Post on 15-Aug-2019
Inhalt
Vorwort zur deutschen Ausgabe 9
Vorwort 11
Die Sahara: Von der Wüstenbarriere zur globalen Verkehrsader 13
Karawanenhandel und afrikanische Wirtschaft 51
Der Kampf um die Herrschaft über die Sahara und ihre »Ufer« 95
Der Islam 143
»Islamicate« Kultur 177
Europäischer Kolonialismus: Bruch und Kontinuität der transsaharischen Verbindungen 211
Chronologie 248
Anmerkungen 250
Literatur 256
Dank 261
Abbildungsnachweis 262
Index 263
ExistenzsinduntrennbarmitdemSchicksalFrankreichsverbunden.WenndasHausbrennt,stürzenalleBewohnerherbei,umdieFlammenzulöschen.«0
So tolerant, ja hilfreich die Kolonialbehörden gegenüberdem Islam als Religion auch sein mochten, so repräsentiertensieandererseitsdocheineweltlicheKulturdesWestens,die den islamischen Mittelmeerraum als Bezugspunkt fürAfrikaner, die ihren Platz in der größeren Welt suchten, zuverdrängendrohte.DasInstrument–manchewürdensagen»Geschenk« –, mit dessen Hilfe die europäischen RegierungendieseKulturihrenneuenUntertanennahebringenwollten,wardieSchule.DochdaskolonialeSchulwesenindieserRegion stand vor einem doppelten Dilemma: Erstens, wieviel sollte man in die Bildung von Bevölkerungen investieren,diekeinepolitischenMittelbesaßen,umderleiVorteileüberhaupteinzufordern,unddiedenbeschränktenAmbitionen ihrer Herrscher dann am besten dienen würden, wenndiemeistenvonihnenihreneigenenKulturenverhaftetblieben?Zweitens,wassolltemitdenbestehendenAusbildungsundAlphabetisierungssystemenpassieren,diesich imLaufevonJahrhundertenislamischerBeeinflussungherausgebildethatten?
Algerien, das erste Territorium in dieser Region, das kolonisiert wurde, bedeutete für die französischen Machthaber eine besondere Herausforderung, denn hier hatten siees nicht nur mit muslimischafrikanischen Untertanen zutun,sondernauchmiteuropäischenSiedlern,dieihrenpolitischenEinflussgeltendmachten,um»dieEinheimischeninihreSchrankenzuweisen«.DieLösung,fürdiesichdieausgesprochen laizistische und nationalistische Dritte Republikschließlich entschied, bestand darin, Koranschulen beizubehaltenundzubeaufsichtigen,währendeinekleineZahlvonAlgerierndieMöglichkeitgebotenbekam,sichzuFranzosen
imWestentaschenformatzumausern.»ZielderdenEinheimischenvermitteltenAusbildungistes«,sodiePräambelzumallgemeinen Lehrplan für das Unterrichtswesen von 1898,»ausihnenanständige,aufgeklärte,vernünftige,arbeitsfreudigeMenschenzumachen,diebereitsind,sichunsdurchdenGebrauchunsererSprachesowiedurchdieAnerkennungderFortschritte anzunähern, an denen wir sie teilhaben lassen,umihrWohlbefinden,ihreHygiene,ihrelandwirtschaftlichenPraktiken,ihreindustriellenArbeitenundihregeschäftlichenBeziehungenzuverbessern.«1
In Tunesien und dem größten Teil Marokkos ließen dieFranzosendieAusbildungweitgehendindenHändenlokalerBehörden, die Arabisch als wichtigstes Unterrichtsmediumbeibehielten, auch wenn sie die Notwendigkeit erkannten,Französischzu lehren.Auf deranderenSeitederWüste, inFrankreichssubsaharischenTerritorien,fandderstaatlichgeförderteUnterrichtausschließlichinFranzösischstatt.
