Theorie und Praxis. Pädagogik bei Sauerlän-
der, Band 25. Aarau 1999
Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sach-
sen-Anhalt (LISA): Modellversuch SELUBA – Berger, B./Müller, M.: Teamarbeit im lernfeld-
orientierten Unterricht, Halle 2001
Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sach-
sen-Anhalt (LISA): Modellversuch SELUBA – Implementieren von Rahmenlehrplänen im
Gastgewerbe – Beispiele für Lernsituationen im Schulcurriculum, Heft 2. Halle 2000
Lösche, H.-J.: Die QUIND-Methode zur Selbststeuerung und Selbstevaluation von Schule.
Hrsg.: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung. Soest, 2001, S. 6
Müller, M./Bader, R.: Lernfeldorientierte Schulentwicklung – Unterstützung des Lernfeldkon-
zeptes aus der Sich von Schulleiterinnen und Schulleitern. In Bader, R./Sloane, P. (Hrsg.):
Bildungsmanagement im Lernfeldkonzept – Curriculare und organisatorische Gestaltung,
Eusl-Velrag 2002
Schumacher, L.: Abschlussbericht des Modellversuches SELUBA Nordrhein-Westfalen, in
Vorbereitung
Selbach, R./Schneider, P.: Lernen und Arbeiten im Team. Praxisfibel kooperative Berufsaus-
bildung. 1994