Post on 18-Oct-2019
fml – Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner
Technische Universität München
fml – Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik · Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner · Technische Universität München 1
Fokus Prozess, Informationsfluss
Steuerungsbausteine
Münchener Lean
Logistics Box
by LEAN:log
Münchener Lean Logistics Box
Inhalt
Kanban 1.
Im Fluss 2.
Go See Push/Pull 3.
Auftrag 4.
Verkettete Fließprozesse 5.
Fahrplan/ getaktet 6.
Push 7.
Münchener Lean Logistics Box
Pull-Steuerung durch Kanban:
Bei der Pull-Steuerung durch Kanban löst der Kundenprozess die Nachlieferung der verbrauchten Ware aus. Geliefert wird
nicht nach prognostiziertem Bedarf sondern aufgrund des tatsächlichen Verbrauchs durch den nachfolgenden Prozessschritt.
Alle Information, die der Lieferprozess benötigt, um die verbrauchte Ware aufzufüllen, sind auf einer Karte (jap.: Kanban)
zusammengefasst.
Die Kanban-Karte enthält folgende Angaben:
• Produkt
• Menge pro Behälter (Losgröße)
• Wiederbeschaffungsort
• Zielort
Voraussetzungen für Kanban:
• Null-Fehler-Prinzip: Nur einwandfreie Teile werden weitergegeben.
• Die Kanban-Regeln müssen strikt eingehalten werden. D.h. Material wird nur nach tatsächlichem Verbrauch angefordert.
Ware wird nur mit Kanban bewegt.
• Zykluszeiten für den Nachschubprozess müssen sichergestellt sein (Informationsübertragung, Lieferprozess, Transport
vom Lieferanten- zum Kundenprozess).
1. Kanban (1)
I
Münchener Lean Logistics Box
Kanban-Varianten:
Bei der Gestaltung eines Kanbankreises stehen dem Planer verschiedene Variablen zu Verfügung.
Gestaltung des Informationsträgers (Kanban):
Die Nachschubinformation (Kanban) kann entweder als physische Karte (umlaufend), als gekennzeichneter Behälter oder
als maschinenlesbarer Beleg und elektronisch vorliegen.
Festlegung Auslösezeitpunkt:
Da die Transportlosgröße und damit die Losgröße am Eingang des Kundenprozesses meist größer eins ist und ganze
Behälter beim Kundenprozess eingehen, ist die Nachschubeinheit meist ebenfalls ein Behälter. D.h. ein Kanban entspricht
einem Behälter. Festzulegen ist dann, ob der Nachschub bei Entnahme des letzten Teils, bei Anbruch oder beim
Behältertausch ausgelöst wird.
Organisation der Informationsübermittlung:
Sobald der Kundenprozess neue Teile benötigt, muss die Kanbaninformation zum Lieferantenprozess gelangen. Hier muss
entweder der physische Transport von Kanbankarte oder -behälter organisiert oder eine entsprechende elektronische
Datenverbindung geschaffen werden. Neben dem Übertragungsweg muss auch der zeitliche Ablauf festgelegt werden. Die
Übermittlung kann z.B. zyklisch (u.a. durch den Routenzugfahrer) oder sofort geschehen.
Ggf. Gestaltung des Informationspuffers:
Wenn die Kanbankarten nicht sofort weitergegeben werden, ist es notwendig die Information zu puffern. Die Karten können
z.B. in einem Briefkasten oder in einem Heijunka-Board gesammelt werden.
Unabhängig vom Kanbankreislauf muss der Leergutprozess geplant werden. Das Leergut kann im 1:1-Tausch gegen Vollgut
oder über einen separaten Leergutprozess entsorgt werden. Wenn der leere Behälter gleichzeitig der Informationsträger
(Behälterkanban) ist, wandert der Kanbanbehälter inkl. Karte im Rahmen der Informationsübermittlung zurück zum
Lieferprozess.
