Post on 17-Sep-2018
Der Preis spielt keine Rolle– Versicherung und Reparaturmärkte
Antrittsvorlesung
Prof. Dr. Andreas Richter
München, 22.6.2007
Institut für Risikoforschung und Versicherungswirtschaft · LMU Munich School of Management
Institut für Risikoforschung und Versicherungswirtschaft
Munich School of Management
Andreas Richter Antrittsvorlesung, 22.6.2007
Agenda
0. Vorbemerkungen
1. Motivation: Theoretische und empirische Befunde
2. Modell und Ergebnisse
3. Lösungsansätze und Implikationen
4. Zusammenfassung und Ausblick
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Aktuelle Forschungsprojekteam INRIVER
Versicherungs-ökonomische Analyse
von Interaktion auf Versicherungsmärkten
u. Wechselwirkungen mit anderen Märkten
• Ökonomische Probleme des Alternativen Risikotransfers
• Katastrophenrisiken und Public-Private-Partnerships
• Versichertenschutzfonds aus ökonomischer Sicht
• Marktfunktion von Rückversicherungsmaklern
• Vermittlerentlohnung und Kollusionsanreize
• Neue Organisations- und Entlohnungsformen in der Gesundheitsversorgung
• Ambiguitätsaversion auf Versicherungsmärkten
• Modellierung und ökonomische Implikationen des Langlebigkeitsrisikos
• Garantien in Lebensversicherungsverträgen
Aktuelle Fragen des Katastrophenrisiko-
managements
Aktuarwissenschaftl.-ökonomische
Fragestellungen
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Das Lehrstuhl-Team
Besuchen Sie uns unter www.inriver.bwl.lmu.de
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Versicherung und Reparaturmärkte
• Traditionell befassen sich versicherungsökonomische Arbeiten im Wesentlichen mit der Interaktion von Versicherungsnehmer und Versicherer.
• Interdependenzen zwischen Versicherungs- und Drittmärkten wurden bislang nur wenig theoretisch untersucht.
• Vermutliche Ursache: Versicherungsverträge werden als spezielle und vollständige Finanzverträge interpretiert, die jedem Schadenereignis direkt eine eindeutige Entschädigungsleistung zuordnen.
• Die Menge möglicher Zustände ist in der Regel sehr komplex, so dass vollständige Versicherungsverträge nicht existieren.
• Typischerweise erstatten Versicherer entstandene Reparaturkostenund nicht eine auf das Ereignis definierte Summe.
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Versicherung und Reparaturmärkte
„Wir machen jetzt erst einmal eine Reihe von Tests. Sie sind ja privat versichert, da werden wir schon etwas finden …“
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Agenda
0. Vorbemerkungen
1. Motivation: Theoretische und empirische Befunde
2. Modell und Ergebnisse
3. Lösungsansätze und Implikationen
4. Zusammenfassung und Ausblick
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Literatur
Theoretische Arbeiten:
• Frech/Ginsburg, EI 1975: Auswirkungen von Versicherung auf monopolistische Gesundheitsmärkte.
• Gaynor/Haas-Wilson/Vogt, JPolE 2000
Empirische Arbeiten:
• Feldstein, REStat 1970; AER 1971
• Feldstein, JPolE 1973: Gemessen am gesamtwirtschaftlichen Optimum, sind Krankenversicherte tendenziell überversichert.
• Feldman and Dowd, AER 1991
• Pavcnik, RJE 2002: Preise für pharmazeutische Produkte reagieren signifikant auf Änderungen der Selbstbeteiligung der Versicherten.
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Empirische Befunde
Durchschnittlicher Preis von Markenmedikamenten und Generika (Diabetes-Medikamente, Deutschland [alte Länder])
Quelle: Pavcnik 2002
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rag
ere
tail
pri
ces
Year of insurancechange
Year
Brands
Generics
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„Es stimmt nicht, dass die Kosten die Preise bestimmen. Die im Markt erzielbaren Preise definieren die Kosten, die man sich leisten kann.“
Rainer Megerle, Megerle AG, Nürnberg
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Empirische Befunde:Der deutsche Mietwagenmarkt
Aus der Preisliste eines Autovermieters:
Diese Preise gelten nicht für den Geschäftsbereich Unfallersatzwagen
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Empirische Befunde: Der deutsche Mietwagenmarkt
• Unfallersatzwagengeschäft: Teilmarkt des Mietwagenmarktes mit versicherten Kunden → geeignetes Beispiel zur Beobachtung des Preiseffekts durch Vergleich mit freiem Geschäft.
