Post on 06-Apr-2015
Germanische Sprachen und Kulturen/5.
Die germanische Grundsprache
1. Urheimat der Germanen
• Das Germanische gehört der Westgruppe des Indogermanischen an
• Eduard Sprockhoff: die idg.-en Gruppen haben ursprünglich die mitteldeutschen Gebiete besiedelt und von dort sind sie nach Südskandinavien gezogen, wo sie eine hypothetisch arktisch genannte Bevölkerung überlagerten
• Nach einem Verschmelzungprozess (1200 und 1000 v. Chr.) der Urbevölkerung und den Einwanderern hat sich das Germanentum im heutigen Südschweden, Südnorwegen, Dänemark herausgebildet
• Um 1000 v. Chr.→ das Gebiet der unteren Weser und Oder.
• Bis 750 v. Chr. →das Mündungsgebiet der Weichsel
Wanderungen der Germanen
• Um 500 v. Chr. → bis zur Rheinmündung, zu den deutschen Mittelgebirgen
• Beweise für die Substrattheorie: strukturelle Veränderungen, durch die sich die
Sprache der Germanen von der indogermanischen Grundsprache abhebt
Ein Drittel des germanischen Wortschatzes lässt sich nicht aus dem Idg. herleiten Schiffahrt, Tier – und Pflanzennamen
2. „germanische Sprache”
• PRÄGERMANISCH → die indogermanische Grundschicht der Germanen, das Siedlungsgebiet lag im Süden des mittleren Deutschlands
• URGERMANISCH / GEMEINGERMANISCH → Verschmelzung von zwei Sprachen, das Siedlungsgebiet lag im westlichen Ostseeraum zwischen 1200 – 300 v. Chr.
2.1. Urgermanisch/Gemeingermanisch
• In der germanistischen Literatur zwei Verwendungsweisen der Begriffe:
als Synonyme (Herman Hirt, Vittore Pisani, Hans Krahe, Eduard Prokosch)
Abgrenzung der beiden Sprachstufen (Richard Constant Boer, Wolfgang Krause, Enver Makajev)
Wolfgang Krause
Gemeingermanisch1000- 300 v. Chr.
• urg. e > i• urg. ei > i
• Nasalschwund vor germ. Χ
Urgermanisch1500 – 1000 v. Chr.
• erste Lautverschiebung• bestimmte und unb. Adjektivformen
• schwache Verbalklassen• Wortbestand
2.2.Die urgermanische und gemeingermanische Sprache
• 2.2.1. Quellen
• 2.2.2. Lautsystem der germanischen Grundsprache
• 2.2.3. Die morphologische Struktur
• 2.2.4. Satzbau
• 2.2.5. Wortschatz
• 2.2.6. Die germanischen Stammesdialekte
2.2.1. Quellen
• Wörter, die Historiker des klassischen Altertums überliefert haben (Plinius, Iulius Caesar, Tacitus)
• Die germanischen Entlehnungen in den Nachbarsprachen (die baltischen, slawischen und romanischen Sprachen, das Finnische)
2.2.2. Lautsystem der germanischen Grundsprache
2.2.2.1. Konsonantismus
Jacob Grimm (1822 Deutsche Grammatik):
erste (germanische) Lautverschiebung (Grimmsches Gesetz, Grimm’s law)
Regelmäßige Veränderung der germanischen Verschlusslaute
1. Die stimmhaften Verschlusslaute wurden stimmlos: b > p, d > t, g > k (lat. decem ~ engl. ten, lat. genu > dt. Knie)
2.Die stimmlosen behauchten Verschlusslaute + die unbehauchten Varianten sind zu stimmlosen Reibelauten geworden:
ph ~ p > f (lat. pater ~ dt. Vater)
th ~ t > þ (lat. tres ~ eng. three)
kh ~ k > Χ (h) (lat. cord ~ dt. Herz)
3. Die stimmhaften behauchten Verschlusslaute wurden
zu stimmhaften unbehauchten Konsonanten
bh >b ( ai. bhrata ~ dt. Bruder)
dh > d (ai. dadhami ~ engl. deed ‘Tat’)
gh > g (* idg.ghans ~ dt. Gans)zu stimmhaften Reibelauten
Besonderheiten der Lautverschiebung
• Die L. erfasste die stimmlosen Verschlusslaute nicht, die das zweite Glied einer Konsonantengruppe bildeten.(sp, st, sk)
• sk wurde zu ſ durch die Palatalisierung
k >Χ (ahd. fisc > dt. Fisch)
2.2.2.2. Vokalismus
Abschwächung: nach der Verlagerung des dynamischen Akzents auf die erste Silbe des Wortes → Abschwächung der nebentonig gewordenen Endsilben
2.2.3. Die morphologische Struktur
• Starke Vereinfachung der grammatischen Struktur
• Der Dualis ist nur in der 1. und 2. Person des Personalpronomens, sonst ist er mit dem Plural zusammengefallen
• Die Zahl der Kasus der Nomina wurde vermindert (Lokativ zu Dativ mit Präposition) → Gebrauch von Präpositionen (analytische Tendenz)
• Vereinfachung der Deklinationsklassen des Substantivs
• Das germ. Adjektiv wurde mit einem vokalisch auslautenden Suffix gebildet (Seit Jacob Grimm > Benennung: starke und schwache Deklination)
• Die starken Formen hatten eine primäre Rolle, sie verdeutlichten die betreffende Klasse bzw. den Kasus (vokalische Klasse)
• Die schwachen Formen wurden durch Demonstrativpronomina bestimmt (n-Klasse)
• Stark vereinfachtes System des Verbes im Vergleich zu dem Idg.
• Zwei synthetische Tempora ( Präsens, Präteritum)
• 3 Modi: Indikativ, Imperativ, Optativ (Wunschform)
• Von den Numeri nur noch Singular und Plural • Der Ablaut: starke Verben• Zwei Arten des Ablauts: quantitativ, qualitativ• Die Gruppe der schwachen Verben nimmt zu:
die Formen des Präteritums bzw. des Partizips II. werden durch die Anfügung eines Tempuszeichens aus dem Präsensstamm gebildet (meistens –d-, oder –t-)
• Präteritopräsentien: die Funktion des Präsens wird durch das starke Präteritum erfüllt (ein neues Präteritum musste nach dem Vorbild der schwachen Verben gebildet werden: wissen, weiß, wusste)
• Germanische Akzentverlagerung: statt des freien Akzents herrschte Anfangsbetonung (fester, gebundener Akzent).
2.2.4. Satzbau
• Vom Satzbau ist nur wenig bekannt• Entwicklung eines Systems von
Nebensätzen• Bei dem Gebrauch der Konjunktivformen:
Regeln der gesetzmäßigen Zeitenfolge• Die Wortstellung war weniger gebunden,
als heute, da die syntaktische Funktion der einzelnen Elemente auch morphologisch klar zu erkennen war.
Quelle: Hutterer, C. J. 1999. Die Germanischen Sprachen. Ihre Geschichte in Grundzügen. Wiesbaden: Albus, S. 44-67