Post on 07-Feb-2018
Fachhochschule Potsdam · Fachbereich Architektur und Städtebau · Studienrichtung Konservierung und Restaurierung von Objekten aus Holz
Eine Tromba marina aus dem Kloster St. Katharinental (Schweiz) im Germanischen NationalmuseumTechnologische Untersuchung und Zustandserfassung, insbesondere der Innenbeschichtung sowie Erstellung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes.
Diplomarbeit
vorgelegt von Meike Wolters-Rosbach Erstprüfer: Dipl.-Rest. Jörg Weber, FH-PotsdamWintersemester 2014/15 Zweitprüfer: Klaus Martius, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
Zustandserfassung
Infolge einer Auslagerung aus dem Germanischen
Nationalmuseum im Zweiten Weltkrieg weist das Instrument
starke Holzausbrüche und zahlreiche Risse im dünnwandigen
Korpus auf. Teile des unteren Rahmens sowie Querriegel,
Steg, Obersattel und Saite sind nicht mehr vorhanden. Durch
die computertomographische Untersuchung wurde eine
starke Zerstörung des Holzes durch Holzschädlinge auf der
Halsrückseite sichtbar.
Technologische Untersuchungen
Zur umfassenden Dokumentation der Konstruktion wurden
röntgenographische und computertomographische Techniken
eingesetzt. Eine dendrochronologische Untersuchung eines
Korpusspanes ergab die Datierung des jüngsten Jahrringes
auf 1722. Schwerpunkt der Untersuchungen stellte die
kunsttechnologische Analyse der Innenbeschichtung dar.
Durch mikrochemische Analysen, FT-IR-Spektroskopie,
Röntgenfluoreszenzanalyse, Röntgendiffraktomie und
der mikroskopischen Betrachtungen, speziell mit dem
Rasterelektronenmikroskop wurde Glas und Kreide in
einer proteinhaltigen Bindung, vermutlich Glutinleim,
nachgewiesen. Historische Leimrezepte zeigen auf, dass
diese Form der Leimmodifizierung eine übliche allgemeine
Anwendung darstellte. Speziell im Musikinstrumentenbau
gibt es lediglich vereinzelt historische Beschreibungen
für Glasstückchenbeschichtungen im Resonanzraum.
Ähnliche Phänomene der Oberflächenmodifizierung zur
Klangbeeinflussung finden sich an anderen Musikinstrumenten
wieder.
Objektbestimmung
Die Tromba marina ist heute ein selten beachtetes
Streichinstrument und stellt durch die Spielweise in
ausschließlicher Flageolettmanier und vor allem durch seinen
trompetenähnlichen Klang ein ungewöhnliches Musikinstrument
dar. Aufgrund besonderer Konstruktionsmerkmale der Decke
und einer in dieser Funktion seltenen Beschichtung mit
Glasstückchen auf den Korpusinnenflächen gehört das Objekt
dieser Arbeit einem spezifischen Bautyp dieser Instrumente an.
Lediglich sieben weitere Trombe marine, die ebenfalls in St.
Katharinental verwendet wurden, weisen diese Merkmale auf.
Mikroskopische Betrachtung der Innenbeschichtung: Farblose undgrünliche Glaspartikel in unterschiedlichen Korngrößen.
Mikroskopische Betrachtung eines Glaspartikels mit anhaftendem Leim. Links: Auflicht, 5-fache Vergrößerung; Muschelbruch auf Glasfläche. Rechts: UV-Licht, 5-fache Vergrößerung; bläuliche Fluoreszenz des anhaftenden Bindemittels.
Rasterelektronenmikroskopie:Leim der Innenbeschichtung und Holzfasern.
Tromba marina, GNM, Inv.-Nr. MI 1: Unteransicht. Beschichtung mit Glasstückchen auf den Innenflächen der Korpusspäne.
Tromba marina, GNM, Inv. Nr.: MI 1: Links: Vorderansicht; untere Profilleiste, Querriegel, Steg und Oberklotz fehlen. Rechts: Seitenansicht; Ausbrüche im unteren Korpus.
Technische Zeichnung.
Computertomographie: zahlreiche Fraßgänge im Hals durch Holzschädlinge verursacht.
Schließen und Leimen der Risse im Korpus mit Hilfe von Wirbelwinden und Klemmsia-Zwingen.
Konservierungs- und Restaurierungskonzept
Die Maßnahmen beinhalten das Schließen der Risse und
das Sichern loser Elemente sowie die Festigung desolater
Holzsubstanz, so dass die durch die Umstände des Krieges
erfolgten Schäden sichtbar bleiben. Somit repräsentiert die
Tromba marina nicht nur die Zeit seiner Entstehung und ihre
praktische Anwendung, sondern stellt auch ein Beispiel für das
Schicksal der Sammlungsbestände während des Krieges dar.