Post on 04-Jun-2020
EINE GESCHICHTE VONRUß 8+
ASCHENPUTTEL
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HELLO COAL MINER, I’M SO PROUD TO BE YOUR FRIEND
RUß – EINE GESCHICHTE VON ASCHENPUTTELBallett von Bridget Breiner Musik von Johann Strauss (Sohn), Woody Guthrie, Nina Simone u. a. KARLSRUHER NEUFASSUNG
PREMIERE 4.1.20 KLEINES HAUS Aufführungsdauer ca. 1 ¾ Stunden, eine Pause nach dem 1. Akt
Bitte beachten Sie, dass hier nur die Premierenbesetzung vom 4.1.20 abgedruckt ist. Die jeweils aktuelle Abendbesetzung entnehmen Sie bitte dem Besetzungseinleger und dem Aushang.
HELLO COAL MINER, I’M SO PROUD TO BE YOUR FRIEND
Livia FRANCESCA BERRUTO Sophia SARA ZINNAMutter von Livia und Sophia ALBA NADAL Clara RITA DUCLOSVater von Clara JOSÉ URRUTIA J. R. Prince, Sohn eines Industriebarons EMIEL VANDENBERGHE Mitch, ein Arbeiter LEDIAN SOTO Arbeiter PAUL CALDERONE, BARIS COMAK,
VALENTIN JUTEAU, JOÃO MIRANDA, DANIEL RITTOLES, LOUIZ RODRIGUES, JOSHUA SWAIN
Ballgäste DÉSIRÉE BALLANTYNE, ANASTASIYA DIDENKO, NAMI ITO, MOMOKA KIKUCHI, CAROLIN STEITZ; OLGERT COLLAKU, MAXIME QUIROGA, DANIEL RITTOLES, LOUIZ RODRIGUES
Akkordeon MARKO KASSL
Choreografie & Inszenierung BRIDGET BREINERBühne & Kostüme JÜRGEN KIRNERLicht PATRICK FUCHSEinstudierung LYNNE CHARLESMusikarrangements Akkordeon MARKO KASSLSzenische Mitarbeit SEBASTIAN SCHWABDramaturgie ANNA GRUNDMEIER, FLORIAN KÖNIGBallettmeister ALEXANDRE KALIBABCHUK, JENS ROSÉNBühnenbildassistenz SOOJIN OHKostümassistenz ANNEMARIE KÖGL, HÉLÈNE DIONInspizienz ALEXANDRE KALIBABCHUKTheaterpädagogik ANNA MÜLLER
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BALLETT – LEITUNG UND ENSEMBLE Ballettdirektorin & Chefchoreografin BRIDGET BREINER Ballettmanager & Stellvertreter der Ballettdirektorin FLORIAN KÖNIG Referentin der Ballettdirektion TONIA TILCH Dramaturgin SILKE MEIER-BRÖSICKE Ballettmeisterin & Künstlerische Begleitung LYNNE CHARLES Ballettmeister & Inspizienz Prof. ALEXANDRE KALIBABCHUK Ballettmeister JENS ROSÉN Korrepetition INNA MARTUSHKEVYCH, ANGELA YOFFE Theaterpädagogik Ballett ANNA MÜLLER Verwaltung der Ballettschuhe HÉLÈNE DIONSolistinnen DÉSIRÉE BALLANTYNE, FRANCESCA BERRUTO, ANASTASIYA DIDENKO, RITA DUCLOS, NAMI ITO, MOMOKA KIKUCHI, CAROLINA MARTINS, ALBA NADAL, LISA PAVLOV, NADJA SELLRUP, LUCIA SOLARI, CAROLIN STEITZ, BRIDGETT ZEHR, BALKIYA ZHANBURCHINOVA, SARA ZINNASolisten PAUL CALDERONE, OLGERT COLLAKU, BARIS COMAK, VALENTIN JUTEAU, ED LOUZARDO, JOÃO MIRANDA, TIMOTEO MOCK, PABLO OCTÁVIO, MAXIME QUIROGA, DANIEL RITTOLES, LOUIZ RODRIGUES, LEDIAN SOTO, JOSHUA SWAIN, JOSÉ URRUTIA, EMIEL VANDENBERGHE
Technischer Direktor IVICA FULIR Technischer Direktor Ballett RALF HASLINGER Bühne KLEINES HAUS HENDRIK BRÜGGEMANN, STEFAN BLUM Leiter der Beleuchtungsabteilung STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton/Video JAN FUCHS Leiter der Videoabteilung GUNTER ESSIG Leiter der Requisite TILO STEFFENS Requisite CLEMENS WIDMANN Werkstättenleiter JAKOB KERSCHER Produktionsleiter MAIK FRÖHLICH Konstrukteur EDUARD MOSER Malvorstand GIUSEPPE VIVA Leiter der Theaterplastiker WLADIMIR REISWICH Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polster und Dekoabteilung UTE WIENBERG Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister*in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, HELENA WACHAUF Waffenmeister HARALD HEUSINGER, MICHAEL PAOLONE Schuhmacherei THOMAS MAHLER, NICOLE EYSSELE, JUSTINE MARCHAND Modisterei DIANA FERRARA,JEANETTE HARDY Chefmaskenbildnerin CAROLINE STEINHAGE Maske SOTIRIOS NOUTSOS, RENATE SCHÖNER, HATAY YALCIN
Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind.
AufführungsrechteHello Coal Miner by Sarah O Gunning & Pretty Bird by Hazel J Dickens: (BMI) Happy Valley Music (BMI) c/o Concord Music PublishingBlue Ruins by Fumio Yasuda © Winter & Winter GmbH
Wir danken Franck Angelis, Marko Kassl, Klaus Paier, Arash Safaian und Fumio Yasudafür die freundliche Bereitstellung ihrer Werke.
3Livia Francesca Berruto, Mitch Ledian Soto
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Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel war Bridget Breiners erstes Handlungsballett, das sie in der Spielzeit 2012/13 als Ballettdirektorin des Ballett im Revier Gelsenkirchen zur Uraufführung brachte. In Karlsruhe zeigt sie nun eine in der Tänzer*innenbesetzung erweiterte Fassung.
Wir erleben die klassische Geschichte von Aschenputtel, allerdings erzählt aus der Sicht von Livia, einer ihrer Stiefschwestern. Klassische Märchen zeigen uns meistens klare Zuordnungen von Gut und Böse, die der Erziehung dienen, aber fern bleiben von der Realität unseres Zusammenlebens. In Ruß lernen wir durch den Perspektivwechsel auf Livia eine komplexere, aber auch menschlichere Lesart kennen. Oft sind es die Umstände, die uns zu bestimmten Taten bringen und nicht die böse Absicht.