1. Kanban (2)
Münchener Lean Logistics Box
Gängige Lösungen für die Umsetzung von Kanbankreisen sind:
• Karten-Kanban
Informationsträger ist die physische Kanban-Karte. Sie wird zum Lieferprozess gebracht und löst dort den Nachschub
aus. Mit der Ware gelangt die Karte zurück zum Kunden. Ware wird ausschließlich mit am Behälter befestigter Kanban-
Karte bewegt. Es gibt keinen Transport ohne Kanban.
• Karten-Kanban mit Briefkasten
Die Kanban-Karten können in einem Briefkasten gesammelt und in festgelegten Zyklen entnommen und zum
Wiederbeschaffungsort gebracht werden. Um Sortieraufwand zu vermeiden, gibt es bei unterschiedlichen Nachschub-/
Lieferorten mehrere Briefkästen. Oftmals übernimmt ein Logistiker (z.B. Linienlogistiker) die Leerung des Briefkastens
und die Weiterleitung. Er ist der Postbote.
• Behälter-Kanban
Beim Behälter-Kanban ersetzt der Behälter die Kanban-Karte bzw. Behälter und Karte bleiben verbunden. Der Kanban-
Behälter befindet sich also stets im Umlauf. Ein leerer Behälter ist der Auftrag zur Nachlieferung. Die
Informationsübermittlung zum Lieferanten beinhaltet den Transport des Leerguts zurück zum Lieferprozess. Der Lieferant
steckt dann die Karte an den vollen Behälter, der zurück zum Kundenprozess transportiert wird.
• E-Kanban
Die Kanban-Informationen können auch elektronisch übertragen werden. Dies empfiehlt sich v.a., wenn größere
Distanzen zwischen Kunden- und Lieferprozess liegen (z.B. Lieferantenkanban). Durch die elektronische Übertragung
werden Aufwand und Zeit zur Informationsübermittlung reduziert. Gleichzeitig entstehen Kosten für das notwendige IT-
System. Auch beim E-Kanban muss sichergestellt werden, dass die Kanban-Regeln eingehalten werden, was sich durch
das Fehlen physischer Informationsträger schwieriger gestaltet. (Wie wird sichergestellt, dass der Nachschub nicht über
Scannen ausgelöst wird, obwohl noch Ware vorhanden ist? etc. Ansatz Denshinkasten )
• Sichtkanban, Meldebestand
Wenn ein markierter Meldebestand erreicht ist, wird eine definierte Losgröße bestellt/nachgeliefert. Der Meldebestand
muss gekennzeichnet sein, z.B. mit einem farbigen Dreieck am Behälter.
1. Kanban (3)
Münchener Lean Logistics Box
• Kanban-Board
Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann ein Kanban-Board eingesetzt werden. Mit dessen Hilfe werden
Kanban-Karten gesammelt bis die Losgröße für den Lieferprozess erreicht ist. Auf dem Kanban-Board sind drei Bereiche
markiert:
- Grün: Die Nachschubmenge ist noch nicht erreicht. Die Bestellung wird noch nicht weitergegeben. Der
Lieferprozess darf noch nicht arbeiten.
- Gelb: Die Nachschubmenge ist erreicht. Die Bestellung muss weitergegeben werden. Der Lieferprozess soll den
Nachschub bereitstellen.
- Rot: Es wird dringend Nachschub benötigt, sonst ist die Versorgung des Kundenprozesses gefährdet. Die
Bestellung müsste bereits weitergegeben sein. Der Lieferprozess muss den Nachschub bereitstellen.
1. Kanban (4)
4* Teil 0815
4* Teil 0815
4* Teil 0815
4* Teil 0815
4* Teil 0815
4* Teil 0815
Kanbanboard
Teil 0815
Der grüne Bereich entspricht der Losgröße
des Lieferprozesses, der Menge eines
Behälters oder der Menge eines
Transportauftrags.
Diese Menge ist geringer als die
Lieferlosgröße. Der gelbe und rote Bereich
bildet das Zeitfenster, in dem bestellt wird. Er
dient NICHT zum Sammeln eines weiteren
Auftrags.