In den britischen Kolonien arbeiteten die Schulen nachganzanderenPrinzipien,wasteilweisemitdenBedingungenin den besetzten Regionen zusammenhing, teilweise aberauchmitdennachAfrikaimportiertenIdeenundPraktiken.InGroßbritannienselbstwieauch indenKoloniendesEmpire wurde ein Großteil des Unterrichtswesens an religiöseKörperschaftendelegiert.ImFalleAfrikaswarendiesMissionare,derenKapazitätenanArbeitskraftundGeldmittelnbeiweitemdasüberstiegen,wasanAusbildunggebotenwerdenkonnte;allerdingsunterrichtetensievorzugsweiseineinheimischen Sprachen, die sie zuvor erlernt hatten und die siebenutzten,umEinheimischezumChristentumzubekehren.AndersalsdieFranzosen,diesichseitBeginndes19.Jahrhundertsgenötigtsahen, ihreSprachegegen»lesAngloSaxons«zu verteidigen, fürchteten die Briten, in Afrika dasselbe zuerleben wie in Indien, wo Absolventen englischsprachiger
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SchulenamEndedesJahrhundertsplötzlichauf dieIdeegekommen waren, unerwünschte Forderungen nach Autonomiezuerheben.DerUnterrichtanbritischenKolonialschuleninAfrikasahnormalerweisesoaus,dassindenUnterstufenausschließlicheinheimischeSprachenbenutztwurden;etwasspätererschiendannauchEnglischimLehrplan,aberalsUnterrichtssprachebliebesderhöherenBildungvorbehalten.
InNordnigeriaunterstütztendieBritendeshalbnichtnurdas Kalifat von Sokoto und den Islam, sondern fördertenauch die literarische Entwicklung der HausaSprache. Hausawarbereitsimfrühen19.JahrhundertzueinerSchriftsprache geworden, die das arabische Alphabet verwendete, diesallerdingsfastausschließlichfürreligiösePoesie.UmHausafürihreeigenenadministrativenZweckenutzbarzumachen,beschlossdiebritischeKolonialverwaltung,dassesmitlateinischenBuchstabengeschriebenwerdenmüsse.ÖrtlicheGelehrteundRegentenwidersetztensichjedochjahrzehntelangeinersolchenVeränderung,diefürsienichtnureinemVerratamIslamgleichkam,sondernhinterdersieauch,nichtganzzuUnrecht,BekehrungsabsichtenseitenschristlicherMissionarewitterten(dieinderTatamRanddesHausalandsaktivwaren).Inden190erJahrenschließlicheröffnetendiestaatlichen Schulbehörden ein sogenanntes »Literature Bureau«und baten eine Gruppe junger Korangelehrter, die als Lehrerausgebildetwordenwaren,kurzehistorischeRomane inromanisiertem Hausa zu verfassen – ein Konzept, das nachdenWortendeszuständigenbritischenBeamtenRupertEast»völligneuwarundvonzweifelhaftemWert,wennnichtgarmoralischbedenklich«.
TrotzdieserforciertenAnfängeentwickeltesichdassäkularisierteundromanisierteHausaschonbaldzueinemlebendigen,modernenMedium.EinerderRomaneausden190erJahren,Shaihu Umar,dernochheutegelesenwird,erzähltdie
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– ausgesprochen transsaharische – Geschichte eines Hausajungen,dererstentführtundzumSklavengemachtwurde,dann am Nordrand der Wüste eine Ausbildung bekam undschließlich als Koranlehrer nach Hause zurückkehrte. DerVerfasser,AlhajiAbubakarTafawaBalewa,wurdespäterdererste Premierminister des postkolonialen Nigeria. Aber seineErmordung19–AuftaktzueinemblutigenBürgerkrieg–verdeutlicht auchdieProbleme,die aus einemGegensatzzwischen saharischen und atlantischen Orientierungen immodernenWestafrikaresultierenkonnten.EinesolcheSpaltungmochtedenkurzfristigenInteressenderBriteninsoferndienen,alssiedasUnabhängigkeitsbestrebenderNigerianer–vorallemderausdemSüden,diebesserindieeuropäischeKulturintegriertwarenalsihreLandsleuteimNorden–verlangsamte, ohne es allerdings völlig aufhalten zu können.Andererseits hinterließ sie auch ein Erbe religiöser und regionalerKonflikte,diebisheute,oft ingewalttätigerForm,anhalten.