Ästhetisch treffen in Ruß zwei Welten aufeinander. Die USamerikanische Berg arbeitertradition der 1940er Jahre
wird verwebt mit einem Rückblick auf die Hochzeit des deutschen Steinkohleabbaus im Ruhrgebiet. Damit verbindet Bridget Breiner auch ihre eigene Herkunft mit ihrer vorherigen Wirkungsstätte in Deutschland.
Die im Bühnenbild verbauten Metall körbe sind typisch für die Zechen des Ruhrgebietes und dienten als Vorgänger der Spinde. In den sogenannten Waschkauen haben die Bergarbeiter in den Körben ihre privaten Klamotten und die verschmutze Arbeitskleidung untergebracht und an einer langen Kette an die Decke der Kauen gezogen. Es gab die „weiße Kaue“ für die saubere Privatkleidung und die „schwarze Kaue“ für die Arbeitskleidung.
In Bridget Breiners Fassung ist der Prinz weniger ein Ritter in weißer Rüstung, sondern vielmehr ein Sohn des ansässigen Industriemagnaten. Daher wundert es nicht, dass der Name J. R. Prince augenzwinkernd an den aufschneiderischen
GEFASSTKURZ
DAS WICHTIGSTE IN 5 MINUTEN
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J. R. Ewing der amerikanischen Erfolgsserie Dallas aus dem Jahr 1978 erinnert.
Der Abend ist eine musikalische Collage aus LiveMusik und Einspielungen. So trifft Johann Strauss’ (Sohn) Partitur seiner Ballettmusik Aschenbrödel auf USamerikanische Arbeiter und Protestlieder von Woody Guthrie, Hazel Dickens oder Sarah Ogan Gunning. Zeitgenössische Werke für Akkordeon bilden die dritte Klangwelt des Abends.
Ein zentrales Motiv des Balletts ist die Eifersucht bzw. der Neid. Livia entdeckt in ihrer neuen Schwester Clara, dem Aschenputtel, ihr Gegenstück, eine unbeschwertere, freiere Version ihrer Selbst. Bewunderung und Faszination wandeln sich in Eifersucht um und werden zur schwersten Herausforderung für Livia.
2013 erhielt Bridget Breiner für ihr Ballett Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel den Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie „Beste Choreografie“.
YOU ASK ABOUT WORK AND YOU ASK ABOUT PAY,THEY’LL TELL YOU THEY MAKE LESS THAN A DOLLAR A DAY
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ZUM INHALT
ES WAR
1. AKT
Ein Mann stirbt, sein Tod ändert alles für die zurückbleibende Frau und ihre beiden Töchter Livia und Sophia. Als der soziale Abstieg droht, bricht die Mutter mit ihren Kindern in eine ungewisse Zukunft auf. In einem Kohleabbaugebiet findet sie schließlich den erhofften Versorger für sich und die Mädchen. Doch auch der neue Mann bringt eine Tochter mit in die Ehe. Clara ist unbeschwert, natürlich und willensstark, ganz anders als ihre sensible Stiefschwester Livia: Fügsam und ernst leidet Livia unter der Kontrolle und den ehrgeizigen Zukunftsplänen ihrer Mutter, die sich zu erfüllen scheinen, als der Sohn des örtlichen Industriebarons J. R. Prince die Familie zum Ball lädt. Nur das „Aschenputtel“ Clara muss auf Geheiß der Stiefmutter zuhause bleiben.
2. AKT
Auf dem Ball zerbricht Livias Traum vom Glück nach wenigen Augenblicken: ihr gelingt es nicht, das Interesse des Industriellen sohns dauerhaft auf sich zu lenken. Als unvermittelt Clara im Tanzsaal erscheint, um ihrem Vater beizustehen, ist der J. R. Prince von der Natürlichkeit des rußbeschmierten Mädchens wie verzaubert. Nachdem er sie mithilfe eines zurückgelassenen Schuhs nach dem Ball wiederfindet, hat das Aschenputtel seinen Prinzen gefunden ... Doch was ist mit Livia? Nach einer letzten Konfrontation mit ihrer Mutter schafft sie es, sich von ihr zu befreien und ihr eigenes Glück zu finden.
EINMAL ...
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EINMAL ...
MUSIK
Live Musik
Franck Angelis Impasse, Satz 3 + 4Marko Kassl Ruß.PartikelKlaus Paier AwakeningKlaus Paier HymnArash Safaian AlphaJohann Strauss (Sohn) Aschenbrödel arrangiert für Akkordeon von Marko KasslFumio Yasuda Blue Ruins
Musik vom Band
Hazel Dickens Pretty BirdSarah Ogan Gunning Hello Coal MinerWoody Guthrie 1913 MassacreUncle Dave Macon We’re Up Against It NowCamille SaintSaëns/Nina Simone Theme from „Samson and Delilah“ Johann Strauss (Sohn) Aschenbrödel, An der schönen blauen Donau
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9J. R. Prince Emiel Vandenberghe, Livia Francesca Berruto, Arbeiter Daniel Rittoles, Louiz Rodrigues
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DAS MÄRCHEN DER GEBRÜDER GRIMM
Ein reicher Kaufmann lebt glücklich mit seiner Frau und seiner einzigen Tochter. Doch dann wird die Frau todkrank. Bevor sie stirbt, sagt sie ihrer Tochter, dass sie vom Himmel aus auf sie Acht geben wird. Noch ehe ein Jahr vorbei ist, heiratet der Mann wieder. Die Stiefmutter macht dem Mädchen das Leben schwer, wo sie nur kann, und ebenso schlecht wird sie von den beiden Töchtern der Frau behandelt. Sie nehmen ihr alle schönen Kleider weg und geben ihr stattdessen einen grauen Kittel, dazu die Worte:
„Wer Brot essen will, muss es verdienen: hinaus mit der Küchenmagd!“
Das Mädchen verrichtet alle schmutzigen und schweren Hausarbeiten. Ihr Schlafplatz ist fortan in der Asche beim Herd, weshalb sie von allen Aschenputtel gerufen wird. Als der Vater einmal zu einer Messe reist, darf sich jede Tochter etwas wünschen. Die Stieftöchter wünschen
sich schöne Kleider, Perlen und Edelsteine. Aschenputtel aber möchte vom Vater das erste Reis, das auf der Heimreise seinen Hut streift. Sie pflanzt das Zweiglein auf das Grab ihrer Mutter, wo es zu einem schönen Baum heranwächst. Täglich besucht sie das Grab, um dort zu weinen und zu beten. Auf dem Baum sitzt jedes Mal ein Vogel, der ihr manchen Wunsch erfüllt.Der König hat zu einem dreitägigen Fest geladen, da der Königssohn eine Braut sucht. Die Stiefschwestern putzen sich heraus, und auch Aschenputtel bettelt, mit zum Tanz gehen zu dürfen. Die Stiefmutter schüttet eine Schüssel Linsen in die Asche, die Aschenputtel auslesen soll. Schafft sie die Arbeit in einer gewissen Zeit, dann darf sie mitkommen. Aschenputtel bittet ihre Freunde, die Tauben, zu Hilfe:
„Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“
ASCHEN-PUTTEL
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und tatsächlich ist die Arbeit in der vorgegebenen Zeit geschafft. Aber Aschenputtel darf trotzdem nicht mit zum Ball – schließlich habe sie kein einziges schönes Kleid, nur Lumpen, und man müsse sich ihretwegen schämen. Als Stiefmutter und Stiefschwestern zum Schloss davonfahren, geht Aschenputtel zum Grab ihrer Mutter und bittet den Baum:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich wirf Gold und Silber über mich!“
Der Vogel wirft ein wunderschönes Kleid über sie. Auf dem Fest wird sie von allen bewundert, der Königssohn tanzt nur mit ihr und lässt auch nicht zu, dass sie mit einem anderen tanzt. Abends verschwindet sie, und der Königssohn kennt nun zwar ihr Haus, findet aber nicht das Mädchen. Der Vater hat allerdings den Verdacht, die unbekannte Schöne könnte Aschenputtel sein. Am nächsten Tag geht sie wieder zum Fest, in einem noch schöneren Kleid.