Nicht wirtschaftlich
Wirtschaftlich, nicht kritisch
Kritisch
Kanban-Board für die Logistik
Wertstromsymbol:
Münchener Lean Logistics Box
Die Anzahl der Kanban-Karten in einer Kanban-Regelschleife bestimmt den maximalen Bestand in der Schleife und ist
abhängig von der Wiederbeschaffungszeit für die betrachteten Teile. Es muss immer ausreichend Material am Eingang des
Kundenprozesses vorhanden sein, um die Zeit bis zum Eintreffen des Nachschubs vom Lieferprozess zu überbrücken.
Entscheidend ist also die folgende Frage:
Wie lange dauert der Nachschub maximal? Wie viel Zeit vergeht maximal zwischen der Entnahme des letzten (bzw.
auslösenden) Teils und der Ankunft der Nachlieferung?
Diese maximale Wiederbeschaffungszeit WBZmax setzt sich zusammen aus den Maximalwerten für
tA Auslösezeit Entnahme letztes (bzw. auslösendes) Teil bis Eingang der Bestellinformation beim
Lieferprozess
tB Bearbeitungszeit Prozesszeit des Lieferprozesses, d.h. Eingang Kanban-Information bis Weitertransport
tT Transportzeit Transport inkl. Aufnahme am Lieferort und Abgabe am Bedarfsort
Es folgt: WBZmax = tA + tB + tT
Relevant für die Wiederbeschaffungszeit ist die Durchlaufzeit der Steuerungsschleife, d.h. aller Prozessschritte vom
angesteuerten Prozess bis zum auslösenden Kundenprozess. Bei Kanban-Schleifen, die mehr als einen Prozessschritt
umfassen (auch: ConWIP), sind deshalb die Bearbeitungszeiten tB und die Transportzeiten tT für alle Prozesse innerhalb der
Steuerungsschleife zu addieren, um die Wiederbeschaffungszeit zu erhalten.
Es sind immer Maximalzeiten anzusetzen oder entsprechende Sicherheitsaufschläge zu verwenden. Es ist nachvollziehbar
zu dokumentieren, welche Schwankungen explizit berücksichtigt sind und welche durch den Sicherheitswert abgedeckt sind.
So kann die unnötige Überdimensionierung durch mehrfaches Berücksichtigen von Sicherheiten vermieden werden.
1. Kanban (5)
Münchener Lean Logistics Box
Der Bestand am Verbrauchsort bei Auslösen des Nachschubs muss also mindestens betragen
BAuslöse = WBZmax * Verbrauch [Teile/Min]
Zu Bestimmung des Verbrauchs muss ggf. die Verbaurate, die maximale Anzahl Teile pro Takt etc. berücksichtigt werden.
Die Anzahl der Kanbankarten AKanbankarten ergibt sich aus der Teilemenge pro Behälter nBehälter.
AKanbankarten = aufrunden [BAuslöse/ nBehälter]
Wird der Nachschub erst bei Entnahme des letzten Teils aus dem Behälter ausgelöst, muss dieser Leerbehälter zusätzlich
berücksichtigt werden. Die Anzahl der Kanban-Karten erhöht sich dann um 1.
Was ist für den Planer noch zu beachten?
• Festlegung eines Kanbanverantwortlichen für den Kanbankreis: Hoheit über die Karten, Überwachung der Einhaltung der
Kanban-Regeln
• Nummerierung der Karten, um Verlust nachvollziehen zu können.
• Schulung der beteiligten Mitarbeiter: Sensibilisierung für die Bedeutung der Kanban-Karten und die Einhaltung der Kanban-
Regeln
• Regelmäßige Prüfung der Auslegung des Kanbankreises (d.h. im Wesentlichen die Zahl der Kanbankarten prüfen) alle
6-8 Wochen.
• Kanbankreis mit etwas mehr Karten im Umlauf starten und unter Beobachtung der Prozesse die Zahl der Kanbankarten
reduzieren. So können Unsicherheiten in der Anfangsphase abgefangen werden. Gleichzeitig wird Disziplin im Betrieb
eingefordert, wenn die Zahl der Kanbankarten nur so groß wie nötig ist.
