Post on 05-Apr-2015
19.10.2010
1
Einführung in die romanische
Sprachwissenschaft II
1. Teil
Wiederholungund Ergänzungen
VON DER ANTIKE BIS ZUM SPÄTEN 18. JAHRHUNDERT
2
Wiederholung und Ergänzungen
Sprachphilosophie: griechische Antike3
Sprachphilosophie
Die griechische Antike Heraklit (ca. 520 bis 460 v. Chr.)
und Platon 428-348 v. Chr.) befassten sich mit dem Verhältnis von Wort und Gegenstand.
Aristoteles 384-322 v. Chr.) machte sich Gedanken über den Unterschied zwischen Bedeutung und Bezeichnung.
4
Sprachphilosophie5
AnomalistenAnalogisten
Grammatikographie: griechische Antike6
Grammatikographie7
Grammatik Etymologie:
Gr. τέχνη γραμματική, technē grammatikē „Kunst des Lesens und Schreibens“, von γράμμα, gramma, „Geschriebenes, Buchstabe“;
Grammatik = Schriftsprache Die Schrift konserviert sprachliche Äußerungen aus
früheren Zeiten Sprache kann beobachtet werden Entstehung einer Norm
Grammatik Interpretation von Texten Kenntnisse, die hierzu notwendig sind
Grammatikographie8
DIONYSIOS THRAX (2. Jh. v. Chr.) Grammatik im Sinne von Philologie
Aufgaben des Grammatikers 1. Lesen eines Textes in der richtigen Aussprache 2. Erklärung von rhetorischen Figuren 3. Bedeutungsanalyse schwieriger Wörter und
Redewendungen 4. Etymologische Worterklärungen 5. Formenlehre 6. Echtheitskritik und literarische Wertung
Grammatikographie: römische Antike9
Grammatiko-graphie
Die römische Antike Das wichtigste metasprachliche
Werk des klassischen Zeitalters verfasste Marcus Terentius Varro (116 - 27 v.Chr.).
Es trägt den Titel De lingua Latina und ist die älteste erhaltene Abhandlung über die lateinische Sprache.
10
Grammatiko-graphie
Römische Antike In der Spätantike verengte sich
der Grammatikbegriff dann zunehmend auf die Beschreibung und normative Festschreibung des klassischen lateinischen Sprachsystems, insbesondere durch Aelius Donatus (Ars grammatica ) und Priscianus Caesariensis (Institutiones grammaticae).
11
Isidor von Sevilla
Sprachhistorisches Denken an der Schwelle zwischen Spätantike und Frühmittelalter Etymologiarum sive originum libri
XX Das Werk orientiert sich an den
Artes liberales, ergänzt diese jedoch um einen Abriss der damals bekannten Weltgeschichte.
Hierin befinden sich auch einige Gedanken zur Sprachgeschichte sowie zur Periodisierung des Lateinischen.
12
Die Struktur der Etymologiae 13
De linguis gentium. Linguarum diversitas
exorta est in aedificatione turris post diluvium. Nam priusquam superbia turris illius in diversos signorum sonos humanam divideret societatem, una omnium nationum lingua fuit, quae Hebraea vocatur…
Bezugnahme auf den Turmbau zu Babel
Metasprachliche Hinweise14
Periodisierung vom Altlateinischen zum Romanischen Latinas autem linguas quattuor esse quidam dixerunt,
id est Priscam, Latinam, Romanam, Mixtam.
Quelle: http://penelope.uchicago.edu/Thayer/L/Roman/Texts/Isidore/9*.html#1
Periodisierung des Lateinischen15
Prisca est, quam vetustissimi Italiae sub Iano et Saturno sunt usi, incondita, ut se habent carmina Saliorum.
Latina, quam sub Latino et regibus Tusci et ceteri in Latio sunt locuti, ex qua fuerunt duodecim tabulae scriptae.
Romana, quae post reges exactos a populo Romano coepta est, qua Naevius, Plautus, Ennius, Vergilius poetae, et ex oratoribus Gracchus et Cato et Cicero vel ceteri effuderunt.
Mixta, quae post imperium latius promotum simul cum moribus et hominibus in Romanam civitatem inrupit, integritatem verbi per soloecismos et barbarismos corrumpens.