Diesmal hat der Prinz die Treppe mit Pech bestreichen lassen, und als seine Tänzerin ihm wieder davonläuft, bleibt einer ihrer Pantoffeln daran kleben. Der Prinz geht zum Haus des Kaufmanns, um die Besitzerin des Schuhs als seine Braut zu fordern. Beiden Stiefschwestern ist der Schuh zu klein, die eine hackt deswegen einen Zeh, die andere ein Stück von der Ferse ab. Doch die Tauben vereiteln den Betrug:
„Rucke di gu, rucke di gu, Blut ist im Schuh: Der Schuh ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Auf die Frage des Prinzen, ob er nicht noch eine Tochter hätte, antwortet der Mann: nur das Aschenputtel. Der Schuh passt auf Feinste, und Aschenputtel wird die Gemahlin des Königssohns. Die Stiefschwestern wollen sich nun einschmeicheln, doch die Tauben hacken ihnen zur Strafe die Augen aus.
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13Vater José Urrutia, Mutter Alba Nadal
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15Livia Francesca Berruto, Sophia Sara Zinna, Vater José Urrutia, Mutter Alba Nadal, Clara Rita Duclos
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Choreografin und Ballettdirektorin Bridget Breiner im Gespräch mit Ballettmanager Florian König
Bridget, 2005 hast du angefangen zu choreografieren,aberesdauertenochfastacht Jahrebisdudicherstmalseinemabendfüllenden Handlungsballett ge-widmet hast. „Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel“ war dein erstes abendfül-lendes Handlungsballett, das du 2013 für das Ballett im Revier Gelsenkirchen kre-iert hast. Sind Handlungen eine besondere Herausforderung für Choreograf*innen?
Tatsächlich habe ich mich vor Ruß schon einmal an einer Handlung versucht, einer etwa 15minütigen Kammerfassung von Othello. Daher wusste ich bereits, dass mich das Geschichtenerzählen interessiert und als Tänzerin habe ich es sehr geliebt, wenn es darum ging, Charaktere
zu interpretieren. Allerdings war Ruß eine riesige Herausforderung. Mir fehlte damals die Erfahrung, das Fundament für ein Handlungsballett zu legen. Ich hatte zwar eine Geschichte ausgewählt, ein Konzept überlegt und eine musikalische Welt im Kopf, aber keinen klaren Plan wie alles zusammenpassen würde. Zum Zeitpunkt der Entstehung kannte ich auch die Tänzer*innen noch nicht wirklich. Ich hatte die Ballettdirektion in Gelsenkirchen gerade frisch übernommen.Allerdings gab es bereits emotionale Szenen in meinem Kopf. Es schien richtig, ein „storyboard“ zu verfassen, aber ich kam nicht weit, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie die Bewegung selbst die Geschichte erzählen kann, bevor ich überhaupt angefangen hatte, mit den Tänzer*innen zu arbeiten. Am Schluss geschah alles gleichzeitig: Physische Bewegung beeinflusste den Erzählprozess,
ZUR ENTSTEHUNG DES BALLETTS
UNGLEICHEGESCHWISTER
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beeinflusste die Musikauswahl, beeinflusste das Szenario. Es war und ist für mich immer noch ein nervenaufreibender, aber zugleich ein unglaublich inspirierender Weg zu choreografieren.
Was hat dich dazu inspiriert, das Aschen-puttel-Märchen der Gebrüder Grimm aus-zuwählen?
Ich brauchte eine Geschichte und ich brauchte ein Ballett mit guten Rollen für Frauen, denn ich hatte starke Tänzerinnen in der Company. Ein guter Freund von mir erzählte mir einmal, dass Johann Strauss (Sohn) eine Ballettmusik zu Aschenputtel geschrieben hat. Vielleicht sollte das mal jemand ausprobieren und wäre es nicht spannend, das Ganze auch noch auf einem Akkordeon zu spielen?! Hinzu kam die Historie Gelsenkirchens, des Ruhrgebietes, die mich darauf brachte, das Stück in ein Arbeitermilieu zu versetzen. Es ist eine Geschichte von Schmutz, Ruß und „rags to riches“ („vom Tellerwäscher zum Millionär“).
Der größte Unterschied deiner Erzähl-weise zum klassischen Märchen ist der Perspektivwechsel von Aschenputtel, in unserem Fall Clara, auf eine der Stief-schwestern, Livia. Was hat dich dazu bewogen, die Geschichte aus ihrer Sicht-weise zu erzählen?
Ich wollte die Geschichte menschlicher machen, näher an unserem Leben und nachvollziehbarer. Es war mir nicht genug, einfach nur Mitleid für Aschenputtel zu empfinden. Es gibt bereits unzählige Nacherzählungen verschiedenster Märchen, die darauf aufbauen. Und natürlich habe ich auch immer an die Company gedacht. Wie kann ich interessante Rollen für mehr Tänzer*innen kreieren?
Spricht man mit dir über die Charaktere, tauchtimmerwiederderBegriffdesNeidsoder der Eifersucht auf. Was bedeuteten fürdichdieseBegriffein„Ruß“?
