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GBB-Blitzumfrage | Chancen und Risiken von Big Data im digitalisierten Geschäftsumfeld | September 2017 1
Chancen und Risiken von Big Data im
digitalisierten Geschäftsumfeld
Ergebnisse GBB-Blitzumfrage
Stefan Koll, Bernd Bretschneider | GBB-Rating Gesellschaft für Bonitätsbeurteilung mbH, Köln
Dr. Peter Kotzian, Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger | Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
insbes. Accounting, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer | Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften,
insbes. Financial Accounting, Justus-Liebig-Universität Gießen
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Digitalisierung & Big Data
Im Zuge der Digitalisierung von Abläufen in Unternehmen fallen in zunehmendem Maße
Daten an, die Geschäftsabläufe, aber auch den Gehalt von Geschäftsbeziehungen er-
fassen.
Typische Beispiele hierfür sind Prozessdaten („Wie lange dauerte eine Transaktion?“)
oder Kundendaten („Wie wurde ein Kunde betreut und welche Produkte nahm er in An-
spruch?“). Verstärkte Beachtung finden mittlerweile auch Verhaltens- und Social-Media-
Daten.
Entscheidend für Unternehmen ist es, Daten konsistent zu erfassen und zu speichern,
geeignete Daten auszuwählen und strukturiert zu analysieren, um die daraus gewonne-
nen Erkenntnisse in geeigneter Form in Prozesse, Produkte und Dienstleistungen um-
zusetzen.
Verwandte Themen aus der GBB-Blitzumfrage:
Fintechs – Bedrohung oder Chance für die Geschäftsmodelle von Banken │ April 2016
Die Banken und der digitale Strukturwandel │ April 2014
(siehe auch https://www.gbb-rating.eu/de/presse/blitzumfrage/Seiten/default.aspx)
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Hintergrund & Zielsetzung
Der Begriff Big-Data-Analysen umschreibt die
Sammlung und Analyse großer Datenmengen
aus einer Vielzahl von Quellen. Durch die zuneh-
mende Digitalisierung von Geschäftsprozessen
haben sich die in den Unternehmen anfallenden
Datenmengen deutlich erhöht. Aus den IT-Syste-
men können diese Daten extrahiert und gezielt
nach bestimmten Fragen oder rein explorativ ana-
lysiert werden. Oftmals fehlen in Unternehmen
derzeit aber Kapazitäten für den strukturierten
Umgang mit dieser neuen Herausforderung.
Durch Digitalisierung und Big Data ergeben sich
für die Unternehmen neue Möglichkeiten der
Beratung, Kundenansprache sowie der Dienst-
leistungs- bzw. Produkt- und auch Prozess-
gestaltung.
Digitalisierung und Big Data sind Themen, denen
ein großes Potenzial zugesprochen wird,
bestehende Geschäftsmodelle zu verbessern
oder neue Geschäftsfelder zu erschließen.
In den Medien und der Literatur wird viel über
Digitalisierung und Big Data berichtet und es stellt
sich die Frage, ob bzw. wie Big Data in der Praxis
angekommen ist.
Vor diesem Hintergrund bestand das Ziel der
Studie darin, die Einschätzungen von Fach- und
Führungskräften im Banken- und Finanzdienst-
leistungssektor hinsichtlich des Status Quo, des
erwarteten Nutzens, aber auch der Hemmnisse,
für den Einsatz von Big Data zu erfassen.
Hierzu wurde im Rahmen der GBB-Blitzumfrage
gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Betriebs-
wirtschaftslehre, insbesondere Accounting, an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem
Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften, insbe-
sondere Financial Accounting an der Justus-Lie-
big-Universität Gießen ein strukturierter Online-
Fragebogen entwickelt, der die relevanten The-
menfelder zu Big Data adressiert.
Die Ergebnisse dieser Umfrage erheben nicht
den Anspruch repräsentativ zu sein. Sie werfen
jedoch ein wichtiges Schlaglicht auf den Umgang
mit dem Thema Big Data.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern dieser
Umfrage.