1. Kanban (6)
Münchener Lean Logistics Box
Wird ein Prozessschritt durch „Im Fluss“ angesteuert, so bearbeitet er unmittelbar die Aufträge oder Waren, die er vom
vorgelagerten Prozessschritt erhält. Es handelt sich im eigentlichen Sinne um eine Fließfertigung, die zunächst nicht
taktgebunden ist. Ein regelmäßiger Arbeitstakt entsteht, wenn der erste der fließenden Prozesse in regelmäßigen Abständen
seine Aufträge erhält.
Für Prozesse, die „im Fluss“ arbeiten sollen, ist entscheidend,
• dass der vorgelagerte Prozess klar festgelegt ist und
• dass der Mitarbeiter weiß, dass der Lieferprozess seinen Auftrag
(evtl. auch sein Auftragslos) beendet hat, um direkt im Abschluss
weiterzuarbeiten. Dazu müssen sowohl Informations- als auch
Materialfluss definiert (und natürlich dokumentiert) sein.
Ein Prozess, der „im Fluss“ arbeitet, kann nur einen vorgelagerten Prozess haben. Es besteht deshalb auch die Möglichkeit,
die fließenden Prozessschritte als einen Gesamtprozess zu betrachten und zu planen (d.h. im Wertstromdesign auch nur
einen Prozesskasten zu zeichnen). Die bewusste Umsetzung von „Im Fluss“ bietet sich jedoch an, um eine deutlichere
Abgrenzung der einzelnen Funktionen zu erzielen und die einzelnen Tätigkeiten (inkl. der Informations- und Materialübergabe
zwischen den Prozessschritten) konkret zu planen.
Unabhängig von der Betrachtungsweise können die Prozessschritte von einem Mitarbeiter oder von verschiedenen
Mitarbeitern durchgeführt werden. Auch wenn ein Mitarbeiter mehrere Prozessschritte nacheinander durchführt, ist die
Auftragslosgröße festzulegen, um Fluss zu erzielen sollte diese möglichst klein gewählt werden. Gleichzeitig ist (v.a. aus Sicht
des Werkers) eine sinnvolle Losgröße zu bestimmen, um bewussten Abweichungen vom Standardablauf entgegenzuwirken.
2. Im Fluss
Münchener Lean Logistics Box
Go See bezeichnet eine Steuerung bei der der Mitarbeiter „nach Gefühl“ arbeitet. Er entscheidet selbständig ohne feste
Regeln, wann ein Auftrag z.B. ein Transport durchzuführen ist. Meist bündelt er dabei mehrere Aufträge, arbeitet also in selbst
festgelegten, veränderlichen Losgrößen. Diese Freiheiten des Mitarbeiters nimmt der Planer bei der Steuerung durch Go See
bewusst in Kauf, z.B. weil der Prozess unkritisch ist und selten oder sehr unregelmäßig auftritt, weil er auf die Kompetenz des
Mitarbeiters vertraut oder den Aufwand einer detaillierten Planung vermeiden will.
Festgelegt werden muss trotzdem, ob der Prozess nach Go See Push oder Pull arbeitet, d.h. ob er sich am nachgelagerten
(Pull) oder vorgelagerten Prozess (Push) orientiert.
Go See Pull:
Um eine Pull-Seuerung zu erhalten, muss der Eingangsbestand des
Kundenprozesses beobachtet werden. Es gilt sicherzustellen, dass der
nachgelagerte Prozess nicht warten muss, wenn ihm ein Auftrag vorliegt.
Der betrachtete Prozessschritt prüft also in Eigenregie regelmäßig, ob
ein (nicht näher bestimmter) Minimalbestand beim Kunden unterschritten ist,
und sorgt dann für die Nachlieferung.