Eifersucht ist eine toxische Emotion. Ich glaube, es ist etwas, das ich als junge Tänzerin selbst oft gefühlt habe, also war ich in der Lage, viel von Livia aus meiner eigenen Erfahrung heraus einzusetzen. Es gibt psychologische Studien zu Aschen-puttel, die aufzeigen, wie die Eifersucht der Stiefmutter und der Stiefschwestern auf Aschenputtel sie zu ihrer Boshaftigkeit antreibt. Ich fand es spannend darüber nachzudenken, wie unsere eigene Eifersucht die Umstände verschlimmern, sie macht uns „hässlich“.
Gerade in Märchen erleben wir eine klare Schwarz-Weiß-Zeichnung der Gesellschaft. Es gibt die Guten und die Bösen, die „Glücklich bis ans Ende ihrer Tage“-Paare und die Verlierer. Machst du Livia in deinem Fall zur Gewinnerin? Wird sie zur Guten? Welche Rolle spielt Livias Mutter?
Livia ist eine Gewinnerin, weil sie in der Lage ist am Ende des Balletts für sich allein zu sitzen und zu lächeln. Ich denke, der Prinz und Clara, das Aschenputtel, sind auch Gewinner, aber ihr Happy End schmälert nichts mehr von Livias Freude oder Glücklichsein. Die Mutter ist eine andere Geschichte. Man fühlt mit ihr zu Beginn, und das war mir wichtig. Sie ist eine alleinstehende Frau und zieht ihre Töchter mit sich, um zu finden, was ihr Leben besser macht. Sie ist stark und sie hat Macht. Am Ende jedoch macht ihr Überlebenskampf sie hart und unmenschlich – sie kann nicht glücklich sein.
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Im Laufe des Balletts wird Livias Position als Außenseiterin immer deutlicher. Ihrer Mutter kann sie nicht gerecht werden und ihre kleinere Schwester fühlt sich mehr zu Clara Clara hingezogen als zu ihr. Der ein-zige, der an Livias Seite zu stehen scheint, ist der Arbeiter Mitch, der in der Original-geschichte nicht existiert. Warum hast du diesen Charakter hinzugefügt?
Durch Mitch wollte ich Livia etwas Güte zeigen, Freundlichkeit. Ihre gemeinsamen Szenen geben uns die Chance, Livias weichere Seiten zu sehen, in ihren Duetten lernen wir sie besser kennen, verstehen ihren Schmerz, aber auch das Potential ihrer Handlungen. Und wie so oft in meinen Besetzungsentscheidungen: Ich brauchte eine weitere starke Rolle für einen starken Tänzer in meiner Company, er hat mich dazu inspiriert.
Zwischen der Kreation und der jetzigen Neufassung in Karlsruhe liegen knapp 7 Jahre. Ändert sich das Stück für dich bzw. wie blickst du jetzt auf deine Arbeit?
Ich hatte das Gefühl, dass ich das Ballett nicht wirklich gesehen hatte bis zur Premiere damals. Wir waren in solch einem
Stress, alles kam erst ganz zum Schluss wirklich zusammen und ich konnte nicht sehen, was wir eigentlich geschaffen hatten, bis der Vorhang sich öffnete. Ich war sehr überrascht, positiv. In der Adaption für Karlsruhe war es unglaublich spannend für mich das Ballett jetzt zu sehen und mich zu erinnern, wie schwierig es damals war, die Lösungen zu finden für Erzählweise, Musik, Szenenauswahl etc. Und jetzt wirkt alles ganz natürlich, als hätte es niemals anders sein können. Ich erinnerte mich auch, wie sehr die Originalbesetzungen das Ballett beeinflusst haben, wie sehr sie die Rollen mitkreierten und wie wichtig es ist, dies in einer Wiederaufnahme oder einer Adaption immer mitzudenken. Wir fragen unsere Tänzer*innen nicht zu sein wie die Originalbesetzung. Sie kommen als eigene Individuen und Interpret*innen zu diesem Ballett, aber wir versuchen die Chemie zwischen den Protagonist*innen der einzelnen Besetzungen zu finden, die die gesamte Geschichte mittragen. Wir versuchen zur Essenz zurückzukehren, welche Emotionen vermittelt werden sollen und wie die Tänzer*innen, die jetzt tanzen, ihren Weg darin finden dies zu tun. Eine sicherlich nicht einfache, aber für uns alle umso beglückendere Aufgabe.
FLY AWAY LITTLE PRETTY BIRDAND PRETTY YOU’LL ALWAYS STAY
19Livia Francesca Berruto, Clara Rita Duclos
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21Arbeiter Paul Calderone, João Miranda, Louiz Rodrigues, Daniel Rittoles, Valentin Juteau, Joshua Swain
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Mit der Schließung der letzten noch aktiven Zeche ProsperHaniel in Bottrop am 21.12.2018 ist der Steinkohlebergbau in Deutschland zu Ende gegangen und mit ihm auch eine der bedeutendsten Epochen der deutschen Industriegeschichte. Über 150 Jahre haben rußgeschwärzte Hochöfen, Fördertürme und vor allem die Bergarbeiter selbst, „Kumpel“ und „Malocher“ genannt, das Bild von Deutschlands größtem Bergbaustandorts, dem Ruhrgebiet, geprägt. Auch wenn in Zeiten des Klima und Gesellschaftswandels die Abwendung vom Kohleabbau und die Hinwendung zu nachhaltigeren Konzepten der Energiegewinnung richtig erscheint, dürfen wir nicht vergessen, dass auch diese Ära zu ihrer Zeit als zukunftsweisend und kulturprägend galt. Was in Gesprächen mit ehemaligen „Malochern“ nostalgisch an eine untergegangene Epoche erinnern mag, ist doch zugleich Sinnbild einer Gesellschaft, die nach einer besseren Zukunft strebte, nach Selbstbestimmung, und die über
zeugt war, dass harte Arbeit, Geduld und eine positive Lebenseinstellung Glück und Erfolg bedeuten konnten.
Mit dieser Annahme sind wir nicht weit entfernt von den Grundideen des sogenannten „American Dream“, dem amerikanischen Traum, der seit der Kolonialisierung des Kontinents das Arbeits und Privatleben der amerikanischen Bevölkerung geprägt hat. Der amerikanische Autor James Truslow Adams definierte 1931 erstmals den amerikanischen Traum in der Maxime, dass allen ein besseres Leben zustehen sollte, mit gleichen Chancen unabhängig von gesellschaftlicher Stellung oder Herkunft. Voraussetzung war einzig der Wille, für seinen Erfolg zu arbeiten.