(1) Altlatein
(2) Latein zur Zeit der Etruskerkönige
(3) Zeit der römischen Republik
(4) Kaiserzeit und danach
Metasprachliche Hinweise16
DE VASIS REPOSITORIIS.
[…] “Z pro D, sicut solent Itali dicere ozie pro hodie.” […]
Hinweis auf die Affrizierung von [dj] in Italien
http://la.wikisource.org/wiki/Etymologiarum_libri_XX_-_Liber_XX
Lateinische Grammatikographie des Mittelalters
17
Lateinische Grammatikographie des MA
18
Grammatik als Bestandteil der 7 freien Künste Trivium
Grammatik Rhetorik Dialektik
Quadrivium Arithmetik Geometrie Astronomie Musik
Lateinische Grammatikographie des MA
19 Drei
Grammatikvorstellungen des Mittelalters Vorscholastische
Grammatikkonzeption Donatus (4. Jh.) Priscianus (6. Jh.)
Scholastische Grammatikkonzeption Einfluss der Aristoteles-
Rezeption Nominalistische
Grammatikkonzeption Einfluss psychologischer
Kategorien
Grammatik als Kulturtechnik
Grammatik als Sprachphilosophie
Nachdenken über die Sprache
Vor 1300 Man betreibt Sprachphilosophie
auf Latein über das Lateinische Kein sprachtheoretisches Interesse
an der Muttersprache Keine Verwendung der
Muttersprache, um über das Lateinische oder die Muttersprache zu reflektieren
20
Dante und die Entdeckung der Muttersprache(n)
Die Thematisierung der Muttersprache In De vulgari eloquentia (1303-
04) wird die Volkssprache über das Lateinische gestellt.
Die Überlegenheit der Muttersprache gegenüber der künstlichen Fremdsprache Latein begründete er mit ihrer Natürlichkeit.
Entwicklung einer Sprachtheorie über die Herkunft und Beschaffenheit der Muttersprache
21
Dante und die Entdeckung der Muttersprache(n)
Die Thematisierung der Muttersprache Motivation:
Suche nach der geeigneten Volkssprachesprache für die Dichtung
Themen: Sprachursprung Sprachtypologie Die Variation in Zeit und Raum Gesamtromanische Perspektive
22
Dante und die Entdeckung der Muttersprache(n)
23
Hebräisch = Ursprache der
Menschheit
Turmbau zu BabelStrafe GottesSprachenverwirrungEntstehung verschiedener Sprachfamilien, die sich in Raum und Zeit weiter verändern …
Dantes „historischer“ Blick auf die Sprache
Dante und die Entdeckung der Muttersprache(n)
Nach dem Turmbau zu Babel…
24
„Germanisch“
„Romanisch“
Grie-chisch
lingua oil
lingua si lingua oc
14 Dialekte
In Zeit und Raum unveränderlicheKunstspracheLatein – eine Erfindung derGelehrten zur Überwindung des Sprachwandels
Kontinuierliche Veränderung in Zeit und Raum
Weitere Veränderung
GRAMMATIK =
Nach Dante…25
Fortsetzung der lateinischen Grammatikographie und Sprachphilosophie
Zunehmende Rekonstruktion der römischen Antike seit der Mitte des 14. Jhs. in Italien im Zeitalter des Humanismus Architektur Skulptur Malerei lateinische Sprache des klassischen Zeitalters
26
Exkurs zum Lateinischen und Romanischen
Latein
Romanische Dialekte
Mit
tela
lterMittellateinische
Schriftsprache
Abweichungen vom klassischen
Modell
Klassische Schriftsprache
Kein
e late
inis
chen
Mutt
ers
pra
chle
r
Vulgärlatein
Romanische Schriftsprachen
Scriptae = Schreibdialekte
Rekonstruierte klassische
Schriftsprache
Romanische Standardsprachen
Frühe
Neuze
it
Auseinandersetzung mit der Geschichtedes Lateinischen:
Ursachen für den Verfall des Lateinischenim Mittelalter
Das historische Verhältnis von Latein und Romanisch
Sprachkontakt und Sprachwandel
Sprache und Gesellschaft
Auseinandersetzung mit der Geschichte der eigenen Sprache
-Traktate-Grammatiken-Wörterbücher