• Signifikante Preisunterschiede zwischen freiem Geschäft und Unfallersatzwagengeschäft (UEG).
• Preise im UEG von bis zu 200% der Preise im freien Geschäft werden berichtet.
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Empirische Befunde: Der deutsche Mietwagenmarkt
Durchschnittliche Tarife auf dem deutschen Mietwagenmarkt1:
Tagestarif Wochentarif
UEG FG2 Δ3 UEG FG Δ
1997 346,15 DM
(29,87)4
277,22 DM
(45,56)
24,9% 2.025,56 DM
(260,68)
1.640,95 DM
(301,28)
23,4%
1998 359,60 DM
(33,54)
312,02 DM
(42,11)
15,2% 2.144,28 DM
(336,05)
1.812,27 DM
(293,47)
18,3%
1999 374,59 DM
(32,97)
319,71 DM
(44,16)
17,2% 2.262,56 DM
(312,61)
1.903,52 DM
(321,40)
18,9%
Jahr
1 Fahrzeugklasse 5; 2 Preise inkl. Vollkaskozuschlag; 3 Differenz; 4 Standardabweichung
UEG: Unfallersatzwagen Geschäft; FG: Freies Geschäft
Quelle: Nell, zfbf 2001
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Unfallersatzwagen – Urteile des BGH
• Aufklärungspflicht der Autovermieter, wenn Mietwagen zu einem erhöhten Tarif angeboten werden (BGH-Urteil vom 28.6.2006)
• Schadengeringhaltungspflicht des Unfallgeschädigten: Dieser ist gehalten, Vergleichsangebote einzuholen (BGH-Urteil vom 25.10.2005)
• „Ein Unfallersatztarif ist erforderlich …, wenn ein gegenüber dem "Normaltarif" höherer Preis … durch unfallbedingte Mehrleistungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist“(BGH-Urteil vom 25.10.2005)
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Agenda
0. Vorbemerkungen
1. Motivation: Theoretische und empirische Befunde
2. Modell und Ergebnisse
3. Lösungsansätze und Implikationen
4. Zusammenfassung und Ausblick
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Analyseziele
Untersuchung und ökonomische Bewertung der Interdependenzenzwischen Versicherungs- und Reparaturmarkt bei „unvollständigen“Versicherungsverträgen:
• Preiseffekte im Reparaturmarkt
• Auswirkungen auf die Anbieterzahl im Reparaturmarkt
• Rückwirkungen auf das Versicherungsproduktdesign
• Bedeutung der Struktur des Versicherungsmarktes
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Vorüberlegungen
• Im „Idealfall“ vollkommener Reparaturmärkte keine Gefahr versicherungsinduzierter Preissteigerungen.
• Wie die Untersuchung zeigen wird, ergibt sich – konsistent mit empirischen Beobachtungen – bei Berücksichtigung von Marktunvollkommenheiten ein signifikant anderes Bild.
• Berücksichtigt werden im Folgenden Präferenzen der Nachfrager in Reparaturmärkten.
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Skizze des Modellrahmens
• Reparaturmarkt
– Oligopol
– Versicherte Konsumenten
– Anbieter besitzen aufgrund von Nachfragerpräferenzen eine gewisse Marktmacht (Salop 1979)
– Markteintrittsbarriere in Form von Fixkosten
– Mengeneffekte werden nicht betrachtet (kein Ex-post-Moral-Hazard)
• Marktparteien interagieren im Rahmen eines dreistufigen Spiels
• Versicherungsmarkt
– Vollständige Verträge sind nicht möglich, Bemessungsgrundlage für Versicherungsleistungen sind die tatsächlichen Reparaturkosten
– Weder Informationsasymmetrien noch Transaktionskosten
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Wettbewerb im Reparaturmarkt & unvollständige Verträge
Auswirkungen im Reparaturmarkt
• Versicherungsschutz senkt die Preiselastizität der Nachfrage und führt zu Preissteigerungen im Reparaturmarkt.