ASCHENPUTTEL ALS GLÜCKSPARABEL
Im Märchen von Aschenputtel begegnen wir in unterschiedlichen Charakteren einiger dieser Ideen wieder. Die Stiefmutter
ZUR INSZENIERUNG & MUSIK
ARBEITERTRADITION
ZWISCHEN
UND AMERIKANISCHERKOHLENPOTT
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ARBEITERTRADITION
von Aschenputtel sucht einen neuen Vater für ihre zwei Töchter, einen Ernährer, der hilft, die Familie wieder auf sichere Beine zu stellen und die Voraussetzungen zu schaffen, dass sie und ihre Familie in eine bessere Zukunft blicken können. Aschenputtel ist von ihrer Umwelt für ihre freundliche und fleißige Art beliebt. Sie folgt ganz dem letzten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter, immer „fromm und gut“ zu sein. Sie erträgt ohne Widerworte die beschwerlichen Aufgaben, die ihre Stiefmutter ihr aufträgt und wird am Ende ihres Leidensweges mit dem Prinzen und einem Happy End belohnt. Alle sind, bewusst oder unbewusst, auf der Suche nach ihrem Weg zum Glück.
Für die aus Columbus, Ohio, stammende USAmerikanerin, die Choreografin und Ballettdirektorin Bridget Breiner waren diese Parallelen zwischen dem Märchen, ihrer Heimat und ihrer ehemaligen Wirkungsstätte am Ballett im Revier Gelsenkirchen, mitten im Ruhrgebiet, Inspiration genug, ihre Ballettadaption von Aschenputtel in eine fiktive Welt zu versetzen, die alles miteinander verwebt, denn auch die vereinigten Staaten, vor allem in den 1940er Jahren, waren geprägt vom Bergbau und den damit verbundenen Lebensumständen. Claras bzw. Aschenputtels Vater wird zum Vorarbeiter einer Bergarbeitertruppe, der Prinz wird zum Sohn eines Industriebarons und aus Aschenputtels gläsernen Schuhen werden waschechte Arbeiterstiefel.
VON WASCHKAUEN UND ARBEITERHÜTTEN
Gemeinsam mit Bühnen und Kostümbildner Jürgen Kirner schafft sie einen erzählerischen Rahmen, der dem Publikum
verschiedene Elemente der Historie beider Länder und Bergbauregionen näherbringt. Stilprägend für das Ruhrgebiet sind die hängenden Drahtkörbe über den Köpfen der Tänzer*innen, die sonst zu hunderten in den sogenannten Waschkauen der Zechen unter der Decke hängen. Hier konnten die Berg arbeiter in der weißen Kaue ihre saubere Kleidung und in der schwarzen Kaue ihre schmutzige Arbeitskleidung unterbringen. Über eine Kette wurde alles nach oben gezogen und damit eine effiziente Lösung für Spinde geschaffen. Die Holzwände im Ballett wiederum sind exakte Nachempfindungen der Häuser und Hütten in amerikanischen Bergarbeitersiedlungen, die aus einfachen Holzlatten gezimmert waren.
Einen Kontrast zur Welt des Bergbaus und der Arbeiter bildet der Ball im 2. Akt. Die Eleganz der Ballgarderoben lässt den Schmutz und Ruß kurz vergessen und das, obwohl das Glitzern der Kohle im Hintergrund und die zu Kronleuchtern umfunktionierten Drahtkörbe nicht verheimlichen, wo wir uns befinden.
ZWISCHEN KLASSIK UND PROTESTLIEDERN
Ein weiteres entscheidendes Element des Balletts, das uns die Kontraste wie Parallelen der verschiedenen Welten näher bringt, ist die Musik. Ruß ist eine Collage unterschiedlichster Klangwelten: Klassische Elemente, wie Ausschnitte aus der Ballettmusik zu Aschenbrödel, treffen auf amerikanischen Arbeiterlieder und zeitgenössische Werke für Akkordeon. Der Komponist Johann Strauss (Sohn) (1825–1899) hinterließ nach seinem Tod die fragmentarische Partitur seines Balletts Aschenbrödel, einer leicht abgewandelten
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Erzählung der Aschenputtelgeschichte. Der nicht ohne Grund als „Walzerkönig“ berühmt gewordene Österreicher schrieb dafür vornehmlich Polkas, Walzer und Märsche, die Bridget Breiner vor allem in der Rahmenhandlung, z. B. den Gesellschaftstänzen, auf sehr humorvolle Art einzufangen versteht. Ganz andere Töne hören wir in den Liedern von Woody Guthrie, Hazel Dickens, Sarah Ogan Gunning oder Uncle Dave Macon. Gerade Guthrie, Dickens und Gunning stehen für amerikanische Pro test musik der Arbeiterklasse des frühen 20. Jahrhunderts. So beschreibt Gunning z. B. in ihrem Song Hello Coal Miner von 1979 autobiografisch und nicht ohne Stolz das Leben der Bergarbeiter*innen, Männern wie Frauen, und verheimlicht nicht die dunklen Seiten wie die kurzen Lebenserwartungen, die mit diesem Beruf einhergehen. Der Bluegrass Sound von Dave Macon oder die zerbrechliche, aber umso poetischere Stimme von Hazel Dickens in ihrem Song Pretty Bird (1973), genauso wie die düstere Erzählung in Woody Guthries Ballade 1913 Massacre (1972) müssen nicht Wort für Wort verstanden werden, um die Stimmungen zu erfühlen, die diese Lieder einfangen. Sie geben
uns einen kurzen, aber genauso intensiven Einblick in die gesellschaftlichen Stimmungen ihrer Zeit. Einen Blick ins Innere unsere Charaktere unterstützen die zeitgenössischen Kompositionen für Akkordeon, die der Akkordeonist und Arrangeur Marko Kassl in das Ballett mit eingebracht hat. Die zum Teil atmosphärischen aber auch rhythmisch aufgeladenen Ausschnitte bringen uns der Innenwelt der Hauptfiguren näher. Die Eifersucht zwischen den Geschwistern, das Aufbegehren gegen die eigene Mutter, aber auch die Duette zwischen der Protagonistin Livia und dem Arbeiter Mitch erhalten durch die Akkordeonklänge ihren eigenen Raum, eröffnen die Möglichkeit des abstrakten Moments und des Ausdrucks innerer Gefühle durch den Tanz. Sie heben sich dadurch klar ab, von Strauss’ orchesterstarken Walzern, die mehr das Außen als das Innere zeigen.
Trotz ihrer Unterschiedlichkeit lassen die musikalischen Elemente das Ballett zu einem großen Ganzen werden, einer Erzählung, in der sich Kohlenpott, fantastisches Märchen und die Suche nach dem wahren Glück wie von selbst vereinen.
THE WORLD IS TURNED UPSIDE DOWN, IT SURELY MUST BE TRUE
25Sophia Sara Zinna
26 Livia Francesca Berruto, Mitch Ledian Soto
27Clara Rita Duclos, Vater José Urrutia
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Neid ist eine Emotion, von der wir alle wissen, Wissenschaftler, Psychoanalytiker und Theologen eingeschlossen, aber wir sprechen selten darüber, und es wird sehr wenig darüber geschrieben. Der Grund für diese Stille sind die schmerzhaften, brennenden Auswirkungen des Neides. Es brennt in uns wie Säure, ob wir nun beneidet werden oder neiden.