Frühe Neuzeit
Dante
Lorenzo Valla
Neulatein
Bruni Biondo
Alberti
Rezeption der ital. Diskussion in Frankreich und Italien
lat. Renaissance-Grammatik und Sprachphilosophie
In der Renaissance27
Romanische Sprachen
-Sprachgeschichte-Sprachphilosophie-Sprachnormierung-Diskussion über Sprachmodelle-Reformvorschläge-Grammatiken-Wörterbücher-Sprachausbau-Sprachdidaktik
Latein-Normierung auf klass. Basis-Grammatiken-Wörterbücher-Sprachphilosophie (teilweise Fortsetzung der Sprachphilosophie des Mittelalters)
Meth
oden
un
d T
heori
en
Leon Battista Alberti, Grammatica toscana (um 1435)
Nebrija, Gramatica de la lengua castellana (1492)
Die Auseinandersetzung mit den Romanischen Sprachen vom 16. bis 18. Jahrhundert
28
In den Romanischen Ländern Grammatiker Lexikographen Dichter Philosophen
Außerhalb der Romania Grammatiker Lexikographen Sprachmeister Philosophen
Sprachnorm
Sprachgeschichte
Sprachkontakt
Sprachvergleich
SprachdidaktikSprache und Gesellschaft
Sprachtheorie
29
Sprachphilosophie und Grammatik: von der lateinischen Reflexion zur
romanischen
Etappen metasprachlicher Reflexion30
Sprachphilosophie und Grammatik Im Laufe des 17.
Jahrhunderts etablierte sich der Rationalismus als dominante philosophische Strömung.
Etappen metasprachlicher Reflexion31
Sprachphilosophie und Grammatik Antoine Arnauld (1612-
1694) und Claude Lancelot (1615-1695) verfassten unter ihrem Einfluss die Grammaire générale et raisonnée (1660), in welcher versucht wird im Sinne einer Universalien-forschung allgemeine grammatische Kategorien zu entwickeln, die für alle Sprachen Gültigkeit besitzen.
Die Grammatik von Port-Royal
Zunächst anonym veröffentlicht Die Autoren
Claude Lancelot (1615-95): Grammatiker
Antoine Arnauld (1612-94): Theologe
32
Die Grammatik von Port Royal
Grammaire générale et raisonnée [1660] Von Anauld und Lancelot im Sinne
des frz. Rationalismus verfasste Grammatik, so benannt nach der Pariser Abtei und Schule von Port Royal. Nach ihr haben die grammatischen
Regeln der Logik zu entsprechen. Sie ist allgemein verbindlich
(universalistisch). N. Chomsky greift darauf in seiner
Generativen Transformations-grammatik zurück.
Die Grammatik von Port-Royal
Philosophiegeschichtliche Einordnung Einfluss des Rationalismus auf das
Studium der Sprache. Auf Basis der Sprachen Griechisch, Latein
und Französisch versucht die Grammatik von Port Royal, der Logik gehorchende, allgemeingültige Strukturen aller Sprachen zu entwickeln (universalistischen Anspruch.
Wo die untersuchten natürlichen Sprachen vom logischen (d.h. regelmäßigen) Aufbau abweichen, werden sie kritisiert.
34
Die Grammatik von Port-Royal
Die Theorie der Grammatik Sprechen bedeutet Gedanken
ausdrücken Dazu bedient sich der Mensch von
ihm erfundener geschriebener und gesprochener Zeichen.
Die Zeichen haben zwei Seiten:1. die äußere Seite (das, was die
Zeichen ihrer Natur nach sind)2. die innere Seite (die Art, in der der
Mensch mit ihrer Hilfe seine Gedanken ausdrückt)
35
Die Grammatik von Port-Royal
Die Theorie der GrammatikAuseinandersetzung mit dem, was im
Geiste passiert, als Grundlage für das Verstehen von grammatischen Strukturen Mit einem begrenzten System an
Zeichen können unbegrenzt viele Wörter gebildet werden.
36
Die Grammatik von Port Royal
Syntax Unterscheidung zwischen
convenance In allen Sprachen gleich
régime• In den einzelnen
Sprachen unterschiedlich geregelt