In den französischen Kolonialgebieten des transsaharischenAfrikamusstensichTraditionendesAjamiSchreibensselbstständigbehaupten.AuchFrankreichpraktizierteinseinenTeilendestranssaharischenAfrikaeinePolitikdes»divideet impera«, aber der Unterricht in einheimischen Sprachenspieltehier fastkeineRolle. IndenRegionenSüdmarokkos,wo berberisch gesprochen wurde, richteten die Franzosensogenannte»Écolesfrancoberbères«ein,wasabernichtsanderesbedeutete,alsdasArabische (unddamitganzkonkretden Islam) zugunsten des Französischen und des Säkularismus auszuschließen. »Das Arabische ist ein Faktor der Islamisierung,dennesistdieSprachedesKoran;unserInteressegebietetunsaber,dafürSorgezutragen,dassdieBerbersichaußerhalbislamischerStrukturenweiterentwickeln«,schriebMaréchalHubertLyautey,der»französischeLugard«1914.»In
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sprachlicherHinsichtmüssenwirbestrebtsein,vomBerberischendirektzumFranzösischenzugelangen.«
Welche Politik mit diesen kulturellen Bemühungen verfolgtwurde,zeigtesich190,alsdiefranzösischenBehördendenmarokkanischenKönigdazudrängten,einendahir(Verordnung)zuerlassen,wonaches»imInteresseunsererUntertanenundderöffentlichenRuhe«gebotensei,»denbisherigenStatusderbefriedetenBerberstämmezurespektieren«.4DenmarokkanischenElitenwarsofortklar,dassdersogenannte»DahirBerbère«einenAngriff auf denIslambedeutete,undso nutzten sie ihn – entgegen den französischen Absichten
Der französische Maréchal Hubert Lyautey eroberte Marokko in den Jahren 1907–1912 und diente anschließend als »Résident Général« (praktisch Gouverneur) seines Landes bis 1925. Seine militärischen und administrativen Erfolge wurden durch den Versuch getrübt, Berber und Araber gegeneinander auszuspielen: Diese Politik, die die Marokkaner als direkten Angriff auf den Islam empfanden, wurde für sie zum Ansporn eines antikolonialen Nationalismus.
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undandersalsimFalleNigerias–alsGrundlagefüreinevereinigtenationalistischeOppositiongegendaseuropäischeKolonialregime.
KeineeinzigedersudanischenSprachen,dieindervorkolonialen Zeit AjamiSchreibsysteme entwickelt hatten, wurde von den offiziellen französischen Unterrichtsbehördennachhaltig unterstützt. Dennoch konnte sich diese Art derLeseundSchreibfähigkeitbehauptenundfandaufgrundderBemühungeninoffiziellerFörderer–etwadieUlema,weltlicheafrikanischeIntellektuelleundeuropäischePrivatgelehrteimDienstderKolonialverwaltung–sogarnochweitereVerbreitung. Wolof, die Hauptsprache des Senegal, war in dervorkolonialenZeitkaumgeschriebenworden,aberdieSufiBruderschaftenderMuridenundTidschanisorgtenmitihrerDynamikdafür,dasssicheineumfangreichereligiöseLiteratur entwickelte, die das arabische und lateinische Alphabetbenutzte.
FutaJallon,eineRegionimspäterenFranzösischGuinea,blieb eines der wichtigsten Zentren der religiösen FulfuldeLiteratur,die inAjamigeschriebenwurde, aberdieDichterdes frühen 19.Jahrhunderts entrüsteten sich auch moralischüberdiekolonialenVerhältnisse:
»AllaherlegtunsPrüfungenauf,deshalbhaterunsin die Welt gebracht zur Zeit der [französischen] Steuereintreiber,jener,denendieGlückseligkeitdesJenseitsversagtbleibt.
[...]
GebenwirihnenalsodieSteuer,auf dasssiesieessenmögen!
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Wiraber,wirfolgenunsererReligion;AllahwirdunsentlohnenmitderNahrungdesJenseits!
DieaberdieSteuermitihnenessen,sie sollen wissen, dass sie mit ihnen ins Feuer der HöllegehenimJenseits!«5
TrotzseinerreichenTraditionkonntesichdasgeschriebeneFulfulde nie gegen die Vorherrschaft des Arabischen oderFranzösischenbehaupten,denndieViehhirten,diees sprachen, blieben als Minderheiten über weite Teile West undsogarZentralafrikasverstreut.DagegenbliebMande inseinenvielfältigen,aberuntereinanderverständlichenFormenunter allen westsudanischen Sprachen diejenige mit dergrößtenVerbreitung.HätteGroßbritanniendieseRegionbeherrscht,wäreeinstandardisiertesMandeallerWahrscheinlichkeitnachzueinemMediumfrüherErziehungwieauchliterarischerProduktiongeworden.ImfranzösischenMachtbereichfühltesichSolomanaKante,einnordguineischerIntellektueller,1949berufen,fürdieMandeKernsprachenMalinke,BambaraundDyulaeinneuesphonetischesAlphabetzuerfinden,dassogenannteN’Ko(wassovielbedeutetwie»ichsage«).