Aber Neid existiert wirklich und wirkt sich zerstörerisch aus, mit umso größerem Erfolg, weil wir uns weigern, uns ihm zu stellen. Im Wesentlichen ist Neid ein Angriff auf das Sein – das beneidete Sein und das neidvolle Sein – und ein Angriff auf die gute Qualität oder Sache, die beneidet wird. Ungehindert würde der Neid alle und alles ausweiden und nichts als hohle Hüllen hinterlassen. Dann könnte vielleicht
sein eigenes neidisches Geschrei ruhen, aber nur so lange nichts erscheint, um sein Gift erneut zu aktivieren.
Wenn wir uns weigern, über unsere Erfahrungen mit Neid zu sprechen, verschwören wir uns mit seinen wilden Versuchen, das Gute zu vernichten; alles, was in irgendeiner Weise gut ist, wie auch immer wir gut definieren. Denn schließlich ist der Neid zwischen den Menschen eine Verschiebung unserer eigenen Beziehung zum Guten. Wenn die Schwestern von Aschenputtel sie beneiden, sind sie aus dem Schneider, was ihren Kampf mit sich selbst und ihre Beziehung zum Guten angeht. Sie entziehen sich der Konfrontation, sich auf sich selbst zu beziehen, indem sie laute Anschuldigungen gegen Aschenputtel erheben. Sie vermeiden es,
AUSZUG AUS „CINDERELLA UND IHRE SCHWESTERN“ VON ANN UND BARRY ULANOV
VON NEIDENBENEIDET
WERDENUND
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ihre Beziehung herauszufinden – zu ihrer Mutter, zum Prinzen oder zu dem, was sie als das gute Leben sehen. Anstatt sich in diesen realen Beziehungen zu prüfen und mitzumischen, türmen sie lautstarke Attacken gegen Aschenputtel auf. Alle Energien der Schwestern werden in den Versuch, Aschenputtels Wesen zu zerstören, gesetzt anstatt zu versuchen, ihre eigenen, sexuellen und spirituellen Fähigkeiten zu ergreifen.
Wenn wir bewusst den Neid erleiden können, den wir selbst empfinden, egal, ob er von uns oder auf uns zukommt, kann er ein Mittel sein, um das Sein für uns wiederherzustellen. Neid kann uns zu dem führen, was in unseren Identitäten, in unserer Sexualität und unseren spirituellen Zentren repariert werden muss, und zu
unseren Bemühungen, uns auf das Gute zu beziehen. Und Neid kann uns auf das sehr Gute hinweisen, das sowohl dem Schmerz als auch der Heilung zugrunde liegt. Neid, so verderblich und verletzend er auch ist, kann uns, wenn wir bewusst leiden, auf das Gute hinweisen, für das wir dürsten. Neid, dieser große Entzweier, dieser Verbindungszerstörer, kann, wenn er bewusst gelitten wird, die Lücke schließen, die seine eigenen Verletzungsszenarien geöffnet hat.
Ann Belford Ulanov ist Professorin für Psychiatrie und Religion. Sie schrieb mehrere Bücher und Fachaufsätze mit ihrem Mann Barry Ulanov, Schriftsteller und Professor für Englische Literatur.
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31Ballgäste Carolin Steitz, Daniel Rittoles, Nami Ito, Olgert Collaku
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JÜRGEN KIRNERBühne & Kostüme
Seit 2001 ist der Deutsche international als Bühnen und Kostümbildner für Schauspiel, Musiktheater sowie Tanz tätig, u. a. an der Bayerischen Staatsoper München, der Oper Graz, am Festspielhaus Salzburg sowie an den Theatern in Bern, Antwerpen sowie Amsterdam. Mit dem slowenischen Schauspielregisseur Sebastijan Horvath erarbeitet er Uraufführungen am Gavella Theater Zagreb, Nationaltheater Rijeka, Nationaltheater Ljubljana, Teatro Stabile Triest und beim Bitef Festival in Belgrad. Als Artist in Residenz des GoetheInstituts führte ihn eine Schauspieluraufführung nach Salvador do Bahia, Brasilien. Mit Bridget Breiner verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit, u. a. für die mit dem FAUST ausgezeichneten Ballette Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel sowie Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin. 2018 folgte eine Einladung zu Les Grands Ballets Canadiensde Montréal mit L’Oiseau de Feu.
BRIDGET BREINERChoreografie & Inszenierung
Die USAmerikanerin studierte Tanz u. a. an der HeinzBoslStiftung München. Engagements führten sie an das Bayerische Staatsballett, als Erste Solistin an das Stuttgarter Ballett, wo sie viele der großen klassischen und dramatischen Hauptrollen tanzte, und an das Semperoper Ballett Dresden. 2005 gab sie ihr choreografisches Debüt bei den Jungen Choreografen der Stuttgarter Noverre Gesellschaft. Sie kreierte Werke u. a. für das Stuttgarter Ballett, Lettische Nationalballett, Kevin O’DayBallett Mannheim, Ballett Augsburg, Salzburger Landestheater und Les Grands Ballets Canadiens de Montréal. 2012 übernahm sie die Ballettdirektion des Ballett im Revier Gelsenkirchen. Die zweifache FAUSTPreisträgerin – 2013 für Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel und 2015 für Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin – ist seit der Spielzeit 2019/20 Ballettdirektorin und Chefchoreografin am STAATSTHEATER.
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MARKO KASSLAkkordeon & Arrangement
Der Klagenfurter ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe und tritt europaweit als Solist und Kammermusiker bei Festivals wie Grachtenfestival Amsterdam, Donaueschinger Musiktagen oder Ankara Festival auf. Immer wieder vertrauen ihm zahlreiche Komponisten wie Stefan Heucke, Roderik de Man, Sinta Wullur, Ivo Petric oder Bruno Strobl Uraufführungen an. Mehrere CDEinspielungen mit den unterschiedlichsten Künstlern wie Esra Pehlivanli als Duo Mares, Tobias Bredohl, Fie Schouten oder dem Ensemble Black Pencil zeigen die Vielfältigkeit des Akkordeonisten. Rundfunkmitschnitte für DeutschlandRadio, WDR, TRT (Türkei), Ö1 (Österreich), RTV Slowenien oder den Concertzender (Niederlande) runden Kassls künstlerisches Schaffen ab. Seit 2007 unterrichtet er an der Hochschule für Musik Detmold und seit 2015 leitet er eine Akkordeonklasse am Conservatorium van Amsterdam.