Hintergrund Zielsetzung
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Status Quo
17,9%
51,3%
7,7%
23,1%
Ja
Nein
Geplant
Weiß nicht/keine Angabe
Big Data als Thema ist – so der bisherige Eindruck – bereits länger auf der Agenda der
Unternehmen.
Wurden in Ihrem Haus bereits Projekte im Zusammenhang mit Big Data-
Anwendungen durchgeführt?
Lediglich bei einem Viertel der Unternehmen sind bisher Big Data-Projekte
durchgeführt worden bzw. geplant.
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Geschäftsfelder
In welchen Geschäftsfeldern werden Big-Data-Analysen derzeit schon eingesetzt
bzw. wo bestünde Bedarf an solchen Analysen?
Als bedeutende Anwendungsbereiche werden derzeit das Konsumentenkredit- und
das Einlagengeschäft gesehen. Potenzial wird darüber hinaus bei Vermögensver-
waltung und -beratung erwartet. Auffällig ist der hohe Anteil an Antworten, die in
verschiedenen Geschäftsfeldern Big-Data-Analysen als nicht notwendig erachten.
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%
Vermögensverwaltung & -beratung
Investmentbanking
Wertpapiergeschäft
Immobilienfinanzierung
Zahlungsverkehr
Einlagengeschäft
Firmenkundenkreditgeschäft
Konsumentenkreditgeschäft
Ergebnisse von Big-Data-Analysen bereits verwendet
Big-Data-Analysen benötigt, derzeit noch nicht verwendet
Big-Data-Analysen nicht benötigt
Kein Geschäftsfeld von uns
Fehlend zu 100%: Weiß nicht/keine Angabe
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Leistungspotenzial
Big-Data-Analysen können rein explorativ verwendet werden, aber auch gezielt für die
Beantwortung konkreter Fragen.
Bestehen bereits konkrete Vorstellungen darüber, was Big Data leisten soll?
Lediglich 22,2 % der befragten Unternehmen äußerten konkrete Analyseziele zu
haben und über entsprechendes Know-how zu verfügen. Bei der überwiegenden
Mehrzahl ist hingegen ein Beratungsbedarf anzunehmen.
22,2%
11,1%
51,9%
14,8%
Ja, konkrete Analyseziele & Wissen welcheInformationen benötigt sind
Ja, konkrete Analyseziele, aber kein Wissen,welche Informationen benötigt sind
Nein, noch keine Vorstellung zum Einsatz vonBig Data
Weiß nicht/keine Angabe
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Nutzen
Unabhängig vom derzeitigen Einsatz ist der erwartete Nutzen von Big-Data-Analysen
zu sehen.
Wo wird der Nutzen am höchsten eingeschätzt?
Der höchste Nutzen wird in den Bereichen Risikoerkennung und Kundenbeziehungen
erwartet, Potenzial wird aber auch bei der Prozessoptimierung gesehen.
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5
Kostenreduktion
Dynamische Preisgestaltung
Erschließung neuer Geschäftsfelder
Erkennung von Unregelmäßigkeit
Verbesserte Entscheidungsfindung
Optimierung bestehender Geschäftsfelder
Verbesserte Kundenorientierung
Prozessoptimierung
Verbesserte Analyse der Kundenbedürfnisse
Stärkung der Kundenbindung durch spezifische Angebote
Verbesserte Risikoerkennung
Mittelwert auf einer Skala von 1 ‚kein Nutzen‘ bis 6 ‚sehr hoher Nutzen‘
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Hemmnisse
Big-Data-Analysen bergen Potenziale, ihrer effektiven Anwendung stehen allerdings
auch eine Reihe von Hemmnissen entgegen.
Welche sind dies in der Praxis?
Kritisch gesehen werden der Zugang zu Expertise, aber auch die Modalitäten der
Verwendung: Was ist rechtlich erlaubt? Welche Restriktionen ergeben sich durch
Datenschutzvorgaben? Und vor allem: Was billigen die Kunden (Reputations-/Ver-
trauensverlust).