Go See Push:
Beim Push-Prozess steht die Weiterbearbeitung der fertigen Aufträge
des vorgelagerten Prozessschritts im Mittelpunkt. Unabhängig vom Bedarf
des nachgelagerten Prozesses werden z.B. Transporte durchgeführt,
sobald Material beim vorgelagerten Prozess fertiggestellt ist.
Obwohl es sich um einen Push-Prozess handelt, sind keine übermäßigen
Bestände zu befürchten, wenn der vorgelagerte Prozess auf Basis des
tatsächlichen Bedarfes in der Prozesskette arbeitet.
Typisch ist diese Vorgehensweise für die Leergutentsorgung:
Bei Bedarf werden die leeren Behälter abtransportiert. Der Mitarbeiter entscheidet dabei selbst, wann ein (nicht näher
bestimmter) Maximalbestand erreicht ist und führt dann den Transport durch.
3. Go See Push/Pull
I Transport
I
I Tranport
I
Münchener Lean Logistics Box
Um Prozessschrítte unabhängig von anderen Prozessen anzusteuern, eignen sich
Einzelaufträge. Mindestens ein Prozess in der Kette erhält seine Aufträge über eine
zentrale Instanz, die die Kundenaufträge an die internen Prozesse weitergibt.
Wichtig ist, dass die Aufträge in sinnvollen (kleinen) Losgrößen und in sinnvollen
(kleinen) zeitlichen Abständen freigegeben werden. Sobald mehrere Aufträge über
kleine Mengen (Losgrößen) gleichzeitig vorliegen, geht das Gefühl für den Takt und
das Fließen der Prozesse verloren. Es wird vorgearbeitet, um alle vorhandenen
Aufträge zu erledigen.
Ziel muss es jedoch sein, Fluss zu erzeugen. Dies gelingt, wenn Aufträge in kleinen Losgrößen in regelmäßigen
Zeitintervallen beim Prozess eintreffen. Für die Mitarbeiter entsteht dann das Gefühl, einen Auftrag erledigen zu können bis
der nächste Auftrag eintrifft. Sie können gleichmäßig arbeiten und haben nach jedem Auftrag die Gewissheit, dass ihre
Arbeitsleistung ausreicht, um die geforderten Aufträge abzuarbeiten. Genau diese Sicherheit entsteht nicht, wenn immer
Aufträge da sind und ein nicht endender Stapel von Auftragszetteln abzuarbeiten ist.
Wird ein Prozessschritt über Einzelaufträge angesteuert, gewinnt man damit viele Möglichkeiten direkt auf den Prozess
einzuwirken. Trotzdem müssen im Betrieb die beschriebenen Rahmenbedingungen (Losgrößen und Zeitintervalle) eingehalten
werden.
Bei der Gestaltung der Auftragszettel o.Ä. sind die Hinweise bezüglich der notwendigen Informationen und der
Informationsdarstellung aus dem Leitfaden Fokus Mensch zu beachten.
4. Auftrag
Auftrag
Auftrag
Münchener Lean Logistics Box
Prozessschritte, deren Zykluszeiten auf einen gemeinsamen Takt ausgerichtet sind, können als verkettete Fließprozesse
arbeiten. In jedem von außen vorgegebenen Takt wird ein Auftrag ausgeführt und in den Eingangspuffer des nachfolgenden
Prozesses weitergegeben. Der Puffer ist als FIFO-Bahn ausgeführt und gleicht Verschiebungen und Unregelmäßigkeiten
zwischen den Prozessschritten aus. Sind die Prozessschritte gut aufeinander abgestimmt und ist die Fehlerquote sehr gering,
kann der Puffer zwischen den Prozessschritte vollkommen entfallen. Ein typisches Beispiel dafür ist das Montageband in der
Automobilindustrie.
Die getakteten Fließprozesse verhalten sich in Summe wie ein Prozess.
Mit jedem Auftrag, der am Anfang eingesteuert wird, verlässt am Ende ein
fertiger Auftrag den Prozess. In jedem Takt wird ein Auftrag fertiggestellt,
der die Prozesschritte vollständig durchlaufen hat. Nur der erste Prozess
in dieser Kette erhält einen Auftrag und dieser wird von Prozess zu Prozess
weitergegeben.