Den Anstoß zu seinem Unterfangen erhielt Kante nachAussagederer,diesich199anihnerinnerten,nichtetwaausEuropa,sondernausderarabischsprechendenWelt,undzwaraus einem 1944 im Libanon erschienenen Buch, in dem dieAfrikanerverunglimpftwurden,weilihreSprachenangeblichkeineSchriftlichkeitbesäßen.EbensowenigwiedieFulfuldePoesie stellte N’Ko eine Bedrohung für die Franzosen dar;dochihreberuhigendeAnsichtüberdenIslam noirwieauch
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überdieislamischgeprägteKultur,diedieserAuffassungeinegewisseGültigkeitzuverleihenschien,geriet inden letztenJahrzehntenderKolonialzeitzunehmendinsWanken,alsdasArabische zum Medium und zum Emblem neuer religiöserKräfteausdemVorderenOrientwurde.
Diese Lehren brauchten nicht mehr mittels Wüstenkarawanen in Afrika verbreitet zu werden. Unter der Kolonialherrschaft wurde es für afrikanische Muslime sehr viel
Zweiter Weltkrieg. Truppentransport aus Französisch-Westafrika (1939). Trotz des Projekts einer transsaharischen Eisenbahn, mit der lange geliebäugelt wurde, mussten diese Soldaten die Wüste mit dem LKW durchqueren. Die CompagnieGénéraleTranssaharienne, die den Transport organisierte, betrieb auch eine Fluglinie auf denselben Routen.
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leichter, Pilgerreisen nach Mekka zu unternehmen oder zudenmediterranenZentrenislamischerGelehrsamkeitzureisen:Andersals inderVergangenheitkonntensiezudiesemZweckjetztmotorisierteFahrzeugedurchdieSahara,Schiffeauf demAtlantikoder–imspäteren0.Jahrhundert–Flugzeugebenutzen.ZudemverknüpftendieneuenFormendesIslam ein fundamentalistisches Bedürfnis nach Rückkehr zudenreligiösenWurzelnmiteinemmodernenBestreben,daswissenschaftlichtechnische Denken des Westens in die religiöse Orthodoxie zu integrieren. Die ersten Verfechter dieser neuen Religiosität attackierten den Kolonialismus dennauch nicht direkt, sondern eher die Protektion, die er dem»verderbten« Islam, insbesondere den SufiBruderschaften,zukommenließ.
Islamische Reformbewegungen entstanden zunächst imMaghreb,bevorsieeineguteGenerationspäterauchimsudanischenAfrikaaktivwurden.191schlosssicheineGruppevonGelehrten,die imVorderenOrientausgebildetwordenwaren, unter dem Vorsitz von Abdelhamid Ben Badis zur»Association des Ulama Musulmans Algériens« (A.U.M.A.)zusammen, die – wie ihr Vizepräsident zwei Jahre spätererklärte – »zwei noble Ziele« verfolgte: »die Würde der islamischen Religion und die Würde der arabischen Sprachewiederherzustellen«.19verurteiltenBenBadisundseineAnhängerdieSufiPraktikenalsetwas,das»nurderZeitdesHeidentumsangemessen«sei,undihreFörderungdurchdieKolonialverwaltung ziele darauf ab, »uns als rückwärts gewandtundabergläubischhinzustellen«.DieA.U.M.A.opponiertenichtdirektgegendiefranzösischeHerrschaft,dieBenBadisalsnotwendigfürdasalgerischeVolkbetrachtete,»umFortschritteauf demWegzuZivilisationundEntwicklung zu machen«. 19 erklärten sich die A.U.M.A.FührerjedochzuAngehörigeneiner»algerischenNationvonMusli
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men,dienichtFrankreichist.[...]SiewillnichtzuFrankreichwerden.«Gleichzeitigfordertensie–unterBerufungauf diefranzösischenPrinzipienderTrennungvonKircheundStaat–, sieundnichtdieKolonialverwaltungmüssten islamischeWohlfahrtsorganisationen, Moscheen und Schulen kontrollieren.8
195berichteteMarcelCardaire,einkolonialer»Wallfahrtsbeamter« (zuständig für die Beaufsichtigung des Hadsch),überseineBegegnungmitfünfhundertStudentenausFranzösischWestafrika,dieanderislamischenUniversitätAlAzharin Kairo studierten. Sie sagten ihm, die Anführer des Islam noirseieninihrenAugen»ignorantundhabgierig«,undwennsienachHausezurückkehrten,würdensie»dieseschlechtenMuslimedemHeidentumunddemwestlichenEinflussentreißen«.9Umdenauf ArabischverbreitetenLehrendermuslimischen Reformer gegenzusteuern, unternahm Cardaireeinen der wenigen französischen Versuche, die Lese undSchreibfähigkeit in westafrikanischen Sprachen zu fördern,allerdingsnichtmitgroßemErfolg.