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Schwieriger Zugang zu externer Kompetenz
Fehlende interne Akzeptanz
Risiko von Fehlinterpretationen
Uneinheitliche Systemlandschaft
Bedenken hinsichtlich Datenqualität
Der Aufwand übersteigt Nutzen
Bedenken bzgl. Outsourcingmöglichkeiten
Unklare Rechtslage
Reputationsrisiken/Vertrauensverlust
Mangelnde eigene Ressourcen/Expertise
Bedenken hinsichtlich Datenschutz
Grosses Hemmnis Geringes Hemmnis Kein Hemmnis
Fehlend zu 100%: Weiß nicht/keine Angabe
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Rechtliche Rahmenbedingungen
Big-Data-Analysen unterliegen den Vorschriften des Datenschutzes. Als relativ neue
Thematik ist der rechtliche Rahmen für den Umgang mit Big Data nicht in allen
Punkte klar.
Wie beurteilen die Befragten den aktuellen rechtlichen Rahmen?
Nur 12 % der befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass die rechtlichen Rahmen-
bedingungen derzeit das Sammeln und Auswerten von Daten erlauben. Zwei Drittel
(64 %) sehen dies kritisch.
12%
52%
12%
24% Rechtliche Rahmenbedingungen verbietenDatensammlung & Auswertung
Rechtliche Rahmenbedingungen schränkenDatensammlung & Auswertung ein
Rechtliche Rahmenbedingungen erlaubenDatensammlung & Auswertung
Weiß nicht/keine Angabe
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Bedenken
Big-Data-Analysen verschärfen den Wettbewerb zwischen den Akteuren und haben in
der breiten Öffentlichkeit ein schlechtes Image.
Was macht den Befragten in dieser Hinsicht die meisten Sorgen?
Sorgen machen den Befragten eher mögliche negativen Außenwirkungen, als die
Sorge um Wettbewerbsnachteile oder eine falsche Verwendung von Big-Data-
Analysen.
Mittelwert auf einer Skala von 1 ‚keine Sorgen‘ bis 6 ‚große Sorgen‘ 0 1 2 3 4 5
Unternehmen kann nicht schnell genugKompetenz für Big Data aufbauen und
hat Wettbewerbsnachteile
Negative Publicity durch dasSammeln/Verwenden von Daten
Fehlentscheidungen basierend aufFehlinterpretationen von Big Data
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Ressourcenaufbau
Die Mehrheit der Befragten sieht für ihr Unternehmen in den nächsten zwei Jahren
keine konkreten Pläne, die Personalausstattung für Big-Data-Analysen zu erhöhen.
Lediglich 36 % haben die Absicht entsprechende Ressourcen aufzubauen.
4% 4%
28%
32%
32%Absicht, Mitarbeiter für Big Data-Analysen einzustellen
Absicht, Kompetenz für Big Data extern einzukaufen
Absicht, Kompetenz intern aufzubauen (Weiterbildung)
Keine zusätzliche internen/externe Kapazitäte geplant
Weiß nicht/keine Angabe
Big-Data-Analysen sind gegenüber Kernbereichen der IT, wie Infrastruktur aber auch
Cyber-Security, personell noch kaum ausgebaut.
Wie steht es um den Aufbau entsprechender personeller Kapazitäten?
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Externer vs. interner Ressourcenaufbau
Für die Befragten sprechen viele Argumente, gerade auch Datenschutz, für eine
interne Bereitstellung von Big-Data-Analysen. Allerdings sehen sie nicht die
notwendigen methodischen (Daten auswerten) und technologischen (Daten aus
Geschäftsprozessen gewinnen) Kompetenzen; diese dauerhaft aufzubauen wird als
zu teuer gesehen.
Die Kompetenzen bzw. erforderlichen Kapazitäten für die Durchführung von Big-Data-
Analysen können intern aufgebaut werden, die Aufgabe kann aber auch an externe
Dienstleister vergeben werden.
Was sind die Gründe, die für das eine oder andere Modell sprechen?
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Technologische Kompetenz
Methodische Kompentenz
Kosten-Nutzen-Abwägungen
Datenschutz
Interne Bereitstellung Externe Bereitstellung Weiß nicht
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Kooperation
Die Weitergabe und das Zusammenlegen von Daten aus eigenen Geschäftsbe-
ziehungen wird restriktiv gesehen. Dies soll nur vollständig anonymisiert oder
überhaupt nicht geschehen.