PATRICK FUCHSLicht
Der Nürnberger beschäftigte sich bereits während seines Studiums der Theater und Musikwissenschaften mit Beleuchtung und Lichtgestaltung. Nach Abschluss des Studiums war er zunächst vor allem im Tanzbereich für Neuer Tanz Düsseldorf, Meg Stuart oder Rui Horta national und international tätig und arbeitete anschließend u. a. für das Kulturprogramm des deutschen Pavillons auf der Expo 2000 in Hannover, für verschiedenste Festivals wie die Ruhrtriennale sowie die Staatstheater Mainz und Braunschweig u. a. mit Hans Neuenfels, Robert Wilson, Georges Delnon und Martin Schläpfer zusammen. Seit 2006 ist er als Beleuchtungsinspektor, seit 2014 als Leiter der Beleuchtungsabteilung am Musiktheater im Revier engagiert. Hier arbeitet er u. a. mit den Regisseur*innen Roland Schwab, Elisabeth Stöppler und Michael Schulz sowie den Bühnenbildner*innen Kathrin Brose, Dieter Richter und Hermann Feuchter zusammen.
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LYNNE CHARLES EinstudierungDie USAmerikanerin tanzte als Primaballerina u.a. am Hamburg Ballett und am Béjart Ballet Lausanne. Als Ballettmeisterin gastiert sie weltweit. Von 2014 bis 2019 war sie Professorin an der Folkwang Universität der Künste Essen und ständiger Gast am Ballett im Revier. Seit dieser Spielzeit ist sie Ballettmeisterin und Künstlerische Begleitung am STAATSBALLETT.
HUGO DEGORRE AkkordeonDer Franzose studierte Akkordeon am Konservatorium in Grenoble und an der Kunst und Musikhochschule des Elsass. Er nahm Meisterkurse u. a. bei Claudio Jacomucci oder Vincent Lhermet und gewann den 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb in Castione Andevenno, Italien. Seit 2017 unterrichtet er an den Konservatorien in Straßburg und Colmar.
ANNA GRUNDMEIER DramaturgieNach dem Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft in Bochum war die Deutsche lange als Dramaturgin am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen tätig, wo sie mit Künstler*innen wie Michael Schulz, Michiel Dijkema, Bridget Breiner und Jeroen Verbruggen zusammenarbeitete. Seit 2018/19 ist sie als Dramaturgin an der Deutschen Oper am Rhein engagiert.
FLORIAN KÖNIG DramaturgieDer gebürtige Hesse studierte Kultur & Theatermanagement in Dortmund. Nach einem Engagement am Theater Dortmund holte ihn 2013 Bridget Breiner als Manager des Ballett im Revier nach Gelsenkirchen. Seitdem verbindet die beiden eine enge Zusammenarbeit. Seit der Spielzeit 2019/20 ist er Ballettmanager und Stellvertreter der Ballettdirektorin am STAATSTHEATER.
SEBASTIAN SCHWAB Szenische MitarbeitNach einem Schauspielstudium war der Deutsche bis 2011 als Schauspieler in den Ensembles in Kiel und Stuttgart tätig. Darüber hinaus ist er als freier Autor, Filmemacher (u. a. für die Harald Schmidt Show, ARD), Sprecher und Regisseur (zuletzt Frankenstein von Jan Dvořák) tätig. Am Ballett im Revier unterstützte er mehrere Produktionen des Ballett.
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LUCIA SOLARI LiviaIn Uruguay geboren, studierte sie u. a. an der Ballettschule des Hamburg Ballett. Sie tanzte im Ballett der Deutschen Oper am Rhein, von 2005 bis 2013 im Hamburg Ballett, ab 2009 als Solistin, im Northern Ballet in England, Ballett Kiel und Ballett im Revier. Sie wird regelmäßig zu Gastspielen eingeladen, u. a. zum Festival de Ballet de la Habana. 2019 kam sie ins Ensemble.
FRANCESCA BERRUTO LiviaDie Italienerin studierte an der Scuola di danza des Balletto Teatro di Torino und an der John Cranko Schule Stuttgart. Von 2007 bis 2012 Mitglied des Stuttgarter Balletts, wechselte sie 2013 zum Ballett im Revier, wo Bridget Breiner u. a. die Titelpartie in Romeo und Julia für sie kreierte. Seit der Spielzeit 2019/20 gehört sie zum Karlsruher Ensemble.
ANASTASIYA DIDENKO Mutter Geboren in der Ukraine, absolvierte sie ihre Tanzausbildung dank Stipendien u. a. an der Hamburger Ballettschule und an der Akademie des Tanzes Mannheim. In der Spielzeit 2017/18 war sie Mitglied des Ballettstudios und ist seit der Spielzeit 2018/19 im Ensemble. Thiago Bordin kreierte für sie mehrere solistische Partien in Zukunft braucht Herkunft.
RITA DUCLOS ClaraDie Brasilianerin studierte in Monte Carlo und an der Ballettschule der Wiener Staatsoper. Sie war Mitglied des Oakland Ballet, Ballet de l’Opéra National de Bordeaux, Sarasota Ballet und Ballett im Revier. Bridget Breiner kreierte für sie u. a. Ariel in Prosperos Insel oder die Großmutter in Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin. Seit dieser Spielzeit ist sie im Ensemble.
NAMI ITO SophiaDie Japanerin studierte an der Tokyo Metropolitan Senior High School of Performing Arts und an der Akademie des Tanzes Mannheim. In der Spielzeit 2017/18 war sie Mitglied des Ballettstudios und gehört seit der Spielzeit 2018/19 zum Ensemble. Sie war u. a. als Hollyfrau und als Schneeflocke in Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte zu sehen.
CAROLINA MARTINS ClaraDie Brasilianerin studierte Tanz u. a. an der Akademie des Tanzes Mannheim. Zunächst Mitglied des Ballettstudios, ist sie seit 2018 im Ensemble und tanzte u. a. im Spanischen Tanz in Der Nussknacker – Eine Weih-nachtsgeschichte und eine der drei Dirnen in Romeo und Julia. Thiago Bordin kreierte für sie u. a. Isadora Duncan in Zukunft braucht Herkunft.
ALBA NADAL MutterIn Spanien geboren, studierte sie u. a. an der Escuela Victor Ullate und der Royal Ballet School London. Von 2004 bis 2019 tanzte sie am Königlich Dänischen Ballett in Kopenhagen. Dort kreierten Choreograf*innen wie Patrick Delcroix, Jorma Elo, Kim Bandstrup oder Tim Rushton Rollen für sie. Mit der Spielzeit 2019/20 wechselte sie an das STAATSBALLETT KARLSRUHE.