Um diese Zeit ging die Kolonialherrschaft im transsaharischen Afrika bereits ihrem Ende zu. Sowohl im blutigenKampf um die Unabhängigkeit Algeriens als auch in denfriedlicherenTransformationen,dieindenfranzösischenundbritischen Kolonien des tropischen Afrika stattfanden, wurden die nationalistischen Bewegungen jeweils von Leutenangeführt,die ihreBildungnichtdem Islam, sonderneuropäischenSprachenundKulturenverdankten.DochdieserTriumphderwestlichenZivilisationwarallesanderealsvollständig.DieerstenpostkolonialenRegimeinAfrikaerwiesensichalsunfähig,ihreVersprechenzuerfüllenunddiewirtschaftlicheundsozialeEntwicklungvoranzutreiben.DiedarausfolgendeEnttäuschungführteunteranderemzueinererneutenStärkungdesIslam,aberauchzuweiterenKonfliktenunter
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MuslimenimMaghrebwieimSudan,indenenesumrivalisierendeFormenderReligionundihreRollealsOrdnungsfaktordessozialenLebensging.
Auchnochimausgehenden0.undfrühen1.JahrhundertsorgtedieSaharafürVerbindungenzwischenAfrikaundglobalenInteressen,allerdingsauf andereWeisealszudenBlütezeitenderKamelkarawanen.DerwichtigsteökonomischeAktivpostenderWüstebestehtheuteindenriesigen,äußerstergiebigenÖlvorkommeninihrennördlichenRegionen.DenLandundLuftverkehrdurchundüberdieSaharanutzteneinigederreichstenMenschenderWelt(sogenannte»Abenteuertouristen«)wieaucheinigederärmsten(illegaleMigrantenausdemtropischenAfrika,dieüberdenMaghrebnachEuropazugelangenhoffen).Seit00 istdieRegionauchzumSchauplatzdesUSamerikanischen»KriegsgegendenTerror«geworden. Dieser Terror war zunächst vermutlich eher einHirngespinst als eine tatsächliche Bedrohung, ist aber 01mit der Ausrufung eines unabhängigen TuaregStaats Azawad in Nordmali zur Realität geworden. Inzwischen wirddieseRegionvonextremistischenmuslimischenKräftenbeherrscht, die der AQIM (AlQaida im islamischen Maghreb)nahestehen. Eine weitere Rolle spielen daneben anhaltendeDisputeüberdas frühere spanischeTerritoriumWestsahara(»Afrikas letzte Kolonie«) und genozidale Angriffe arabischsprechenderViehtreiberausdemNiltalauf dieBevölkerungvonDarfur.
Damit ist die Sahara wieder das geworden, was sie zurZeitderKarthagerundRömerschonwar–eineumkämpfte,vielleichtauchgefährlicheZonejenseitsderGrenzenderdamalsbekanntenWelt(beziehungsweise,heute,zweiersolcher Welten, der mediterranen und der sudanischen), nichtaber eine florierende Verkehrsader innerhalb ihrer eigenenafrikanischen Welt. Die Geschichte dieser Verkehrsader hat
unsnochimmersehrvielzuerzählen,nichtnurdarüber,wieunsergesamterGlobusinderVergangenheitzueinerEinheitzusammenwuchs,sondernauch,wiedieAfrikanerauf beidenSeitenderWüsteundinihremInnernbisheuteihreIdentitätenherausbilden.