• Reparaturpreise sind direkt vom Umfang der Versicherungsdeckung abhängig.
• Damit die Preiseffekte begrenzt werden können, sind Kostenbeteiligungen des Versicherungsnehmers erforderlich.
• Zunehmende Profitabilität der Reparaturdienstleistungen erhöht die Attraktivität des Marktzutritts für neue Anbieter (zunehmende Ineffizienz des Reparaturmarktes).
Ergebnisse
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Wettbewerb im Reparaturmarkt & unvollständige Verträge
Ergebnisse
Rückwirkungen auf den Versicherungsmarkt
• Charakteristika der bestmöglichen Lösung:
– Trade-off zwischen Risikoallokation und versicherungsinduzierten Preissteigerungen.
– Versicherungsschutz nur mit Selbstbeteiligung.
– Im Extremfall kein Versicherungsschutz.
• Relevanz der Anbieterzahl im Versicherungsmarkt
– Der im Gleichgewicht angebotene Selbstbehalt nimmt mit der Zahl der Versicherer ab.
– Die Deckung ist im Vergleich zum Optimum zu hoch.
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Agenda
0. Vorbemerkungen
1. Motivation: Theoretische und empirische Befunde
2. Modell und Ergebnisse
3. Lösungsansätze und Implikationen
4. Zusammenfassung und Ausblick
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Lösungsansätze
• Regulierende Eingriffe in die Preis-gestaltung auf Reparaturmärkten
• Versicherungstechnische Produktgestaltung (Selbstbeteiligungen, Pauschalen etc.)
• Vertikale Integration des Reparaturmarkts(Versicherer als Anbieter der Reparaturdienstleistung)
• Wirksame Durchsetzung der Schaden-minderungspflicht der Versicherten
Schwerer Eingriff
Referenzpreise erforderlich
Begrenzt das Problem, löst es nicht
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Beispiele:
• Reparaturnetzwerke mit Vertragswerkstätten in der Kfz-Versicherung
• Analog: Angebot von Unfallersatzwagen über Netzwerk der Versicherer (Versuch: „Carpartner“)
• Integrierte Handwerker-Services
• Managed Care
– Health Maintenance Organizations (HMO)
– Preferred Provider Organization (PPO)
Formen vertikaler Integration
Lösungsansätze
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0. Vorbemerkungen
1. Motivation: Theoretische und empirische Befunde
2. Modell und Ergebnisse
3. Lösungsansätze und Implikationen
4. Zusammenfassung und Ausblick
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• Versicherungs- und Reparaturmärkte sind stark interdependent, wenn Versicherungsleistungen auf Reparaturkosten bezogen werden.
• Versicherungsschutz der Nachfrager führt zu
– Preiserhöhungen auf Reparaturmärkten.
– gesamtwirtschaftlich unerwünschter Zunahme der Anbieterzahl.
• Werden Versicherungsleistungen auf Reparaturkosten bezogen, ist auch auf Versicherungsmärkten ohne Transaktionskosten Vollversicherung nicht optimal.
• Auf wettbewerblichen Versicherungsmärkten werden Verträge mit zu geringer Selbstbeteiligung angeboten.
• Modellergebnisse liefern starke Argumente für vertikale Integration von Versicherungs- und Reparaturmärkten.
Zusammenfassung und Ausblick
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Zusammenfassung und Ausblick
Weiterer Forschungsbedarf besteht z.B. im Hinblick auf
• heterogene Präferenzen der Konsumenten bezüglich des Reparaturgutes.
• unterschiedliche Intensitäten vertikaler Integration.
• Spezifika der Probleme bei externen Anspruchstellern, wie bspw. in der Haftpflichtversicherung.
• gemeinsame Untersuchung von Mengen- und Preiseffekten.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Im Anschluss laden wir ein zum Sektempfang
im
Raum über dem Speerträger
(bitte folgen Sie den Hinweisschildern)
mit freundlicher Unterstützung von:
Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft in München e.V.
und
Capgemini