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MAXIME QUIROGA J. R. PrinceDer Franzose erhielt seine Ausbildung u. a. am Conservatoire National Supérieur de musique et danse de Paris und der John Cranko Schule Stuttgart. Engagements führten ihn zum Stuttgarter Ballett, Königlichen Ballett Flandern, Wiener Staatsballett und Cape Town City Ballet. Der diplomierte Tanzlehrer wechselte mit der Spielzeit 2019/20 ins Karlsruher Ensemble.
CAROLIN STEITZ Sophia, ClaraDie Deutsche absolvierte ihre Tanzausbildung an der Akademie des Tanzes Mannheim. Seit der Spielzeit 2014/15 ist sie Mitglied des STAATSBALLETTS und tanzte hier u. a. eine der zwei Sylphiden in La Sylphide, Clara Cratchit in Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte und einen der vier kleinen Schwäne in Schwanensee.
BALKIYA ZHANBURCHINOVA LiviaGeboren in Kasachstan, studierte sie u. a. an der WaganowaBallettakade mie Sankt Petersburg. Engagements führten sie zum Nationalballett Kasachs tans in Astana, Ballett Kiel und Tiroler Landestheater Innsbruck. Die Ge winnerin verschiedener Wettbewerbe war in der Spielzeit 2017/18 Mitglied des STAATSBALLETTS und ist seit dieser Spielzeit wieder im Ensemble.
SARA ZINNA SophiaDie Italienerin studierte u. a. an der Accademia Teatro alla Scala Mailand und der Staatlichen Ballettschule Berlin. Sie gastierte am Leipziger Ballett und war von 2015 bis 2019 Mitglied im Ballett im Revier, wo sie u. a. die Titelpartie in Kevin O’Days Das Mädchen mit den Schwefelhölzern tanzte. Zur Spielzeit 2019/20 wechselte ins Ensemble des STAATSBALLETTS.
PAUL CALDERONE VaterDer Kanadier studierte an der National Ballet School Kanada. 2011 ging er zum Ballett am Rhein. Dort tanzte er Choreografien von u. a. Merce Cunningham, Hans van Manen und Martin Schläpfer. 2017 wechselte er zum Ballett im Revier, wo Bridget Breiner für ihn Oberon / Theseus in Ein Sommer nachtstraum kreierte. Seit dieser Spielzeit gehört er zum Ensemble.
OLGERT COLLAKU J. R. PrinceNach seiner Tanzausbildung an der Albanischen Nationalballettschule Tirana war der Albaner am MährischSchlesischen Nationaltheater im tschechischen Ostrava engagiert. Seit der Spielzeit 2017/18 gehört er zum Karlsruher Ensemble und tanzte hier u. a. Harlequin in Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte und Paris in Romeo und Julia.
PABLO OCTÁVIO MitchDer Brasilianer studierte u. a. an der Akademie des Tanzes Mannheim. 2012 kam er zum STAATSBALLETT. Hier tanzte er u. a. den Nussknackergeist in Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte, Kitty in Anne Frank, Romeo und Benvolio in Romeo und Julia sowie Puck in Ein Sommer nachtstraum. Er kreierte u. a. Peter van Pels in Anne Frank.
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LOUIZ RODRIGUES MitchDer Brasilianer studierte an der Academia Roda Viva São Paulo, der Escola do Teatro Bolshoi no Brasil und am Conservatório Brasileiro de Dança Rio de Janeiro. Nach verschiedenen Engagements in seiner Heimat kam er 2015 zum Ballett im Revier, wo u. a. Cathy Marston für ihn die Titelrolle in Hamlet kreierte. Seit dieser Spielzeit ist er im Karlsruher Ensemble.
LEDIAN SOTO MitchDer Kubaner studierte an der Escuela Nacional de Ballet Havanna. Nach Engagements am Ballet de Camagüey und am Ballet Revolución in seiner Heimat kam er 2015 zum Ballett im Revier, wo Bridget Breiner u. a. die männliche Titelrolle in Romeo und Julia sowie Prospero in Prosperos Insel für ihn kreierte. Seit dieser Spielzeit ist er im Ensemble.
JOSHUA SWAIN VaterDer Australier studierte an der Australian International School of Coaching und der Akademie des Tanzes Mannheim. Er war am Anhaltischen Theater Dessau und als Solist am Leipziger Ballett engagiert, wo er u. a. in Werken von Uwe Scholz, Mario Schröder und Johan Inger zu sehen war. Mit Beginn dieser Spielzeit wechselte er zum STAATSBALLETT.
JOSÉ URRUTIA VaterDer Peruaner studierte am Genfer Konservatorium und an der Ballettschule des Teatro Colón Buenos Aires. Er tanzte zahlreiche Titelrollen als Erster Solist in der Compañía Nacional de Danza in Mexico City, als Solist im Leipziger Ballett und ab 2014 im Ballett im Revier, wo er u. a. als Prinz in Schwanensee zu sehen war. Seit dieser Spielzeit ist er im Ensemble.
EMIEL VANDENBERGHE J. R. PrinceAus Belgien stammend, studierte er Tanz an der Königlichen Ballettschule Antwerpen und an der English National Ballet School London. Seit 2015 gehört er zum Ensemble. Für ihn wurde einer der Hexenlehrlinge in Rusalka kreiert. Er tanzte u. a. Lysander in Ein Sommernachtstraum und schuf für das STAATSBALLETT die Choreografien Grauzone und Force.
RUCKE DI GU, RUCKE DI GU, BLUT IST IM SCHUH
38 Clara Carolin Steitz, J. R. Prince Maxime Quiroga
39Livia Lucia Solari, Mitch Pablo Octávio
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BILDNACHWEISE
UMSCHLAG Arno Kohlem SZENENFOTOS Costin Radu (Probenfotos vom 16.12.19) PORTRÄTS Andreas Endermann, Felix Grünschloß, Pedro Malinowski, privat
TEXTNACHWEISE
S. 6 Anna Grundmeier, Programmheft Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel, Ballett im Revier Spielzeit 2012/13S. 10f Gebrüder Grimm, Märchen Aschenputtel, www.maerchenatlas.deS. 28f Ann & Barry Ulanov, Cinderella and Her Sisters: The Envied and the Envying, 2007
Alle übrigen Texte sind Originalbeiträge von Florian König für dieses Heft.
IMPRESSUM
HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE
GENERALINTENDANT Peter Spuhler
GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTORJohannes GrafHauber
BALLETTDIREKTORIN Bridget Breiner
REDAKTIONFlorian König, Tonia Tilch
KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net
GESTALTUNG Danica Schlosser
DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe
BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE 2019/20 Programmheft Nr. 567 www.staatstheater.karlsruhe.de
WE’RE UP AGAINST IT NOW
41Clara Rita Duclos, J. R. Prince Emiel Vandenberghe
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