Da die Aufträge die Prozessschritte in der zu Beginn (d.h. mit dem ersten Prozessschritt) festgelegten Reihenfolge
durchlaufen, spricht man von einer stabilen Auftragsfolge oder einer Perlenkette. Um Planungssicherheit und Vorlaufzeit für
die zuarbeitenden Prozesse zu haben, wird ein stabiler Horizont festgelegt, d.h. eine feste Zeitspanne vor dem tatsächlichen
Bedarf für ein bestimmtes Teil innerhalb derer sich die Aufträge nicht mehr verändern oder verschieben dürfen.
Die Planung solcher Prozesse ist aufwändig. Im Betrieb sind Fehlerfreiheit und Prozesssicherheit äußerst wichtig. Werden
sehr kleine Losgrößen weitergegeben, reichen derartige Prozesse nahe an One-Piece-Flow heran. Um gezielt die
Kundennachfrage zu befriedigen, ist ausreichend Flexibilität der Prozessschritte auf Taktveränderungen (kürzer oder länger),
neue Varianten etc. sicherzustellen. Der Aufwand, der in der Planungsphase in die Austaktung etc. investiert wurde,
darf dabei kein Hemmnis für notwendige Anpassungen sein!
Durch Realisierung Überlappender Losfertigung kann auch bei größeren Losen Fließen erreicht werden. Hierbei werden die
Teile eines Loses kontinuierlich weitergegeben und dadurch von mehreren Prozessschritten gleichzeitig bearbeitet. Auf diese
Weise kann ein Kompromiss zwischen Rüstaufwand und fließenden Prozessen erzielt werden.
5. Verkettete Fließprozesse
Münchener Lean Logistics Box
Mit Hilfe eines Fahrplans oder eines festgelegten Takts kann ein Prozess zeitlich unabhängig vom vor- und nachgelagerten
Prozess angesteuert werden. Der Plan oder Takt legt fest, wann der Prozess das nächste Mal durchgeführt wird. Zusätzlich
muss der Prozessschritt wissen, welchen Auftrag er im nächsten Takt erfüllen soll, z.B. über eine Auftragsliste.
Bei Transportprozessen mit Fahrplan wie Logistikbus/Routenzug oder Milkrun
kann z.B. die von einem vorgelagerten Prozess bereitgestellte Ware transportiert
werden. Der genaue Auftrag ergibt sich dann für den Logistikbus aus dem
Fahrplan und der wartenden Ware. Muss der Fahrer die Entnahme der Ware
selbst durchführen, so muss er über die zu transportierende Ware über einen
Auftrag, Kanban-Karten etc. explizit informiert werden.
Der getaktete Prozess wird auf Basis des Fahrplans durchgeführt, er wartet nicht auf vor- oder nachgelagerte Prozesse
sondern agiert unabhängig. Er bearbeitet Aufträge in festem Takt und gibt diese im Anschluss an den Folgeprozess weiter. Je
nachdem wie der vorherige Prozessschritt angesteuert ist, unterstützt der getaktete Prozess Push oder Pull.
6. Fahrplan/getaktet
Münchener Lean Logistics Box
Prozesse, die nach dem Push-Prinzip arbeiten, können nicht auf die Kundennachfrage abgestimmt werden und nicht auf
Änderungen von Nachfrage, Bedarf oder Verbrauch reagieren.
Wenn der Bedarf aufgrund der Strategie Built-to-Stock über längere Zeit
in Sorte/Menge und/oder Zeitpunkt bekannt ist, kann auf die direkte Kopplung
zwischen Verbrauch und Nachlieferung verzichtet werden. Diese Kopplung
wird dann durch den Produktionsplan ersetzt, der eine hohe Auslastung der
Prozessschritteverfolgt und nicht die Befriedigung der Kundenwünsche
zum Ziel hat.
7. Push
Münchener Lean Logistics Box
Auftrag