Big-Data-Analysen profitieren gerade vom Poolen von Daten aus verschiedenen
Quellen, aber auch von der reinen Menge der verfügbaren Daten. Interessant sind
daher Möglichkeiten, vorhandene eigene Daten zu ergänzen.
Wie steht es um die Bereitschaft zum Poolen von Daten?
Angaben in Prozent gültiger Fälle0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Bereitschaft, andere Daten zu kaufen, um eingene zuergänzen?
Bereitschaft, mit anderen Unternehmen gemeinsameDatenpools aufzubauen?
Bereitschaft, Daten aus Geschäftsprozessen anderenverfügbar zu machen?
Ja Nein
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Kundenakzeptanz
40% der befragten Unternehmen glauben nicht, dass ihre Kunden eine Weitergabe
von Daten akzeptieren würde. Mehr als die Hälfte halten andererseits eine zumindest
anonymisierte Weitergabe aus Kundensicht für akzeptabel.
Big-Data-Analysen sind aufgrund datenschutzrechtlicher Überlegungen, aber auch
der Sensibilität der Daten ein heikles Thema.
Wie wird die Bereitschaft der Kunden, Daten weiterzugeben, eingeschätzt?
44%
8%
40%
8%
Unsere Kunden akzeptieren eineanonyme Weitergabe
Unsere Kunden akzeptieren aucheine nicht-anonyme Weitergabe
Unsere Kunden akzeptieren keineWeitergabe
Weiß nicht/keine Angabe
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Angaben zu den Teilnehmern der Studie
Kontaktiert wurden etwa 200 Personen. Teilgenommen haben davon 40 (20%).
28%
36%
16%
12%
4%4%
Unternehmensgröße
11 bis 50 51 bis 200
201 bis 500 501 bis 1.000
5.001 bis 10.000 Mehr als 10.000
16%
64%
16%
4%
Position im Unternehmen
Angestellte/r
Leitende/r Angestellte/r
Geschäftsführung
Mitglied Aufsichts-/Verwaltungsrat
40%
40%
4%
16%
Branche
Banken
Sonstige Finanzdienstleister
Öffentliche Verwaltung/Universitäten
Andere Unternehmen
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Kernergebnisse
1. Teilnehmer der Umfrage waren Fach- und Führungskräfte insbesondere aus dem Banken-
und Finanzdienstleistungsbereich in Deutschland.
2. Big-Data-Analysen kommen im Banken- und Finanzdienstleistungsbereich bei den
Befragten bisher nur rudimentär zum Einsatz. Mit einer kurzfristigen Änderung dieses
Sachverhalts ist derzeit nicht zu rechnen.
3. Insbesondere das Konsumentenkredit- und das Einlagengeschäft im Bankenbereich
werden als Anwendungsfeld für Big-Data-Analysen gesehen bzw. diese kommen dort
bereits zum Einsatz.
4. Als Hemmnisse für die Verwendung von Big-Data-Analysen werden insbesondere
mangelnde eigene Expertise und Ressourcen sowie Datenschutzbestimmungen
angesehen.
5. Sorgen machen den Befragten zudem mögliche negative Außenwirkungen durch das
Sammeln und Verwenden von Daten.
6. Big-Data-Analysen sind in personeller Hinsicht bei den Unternehmen gegenüber den
Kernbereichen IT-Infrastruktur oder Cyber-Security bisher kaum ausgebaut. Konkrete
Pläne für einen Aufbau der Personalausstattung im Bereich Big Data liegen nicht vor.
7. Big-Data-Analysen sind angesichts datenschutzrechtlicher Bestimmungen und der
Datenstruktur insbesondere im Banken- und Finanzdienstleistungsbereich ein sensibles
Thema. Die Bereitschaft der Weitergabe von Daten oder Ergänzung aus anderen Quellen
zur ganzheitlichen Analyse wird von der Mehrzahl der Befragten kritisch gesehen.